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BGH IXa ZB 151/03
- ZPO § 850d I S. 2; BSHG § 22 II
( IXa. ZS, Beschluss vom 18.07.2003 - IXa ZB 151/03 [ LG Münster ]
Was dem Vollstreckungsschuldner bei der erweiterten Pfändung als notwendiger Unterhalt verbleiben muss, entspricht in der Regel dem notwendigen Lebensunterhalt im Sinne der Abschnitte 2 und 4 des BSHG. Der Freibetrag kann nicht nach den Grundsätzen bemessen werden, die im Unterhaltsrecht für den so genannten notwendigen Selbstbehalt gelten, der in der Regel etwas oberhalb der Sozialhilfesätze liegt.
Gründe:
1.
Die Gläubiger [Gl.] sind minderjährige Kinder des Schu. [Schu.] aus erster Ehe, die mangels elterl. Unterhaltsleistungen derzeit Sozialhilfe erhalten. Der Schu. ist noch einem weiteren Kind, welches nicht- ehelich [ne.] geboren wurde, zum Unterhalt verpflichtet; eine Unterhaltspflicht gegenüber seiner geschiedenen und seiner getrennt lebenden zweiten Ehefrau besteht nicht. Die Gl. haben am 1. 2. 2002 wegen des Unterhaltsrückstandes des Schu: von 11.315,99 € für die Zeit vom 1. 2. 2000 bis zum 31. 12. 2001 und wegen des laufenden Unterhaltes ab Januar 2002 von monatlich 714,50 € die Pfändung und Überweisung von Ansprüchen des Schu. gegen die Bundesanstalt für Arbeit auf Zahlung von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe. Unterhaltsgeld, Überbrückungsgeld und Übergangsgeld erwirkt. Das AmtsG hat dabei den Pfändungsfreibetrag für den notwendigen Unterhalt des Vollstreckungsschuldners statt der im Pfändungs- und Überweisungsantrag genannten 574 € auf 730 € zuzüglich 1/5 des Nettomehreinkommens für das weitere Kind festgesetzt. Hiergegen haben die Gl. Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Pfändungsfreibetrag nach dem Sozialhilfebedarf zu bemessen und auf 586,49 € festzusetzen. Das LG hat das Rechtsmittel mit Beschluss v. 7. 4. 2003 zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Rechtsbeschwerde greift den Pfändungs- und Überweisungsantrag mit neuer Berechnung zum Sozialhilfebedarf des Vollstreckungsschu. im ursprünglichen Umfang eines Pfändungsfreibetrages von 574 € nebst 20, v. H. des übersteigenden Nettoeinkommens für den Unterhalt des ne. Kindes wieder auf.
Il.
Das LG hat in seiner Rechtsprechung dem angefochtenen Beschluss zufolge bisher mangels anderer Angaben über die Lebensumstände und Einkommensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners den Freibetrag gemäß § 850d I S. 2 ZPO nach dem doppelten Sozialhilferegelsatz bemessen. Demgegenüber hat das LG nunmehr den pfändungsfreien notwendigen Unterhalt des Vollstreckungsschuldners im Anschluss an das AmtsG in Anlehnung an den materiellen Mindestselbstbehalt der Düsseldorfer Tabelle bestimmt. Die Abkehr von seiner früheren Recht- sprechung hat es damit begründet, dass die Anpassung der Sozialhilfesätze mit dem Anstieg der Lebenshaltungskosten, insbesondere der Miet- und Heizkosten, nicht Schritt gehalten habe.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 576 I, III i. V mit § 546 ZPO).
Die Ansprüche auf laufende Geldleistungen der Arbeits- förderung (§§ 19 SGBI, 3 I SGB III) können nach § 54 IV SGBI wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Bei der erweiterten Pfändung für bevorzugte Unterhaltsansprüche ist dem Vollstreckungsschu. nach § 850d I S. 2 ZPO der Betrag zu belassen, der seinen eigenen notwendigen Unterhalt abdeckt.
1.
