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Studie von Clawar & Riflin zur Elternentfremdung
Einführung
Über das PA Syndrom, die aggressive feindselige Zurückweisung eines Elternteils durch sein Kind wurde seit Januar dieses Jahres viel geschrieben und gesprochen.
Die Wissenschaftlichkeit des Konstrukts wurde angezweifelt, im Großen und Ganzen wurde es jedoch angenommen - aus den Rückmeldungen ging eindeutig hervor, dass alle scheidungsbegleitenden Professionen das Phänomen kennen und auch, dass sie die Unsicherheit teilen, wie damit umzugehen ist, wenn ein Kind sagt:
"Ich will meinen Vater nie wieder sehen, ich gehe nie mehr zu meiner Mutter".
Bislang wurde und wird das Problem häufig dadurch "gelöst", dass es aufgeschoben und ausgesessen wird und in der resignativen Erkenntnis endet:
"Man kann doch ein Kind nicht zwingen..."
Dies geschieht auf der jahrelang erprobten, wenn auch nicht bewährten Basis und in Erweiterung des Glaubenssatzes:
"Wenn die Mutter nicht will, kann man nichts machen".
In der Kindschaftsrechtsreform hat sich nun auch die Forschungsevidenz niedergeschlagen, dass für die Entwicklung von Kindern beide Eltern gleich wichtig sind, auch und gerade wenn sie sich trennen. Die elterliche Sorge verbleibt nun bei beiden Eltern, die Kinder haben ein eigenständiges Recht auf weitergehende Beziehungen zu Vater und Mutter.
Aus den Entwicklungen in anderen Ländern ist bekannt, dass die Anzahl der gerichtsanhängigen Fälle von kindlicher Kontaktverweigerung mit der Beibehaltung der elterlichen Sorge bei beiden Eltern sprunghaft ansteigt.
Was geschieht da?
Aus dem Druck des Gesetzgebers, ihre elterliche Verantwortung weiterhin gemeinsam auszuüben, scheint bei nicht wenigen Eltern eine Reaktanz, ein Widerstand und ein Gegendruck zu entstehen, der auf die Kinder verschoben wird und sich bei ihnen manifestiert in der Koalition mit einem Elternteil und in der Alienation gegen den anderen Elternteil.
Bei allem Verständnis, das sich für die Elternentfremdung und die damit verbundenen psychodynamischen Vorgänge zu entwickeln beginnt, fehlt es bislang noch an Orientierungshilfen für die strukturierte Erhebung von Faktoren für Diagnostik und Intervention.
Familienrichter und Gutachter sind besonders mit Fragen zum Kindeswillen beschäftigt:
Sind die geäußerten Meinungen authentisch?
Woher kommen die Ideen?
Wurde das Kind gezielt beeinflußt?
Wie wurde es beeinflußt?
Wie läßt sich die Beeinflussung feststellen?
Psychosoziale Berufsgruppen sind besonders beschäftigt mit der Frage: Läßt sich die Beeinflussung rückgangig machen und wie läßt sie sich rückgängig machen?
Beide Berufsgruppen versuchen, einen Weg zu finden, damit von juristischer Seite die Weichen für die notwendig erscheinenden psychosozialen Interventionen gestellt werden können, um Kinder aus der Koalitionsfalle mit einem Elternteil zu befreien.
Hilfen beim Umgang mit diesen Fragen bietet eine Studie von Clawar und Riflin, die zwischen 1978 und 1990 in Pennsylvania und verschiedenen anderen US Staaten durchgeführt wurde.
Clawar, S. S. and Riflin, B. V. (1991), Children Held Hostage: Dealing with Programmed and Brainwashed Children. Chicago, Illinois: American Bar Association
Daraus möchte ich Ihnen einiges vorstellen:
Es handelt sich um eine Studie von 1.000 Fällen, die über 12 Jahre lief. 700 der Fälle mit programmierenden Eltern konnten vollständig in die Datenanalyse aufgenommen werden. Die Familien wurden zur Teilnahme an diesem Forschungsprojekt motiviert - über Rechtsanwälte. Familiengerichte, Therapiezentren, Kliniken oder nahmen aus eigenem Interesse heraus teil.
