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FPR 2004 Heft 11 605
BGH, Urteil vom 21. 4. 2004 - XII ZR 170/01 (OLG Celle)
Vereinbarung mit Drittem über Zugewinnausgleich
Die Eheleute heirateten 1993, trennten sich 1997 und sind seit Februar 2000 rechtskräftig geschieden.
Die Eheleute bewohnten während der Ehe ein Hausgrundstück, das dem Vater der Ehefrau gehörte. Der Ehemann nahm dort Sanierungs- und Umbauarbeiten vor. In einem Verhandlungstermin im Juli 1999 erklärte der ebenfalls erschienene Vater der Ehefrau sich bereit, zur Abgeltung sämtlicher Zugewinnausgleichsansprüche gegen seine Tochter 70000 DM an den Ehemann zu zahlen.
Nachdem das Landgericht den Vater zur Zahlung verurteilt und das OLG die Berufung des Vaters zurückgewiesen hatte, war seine Revision beim BGH erfolgreich. Der Vertrag sei jedenfalls nach § 1378 III 3 BGB unwirksam. Auf das Zustandekommen eines Vertrags und auf die Wirksamkeit der durch den Vater erklärten Anfechtung komme es daher nicht an. Es sei nicht möglich, sich vor Beendigung des Güterstands zu Verfügungen über die Ausgleichsforderung zu verpflichten.
Dies habe der Ehemann jedoch getan, er habe auf einen weitergehenden Zugewinnausgleichsanspruch verzichtet und in einen Schuldnertausch eingewilligt. Auch an einer Bestätigung der Vereinbarung nach Rechtskraft der Scheidung fehle es.
BGB § 1378 III 2 und 3
1. Zur Wirksamkeit von Verfügungen über die Forderung auf Ausgleich des Zugewinns nach § 1378 III 2 und 3 BGB.
2. Eine vor Beendigung des Güterstands getroffene Vereinbarung, in der sich der Schwiegervater zur Zahlung einer Abfindung an den Ehemann zur Abgeltung sämtlicher Zugewinnausgleichsansprüche gegen die Ehefrau verpflichtet, stellt einen Verzicht auf mögliche weitergehende Zugewinnausgleichsansprüche seitens des Ehemannes dar sowie die Einwilligung in einen Schuldnertausch. Darin ist eine Verfügung über die dem Ehemann zustehende Ausgleichsforderung zu sehen, die nach § 1378 III 3 BGB unwirksam ist. (Leitsatz 2 von der Redaktion)
BGH, Urteil vom 21. 4. 2004 - XII ZR 170/01 (OLG Celle)
Zum Sachverhalt:
Der Kl. verlangt vom Bekl. Zahlung von 70000 DM aus einem Vergleich. Der Kl. ist der Schwiegersohn des Bekl. Die im Mai 1993 geschlossene Ehe des Kl. mit der Tochter des Bekl. wurde, nachdem sich die Eheleute im April 1997 getrennt hatten, im Februar 2000 rechtskräftig geschieden. Während der Ehe bewohnten der Kl. und seine Frau ein Hausgrundstück des Bekl., auf dem der Kl. bis zu seinem Auszug Umbau- und Sanierungsarbeiten durchführte. Mit notariellem Vertrag vom 19. 2. 1997 verkaufte der Bekl. seiner Tochter dieses Hausgrundstück zum Preis von 123500 DM; dabei behielt er sich das durch Vormerkung gesicherte Recht vor, von seiner Tochter jederzeit die Rückübertragung des Grundbesitzes verlangen zu können, falls diese ohne Genehmigung ihrer Eltern den Grundbesitz belasten oder veräußern sollte.
Im Zuge des Scheidungsverfahrens erwirkte der Kl. im Wege des Arrests zur Sicherung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich eine Vormerkung zur Eintragung einer Sicherungshypothek auf dem Grundstück.