Der Pfändungsschutz des § 850d I S. 2 ZPO geht zurück auf § 850 III S. 2 ZPO i. d. F. von Art. 3 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Zwangsvollstreckung vom 24. 10. 1934 (RGBI I 1070). Noch von § 850 IV S. 1und 2 ZPO in der bis zum 31.12.1934 geltenden Fassung und von § 4a des Lohnbeschlagnahmegesetzes i. d. F des Gesetzes v. 29. 3. 1897 (RGBl 159) war zugunsten der bevorzugten Unterhaltsgl. die Kahlpfändung des Schu. zugelassen; nur gegenüber den Unterhaltsansprüchen unehel. Kinder stand dem Schu. vollstreckungsrechtlich der notdürftige Unterhalt zu. Das materielle Recht kannte die Teilverwirkung des Anspruchs auf den angemessenen Unterhalt bis zur Grenze des notdürftigen Unterhalts in § 1611 BGB bis zum 1. 7. 1970 und in § 65 EheG bis zum 1. 7. 1977. Bereits vor dem 1. 1. 1935 hatten die Vollstreckungsgerichte anläßlich von Lohnpfändungsan- trägen unehelicher Kinder gegen ihre unterhaltspflichtigen Väter für die einzelnen Bezirke und Gemeinden Richtsätze über die Höhe der für den notdürftigen Unterhalt erforderlichen Beträge entwickelt. So wurde 1911 in einem Beitrag von Link (Das Recht, S. 484 f.) eine Entscheidung des LG Hamburg mitgeteilt, wonach als notdürftiger Unterhalt das anzusehen sei, wessen der Vollstreckungsschu. -ohne der öffentlichen Armenpflege, zur Last zu fallen -notwendig zum Leben bedürfe, sodass pfändungsfrei bleibe, was ihm sonst die öffentliche Armenpflege gewähren würde. Ähnlich sind als Vergleichsgrundlage für den notdürftigen Unterhalt auch im materiellen Recht die Fürsorgerichtsätze oder Wohlfahrtsunterstützungssätze herangezogen worden (vgl. Staudinger/Gott- hardt, BGB, 10./11. Aufl., § 1611 Rz. 3). Dabei betonte die Rechtsprechung, dass der Umfang des notdürftigen Unterhalts sich nach den Umständen des einzelnen Falles bestimme (RG,JW 1907, 711, 712) und die jeweiligen persönlichen Verhältnisse -dort der Berechtigten - zu berücksichtigen seien (KG,OLGE 15,415).
Die amtliche Begründung zu dem Gesetz v. 24. 10. 1934 (Deutsche Justiz, S. 1364 f.) äußert sich nicht dazu, weshalb seinerzeit die Reichsregierung dem Vollstreckungsschu. gegenüber Pfändungs- und Überweisungsgesuchen bevorzugter Unterhaltsgl. nunmehr den notwendigen statt des notdürftigen Unterhalts belassen wollte. Hierüber gibt jedoch die Allgemeinverfügung des Reichsjustizministeriums v. 10. 1. 1940 (Deutsche Justiz, S. 95) einigen Aufschluss. Der Begriffwechsel des Gesetzgebers sollte danach die Möglichkeit eröffnen, Härten, die sich bei einer Befolgung der bisherigen Praxis hier und da ergeben hatten, durch eine Auflockerung der Richtsätze auszugleichen.. In sachlicher Übereinstimmung mit den genannten älteren Entscheidungen des RG und des KG versuchte das Reichsjustizministerium, dem anscheinend eingerissenen Schematismus entgegenzuwirken. U. a. wies es darauf hin, dass auch in Fällen, in denen die Vollstreckung nicht von dem Unterhaltsberechtigten selbst, sondern von einem Fürsorgeverband oder dem Jugendamt zwecks Erstattung vorläufig verauslagter öffentlicher Mittel betrieben werde, die erwähnten Richtsätze immer nur als Ausgangspunkt der richterlichen Erwägungen in Frage kämen, dass die im Einzelfall zu treffende Entscheidung aber stets die besonderen Verhältnisse des Falles berücksichtigen müsse.
Dieser Kern der Allgemeinverfügung trifft im Ansatz noch heute zu. Bereits das Gesetz v. 24. 10. 1934 ging davon aus, dass nicht der Gl. die Pfändbarkeit der Forderung nach dem damaligen § 850 ZPO, sondern der Schu. die Voraussetzungen der Unpfändbarkeit darzulegen und ggf. zu beweisen habe (vgl. Stein/Jonas, ZPO, 16. Auf. 1939, § 850 Anm. II, 4). Gegenwärtig hat § 850f Ia ZPO die Antrags- und Beweislast für bedarfssteigernde Verhältnisse des Einzelfalles weitgehend dem Schu. aufgebürdet, sodass das Vollstreckungsgericht bei seiner ersten Entscheidung (vor einem Anhebungsantrag des Schu.), vor der der Schu. nach § 834 ZPO nicht zu hören ist, sich im Zweifel an geeigneten Richtsätzen, wie sie insbesondere die nach § 22 II BSHG festgesetzten Sozialhilferegelsätze enthalten, orientieren kann.