Der Altersrange der Kinder reicht vom Babyalter bis 20 Jahren. Die Kinderzahl reicht von 1 - 6 Kinder pro Familie (Median 2,5).
2/3 der Teilnehmer gehört der oberen Mittelklasse bis zur oberen Gesellschaftsklasse an. Die Ausbildung beider Eltern liegt dementsprechend über dem Durchschnitt.
In 3/4 der Fälle dominiert die Sorgerechtsproblematik, bei 1/4 Vorwürfe aktiver und passiver Kindesmißhandlung, Ausbildungs- und Umzugs-Problematik.
In 90 % der Fälle konnten beide Eltern in die Untersuchung mit einbezogen werden.
Durchschnittlich wurden pro Fall 25 Stunden für die Evaluation verwendet. Der Range der aufgewandten Zeit bewegt sich zwischen 17 und 250 Stunden, je nachdem ob außer der Evaluation mit den Teilnehmern noch Mediation, Beratung oder Therapiesitzungen durchgeführt wurden.
Vorrangige Motivation bei dieser Studie war es, das Phänomen zu erhellen, welches Familienrichter, Gutachter, Rechtsanwälte, Verfahrenspfleger, Mediatoren, Therapeuten, Beratungsstellen und Eltern ständig berichteten und mit dem sie alle sich zunehmend auseinandersetzen mußten: die Programmierung von Kindern gegen einen Elternteil durch Methoden der Gehirnwäsche.
Kenntnisse über die nachfolgend referierten Themen werden als Voraussetzung benannt für die Deprogrammierung von Kindern. Über deren Durchführung und die Erfolgschancen wird jeweils nach einer sorgfältigen Anamnese der Familienbiographie entschieden.
Kenntnis der Themen und Inhalte der Programmierung
Das Forscherteam hat sich aus der Vielzahl der Begriffe auf die Verwendung von "Programmierung" und "brainwashing" geeinigt und auf folgende Definition:
Unter "Programmierung" wird ein System von Überzeugungen, Denkmustern und belief-Systemen des programmierenden Elternteils (im folgenden: pE) verstanden, die dieser im Hinblick auf den anderen Elternteil entwickelt oder "konstruiert" hat, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Das Programm setzt sich aus Themen zusammen mit Anweisungen, Aufträgen und Botschaften, die dazu benutzt werden, Wahrnehmung, Denken, Gefühle, Meinungen, Werte, Einstellungen und Haltungen der Kinder zu beeinflussen und in der gewünschten Form zu verändern.
Gedanken und Verhalten des Kindes sollen unter Kontrolle gebracht werden, es soll sich in Gegnerschaft und Ablehnung einklinken. Dazu dienen Themen, die das positive Bild des anderen zerstören und die seine menschlichen, körperlichen, geistigen, emotionalen, sozialen und andere Fähigkeiten in Abrede stellen.
Komponenten der Programmierung
Ideologische:
Religion: Anstand, Abstinenz, Sittlichkeit, etc.
Persönliche Philosophie: Mütterarbeit, weibliche und männliche Verhaltensweisen
Normen: Richtig und falsch
Sozialpsychologische
Rache und Vergeltung Dafür soll er zahlen
Zurückweisung: Ich bin nicht mehr gut genug
Ungerechtigkeit: Nach allem, was ich für ihn getan habe ...
Kontroll-/Machtbedürfnis: Dem werd' ich's zeigen!
Feindschaft: Ich hasse alles an ihr
Verlust-Angst: Wenn die Kinder zu ihm gehen, sehe ich sie nie wieder
Einsamkeit/Verlassenheit: Wenn die Kinder bei ihm sind, bin ich endgültig ganz allein.
