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-Januar 1998
69115 • Zähringer Straße 10 / 69010 • Postfach 10 20 20 Telefon 0 62 21 / 98 18 - 0 / Telefax 0 62 21 / 98 18 - 28 Herausgeber: Direktor Walter H. Zarbock DER AMTSVORMUND, Schriftleitung: Herstellung: Direktor Walter H. Zarbock, Heidelberg Atelier-Druck GmbH, Edingen bei Heidelberg The Parental Alienation Syndrome (PAS) von Ursula O.-Kodjoe*)und Dr. iur. Peter Koeppel**) Was bedeutet Parental Alienation Syndrome (im folgenden PAS)? PAS bedeutet die kompromißlose Zuwendung eines Kindes zu einem, - dem guten, geliebten - Eltemteil und die ebenso kompromißlose Abwendung vom anderen - dem bösen, gehaßten - Elternteil im Kontext von Sorge- und Umgangsrechts-konflikten der Eltern1. Drei Faktoren zusammen bewirken die aggressive Ablehnung und Zurückweisung eines Elternteils und tragen bei zur Entstehung dessen, was Richard A. Gardner2 bereits 1984 als Parental Alienation beschrieb: l. Die teils bewußte, teil unbewußte Programmierung3. (Gehirnwäsche, Manipulation) durch den ständig betreuenden Eltemteil, die zum Ziel hat. die Liebe des Kindes zum anderen Elternteil zu zerstören und diesen aus dem Leben des Kindes zu eliminieren. 2. Vor diesem Hintergrund entstandene eigene Geschichten und Szenarien der Kinder, die damit noch über das Ziel der Manipulationen des programmierenden Eltemteils hinausschießen. 3. Äußere, situative Lebensbedingungen der
Familie, wie: Finanzielle Möglichkeiten (Wegziehen mit den Kindern ins
Ausland). Unterstützung bei der Programmierung der Kinder durch
Auf der Suche nach einer adäquaten
Übersetzung von PAS stießen die Verfasser auf einige Schwierigkeiten, da
alienation4'
nicht nur für das deutsche Wort Entfremdung steht, sondern
Denkbare Bezeichnungen für die Manifestationen der betroffenen Kinder wären: „Reaktive
Eltern-Ablehnung" Die Übersetzung mit "Eltem-Feindbild-Syndrom" ist mißverständlich: Es geht nicht um verfeindete Eltern und deren Symptomatik, sondern um Verhaltensweisen von Kindern, die in einem Eltemteil ihren erklärten Feind sehen. Dabei handelt es sich auch nicht um die feindselige Ablehnung eines Elternteils, der sein Kind tatsachlich mißhandelt oder mißbraucht. Die von PAS betroffenen Eltemteile sind "normale" Väter und Mütter, die ihre Kinder lieben und von ihren Kindern geliebt wurden. Die Zurückweisung gilt demjenigen Eltemteil, mit dem das Kind nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft lebt, der nichtoder gemeinsam sorgeberechtigt ist und das Recht auf Umgang hat(te). Auf die (umstrittene) Verwendung des
Begriffes "Syndrom" als einem Komplex von Einzelsymptomen, der ein
typisches Krankheitsbild ergibt, soll hier nicht näher eingegangen werden.
Der vorliegende Artikel hat die Darstellung der Inhalte zum Gegenstand,
die Diskussion der Begrifflichkeiten würde seinen Rahmen sprengen. Daher
einigten sich die Verfasser, es vorerst Als Standardwerk für PAS gilt Richard A.
Gardner: The Parental Alienation Syndrome - A Guide For Mental Health and
Legal Professionals, 19925. Bei einem
persönlichen Gespräch mit Während Gardner als der Wortschöpfer des Begriffs Parental Alienation Syndrome gilt, findet sich zu PAS in der amerikanischen Fachliteratur eine Fülle von Büchern sowie insbesondere von Veröffentlichungen in Fachzeitschriften. Aus der psychologischen Fachliteratur sind
hervorzuheben: Umsomehr erstaunt es. daß das erwähnte
Werk von Gardner oder der Begriff des Parental Alienation Syndrome in
Deutschland bisher so gut wie unbekannt sind. Die Verfasser konnten
II. PAS aus Psychologischer Sicht l. Vom Kontakt zum Kontaktabbruch. Das Phänomen ist allen
scheidungsbegleitenden Professionen bestens bekannt: Zu Beginn der
Familientrennung funktioniert der Umgang mehr oder weniger gut, der nicht
betreuende Attraktive Konkurrenzangebote werden vom
betreuenden Eltemteil gemacht, langgehegte Kinderwünsche just an diesen
Tagen erfüllt, lieber Besuch eingeladen. Die Kinder geraten in
Zur Besiegelung und rechtlichen Absicherung des Kontaktabbruchs werden in hoch konflikhaften Fällen die „unfehlbaren" Argumente als letzte Karte ausgespielt: Kindesmißhandlung oder sexueller Kindesmißbrauch. Keine der involvierten Professionen kann und darf diesen Verdacht ignorieren. Fatal für die Eltem-Kind-Beziehung ist jedoch, daß auch bei noch so eindeutigen Glaubwürdigkeitsgutachten, die den Vorwurf als unhaltbar aufdecken, die Chancen des fälschtich Verdächtigten auf einen normalen Umgang mit seinem Kind äußerst gering sind. Die Reaktionen von Kindern und Jugendlichen zeigen sich je nach Alter und Entwicklungsstand: Verhaltensstörungen, Leistungsstörungen und Entwicklungsstörungen sind zu verstehen als verzweifelte Bewälogungsversuche und Appelle der betroffenen Kinder. Wenn der Umgang zum Problem wird, werden
Kinder gleich welchen Alters damit konfrontiert. Je jünger desto