2.
Entgegen der Ansicht des LG (wie dort auch OLG Frankfurt, Rpfleger 1998, 165; LG Erfurt, JurBüro 1996, 384, m. krit. Anm. Schmidt) können im Rahmen von § 850d I S. 2 ZPO als Richtsätze für den notwendigen Unterhalt des Vollstreckungsschuldners die Unterhaltsrichtlinien der OLGe - hier die in den Vorinstanzen angewendete Düsseldorfer Tabelle - nicht herangezogen werden. Denn die Richtlinien sind auf das materielle Unterhaltsrecht bezogen. Mit dem notwendigen Selbstbehalt, der dem Unterhaltspflichtigen in den Mangelfällen des § 1603 II BGB auch seinen minderjährigen Kindern gegenüber verbleiben muss
(vgl. BVerfG, FamRZ 2001, 1685 f.; BGH, Urteil v. 28. 3. 1984 -IVb ZR 53/82 -, FamRZ 1984, 1000 = NJW 1984, 1614; v . 7. 12. 1988- IVb ZR 15/88 -, FamRZ 1989,272 = NJW 1989,523,524),
darf der notwendige Unterhalt des Vollstreckungsschu. nicht gleichgesetzt werden. Der unterhaltsrechtlich notwendige Selbstbehalt ist zwar am Sozialhilfebedarf ausgerichtet, übersteigt ihn in der Regel jedoch maßvoll
(vgl. BGHZ, 123, 49, 57 = FamRZ 1993, 1186; s. zuletzt auch BGH, Urteil v. 22.1.2003 -XII ZR 2/00 -, FamRZ 2003, 363,364).
Wenn der Senat den notwendigen Unterhalt des Vollstreckungsschu. als Freibetrag bei der erweiterten Pfändung ohne eine maßvolle Erhöhung allein nach dem Sozialhilfebedarf bestimmt, weicht er damit nicht i. S. des § 132 II GVG von der erstgenannten Entscheidung des dazu gehörten XII. ZS (BGHZ 123, a. a. O.)ab. Soweit die Zulässigkeit der Aufrechnung gegen Unterhalts-, Lohn- oder betriebliche Rentenansprüche zugunsten der Ansprüche aus vorsätzlich unerlaubter Handlung auf unpfändbare Ansprüche oder Anspruchsteile erstreckt wird, beschränkt die Schonung des Existenzminimums die Missbrauchseinrede des aufrechnenden Gl. gegen das Aufrechnungsverbot des § 394 S. 1 BGB. Die Vorschriften der § 850d I S. 2, § 850f II ZPO sind für diese Schrankenbestimmung nur dem Rechtsgedanken nach herangezogen worden (vgl. BGHZ 123, a. a. O.;ebenso BAG, ZIP 1997, 935, 938). Ihre Auslegung im Einzelnen war für die genannten Vergleichsentscheidungen nicht tragend.
Die Unterscheidung zwischen dem materiell-rechtlich geltenden Existenzminimum des Unterhaltsschuldners und dem notwendigen Unterhalt des Vollstreckungsschuldners darf nicht eingeebnet werden, weil sonst in Mangelfällen eine Vollstreckung von Unterhaltsrückständen nicht möglich wäre (s. auch Schuschke/ Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, Bd. 1, 3. Aufl., S 850d ZPO Rz. 7). Denn der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens würde dann nur ausreichen, den unter Berücksichtigung des (gleichen) materiellen Selbstbehalts festgesetzten laufenden Unterhalt zu bedienen. Aus § 850d I S. 4 ZPO geht jedoch hervor, dass auch für normale Unterhaltsrückstände des letzten Jahres vor Erlass des Pfändungsbeschlusses ebenso wie für laufenden gesetzlichen Unterhalt die erweiterte Pfändungsmöglichkeit besteht. Diese Vorschrift würde, so wie das LG § 850d I S. 2 ZPO ausgelegt hat, in den entscheidenden Mangelfällen leerlaufen. Damit würden säumige Schu. in nicht zu rechtfertigender Weise bevorzugt.