Bedürfnisse, Absichten und Ziele
Einstellung: Deine Stiefmutter war der Scheidungsgrund
Verhalten: Kind geht nicht zum Vater wenn sie da ist
Absicht: Kontakt zum Zielelternteil zu verschlechtern
Ziele: einzigartige Beziehung zwischen Kind und pE
Spezielle Themen/Inhalte
Thema: Unkooperatives Verhalten beim Zielelternteil
Inhalt: Du braucht wirklich nicht auf Dad zu hören
Brainwashing
Unter "brainwashing" wird die Auswahl und Anwendung bestimmter Techniken und Methoden verstanden, die angewandt werden, um das gewählte Programm durchzuziehen.
Es handelt sich um einen Prozeß, der über eine gewisse Zeitspanne abläuft, gewöhnlich mit vielen Wiederholungen der relevanten Themen und Überzeugungen bis das Kind durch Verhalten und Einstellung beweist, dass es die Überzeugungen teilt.
Die Empfänger des Programms, hier die Kinder, können aktive oder passive Teilnehmer des Prozesses sein. Manche Kinder sind sich der Absichten des pE bewußt und machen aktiv mit, andere merken nicht, was mit ihnen passiert und bleiben in einem Zustand permanenter Verwirrung und Verunsicherung stecken.
In den weitaus meisten Fällen programmiert der betreuende Elternteil die Kinder. Aus verschiedenen Motiven, z.B. aus Wut über die verlorene Alleinsorge kann aber auch der nichtbetreuende Elternteil die Feindbildkampagne starten. Am schlechtesten geht es Kindern, deren beide Eltern sich wechselseitig abwerten und von denen jeder versucht, die Kinder auf seine Seite zu ziehen.
Am Beispiel der Existenz-Verneinung wird die Struktur des brainwashing aufgezeigt:
Techniken der kognitiven Umstrukturierung und Verhaltensänderung:
Existenz-Verneinung Dem Kind ist es verboten, ein Foto des anderen Elternteils zu
besitzen.
(Verlauf (Dynamik des Vorgehens)
Zerstörung Vernichten der Fotos, wann immer sie entdeckt werden.
Methodik
Allgemein: Negative Äußerungen über das physische Erscheinungsbild des
Zielelterteils
Spezifisch: Bei Abwesenheit des Kindes wird das Kinderzimmer betreten und die
Fotos des Zielelternteils werden vernichtet
Stufen der bewußten Wahrnehmung der Themen und Prozesse
Bewußt/beabsichtigt im Gegensatz zu unbewußt/ohne Absicht
Bewußt/beabsichtigt: Ich hasse sie [die Mutter], sie verdient es, ihre Kinder
niemals wieder zu sehen
Unbewußt/unbeabsichtigt: Eltern versäumen es. mit dem Kind über schönen Zeiten
zu sprechen, die es dem anderen Elternteil verbracht hat
Sprachliche Mittel "John" (der Vater) ist am Telefon.
Der Gebrauch des Vater-Titels wird gelöscht
Teilnehmer (an der Programmierung) Eltern, Geschwister, Großeltern, Nachbarn, Rechtsanwälte, andere Berufsgruppen, Stiefeltern und andere
Kenntnisse der angewandten Techniken des brainwashing
Totschweigen des anderen Elternteils
Verdecktes Abwerten, Erniedrigen, Lächerlichmachen in allen Lebensbereichen: Familie, Beruf Freizeit, Freundeskreis, vergangener, gegenwärtiger Lebensstil, Zukunftsaussichten
Kind als Überbringer von Eltern - Botschaften
Informationsblockade über wichtige Ereignisse, später als Desinteresse interpretiert
Pathologisierung und Psychiatrisierung des anderen Elternteils
Mißbrauch des Kindes als "erwachsenen" Bündnispartner des aE
Moralisieren gegen Werte, Lebensstil, Erfolg, Partner des aE
Drohung mit Liebesentzug
Anspruch des pE auf Exklusivität der einzig wahren Elternliebe
Potentielle Gefährdung der psychischen/ physischen Gesundheit
Umschreiben, Einfärben der realen Familiengeschichte
Körperliche Bedrohung, Mißhandlung bei Widerstand
Kenntnisse über Dauer und Intensität des Beeinflussungsprozesses
Die Auswirkungen der Beeinflussung auf Denken, Fühlen und Handeln eines Kindes hängen in hohem Maße davon ab, wie lange und wie intensiv ihm eine bestimmte Thematik vermittelt wurde. Kinder, denen auf allen Ebenen und von klein auf immer wieder "bewiesen" wird, dass sich ein Elternteil nicht für sie interessiert, sondern aus rein egoistischen Gründen hin und wieder auftaucht, werden diese Konstruktion verinnerlichen. Sie sehen die Beziehung in diesem Licht und interpretieren alles was passiert und nicht passiert entsprechend. Hier ist die Deprogrammierung nicht nur schwierig sondern möglicherweise aussichtslos.