suggestibler und beeinflußbarer sind sie. PAS wurde bei Kindern ab dem
2. Das Kontinuum von Umgangskonflikten geht
von leichten Störungen am Anfang bis zum zielgerichtet betriebenen
Kontakt-abbroch am Ende. An fast jeder Stelle dieses Kontinuums
In etwa 90% der Fälle von PAS programmiert die betreuende Mutter das Kind, in den restlichen 10% programmiert der Vater gegen die Mutter. Plötzlich und ohne ersichtlichen, triftigen Grund weigert sich ein Kind, einen Eltemteil (jemals) wiederzusehen. Trotz bestehendem Umgangsrecht scheint "nichts zu machen" zu sein. Zur bekannten Argumentation "Wenn die Mutter nicht will..." gesellt sich "Wenn das Kind nicht will..." Sozialpädagogen von Jugendamt/ASD, Familienrichterund Sachverständige kapitulieren früher oder später nun auch vor diesen eindrucksvollen Demonstrationen des vermeintlichen Kindes-willens15. Folgende Fragen sind zu stellen: • Wodurch ist das Kind so traumatisiert, daß es dieses Verhalten zeigt? • Was ist zu tun, um weitergehende Schädigungen zu verhindern? • Wie kann die Beziehung des Kindes zum abgelehnten Elternteil wiederhergestellt werden? • Wie kann gegen weitere traumatisierende Manipulationen eines Eltemteils vorgegangen werden? 2.1. Psychodynanük des programmierenden Eltemteils Trennung und Scheidung stehen nach dem Tod
eines Kindes an zweiter Stelle traumatisierender Lebensereignisse. Die
Statistik zeigt, daß auch bei relativ friedlich verlaufenden
Verteidigung der primären Bindung Eltern, die ihre Kinder gegen den anderen
programmieren, handeln primär aus der panischen Angst heraus, auch die
Kinder zu verlieren. Um diesem zu entgehen, bilden sie zusammen mit
Unbezähmbarer Ärger und Wut auf den
verlorenen Partner können in Form einer Reaktionsbildung dazu
dienen, nicht eingestandene Liebesgefühle zu bewältigen, die bei
dem Die normale Verarbeitung der emotionalen
Turbulenzen bei einer Trennung, wie Trauerarbeit, Angstbewältigung,
Verstehen, Verzeihen und die Schaffung einer neuen Basis von
Respekt Im folgenden sind deren spezifische Reaktionen schematisch dargestellt, die Übergänge sind fließend: Emotionales Erleben bei Trennung und Scheidung16 Programmierende Eltern
Die Fähigkeit zwischen verschiedenen
mentalen "Bildern im Kopf" zu unterscheiden, beginnt mit ca. 3 Jahren und
ist mit dem 10. Lebensjahr voll ausgebildet Bis dahin können Kinder
nicht Verlustangst Nach den Erfahrungen der Elterntrennung mit oftmals jahrelangen Streitereien und dem Auszug eines Eltermteils, ist das Kind beherrscht von der Angst, nun auch den anderen zu verlieren. Kinder erleben das in etwa so: "Die Mutter hat den Vater weggeschickt, wird sie mich auch wegschicken?" oder "Der Vater ist gegangen, wird die Mutter eines Tages auch gehen?" Das Kind schlägt sich aus Sicherheitsbedürfnis und Abhängigkeitsgründen auf die Seite dessen, mit dem es lebt. Zu annähernd 90% ist dies die Mutter. Ist es deren Intention, den Vater auszugrenzen, so hat sie relativ leichtes Spiel. Je jünger das Kind, desto schneller ergreift es ihre Partei. Dadurch wird das Kind zumindest vorübergehend und oberflächlich aus der Unerträglichkeit des Loyalitätskonflikts befreit. In einer späteren Entwicklungsphase und mit zunehmender Fähigkeit der Realitätsprüfüng wird der Loyalitätskonflikt jedoch tiefer und traumatisierender. Es entwickeln sich heftige Schuldgefühle, die therapeutisch außerordentlich schwer zugänglich sind. Traumatisierungen, die auf realen Ereignissen basieren, sind therapeutisch über Erinnerung und Durchleben aufzulösen. Dieser therapeutische Ansatz ist jedoch bei programmierten Traumatisierungen, die reales mit irrealem vermischen, wenig erfolgreich20. Zur eigenen Sicherheit: Identifikation mit dem Aggressor Kinder sind im gegnerschaftlich
ausgetragenen Elternkonflikt in einer schwachen, machtlosen Position. Um
sich stärker zu fühlen, bietet es sich an, die Position des vermeintlich
stärkeren Tolerierte Form der Spannungsabfuhr Eltemtrennung ist mit angstmachenden und
zutiefst frustrierenden Erfahrungen verbunden. Verunsicherung,
Nichtverstehen, Verlassenheit lösen bei Kindern Gefühle von
Traurigkeit, Hier liegt eine der Quellen der "eigenen Geschichten", die Kinder zusätzlich produzieren und für die sie auf die eine oder andere Weise belohnt werden. Übertragung von Emotionen Emotionen wirken ansteckend, Kinder, die
in einem Klima leben, das vor Ablehnung und Wut gegen einen Elternteil
