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Geschäftsnummer:
17 F 111/07
Verkündet
am 08.05.2007
Amtsgericht Nürtingen
Familiengericht
Im Namen des Volkes
Urteil
In der Familiensache
1. X… Y…., geboren am 00.00.0000, -Kläger 1-
2. U… Y…., geboren am 00.00.0000, -Kläger 2-
beide vertreten durch Z…. Y….,
X… Straße 00,
00000 XStadt
Proz.Bev.:
Rechtsanwältin xyz, y… Straße 00, 00001 YStadt
gegen
J…. L…., -Beklagte-
K… Straße 00,
XXXXX Xstadt
w e g e n Kindesunterhalt
-2-
hat das Amtsgericht - Familiengericht - Nürtingen
durch Richterin am Amtsgericht Xxxxxxx
auf die mündliche Verhandlung vom 27.03.2007
und im schriftlichen Verfahren nach Lage der Akten am 03.05.2007
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu Händen des gesetzlichen Vertreters jeweils einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags nach der Regelbetragsverordnung der 3. Altersgruppe (derzeit 291,00 € monatlich) ab 01.05.2007 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, einen rückständigen Unterhaltsbetrag für den Zeitraum 01.05.2006 bis 30.04.2007 in Höhe von 3.492,00 € an den Kläger 1 und von 3.228,00 € an den Kläger 2 zu bezahlen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist für die Kläger bezüglich des laufenden Unterhalts und wegen Unterhaltsrückständen in Höhe von jeweils 1.455,00 € ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Im übrigen ist das Urteil gegen Sicherheitsielstung in Höhe von 2037,00 € für den Kläger 1 und von 1.773,00 € für den Kläger 2 vorläufig vollstreckbar.
Gegenstandswerte:
für den Kläger 1 6.111,00 €
für den Kläger 2 5.847,00 €
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Tatbestand:
Die Kläger sind eheliche Kinder der Beklagten aus geschiedener Ehe. Die Kläger leben seit September 2005 bei ihrem Vater.
Die Beklagte wurde mit Schreiben des Landratsamts Esslingen vom 02.05.2006 aufgefordert, Auskunft über ihr Einkommen zu erteilen.
Die Beklagte ist von Beruf Exxxx. Sie hat laut der vorliegenden Dezember-Verdienstabrechnung im Jahr 2006 brutto 21.449,99 € verdient. Sie hat bis Oktober 2006 56,25 % einer Ganztagsstelle gearbeitet.
Der Vater der Kläger arbeitet ab 01.03.2007 halbtags. Zuvor hat er Arbeitslosengeld II bezogen. Die übergegangenen.Unterhaltsansprüche der Kinder wurden durch die ARGE Jobcenter Landkreis Esslingen rückabgetreten.
Die Kläger tragen vor,
die Beklagte sei unterhaltsrechtlich verpflichtet, ganztags zu arbeiten, um ihren Mindestbedarf sicherstellen zu können. Die Bundesagentur für Arbeit habe auch durchaus Stellenangebote für Exxxxx. Ansonsten müsse sie sich eine Nebenbeschäftigung suchen. Laut den vorliegenden Verdienstabrechnungen arbeite die Beklagte seit Dezember 2006 nur noch 36,25 % einer Ganztagsstelle. Es sei davon auszugehen, dass sie, wie in einem Telefonat angekündigt, mit einer Arbeitskollegin getauscht habe, um unter den Selbstbehalt zu kommen. Die Beklagte müsse bei einem Einkommen von 790 € pro Monat eine weitere Einnahmequelle haben, da sie von diesem Geld nicht leben könne.
Die Kläger beantragen:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu Händen des gesetzlichen Vertreters
1. für die Kläger Ziffer 1 und Ziffer 2 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags nach der Regelbetragsverordnung nach der 3. Altersgruppe, derzeitiger Stand 01.07.2005 in Höhe von € 291,00 ohne Be-
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rücksichtigung eines anteiligen Kindergeldes, monatlich im voraus bis zum 3. Werktag eines jeden Monats ab 01.02.2007 zu zahlen,
2. einen rückständigen Unterhaltsbetrag für den Kläger Ziffer 1 für den Zeitraum
01.05.2006 bis 31.01.2007 in Höhe von € 2.619,00 und für den Kläger Ziffer 2 für den Zeitraum 01.05.2006 bis 31.01.2007 in Höhe von € 2.355,00 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor,
sie verdiene ca. 770,00 € netto im Monat. Die Arbeitsmarktlage sei schwierig. Sie sei xx Jahre alt. Sie habe eine sichere Stelle. Angeboten würden lediglich befristete Ganztagsstellen. Sie hätte dann aber das hohe Risiko, nach Ablauf der Befristung auf der Straße zu stehen. Sie suche schon länger nach einer geringfügigen Beschäftigung. Es sei aber ziemlich schwierig. Sie teile sich die Stelle mit einer Kollegin. Sie müsse flexibel sein. Sie arbeite jeden Tag bis 14.00 Uhr. Donnerstagnachmittag sei Teamsitzung. Montag- und Mittwochnachmittag seien die Kinder bei ihr. Außerdem seien die Kinder jedes 2. Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntagabend bei ihr. Insgesamt seien die Kinder erheblich häufiger als üblich bei ihr. Jeder habe auch nach wie vor sein eigenes Zimmer. Rein rechnerisch seien die Beiden fast die Hälfte der Zeit bei ihr, wodurch auch mehr Kosten entstehen würden.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
Der Unterhaltsanspruch der Kläger beruht auf den § 1601 ff BGB.