Kenntnis der Motive des Programmierenden
können hilfreich sein für den Prozeß der Deprogrammierung. Häufig sind sich Kinder der Motive des pE bewußt und erzählen davon. Meist handelt es sich um "Informationen", die sie erhalten haben über den aE und die im direkten Gespräch mit dem pE bestätigt werden können: "Mein Vater ist ein Lügner". Die Untersuchung ergab, dass die Hälfte der Kinder über die sozialen Ziele und Motive der Programmierung Bescheid wußten, entweder weil sie sie durchschauten oder weil sie ihnen offen benannt wurden. Die andere Hälfte der Kinder kann auf Befragen nur ausweichend oder altklug nachplappern: "Ich weiß das einfach", "Weil meine Mama mich nie anlügt ist das so".
Die aus tiefer Verletztheit resultierenden Rachegefühle sind von vielen Autoren beschrieben und gewürdigt worden. Am Wallerstein-Institut stehen Verletztheit und Verletzlichkeit an oberste Stelle bei der Arbeit mit betroffenen Eltern. Es sind folgende Faktoren, die mit zur Unversöhnlichkeit beitragen aus der Verstörung heraus, zurückgewiesen worden zu sein:
Die Unmöglichkeit, eine Versöhnung auch nur zu versuchen; von der Trennungsentscheidung überrumpelt worden sein, unmittelbar ersetzt worden sein durch einen anderen Liebespartner. In der Folge kann sich daraus die Programmierung der Kinder entwickeln.
Für die Evaluation ist es .daher hilfreich, eine Liste der Motive herauszuarbeiten2:
Rache für Zurückweisung, Ungerechtigkeit
Selbstgerechtigkeit "Ich bin der einzig gute Elternteil"
Angst, das Kind zu verlieren emotionaler Verlust
Festhalten an der Familiengeschichte "Er hat sich früher auch nicht gekümmert"
Besitzdenken "Mein Kind gehört mir, ich habe es geboren"
Eifersucht bei Wiederheirat auf Kind-Stiefelternbeziehung
Unterhalt "Ich bin arm, wenn du bei ihm lebst"
Identitätsverlust bei traditioneller Rollenverteilung
Distanzbedürfnis keine Trennung Eltern-Kind-Bedürfnisse
Selbstschutz Alkoholismus, Drogen, Mißbrauch, Kriminalität
Evaluation von Art und Stärke des angerichteten Schadens
Die Auswirkungen von Elternentfremdung können auf einem Kontinuum gesehen werden von leichteren Schäden für die Persönlichkeitsentwicklung und die Beziehungsfähigkeit bis zu deren Zerstörung. Abhängig sind sie von der Art des Programms, den angewandten Techniken, der Intensität und Dauer, dem Alter des Kindes bei Beginn der Beeinflussung, seinen eigenen inneren und äußeren Ressourcen und der Anzahl weiterer negativer oder positiv gegensteuernder Personen seines Umfelds. Verlust nicht nur der intakten Familie, sondern eines Elternteils und dessen Familie ist hier der dominante Faktor. Angst vor weiterem Verlust die unmittelbare, oft lebenslang andauernde Folge. Für die Deprogrammierung wichtige Informationen werden schrittweise erhoben über 2:
Allgemeine Störung von Beziehungsfähigkeit
Machtkonflikte und Manipulation
Schulprobleme
Materialistische Forderungen
Verhaltensprobleme
Persönlichkeitsstörungen:
identitätsprobleme
Wut auf die Eltern
Regression
Flucht in Phantasiebilder
Imitation des pE
Geschichte des Kontakts mit dem aE: Brüche, Wünsche weitere programmierende Personen im Umfeld des Kindes Vulnerabilitätsfaktoren (siehe Unverletzlichkeitsforschung)
Auch die Eltern können vielfältige Reaktionen entwickeln: Viele abgelehnte Eltern berichten über zunehmende psychosomatische Störungen, Beziehungsprobleme und psychische Probleme wie Depressionen, Aggressionen und Einschränkungen in ihrer sozialen Kompetenz. Auch die verzerrte und verengte Wahrnehmung des- pE kann zu erheblichen sozialen und psychischen Einschränkungen und zu einer generellen Minderung der Lebensqualität führen. Durch eine sorgfältige Erhebung können zielorientierte Hilfepläne entwickelt werden für Kinder und Eltern gleichermaßen.