„vibriert", übernehmen diese Einstimmung sehr schnell. Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht die aufgelisteten Symptome21: Daniel (10) und Sarah (6) kommen mit ihrem Vater von einem Ferienaufenthalt zurück, den alle drei sehr genossen hatten. In der Nacht entbrennt ein Streit zwischen den Eltern. Die Mutter holt die Kinder aus den Betten und verläßt mit ihnen das Haus der Familie. Der Vater sieht beide Kinder noch einige Male vor Gericht und beim Therapeuten - sonst nicht mehr. Die Kinder weigern sich, ihn weiterhin zu besuchen. Sie steigen nicht aus dem Auto der Mutter aus, die demonstrativ vorfährt, um dem Vater deren Widerstand vorzufuhren. Die Kinder beschuldigen den Vater, er sei ein Dieb. ein Lügner und ein Betrüger. Er hat keine Chance, nachzufragen, zu erklären, richtigzustellen, denn seine Kinder weigern sich. am Telefon mit ihm zu sprechen. Sie weigern sich, ihre Großeltem zu besuchen, bei denen sie häufig und gerne das Wochenende verbracht hatten. Päckchen und Briefe des Patenonkels (Freund des Vaters) werden kommentarlos zurückgeschickt. Diese beiden Kinder zeigen Symptome des
PAS-Syndroms. Sie haben in weniger als vier Wochen eine Entwicklung
durchlaufen, die in der totalen, feindseligen Ablehnung des Vaters
Die Manifestationen von PAS variieren in Stärke und Ausprägung. Nicht jedes Kind zeigt alle der aufgelisteten Symptome. Es wird zwischen schwacher, mittelstarker und starker Kategorie unterschieden, deren Abgrenzung vor allem für die angezeigten therapeutischen und rechtlichen Interventionen von Bedeutung ist. Je mehr der genannten Symptome ein Kind aufweist, desto erfolgreicher war die Programmierung und desto stärker ist die Ausprägung von PAS einzustufen. 3.1. Zurückweisungs- und Herabsetzungskampagne Symptomatisch ist die fast vollständige Ausblendung früherer, schöner gemeinsamer Erfahrungen mit dem abgelehnten EltemteiL Es ist, als ob dieser Teil der kindlichen Geschichte niemals existiert hätte. Der Vater wird ohne große Verlegenheit und ohne Schuldgefühle zur Unperson gemacht: "Ich hasse ihn und ich will ihn in meinem ganzen Leben nie wieder sehen." Über eine liebevolle Mutter wird ohne
Zögern gesagt: Die Ablehnung versetzt die Kinder in große
innere Spannung, daher spulen sie bei Befragung ihr Programm
gebetsmühlenartig ab. Der Vater wird als zunehmend gefährlich eingestuft,
es wird ihm „alles zugetraut", auch daß er für das körperliche und
psychische Wohlbefinden von Mutter und Kindern eine ernste Bedrohung
darstellt. Auf Befragen können Kinder in aller Regel nichts konkretes
erzählen und verschanzen sich hinter einem unumstößlichen: "Das ist so,
ich weiß das." In erpresserischer Weise werden Bedingungen an den Umgang
geknüpft, die nicht aus der Wunschliste von Kindern stammen: „Wenn du uns
mehr Geld gibst, dann..." Zuweilen wird dieses Im gewählten Beispiel ließ sich Daniel vom
Gutachter versprechen, daß seine Mutter auf alle Fälle das Sorgerecht
behalten würde. Erst danach war er überhaupt zur 3.2. Absurde Rationalisierungen Die Kinder produzieren für ihre feindselige Haltung irrationale und absurde Rechtfertigungen. Alltägliche bis triviale Ereignisse werden herangezogen, häufig unterstützt vom programmierenden Eltemteil: "Er hat immer so laut gekaut" oder "Sie will immer, daß wir sagen wozu wir Lust haben." Richtigstellungen von Ereignissen oder Korrekturen von Fehlinformationen können von den Kindern nicht angenommen werden: "Papa sagt, es stimmt nicht, was Mama sagt. Ich will ihn nicht mehr sehen." Die Liebe und das Interesse von Eltern wird ignoriert und gegen sie umgedeutet: "Mama kam zum Schultheater, aber sie sollte das nicht." Bei Daniel wurde aus einer schulpsychologisch angezeigten Untersuchung wegen Legasthenie: "Der Papa hat ein Attest geschrieben, daß wir geistig behindert sind." Dem wurde von der Mutter nicht widersprochen- 3.3. Fehlen normaler Ambivalenz Jede menschliche Beziehung ist ambivalent
und Eltem-Kind-Beziehungen machen da keine Ausnahme. Gemischte Gefühle
haben bei PAS-Kindem jedoch keinen Raum. Ein Eltemteil ist
Bei Anhörungen der ganzen Familie fällt
auf, daß die Kinder reflexartig für den programmierenden Eltemteil Partei
ergreifen, spontan, ohne weitere Überlegungen und ohne 3.5. Ausweitung der Feindseligkeit auf die erweiterte Familie Großeltem, Verwandte und Freunde des
abgelehnten Eltem-teils werden in die aggressive Zurückweisung einbezogen
mit den gleichen Rationalisierungen wie oben beschrieben.
Familienangehörige sind in einer ausweglosen Lage: Versuchen die Großeltem
zwischen ihrem Sohn/ihrer Tochter und dem Enkelkind zu vermitteln, wird
ihnen Einmischung vorgeworfen und sie werden abgelehnt - halten sie sich
vorsichtig heraus, so wird ihnen das zum Vorwurf gemacht und als Grund für
die Zurückweisung benutzt. 3.6. Das Phänomen der "eigenen Meinung" Viele PAS-Kinder wissen schon mit 3 bis 4
Jahren, daß alles was sie sagen, ausschließlich ihre eigene Meinung ist
und sie betonen dies auch ständig. Die programmierenden Eltern
zeigen 3.7. Abwesenheit von Schuldgefühlen PAS-Kinder sehen nichts Falsches darin,
einen Eltemteil hemmungslos abzulehnen und zu verunglimpfen. Gleichzeitig
stellen sie Forderungen nach finanzieller Unterstützung, nach
PAS-Kinder beziehen aus der
Erwachsenenwelt und der Er-wachscnensprachc den Stoff für ihre
Ausführungen. Es handelt sich hier um die Übernahme geborgter Szenarien.