In einem auf die Beschwerde der Ehefrau anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung wurden Ausgleichsansprüche des Kl. wegen seiner Arbeitsleistungen und Investitionen in das Hausgrundstück erörtert. Die Verhandlung wurde vertagt, um der Ehefrau des Kl. und ihrem Prozessbevollmächtigten Gelegenheit zu geben, den gesamten Vorgang mit den Eltern der Ehefrau zu besprechen.
Im nächsten Verhandlungstermin - am 13. 7. 1999 - erschienen neben den Eheleuten und deren Prozessbevollmächtigten auch der Bekl. und seine Ehefrau. Nach Erörterung der vom Kl. auf dem Hausgrundstück durchgeführten Umbauarbeiten erklärte der Bekl. zu Protokoll seine Bereitschaft, das Grundstück dem Kl. zum Preis von 365000 DM zu verkaufen. Der Kl. erklärte, binnen einer Frist von zwei Wochen zu diesem Angebot Stellung nehmen zu wollen.
Nach weiterer Erörterung erklärte der Bekl. - ausweislich des Protokolls - für den Fall, dass ein Kaufvertrag über das Grundstück in Höhe von 365000 DM nicht zu Stande komme, dem Kl. zur Abgeltung sämtlicher Zugewinnausgleichsansprüche gegen seine Tochter einen Betrag von insgesamt 70000 DM zahlen zu wollen.
Nachdem seine Versuche, den Hauskauf zu finanzieren, fehlgeschlagen waren, forderte der Kl. in einem an den Prozessbevollmächtigten seiner Ehefrau gerichteten Schreiben vom 8. 9. 1999 den Bekl. auf, die in der mündlichen Verhandlung vom 13. 7. 1999 zugesagten 70000 DM zu zahlen. Der Bekl., dem dieses Schreiben alsbald weitergereicht wurde, lehnte mit Schreiben vom 15. 9. 1999 jede Zahlung ab und erklärte die Anfechtung seiner Erklärung wegen Drohung, Täuschung und Irrtums.
Das LG hat den Bekl. zur Zahlung des geltend gemachten Betrags verurteilt. Das OLG hat die Berufung des Bekl. zurückgewiesen. Auf die Revision des Bekl. wurde die Klage abgewiesen.
Aus den Gründen:
1. Nach Auffassung des OLG ist zwischen den Parteien ein Vertrag eigener Art mit Elementen des Vergleichs (§ 779 BGB) und der befreienden Schuldübernahme (§ 414 BGB) zu Stande gekommen, der den Bekl. zur Zahlung des vom Kl. geltend gemachten Betrags verpflichtet.
Ein Angebot des Bekl. zum Abschluss eines solchen Vertrags liege in dessen Erklärung vom 13. 7. 1999; das Angebot sei dadurch bedingt gewesen, dass der Kl. vorab versuchen sollte, die finanziellen Mittel für den vorrangig geplanten Kauf des Hauses seiner Ehefrau zu erlangen. Dieses Angebot habe der Kl. spätestens mit Schriftsatz vom 8. 9. 1999, den der Bekl. auch erhalten habe, angenommen.
Dieser Vertrag sei als Schuldübernahme formfrei gültig. Es handele sich nämlich um das Angebot auf Übernahme einer dem Grunde nach bestehenden Forderung des Kl. auf Ausgleich des Zugewinns oder auf Ansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, verbunden mit dem Angebot auf Konkretisierung und Begrenzung der Forderung.
Mit dem Angebot des Bekl. habe nicht losgelöst von dem Streit des Kl. mit seiner Ehefrau um den Zugewinnausgleich eine neue, eigenständige Schuld des Bekl. begründet, sondern eben dieser Streit der Eheleute beigelegt werden sollen.