Die Kläger machen den Mindestbedarf (100 % des Regelbetrags) geltend.
Die Beklagte arbeitete laut den vorliegenden Verdienstabrechnungen bis November
2006 56,25 % einer Ganztagsstelle. Seit Dezember 2006 arbeitet sie nur noch 36,25 %
einer Ganztagsstelle und verdient nach ihren Angaben netto rund 770,00 € monatlich.
Sie ist damit nicht zur Zahlung von Kindesunterhalt leistungsfähig.
Ihr sind jedoch ab Mai 2006 fiktive Einkünfte in Höhe von 1.550,00 € netto monatlich anzurechnen.
Die Beklagte unterliegt gem. § 1603 Abs. 2 BGB einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit, d.h. sie ist unterhaltsrechtlich verpflichtet, sich intensiv um eine Arbeitsstelle zu bemühen, bei der sie so viel verdient, dass der Mindestbedarf der Kinder sichergestellt werden kann und jede denkbare Stelle anzunehmen. Nachdem die Kinder seit September 2005 bei ihrem Vater leben, war sie seitdem verpflichtet, ganztags zu arbeiten. Dass sich derzeit an 2 Nachmittagen in der Woche noch eines der Kinder bei ihr aufhält, entbindet sie nicht von dieser Verpflichtung. Solange der Mindestbedarf der Kinder nicht sichergestellt ist, haben sich die Umgangskontakte nach den Erfordernissen des Erwerbslebens zu richten und nicht umgekehrt.
Die Beklagte ist xx Jahre alt und von Beruf Exxxxx. Nachdem die Kläger lediglich den Mindestunterhalt geltend machen, ist die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig, dass sie nicht in der Lage ist, eine entsprechende Stelle zu finden. Die Beklagte hat behauptet, es gebe lediglich befristete Ganztagsstellen. Diese Behauptung ist durch die von den Klägern vorgelegten Stellenangebote der Bundesagentur für Arbeit widerlegt. Es liegen allein für März / April 2007 13 Stellenangebote für unbefristete Ganztagsstellen für Exxxxx vor.
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Wenn sich die Beklagte seit dem Wechsel der Kinder zum Vater im September 2005
interiv um eine Ganztagsstelle als Exxxxx bemüht hätte, so hätte sie seit Mai 2006
eine Stelle gehabt, bei der sie 1.550,00 € netto monatlich verdient.
Diesen Betrag benötigt sie, um zur Zahlung des Mindestunterhaits für die Kinder leistungsfähig zu sein (1.550,00 € - 5 % pauschale berufsbedingte Aufwendungen 77,50 € - 2 x 291,00€ = 890,50€).
Die Beklagte könnte als Exxxxx auch 1.550,00 € netto ganztags verdienen. Bei Steuerklasse II/1 müsste sich ihr Bruttoeinkommen auf 2.450,00 € monatlich belaufen. Laut den vorliegenden Verdienstabrechnungen wird die Beklagte nach dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst Tarifgruppe x Stufe y bezahlt. Der Tarif lohn aus einer Ganztagstätigkeit entsprechend dieser Einstufung beläuft sich auf 2.493,00 € brutto monatlich.
Eine Kürzung des geschuldeten Kindesunterhalts wegen häufigerer Umgangskontakte der Beklagten ist nicht gerechtfertigt. Grundsätzlich sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Umgangskosten vom Umgangsberechtigten zu zahlen. Eine Kürzung des geschuldeten Unterhalts ist lediglich bei unverhältnismäßig hohen Umgangskosten gerechtfertigt. Soweit die Kinder jedes 2. Wochenende und die Hälfte der Ferien bei der Beklagten sind, entspricht dies der normalen Häufigkeit von Umgangskontakten. Die an 2 weiteren Nachmittagen pro Woche anfallenden Kosten sind nicht so hoch, dass eine Kürzung des Mindestunterhalts in Frage käme.
Unterhaltsrückstände:
Die Beklagte wurde durch Schreiben des Landratsamts Esslingen vom 02.05.2006 ab Mai 2006 in Verzug gesetzt.
U…. wurde im Y…. 2006 12 Jahre alt.
Die Beklagte schuldet somit für den Kläger 2
von Mai bis Oktober 2006 247,00 € x 6 1.482,00 €
von November 2006 bis April 2007 291,00 € x 6 1.746,00 €
insgesamt 3.228,00 €
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für den Kläger 1
291,00 €x 12 3.492,00 €
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708, 711, 709 ZPO.
Xxxxxxx
Richterin am Amtsgericht
[editiert: 18.05.07, 10:22 von tfpmr]
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