Meist Ein Elternteil. der am Telefon regelmäßig
aufschreit: "Hör auf, uns zu belästigen" gibt die Vorlage für das
Kleinkind, das sich auf Befragen dann „belästigt" fühlt. Kinder, die
einen Die nachfolgenden Punkte zum Erkennen von PAS gelten sowohl für die richterliche Anhörung als auch für die Evaluation durch einen Sachverständigen. Voraussetzung für eine zielführende
Evaluation, die die Interessen des Kindes, seine psychische Unversehrtheit
und seine Rechte auf ungehinderten Umgang mit beiden Elternteilcn
Es geht darum, zu ergründen, worauf die massive Ablehnung eines Eltemteils durch sein Kind zurückzuführen ist. Den Eltern muß vermittelt werden, daß sie
sich nicht ohne Konsequenzen entziehen können, weder der Befragung durch
den Richter, noch den Untersuchungsbedingungen des Ein häufig vernachlässigter Punkt bei der
Befragung und Anhörung von Kindern sind die Umgebungsbedingungen.
Derjenige Elternteil, der die Kinder bringt, „steuert" die Anhörung,
je Nach der Aufwärmphase mit unverfänglichen
Fragen an das Kind zur Reduktion von Spannung, Angst und Abwehr (Name,
Alter, Adresse, Schule etc.) ergeben sich weitere Fragen, bzw.
Der Schwerpunkt der Befragung liegt auf
der Verhaltens- und Interaktionsbeobachtung aller
Beteiligten. Einzelgespräche mit beiden Eltern, mit jedem Kind
allein, Gespräche mit Kind 5. Therapie- und Interventionsmöglichkeiten Nach bisherigen Erfahrungen beschränken
sich die Therapiemöglichkeiten von PAS-Familien auf die Familientherapie.
Diese kann erfolgreich sein, vorausgesetzt alle Familienmitglieder
Eine solche Entscheidung setzt jedoch bei
allen am Verfahren beteiligten Berufsgruppen die Kenntnis von PAS voraus.
In hoch konflikthaften Fallen wäre der persönliche Austausch aller
Die Ablehnung von Vater oder Mutter ohne
triftigen Grund ist den Bedürfnissen eines jeden Kindes diametral
entgegengesetzt Kinder brauchen beide Eltern für eine gesunde
psychische l. PAS in der US-amerikanischen und kanadischen Rechtsprechung PAS hat schon vor Jahren in die Rechtsprechung sowohl US-amerikanischer als auch kanadischer Gerichte wie auch Obergerichte in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren Eingang gefunden24. Von besonderem Interesse sind folgende Gerichtsentscheidungen: 1. Schutz v. Schutz. District Court of Appeal of Florida vom 9.2.1988:25, Die erstinstanzliche Verpflichtung der
Mutter, alles in ihren Kräften stehende zu tun, um die in ihrer Obhut
befindlichen Kinder in Liebe zu ihrem Vater zu erziehen, verletzt nicht
die 2. Berufungsgericht der Provinz
Quebec vom 17.11.1994, No: Das Gericht bezieht sich ausdrücklich auf
das o.g. Werk von R. Gardner sowie auf A. F. Goldwater "Le syndrome
d'alicnarion parentale dans Dcveloppements recents en droit
familial PAS spielt eine erhebliche Rolle in der
Fortentwicklung des US-amerikanischen Familien- bzw. Kindschaftsrechts29.
Da PAS bisher keinen Eingang in deutsche
Gutachten fand, findet der Begriff des Parental Alienation Syndrome bisher
nach Kenntnis der Verfasser noch in keiner deutschen Aus der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung hervorzuheben sind: 1. OLG Bamberg vom 23.7.1985:31 Das
Gericht bestätigte die Übertragung des Aufenthaltsbesiimmungsrechts auf
den Vater, da es das Wohl des Kindes „durch die beschränkte
2. .LG München vom 12.4.1991 32 Das OLG bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung, dem Vater das Sorgerecht zu übertragen, nach dem die Mutter nahezu zwei Jahre systematisch jeglichen Kontakt des Kindes zum Vater unterbunden und die Untersuchung durch den beauftragten Sachverständigen verhindert hatte. Damit habe sie ihre Erziehungseignung in einem für das Kind äußerst wichtigen Bereich in Frage gestellt. Das Kontinuitätsprinzip darf nicht dazu führen, daß eine zwar gleichmäßige, aber schädliche Entwicklung unter Vernachlässigung anderer, insbesondere zukunftsgerichteter Aspekte des Kindeswohls fortgeführt wird. 3. OLG Celle vom 25.10.1993:33 Auch hier
wird die erstinstanzliche Sorgerechtsentscheidung zugunsten des Vaters
bestätigt, nachdem die Mutter die Umgangsregelung regelmäßig