Evaluation möglicher Ressourcen
Ressourcen der Beziehungen sind primär zu suchen bei beiden Eltern (Möglichkeiten von Kooperation, Fähigkeit zwischen eigenen Bedürfnissen und Kinderbedürfnissen zu unterscheiden), im Umfeld der Familie (Geschwister, Freunde Lehrer) und bei den professionellen Systemen (Kooperation der Anwälte, Unterstützung durch einsichtige Richter und bei den Beratungsstellen. Für religiöse Eltern kann die Hinzuziehung eines Pfarrers oder Priesters hilfreich sein, der ihr Vertrauen genießt).
Herstellen von Rapport zu den Kindern
Kinder die in symbiotischer Koalition mit einem Elternteile leben, sind mißtrauisch gegen jeden, der in ihre WIR-Welt einbricht. Gleichzeitig sehnen sie sich nach der Befreiung aus der erstickenden Beziehung. Rapport herstellen erfordert primär Zeit für das Kind und mit dem Kind. Eine freundliche, warmherzige, vertrauensvolle Beziehung ist erforderlich, um dem Kind eine Öffnung zu ermöglichen.
Die Grundprinzipien aus der non-direktiven Kindertherapie 4 helfen, dieses Ziel zu erreichen. Die eigene Einstellung zum Kind bestimmt den Annäherungsprozeß: Die Fähigkeit, jedes Kind so anzunehmen wie es ist, es nicht zu bewerten, ihm nichts einreden zu wollen, seine eigenen Fähigkeiten zu würdigen und seine Gefühle zu erkennen.
Kenntnis der Risiken eines Deprogrammierungsprozesses
Der pE wird auf jeden Versuch reagieren, die symbiotische Beziehung seines Kindes an ihn zu lockern und eine normale Beziehung zum anderen wieder zu ermöglichen. Eine begonnene Therapie kann abgebrochen werden, noch bestehende Kontakte endgültig verhindert werden, in jedem Fall muß eine Entscheidung getroffen werden, die die Risiken des Eingreifens gegen die Risiken des Nichteingreifens gegeneinander abwägt. Es ist gewöhnlich langfristig schädlicher für Kinder, gewaltsam getrennt von einem Elternteil in einer verzerrten Welt verharren zu müssen, als kurzfristig durch einen Prozeß zu gehen, der die Beziehung zu wenigstens einem EIternteil normalisiert.
Einige Faktoren sind hier besonders zu berücksichtigen2
Auswirkungen auf das Verhalten im sozial-psychologischen Bereich
Auswirkungen auf Aktivitäten mit peer-group, in Schule und Familie
Auswirkungen auf die Beziehung des Kindes zum pE
Auswirkungen auf die Beziehung des Kindes zum aE
Kurzfristige Risiken versus langfristige Vorteile ebenso wie langfristige Risiken versus kurzfristige Vorteile.
Die Möglichkeiten, den deprogrammierenden Prozeß bis zu einer befriedigenden Lösung durchführen zu können.
Der Grad an Unterstützung, den das juristische System bietet, um den Prozeß weiterführen und zum Abschluß bringen zu können.