Die Gleichsetzung des im materiellen Unterhaltsrecht anerkannten Selbstbehaltes mit dem Freibetrag bei der erweiterten Pfändung lasst sich entgegen der Auffassung des LG auch nicht mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten, insbesondere für Unterkunft und Heizung, begründen. Die soziahilferechtlichen Regelsätze sind gemäß § 22 III BSHG so zu bemessen, dass der laufende Bedarf gedeckt werden kann. Die Regelsätze werden periodisch überprüft und der Preisentwicklung angepasst. Miet- und Heizkosten werden von den nach § 22 II BSHG festgesetzten Regelsätzen dagegen nicht abgedeckt. Sie werden vielmehr gesondert i. H. der tatsächlichen Aufwendungen in angemessenen Grenzen übernommen (§ 3 RegelsatzVO). Der notwendige Unterhalt des Vollstreckungsschuldners ist deshalb bei entsprechender Heranziehung der Vorschriften des BSHG über die Hilfe zum Lebensunterhalt nicht in Frage gestellt.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen können hiernach keinen Bestand haben. Die Sache ist an das AmtsG (Vollstreckungsgericht) zurückzuverweisen (§§ 577 V, 572 III ZPO), damit dieses die zum notwendigen Unterhalt des Schu. erforderlichen tatsächlichen Feststellungen treffen kann.
IV.
Für die Neuentscheidung über den Gl.-Antrag weist der Senat auf Folgendes hin:
1.
Die Verdoppelung der nach § 22 II BSHG festgesetzten Regelsätze für die laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt führt entgegen der (bisherigen) Rechtsprechung der Beschwerdekammer und eines Teils der anderweitigen Beschwerderechtsprechung
(vgl. LG Braunschweig, JurBüö 1986, 1422,1424; LG Hannover, JurBüo 1988, 130; LG Erfurt, JurBüö 1996, 554; LG Hechingen, JurBüro 1998, 209, m. Anm. Behr; LG Osnabrück, FamRZ 2001, 840 f.; ebenso Stein/ Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 850d Rz. 21 zu Fn. 55)
zu keiner geeigneten Richtgröße, um den notwendigen Unterhalt des Vollstreckungsschu. bei erweiterter Pfändung insgesamt zu bestimmen. Dies gilt unbeschadet einer möglicherweise abweichenden Praxis bei § 1603 II BGB (vgl. dazu BVZG, FamRZ 2001, 1685, 1686; BGH, Urteil v. 7. 12. 1988 -IVb ZR 15/88 -, a. a. O.).
Die Höhe der Regelsätze des § 22 II BSHG steht in keinem Zusammenhang mit den Aufwendungen des Beziehers für Unterkunft und Heizung. Die Regelsätze lassen damit auch keinen Raum, Unterschiede der ortsüblichen Miethöhen im Regelsatzgebiet zu berücksichtigen. Tatsächlich liegt der doppelte Betrag des Regelsatzes vielfach unter dem konkreten Sozialhilfeanspruch
(vgl. Büttner, FamRZ 1990, 1459, 1461; Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., Rz. 411; Künkel, FamRZ 1991, 14, 22; s. ferner die Berechnung des Regierungsentwurfs zum Siebten Gesetz zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen v. 17.8.2001, BT-Drucks. 14/6812, S. 9). In diesem Sinn ist daher auch die Annahme des LG zutreffend, dass die Anpassung der Soziahilfesätze keine Gewähr dafür bie- tet, gestiegene Miet- und Heizkosten innerhalb des notwendigen Unterhalts durch eine proportionale Veränderung der Bemessungsrichtgröße aufzufangen. Die Miet- und Heizkosten des Vollstreckungsschuldners innerhalb seines notwendigen Unterhalts müssen deshalb - wie für den Sozialhilfeanspruch gemäß § 3 I S. 1 bis 3, II RegelsatzVO - grundsätzlich nach dem tatsächlichen Aufwand ermittelt werden, soweit er nicht im Einzelfall unangemessen hoch ist
(ebenso etwa KG, NJW-RR 1987, 132, 133; FamRZ 1994, 1047 = Rpfleger 1994, 373 = JurBüro 1994, 403; LG Hamburg, JurBüro 1991, 1566, 1568; zur Sozialhilfe vgl. BVwGE 75, 168, 170 f.; 77,232,235; 92, 1, 3 = FamRZ 1993, 1067 [LSe.]; BVerwGE 97, 110, 111 f. = FamRZ 1995, 599 [LS.]; BVerwGE 101, 194, 197; 107,239, 242 f.).