Solche Entscheidungen34, welche quasi als vereinzelte Leuchttürme in der deutschen Sorge- und Umgangsrechtsprechung stehen, können jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß eine unübersehbare Zahl von Sorge- und Umgangsrechtsbeschlüssen ergeht, in denen Gerichte wegen konsequenter Ablehnung eines Eltemteils, dem sich meist auch das (pas-geschädigte) Kind anschließt, vor den Fakten kapitulieren: "Wenn die Mutter nicht will, kann man doch nichts machen!" - Oder neuerdings: "Das Kind lehnt den Vater total ab. will ihn nie wieder sehen, da kann man es doch nicht zum Umgang zwingen. Oder wollen Sie es etwa mit dem Gerichtsvollzieher holen?" Die eigentliche Problematik liegt in der mangelnden Aus- und Fortbildung der Familienrichter hinsichtlich Pädagogik und Psychologie, so wie sie bereits vom Bundesverfassungsgericht 1980 für erforderlich gehalten wurde35. Deshalb ist der Richter abhängig von den Stellungnahmen der Helfersysteme. Aber auch die zur fachlichen Unterstützung der Gerichte berufenen Sozialpädagogen aus Jugendamt / ASD sind aufgrund ihrer Ausbildung schwerlich in der Lage, Abläufe von PAS. wie sie oben ausführlich dargestellt sind, in den von ihnen beratenen Familien zu erkennen und richtig zu deuten, geschweigedenn gegenzusteuern. Auch den in strittigen Fällen
eingeschalteten Sachverständigen muß es mangels näherer Kenntnisse an der
richtigen Deutung der eigendynamischen Abläufe von PAS fehlen. Zu
4. Gedanken zur Rechtsfortentwicklung 4.1. Rechtliche Subsumption von PAS: Rechtlich läßt sich zumindest der
mittelschwere und schwere Fall von PAS nach § 1666 I BGB als seelische
Kindeswohlgefährdung durch mißbräuchliche Ausübung der elterlichen
Sorge Überlegenswert ist, ob und ggf. welche
Sanktionen und Ansprüche sich bei richterlicher Feststellung von PAS
insbesondere für das Kind, daneben auch für den durch PAS
verletzten 4.2. PAS und das deutsche familienpsychologische Gutachterwesen Jüngst betont Joest Martinius40. "In der Wahl seines Therapeuten kann man nicht vorsichtig genug sein". - Das Gleiche dürfte für die Auswahl des Sachverständigen durch Familiengerichte in kindschaftsrechtlichen Verfahren gelten. Rechtlich gesehen soll der SV dem Gericht nur Vorschläge unterbreiten, tatsächlich aber gibt er dem Gericht die sorge- oder umgangsrechtliche Entscheidung vor. Und nur die wenigsten Familienrichter besitzen die psychologischen Fachkenntnisse41, um wissenschaftlich mangelhafte gutachterliche Empfehlungen als solche erkennen zu können. Sie müssen sich auf den Sachverständigen als ihren Gehilfen nach ZPO verlassen. Es ergibt sich dadurch eine Verlagerung der Verantwortlichkeit vom Richter auf den Sachverständigen, die gesetzlich nicht gewollt ist. Wenn ein so breites Feld internationaler wissenschaftlicher Erkenntnisse wie das in dieser Ausarbeitung aufgezeigte den in kindschaftsrechtlichen Verfahren heute oft hauptberuflich tätigen Sachverständigen entweder nicht bekannt ist oder wissentlich den Entscheidungsträgem vorenthalten wird42, so sind berechtigte Zweifel an der wissenschaftlichen Arbeitsweise des einschlägigen deutschen Gutachterwesens erlaubt. Bei aller Zunickhaltung läßt sich die Situation in Deutschland so auf den Punkt bringen: Die im Kindschaftsrecht tätigen Sachverständigen haben, was den Stand der fachpsychologischen und fachpsychiatrischen Erkenntnisse in den USA43. anbetrifft, u.E. gegenüber ihren richterlichen Auftraggebern eine fachliche Informations-Bringschuld, der sie bisher nicht nachgekommen sind. 4.3. Zur Frage einer Pflichtberatung von Eltern bei Trennung/Scbeidung Wie oben dargestellt, steigt in den USA die Zahl der Einzelstaaten, die die Beratungspflicht von Eltern bei Trennung/Scheidung gesetzlich einführen, um ihnen ihre fortwährende gemeinsame elterliche Verantwortung für die Kinder nahezubringen; die Erfahrungen damit sind gut. In Deutschland wurde dem
Schwangerschaftsabbruch eine Pflichtberatung gesetzlich vorangestellt.
Hingegen hat der Gesetzgeber im Rahmen der jüngst verabschiedeten
Kindschaftsrechtsrefonn eine Pflichtberatung für Eltern bei
Trennung/Scheidung nicht eingeführt. Wir sind der Auffassung, daß auf
Dauer kein Weg an einer solchen Pflichtberatung vorbeigehen dürfte. wenn
wir die Ziele der Reform ernst nehmen, den Kindern wo immer möglich beide
Elternteile über deren Trennung hinaus zu erhalten. Verfassungsrechtlich
geht u.E. der Schutz des Kindes und seines Rechtes auf Entfaltung seiner
Persönlichkeit dem Freiheitsrecht der Eltern vor, da letzteres
pflichtgebunden ist44.