Unter die Risikofaktoren fallen auch die "shutdown messages", die den Kindern eingetrichtert wurden: "Du erzählst niemandem, dass..." Dies geschieht häufig durch Drohungen: Etwas Entsetzliches passiert, wenn jemand davon erfährt.
Dem Kind wurde außerdem vermittelt, dass es niemandem außer de pE irgend etwas glauben kann: "Laß Dir von niemandem einreden, deine Mutter wolle dich wirklich sehen - wir beide wissen das besser." Wenn Kinder etwas zu erzählen beginnen und plötzlich abrupt in Schweigen verfallen, kann dies ein Hinweis sein auf eine einprogrammierte Botschaft sein.
Erkennen des "point of no return"
In 1% der Fälle dieser Studie konnte das Programm nicht durchbrochen werden. Die Kinder hatten die verzerrte Wahrnehmung des pE zur Basis ihrer eigenen Wahrnehmung gemacht, seine Weltsicht zu der ihren. Eine positive Veränderung und Öffnung für andere Realitäten war nicht zu erzielen. Sieben Faktoren können Hinweise geben auf eine relative Aussichtslosigkeit therapeutischer Interventionen2:
Lange Perioden von Programmieren und brainwashing
Verschiedene Themen und Techniken, die gleichzeitig angewendet werden: Körperliche/sozio-psychologische/soziale Isolierung des Kindes vom aE.
Ein wenig einfühlsamer aE beim Umgang mit dem Kind. Ein aE, der besonders beschützend mit dem Kind umgehen und die verzerrten Darstellungen aus Rücksicht nicht richtigstellen will oder kann.
Mangelndes Verständnis des programming- und brainwashing-Prozesses bei Therapeuten, Richtern, Erziehern, Gutachtern, Mediatoren und anderen.
Vorerfahrungen des Kindes mit einem mißglückten Interventionsversuch, sei es eine Befragung oder eine therapeutische Intervention.
Mehrere Beteiligte am Entfremdungsprozeß, die dem Kind als Bestätigung für die Richtigkeit der ursprünglichen programmierenden Person dienen. Dies passiert vor allem bei einer Familien-Clan-Beteiligung.
Es stimmt optimistisch, dass es NUR etwa 1% sind, bei denen die Schädigung irreparabel zu sein scheint und dass offenbar bei konstruktiver, kompetenter Zusammenarbeit in den anderen Fällen Lösungen erarbeitet werden konnten.
Veränderung der kindlichen Umwelt
Als allgemeingültige Regel wurde nach 12 Jahren aus den Erfahrungen abgeleitet, dass die Herausnahme des Kindes aus dem programmierenden Umfeld und erweiterter sozialer Kontakt des Kindes mit dem aE die erfolgversprechendste positive Methode ist, ein Kind zu deprogrammieren.
Diese Maßnahme geschah dann durch die Gerichte, wenn sie zu der Überzeugung gelangt waren, dass die Entwicklung des Kindes gefährdet ist und bleibt, solange es mit demjenigen Elternteil lebt, der ihm den Zugang zum anderen verstellt.
Dabei wurde die erstaunliche Entdeckung gemacht, dass für die Kinder der übergangslose Umzug von einem Elternteil zum anderen die geringsten Probleme bereitete. Im Gegensatz dazu stehen die Bemühungen von Fachleuten, einen "weichen" Übergang zu schaffen, die Kinder zuerst bei einem nicht programmierenden Familienmitglied unterzubringen mit viel Kontakt zum aE, sie vorübergehend in ein Internat zu geben oder in ein Heim einzuweisen. Damit wird häufig der vom pE gewünschte Eindruck noch bestätigt, der aE sei doch "irgendwie gefährlich".
Die Bereitschaft vieler betroffener Kinder, umzuziehen, kann im Zusammenhang stehen mit ihrem Wunsch nach Hilfe, den 30% verbalisierten.
Zum Abschluß einige Statements (zur Anregung der Diskussion)
Festgestellt wurde...