Aber selbst wenn in dieser Vereinbarung auch Elemente des Schuldversprechens angenommen würden, seien die dann nach § 780 BGB zu beachtenden Schriftformerfordernisse mit der Protokollierung des Angebots im Termin zur mündlichen Verhandlung, dem erneuten Vorspielen des Angebots aus der vorläufigen Aufzeichnung und der ausdrücklichen Genehmigung seiner Erklärung durch den Bekl. erfüllt.
Der Bekl. sei an sein Angebot auch gebunden; die von ihm behaupteten Gründe für eine Anfechtung seien konstruiert, die hierzu behaupteten Tatsachen teilweise offenkundig falsch.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Dabei kann dahinstehen, ob der Kl. das Angebot, das der Bekl. am 13. 7. 1999 abgeben hat, mit seinem an den Prozessbevollmächtigten der Tochter des Bekl. gerichteten Schriftsatz vom 8. 9. 1999 gem. §§ 147, 148 BGB wirksam angenommen hat. Ebenso bedarf es keiner Prüfung, ob, wie das OLG - von der Revision unbeanstandet - meint, die vom Bekl. erklärte Anfechtung dieses Vertrags nicht durchgreift. Denn der Vertrag ist jedenfalls nach § 1378 III 3 BGB unwirksam.
a) Nach dieser Vorschrift kann ein Ehegatte sich nicht vor Beendigung des Güterstands, falls nicht die Voraussetzungen des § 1378 III 2 BGB eingreifen, zu Verfügungen über seine Ausgleichsforderung verpflichten; erst recht kann er keine Verfügung über seine Ausgleichsforderung treffen (Staudinger/Thiele, BGB, 2000, § 1378 Rdnr. 15; Erman/Heckelmann, BGB, 11. Aufl., § 1378 Rdnr. 8: gesetzliches Verbot i.S. des § 134 BGB).
Eben dies hat der Kl. aber getan; denn die Abfindungsabrede umfasst, wenn man deren revisionsrechtlich nicht angreifbare und von der Revisionserwiderung auch nicht in Zweifel gezogene Auslegung durch das OLG zu Grunde legt, eine Verfügung über die dem Kl. zustehende Ausgleichsforderung: Mit der vereinbarten Abfindung hat der Kl. zum einen auf einen etwaigen weitergehenden Zugewinnausgleichsanspruch verzichtet.
Zum andern hat er in einen Schuldnertausch eingewilligt.
Das OLG geht insoweit zutreffend von einer befreienden Schuldübernahme aus (§ 414 BGB); eine solche Schuldübernahme ist eine abstrakte Verfügung über das Forderungsrecht, bewirkt zu Gunsten eines Dritten (vgl. Möschel, in: MünchKomm, § 414 Rdnr. 2), hier der Tochter des Bekl.
b) Eine - nach Rechtskraft der Scheidung an sich denkbare - Bestätigung der zuvor unwirksamen Abrede nach § 141 BGB kommt hier nicht in Betracht: Zwar genügt, wenn die Nichtigkeit eines Vertrags aus der Nichtigkeit der Willenserklärung nur einer der Vertragsparteien resultiert, für § 141 BGB die Bestätigung nur durch eben diese Vertragspartei.
Ist - wie im vorliegenden Fall - die Abrede dagegen als solche unwirksam, so muss die Bestätigung durch beide Vertragsparteien erfolgen (Mayer-Maly/Busche, in: MünchKomm, § 141 Rdnr. 10); dies gilt hier umso mehr, als § 1378 III 3 BGB nicht nur den über die Ausgleichsforderung verfügenden Ehegatten schützt, sondern auch den anderen Ehegatten (vor Rechtshandlungen seines Ehegatten, durch die ein Drittinteresse an der Beendigung des Güterstands und damit an der Eheauflösung begründet werden könnte, vgl. Koch, in: MünchKomm, § 1378 Rdnr. 20).