Die Kindesanhörung durch den Richter
gewinnt mit der Kindschaftsrechtsreform ein noch größeres Gewicht, nachdem
in dem neuen § 1684 I BGB45 das
Umgangsrecht als ein Recht Es besteht grundsätzlich bei allen
Alleinsorgerechtsanträgen verheirateter oder unverheirateter Eltemteile
die Gefahr, daß ein Kind von dem betreuenden Eltemteil gegen den
abwesenden
Wir gehen davon aus. daß die Kindesanhörung in Zukunft zum Dreh- und Angelpunkt aller Sorge- und Umgangsrechtsverfahren werden wird. Sie darf jedoch nicht zu Einfallstor bzw. Einladung vorangehender PAS-relevanter Instrumentalisierung von Kindern werden. Wenn im Einzelfall dennoch der Anhörung eine PAS-entsprechende Beeinflussung vorangeht, so muß der psycholgische Sachverstand des anhörenden Richters ausreichen, um PAS zu erkennen und muß das Beschwerdegericht in der Lage sein, mittels nachprüfbaren Tonbandprotokolls der erstinstanzlichen Kindesanhörung seine eigenen Schlüsse zu ziehen. 4.5. Gemeinsame elterliche Sorge und PAS: Wie aus den USA berichtet, stiegen die
Fälle von PAS signifikant an, wenn in Einzelstaaten die gemeinsame Sorge
gesetzlicher Regelfall wurde, um gerade dies im Einzelfall durch
Ganz grundsätzlich erscheint uns die Überbetonung des Kon-tinuitätsprinzips bei der Sorgerechtsentscheidung falsch oder zumindest überholt Nach künftigem Recht hat jedes Kind ein eigenes Recht auf beide Eltern; seine Beziehung zum abwesenden (nicht ständig betreuenden) Eltemteil wird gesetzlich noch stärker als bisher50 geschützt. Der programmierende Elternteil verletzt sowohl seine Sorgepflicht als auch ein ausdrückliches Recht des Kindes, m.a.W. er oder sie mißbraucht das Kind aus egoistischen Motiven. Anstelle des Kontinuitätsprinzips sollte die Bindungstoleranz, d.h. die Fähigkeit, die Bindung des Kindes an den anderen Eltemteil zu respektieren, zum wichtigsten Kriterium der Sorgerechtsentscheidung immer dann werden, wenn die gemeinsame Sorge aufgrund eines Alleinsorgeantrages nicht automatisch weiter gelten soll. Bindungstoleranz kann als der - wahrscheinlich entscheidende -Teil des Förderprinzips gesehen werden. Denn mit Bindungstoleranz fördert ein Eltemteil die psychische (seelische) Gesundheit seines Kindes, weil er dessen Beziehung zum anderen (abwesenden) Eltemteil respektiert. Der Kontakt zu beiden El-temteilen nach Trennung/Scheidung und die Förderung durch beide Eltemteile sind für das Wohl des Kindes nach heute wissenschaftlich nicht mehr bestreitbarer Ansicht nicht nur kurz fristig, sondern vielmehr langfristig bzw. lebenslang bedeutend. Deshalb müssen wir auch Kritik anmelden am heutigen Verständnis des Kindeswohlbcgriffs, solange dieser als Ergebnis einer Analyse von Vergangenheit und Gegenwart von Kind-Eltem-Beziehungen oder-bindungen verstanden wird. Nach unserer Aurfassung ist unter Kindeswohl nicht nur das kurz-, sondern vor allem das mittel- und langfristige Interesse des Kindes an einer gesunden Entwicklung und an seiner späteren Beziehungsfähigkeit zu verstehen. Das hier vorgestellte Parental Alienation Syndrome (PAS) wie auch die richterlichen und teilweise bereits gesetzlichen Antworten darauf stammen ausschließlich aus angelsächsischen Ländern. Die in Deutschland lebenden Kinder
unterscheiden sich von den Kindern aus Ländern mit angelsächsischer
Rechtskultur zwar in ihrer kulturell bedingten Sozialisation, jedoch nicht
in Somit sind die von Gardner et al.
erarbeiteten Erkenntnisse auf unser Land übertragbar. Auch bei uns sollten
die Kinder durch Gesetz und Rechtsprechung konsequenter als bisher
davor
Literatur,Quellen und Anmerkungen *) Diplompsychologin. Dipl Soziaiarbeitnn und Mediatonn. Schwerpunkte Trennungs- und Scheidungsberatung, Öffentlichkeitsarbeit und Familienforschung. Freiburg. **) Rechtsanwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt "Kindschaftsrecht unter Einbezug völkerrechtlicher Normen". München. ***) Die Verfasser danken Herrn Dr C. T.
Dum für seine wertvolle Unterstützung bei der Recherchearbeit im
Internet.
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vom 17. November 1994 (mitg. von RA Dr. P.Koeppel, München" / Übersetzung von RA Matthias BIoch, Berlin)
1. Sachverhalt Die Parteien heirateten am 7. Juli 1986 und Emilie, ihr Kind, wurde am
18. Dezember 1987 geboren. Nach vier Jahren gemeinsamer Lebensführung
trennten sich die Am 18. Juni 1993 zeigt die Berufüngsklägerin bei dem Direktor für den Jugendschutz das Folgende an: Die erklärende Person (hier die Berufüngsklägerin) informiert uns, daß
das Kind ein gewisses Anfassen seitens seines Vaters erlebt. Entsprechend
der Anzeigenden, sagt sie, die Tochter, daß ihr Vater ihr Creme aufträgt
auf ihr Gesäß und ihre Vulva, und daß dies seit sehr, sehr langer Zeit
andauert. Kürzlich habe ihr Vater Creme in die Vagina des Kindes getan,
welches sich dahingehend ausdrückt, daß er diese Creme versucht hätte zu
beseitigen, da er zuviel aufgetrogen habe, mit konisch