Die Rechtsbeschwerde gibt keinen Anlass, darauf einzugehen, ob mit einem Teil der instanzgerichtlichen Rechtsprechung
(KG, FamRZ 1994, 1047 = Rpfleger 1994, 373; OLG Köln, JurBüro 1999, 606; OLG Frankfurt, FamRZ 2000, 614 = NJW-RR 2000, 220, 222; LG Heidelberg, JurBüro 1998,45, 46)
mangels näherer Erkenntnisse als Obergrenze der angemessenen Unterkunftskosten innerhalb des notwendigen Unterhalts auch auf die Höchstbeträge der beim Wohngeldbezug zuschussfähigen Altbaumieten gemäß § 8 WoGG zurückgegriffen werden kann (vgl. insoweit auch BVerfGE 89,346,358 = FamRZ 1994,431). Die Gl. haben, sachkundig vertreten durch den zuständigen Landrat, in den Schriftsätzen v. 29. 1. 2002, 10. 4. 2002 und 11. 4. 2003 (Letzterer nach Abschluss der Beschwerdeinstanz und daher für die Rechtsbeschwerde nicht zu berücksichtigen) den maßgebenden individuellen Sozialhilfebedarf des Vollstreckungsschuldners berechnet und dabei angemessene Unterkunftskosten von monatlich 230,08 € bzw. 202,50 € nebst Heizungspauschale von 40,90 € bzw. 45,72 € eingesetzt. Die Richtigkeit dieser tatsächlichen Angaben hat das Vollstreckungsgericht .- ggf. nach weiterer Begründung - zu prüfen. Dabei wird es vorrangig das ortsübliche Mietniveau, wie es sich aus einem qualifizierten Mietspiegel (§ 558d BGB), einem Mietspiegel (§ 558c BGB) oder unmittelbar aus einer Mietdatenbank (§ 558e BGB) ableiten lässt, zum Vergleich heranzuziehen haben.
2.
Im Beschwerdefall stellt sich auch nicht die Frage, ob der notwendige Unterhalt des Vollstreckungsschu. unabhängig von der Möglichkeit eines Antrages gemäß § 850f Ia ZPO i. d. F von Art. 1 Nr. 5 des Siebten Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 13. 12.2001 (BGBl I 3638) i. V. mit § 76 IIa Nr. 1 BSHG um einen Mehrbedarfszuschlag für Erwerbstätigkeit entsprechend dem früheren § 23 IV Nr. 1 BSHG erhöht werden muss
(siehe dazu etwa die Begründung zu Art. 1 Nr. 4 des Regierungsentwurfs des Siebten Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen, BT-Drucks. 14/6812, S. 12; außerdem OLG Flankfurt, Rpfleger 2001, 38 f; zum steuerrechtlichen Existenzminimum insoweit BVerfG, FamRZ 1999,291 = NJW 1999,561,562).
Denn bei dem Vollstreckungsschu. werden nur Ansprüche gegen die Drittschu. infolge von Erwerbslosigkeit gepfändet.
3.
Den Einmalbedarf des Vollstreckungsschu. gemäß § 21 Ia BSHG haben die Gl. mit 10 v. H. des Regelsatzes geschätzt. Diese Schätzung mag für durchschnittliche Verhältnisse auch bei einem alleinstehenden Erwachsenen (vgl. den Vierten Existenzminimumbericht der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7765 neu, S. 3, der insoweit 15 v. H. des jeweiligen Regelsatzes annimmt) zu ungünstig sein. Das schließt aus Rechtsgründen indes einen geringeren Zuschlag nicht aus, wenn die Verhältnisse des Vollstreckungsschu. im Einzelfall einen unterdurchschnittlichen Einmalbedarf für den voraussichtlichen Pfändungszeitraum erwarten lassen. Die Zurückverweisung gibt dem Vollstreckungsgericht Gelegenheit, auch dieser Tatfrage nachzugehen.
4.
Der Pfändungsantrag der Gl. bezieht sich im Rahmen der angegebenen Leistungen der Drittschu. auch auf den Geldwert von Sachbezügen und eventuellen Krankengeldzuschüssen. Das Vollstreckungsgericht kann nach der Zurückverweisung letztlich die erforderliche Prüfung nachholen, ob solche Leistungen der Drittschuldnerin überhaupt in Frage kommen und ob insoweit die Ansprüche des Vollstreckungsschu. nach § 54 SGBI der Pfändung unterliegen.
[editiert: 27.09.04, 23:02 von Ingrid]