An der - danach notwendigen - übereinstimmenden Bestätigung durch beide Vertragsparteien fehlt es, weil der Bekl. sich mit seinem Antwortschreiben vom 15. 9. 1999 gegen die Vereinbarung gewehrt und diese Haltung in der Folgezeit beibehalten hat.
c) Die Vereinbarung ist auch nicht nach § 1378 III 2 BGB wirksam. Diese Vorschrift erklärt Abreden der Ehegatten über den Zugewinnausgleich für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens (hinsichtlich bereits zuvor getroffener Vereinbarungen vgl. BGH, NJW 1983, 753 = LM § 1378 BGB Nr. 9 = FamRZ 1983, 157 [159]) für zulässig, bindet sie jedoch an die notarielle Beurkundung oder an die gerichtliche Protokollierung (§ 127a BGB). Die Voraussetzungen des § 1378 III 2 BGB liegen indes nicht vor.
Zum einen fehlt es bereits an einer Vereinbarung der Ehegatten. Soweit die Revisionserwiderung in der Abrede „eine Vereinbarung unter den Ehegatten unter Einbeziehung eines Dritten“ sehen will, ist dies mit den Feststellungen des OLG nicht zu vereinbaren, nach denen (nur) zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ein Vertrag mit den Elementen der Schuldübernahme und des Vergleichs zu Stande gekommen ist.
Zum andern würde auch eine solche Vereinbarung unter den Ehegatten unter Einbeziehung eines Dritten nicht, wie die Revisionserwiderung meint, unter Satz 2, sondern unter Satz 3 des § 1378 III BGB fallen. § 1378 III 3 BGB will Dritte gerade aus der güterrechtlichen Vereinbarung „heraushalten“ und damit - um der Ehe willen - jedes Drittinteresse an der Beendigung des Güterstands ausschließen (vgl. Staudinger/Thiele, § 1378 Rdnr. 16).
Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn Verträge mit Dritten auch dann unter Satz 3, nicht aber unter Satz 2 des § 1378 III BGB subsumiert werden, wenn beide Ehegatten an ihnen beteiligt sind.
Im Übrigen wäre auch das Formerfordernis des § 1378 III 2 BGB nicht gewahrt. In der Form des § 127a BGB beurkundet ist nur das Angebot des Bekl.; die ebenfalls (und im Hinblick auf den Schutzzweck des § 1378 III 2 und 3 BGB: gerade) formgebundene Annahme des Kl. ist es nicht. Die Möglichkeit einer Bestätigung nach § 141 BGB ändert an der Formnichtigkeit (§ 125 I BGB) nichts: Die Unwirksamkeit des Vertrags ergibt sich aus der fehlenden Form der Annahmeerklärung.
Mit der rechtskräftigen Scheidung ist zwar das Formerfordernis und damit der Nichtigkeitsgrund entfallen. Eine Bestätigung des Kl. würde jedoch - unbeschadet des § 141 II BGB - nur bewirken, dass dessen Annahme-Erklärung ex nunc wirksam wird. Das aber könnte einen Vertragsschluss wiederum nur herbeiführen, wenn der Bekl. an sein Angebot vom 13. 7. 1999 noch immer - also auch noch nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung im Februar 2000 - gebunden wäre. Das ist nicht der Fall.
3. Das angefochtene Urteil kann nach allem keinen Bestand haben. Da weitere Feststellungen weder notwendig noch zu erwarten sind, kann der Senat selbst abschließend entscheiden. Der Vertrag zwischen den Parteien ist nicht wirksam zu Stande gekommen. Das auf diesen Vertrag gestützte Zahlungsbegehren des Kl. ist deshalb nicht begründet und die Klage folglich abzuweisen.
Anm. d. Schriftltg.:
Zu Vereinbarungen über den Zugewinnausgleich s. Reus/Damerow, FPR 2004, 329; vgl. ferner Brudermüller, NJW 2003, 3166; zur Aufrechnung gegenüber einer Zugewinnausgleichsforderung s. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2002, 1225.
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