Die Anzeigende ist der Auffassung, daß das Kind von seinem Vater sexuell mißbraucht worden sei. Die Anzeigeerstatterin, die Mutter, ist immer mehr davon überzeugt, das ihr Ex-Ehemann das junge Mädchen sexuell mißbraucht. Die Anzeigende räumt ein, daß es möglich ist, daß der Vater sich nicht klarmacht, welche Folgen dies für seine Tochter haben kann, die anfangt, diese Dinge zu verbalisieren. Am 20. November 1993 stellt der Berufüngsbeklagte der Berufungsklägerin
einen Antrag zu, die Zuordnung des Sorgerechtes abzuändern. mit Ladung
.... Die Parteien, denen es unmöglich ist, den Prozeß zu führen,
unterzeichnen eine vorläufige Am 16. Februar 1994 trifft die Kammer für die Jugend des OLG Quebec eine Entscheidung über die Anzeige der Berufungsklägerin ... und befand: Aus der angebotenen Beweisführung sind folgende Dinge für das Gericht
entscheidend:
Im Urteil vom 6. Juli 1994 gibt (der Richter) dem Antrag auf Abänderung der Sorge seitens des Benifungsbeklagten statt und weist die Anträge der Berufungsklägerin bezüglich Unterhalt und Kosten ab. Am 21. Juli 1994 wird bei meiner Kollegin, Frau Richterin Christine Tourigny, ein Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Vollstreckung seitens der Berufungsklägerin anhängig gemacht, welcher zurückgewiesen wird. Wie es bei derartigen Umständen üblich ist, hat das
Sachverständigengutachten bei der Entscheidungsfmdung der ersten Instanz
eine entscheidende Rolle gespielt. Dieses Gutachten,...enthält drei
Berichte und drei Zeugnisse von drei psychologischen Sachverständigen:
Claire Molleur, Hubert Van Gijseghem und Louis Mignault- Diese Berichte,
übrigens ebenso wie die Aussagen zur Sache seitens dieser Personen, die
von ihnen auf Befragung und Crossbefragung abgegeben wurden, sind durchaus
nuanciert. Im wesentlichen, und trotz einiger spezifischer Divergenzen,
geben diese Berichte und Aussagen ein recht einheitliches Der erstinstanzliche Richter hat sorgfältig und eingehend alle
Gutachten und alle Zeugenaussagen analysiert und folgendes
entschieden:
Angesichts dieser Situation, kann das Gericht unmöglich sich damit begnügen, nichts zu tun und damit in Kauf zu nehmen, daß das Kind Emilie in nicht mehr umkehrbarer Weise negativ beeinflußt [im Originaltext ''contaminee"]wird. II. Die Berufung Die Berufungsklägerin stützt ihre Berufung auf zwei Überlegungen: A) Die Anzeige vom 18. Juni 1993 bei dem Direktor fiir Jugendschutz stellt keine bedeutsame Änderung dar, auf Grund derer das Gericht nach Artikel 17(5) des Gesetzes über die Scheidung die Sorgerechtsentscheidung abändern kann. B) Das erstinstanzliche Urteil gelangt zu Unrecht zu dem Ergebnis, daß ein „Parental Alienation Syndrome" vorliegt, denn die wesentlichen Merkmale dieses Syndroms liegen nicht vor. Es empfiehlt sich, nacheinander beide Behauptungen zu betrachten. Vorweg bin ich der Meinung, daß es angezeigt ist, eine Vorbemerkung zu machen: Die Angaben über vorgebliche sexuelle Übergriffe gegen Kinder, welche von einem Ehepartner gegen den anderen zu Unrecht falsch und bewußt arglistig vorgetragen werden, - dies im Rahmen eines Scheidungsverfahrens -, sind leider immer häufiger, und bedauerlicherweise auch bewußter und systematischer Teil einer ausgeklügelten gerichtlichen Guerillastrategie, welche die Eheleute wechselseitig sich liefern und dabei die Kinder hierzu benutzen. Die Folgen einer derartigen Handlungsweise sind für die Person, welche
zunächst angeklagt wird, und deren Unschuld sich nachher erweist,
ausgesprochen schwerwiegend. Zunächst ist festzustellen, daß derartige
Anzeigen und Anzeigenerhebungen die hiervon betroffene Person in eine
sowohl persönlich als auch psychologisch außerordentliche Situation
zwingen, nämlich sich zu rechtfertigen und sehr unangenehme Begutachtungen
über sich ergehen zu lassen. Im weiteren, selbst von allen Anwürfen und
Unterstellungen freigesprochen, vorliegend laut des Berichtes der
Jugendhilfe, bleibt die betroffene Person meistens hierdurch geprägt Sie
wird manchmal vogelfrei für die Menschen ihrer Umgebung. Femer ist zu
zu A. Die erheblich veränderte Situation Nach Art. 17 des Gesetzes über die Scheidung kann das Gericht die Entscheidung über den Unterhalt und über das Sorgerecht abändern, wenn die Situation sich verändert hat. (.. es folgen zitierte kanadische Entscheidungen ..) Bezogen auf das Rechtsgebiet des Sorgerechts, erscheint es meiner
Meinung nach angezeigt, die Voraussetzung einer bedeutenden Veränderung
der Umstände ein wenig weiter und durchlässiger zu interpretieren, denn es
geht vorliegend um das Kindeswohl, und nur dieses darf Richtlinie der
vorzunehmenden Maßnahme sein. ( siehe u.a. .. ). Dieses Kindesinteresse