... die evidente Verbreitung von programmieren und brainwashing bei Partnertrennung, Ehescheidung, Sorgerechts- und Umgangskonflikten, physischem, psychischem und sexuellem Mißbrauch und in anderen sozialen Krisenituationen.
... die Häufigkeit und die Qualität von seelischen Kindesmißbrauch im Elternkampf und die große Zahl von Kindern mitten im Elternstreit, denen dadurch ihre "normale" Kindheit genommen wird.
... die Co-programmierenden Verhaltens- und Vorgehensweisen einiger Rechtsanwälte und anderer Professionen wider besseres Wissen.
... die Anzahl von Angehörigen scheidungsbegleitender Professionen, die das elementare Bedürfnis des Kindes nach beiden biologischen Eitern nicht realisieren. Das wurde beim Lesen von hunderten von Berichten festgestellt, in denen die Eltern-Kind-Trennung von Angehörigen verschiedener Professionen (juristischer wie sozialpsychologischer) noch gefördert wurde.
... dass 80% der Programmierer und "brainwasher", die bei Gericht nicht durchkommen, den Anwalt feuern, den Richter als gekauft und den Gutachter als befangen ablehnen.
... dass dieselben auch nach richterlicher Intervention ihr Verhalten nicht ändern, wenn keine ernstzunehmenden Sanktionen angedroht und auch konsequent durchgeführt werden.
Forschungsfelder
Teilnehmende Eltern-Kind-Beobachtung
Interview mit den Kindern allein
Auswertung gerichtlicher Anhörungsprotokolle
Teilnahme am juristischen Verfahren, Klient-Anwalt-Interaktionsbeobachtung
Treffen mit Mitgliedern der erweiterten Familie
Treffen mit Gemeindemitgliedern und Freunden der Familie
Beobachtung der Kinder in ihrem häuslichen Umfeld
Falldiskussionen mit Anwälten aus allen US-Bundesstaaten
Meetings mit Richtern, Vermittlern und Mitgliedern des Gerichts
Interaktion mit Sozialarbeitern, Psychologen, Psychiatern. klinischen Soziologen,
Familientherapeuten und anderen Mitgliedern trennungsbegleitender Berufe
Krisenintervention auf Anfrage von Anwälten, Eltern und Kindern
Meetings mit Vertretern der Schule
Meetings mit Mitgliedern der religiösen Gemeinschaft
Durchsicht und Bearbeitung der Tagebücher von Kindern, Eltern und anderer beteiligter Personen
Bearbeitung von aufgezeichneten Interaktions-Gesprächen zwischen Eltern, Eltern und Kindern und anderen für diesen Fall wichtigen Personen
Analyse von Beratungs-, Mediations- und Therapiesitzungen
Teilnahme zu verschiedenen Zeitpunkten an follow-ups
Anwendung strukturierter Interviews, Zeitpläne zur zukünftigen Gestaltung der elterlichen Sorge
Kontakte mit Kinder- und Jugendhilfeorganisationen
Evaluation forensischer Berichte
Klinikbesuche bei Kindern und deren Betreuer
Die große Vielfalt der von den programmierenden und betreibenden Personen angewandten Techniken, mit denen sie ihre Botschaften, einbringen.
Die kollusive Art und Weise von einigen Familien, wie sie ein Umfeld schaffen, in dem dieser Prozess stattfinden kann. Wir haben eine Vielzahl von Ersatz-Programmierern entdeckt.
Die Zahl und der Typus von Personen, die als Ersatz-Programmierer und zur Gehirnwäsche beitragen (Tanten, Onkel, Geschwister Großeltern, Freunde, Lehrer, Fachleute und andere)
Die hohe Vorhersehbarkeit der einzeln aufeinanderfolgenden, ritualisierten Programmierungs- und Gehinwäschemuster sowie die Art der verwendeten "Drehbücher".
Der Grad (30 %) zu dem Kinder zu Spionen für die programmierenden und/oder Gehirnwäsche betreibende Person gemacht werden, geschieht in der Absicht, finanzielle, soziale, auf die Wohnsituation bezogene, sexuelle und Informationen zu sammeln.
Ursula Kodjoe, Dipl. Psych., Mediatorin