Die falsche und arglistige Anzeige, welche die Berufungsklägerin bei dem Direktor für Jugendschutz machte, ist nicht so sehr als Vorgang an sich zu betrachten, sondern als Symptom eines bestimmten psychischen Zustandes bei ihr, der Mutter; dieser Umstand kann daher, unter Berücksichtigung des Interesses des Kindes, als eine Veränderung angesehen werden, die es zulässig erscheinen läßt, durch das Gericht die Zuordnung des Sorgerechtes neu zu überdenken und zu entscheiden. Man berücksichtige im übrigen, daß nach der Beweislage, die sich aus der Akte ergibt, diese Anzeige der Gipfel eines Verhaltens war, welches seitens der Berufungsklägerin gegen den Berufüngsbeklagten bereits aus einer Steigerung und Verstärkung der eingesetzten Mittel durch die Berufungsklägerin bestand. zu B. Die Eltern - Kind - Entfremdung (L'alienation parentale) L'alienation parentale ist ein wohlbekanntes Phänomen, welches Gegenstand einer Reihe von Untersuchungen und Studien war, insbesondere seit einigen Jahren (S.: R. Gardner, „The parcntal alienation syndrome - 1992"; A.F. Goldwater, „Le syndrome d'alientation parentale" in "Developpements recents en droit familial - 199l", Cowansville, Editions Yvon Blais,1991,S.121). Im Grundsatz gilt, - und dies ist insbesondere im vorliegenden Fall zu beachten, wo die Erzichungsfähigkeit beider Eltern nicht ernsthaft streitig ist-. daß es von herausragender Bedeutung für das Kindeswohl ist, daß es ausgewogene Beziehungen mit beiden Eltern leben kann und daß es nicht auseinandergerissen wird durch ein Gezwungensein zu einer einzigen Zugehörigkeit, einer Einschließung und Abschließung, hervorgerufen durch Gehirnwäsche eines Eltemteiles zu Lasten des anderen. Dennoch, dieses Syndrom, selbst wenn es beschrieben, studiert und kommentiert werden kann, kann von einem Gericht nicht einfach auf ein rein objektives und strikt wissenschaftliches Phänomen reduziert werden. Die Berufungsklägerin macht großes Aufhebens davon, vorliegend, und stützt sich dabei auf die Arbeiten von Gardner, daß eine Eltern - Kind - Entfremdung nicht vorliegen könne, wenn nicht zwei getrennte Voraussetzungen vorlägen: Einerseits die Indoktrinierung oder Programmierung des Kindes durch einen Eltemteil, und andererseits die Herabwürdigung des anderen Eltemteiles durch das Kind selbst. Daran anknüpfend trägt sie vor, daß die zweite Voraussetzung vorliegend nicht gegeben sei, da Emilie im Allgemeinen mit ihrem Vater bei dessen Besuchen gut auskommt. ..., daß dies eine nicht richtige Herangehensweise an das Problem ist. Wir haben es vorliegend nicht mit einer Verordnung oder einem Gesetz zu tun, welche zwei verschiedene Voraussetzungen normiert, ohne das Vorliegen derselben eine bestimmte rechtliche Folge nicht gegeben ist. Vielmehr im Gegenteil, haben wir unser Urteil zu treffen über Verhaltensweisen von Eltern unter Berücksichtigung des Kindeswohles. Und diese Beurteilung, selbst wenn die beiden genannten Voraussetzungen durchaus hilfreich sein können, kann keineswegs nur darin bestehen, rein faktisch einfach das Vorliegen dieser Voraussetzungen festzustellen. Ich bin der Ansicht, daß der erstinstanzliche Richter gut und zutreffend die Gesamtsituation beurteilt hat, und daß er zu Recht feststellte, daß im Gutachten Mignault, bezogen auf die Berufungsklägerin von "entfremdenden Verhaltensweisen" (Attitutes alienantes) - eine Ausdrucksweise, die zumindest den Beginn eines Syndroms der Eltern-Kind-Entfremdung, wenigstens in mittelschwerer Form, erkennbar und feststellbar sein läßt. Es handelt sich selbstverständlich vorliegend nicht darum, die
Berufungsklägerin für eine falsche und arglistige Anzeige eines sexuellen
Mißbrauchs zu bestrafen; die Handlungen des Berufüngsbeklagten, und hierin
sind alle Gutachter einig, waren nichts weiter als einfache hygienische
Maßnahmen der Versorgung und sie, die Mutter, hätte dies erkennen müssen.
Insgesamt erscheint es mir unter den vorliegenden Umständen deutlich zu sein, daß es der Berufüngsbeklagte ist, der am ehesten die Beziehung des Kindes zum anderen Eltemteil und ein Maximuni an Kontaktmöglichkeiten zu diesem sicherstellen kann. Es sei hervorzuheben, daß die Aurrechterhaltung der Beziehung zu beiden Eltemteilen, in harmonischer Weise und befreit von allen Loyalitätskonflikten und einseitiger Zugehörigkeit, im direkten Interesse des Kindes Emilie liegt. Ich füge hinzu, und schließe damit, daß ich als Berufungsrichter höchsten Respekt vor den Entscheidungen des Richters erster Instanz habe, der durch den Tonfall, die Gestik und Verhaltensweise der Parteien und sämtlicher Zeugen seine Rechtsmeinung besser festigen konnte als wir, die wir einzig aus der Lektüre der Protokolle und Akten hoffen zur richtigen Entscheidung zu gelangen. Unter diesen Umständen hat der Antrag der Berufungsklägerin, mit welchem sie eine Erhöhung des Unterhaltes für das Kind begehrt, nur noch akademischen Wert. Bezogen auf die Beantragung eines Kostenvorschusses befindet sich kein einziger Beweis in der Akte, der diesen Antrag untermauern könnte Ich bin mit dieser Begründung der Auffassung, daß die Berufung (oder Revision) kostenpflichtig zurückzuweisen ist. Jean-Louis Baudouin, Richter am Berufungsgericht (Das vorstehende Urteil des berichterstattenden Richters Baudouin wurde durch das Richterkollegium Ruthan, Tourigny und Baudouin am 17.11.1994 verkündet) 1) Wir danken M. Henri Lafrance, Quebec, für die Beschaffung des
Urteils •) (s. R. Gardner. The Parental Alienation Syndrome (1992); A F.
Goldwater "Le | |||||||||||||||
Autoren: Ursula O. Kodjoe / Dr. Peter Koeppel Datum 28.03.1999 Mail: |
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