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Frau verlässt Ehemann und zieht zum Freund: Damit ist der Anspruch auf Trennungsunterhalt vom Ehemann verwirkt
Nach etwa 20 Ehejahren begann eine Frau eine Liebschaft mit einem anderen Mann. Trotz einiger Streitigkeiten wegen dieses 'Verhältnisses' blieb sie weiterhin bei ihrem Mann, der ihr immer wieder verzieh - selbst als sie ihm zu Weihnachten 1995 beichtete, er sei nicht der Vater ihres 1990 geborenen Kindes. Erst im Sommer 1999 verließ sie ihn mit dem Kind, um zu ihrem Freund zu ziehen. Von ihrem Ehemann verlangte sie Trennungsunterhalt: Als er sich weigerte, beantragte sie bei der Justiz Prozesskostenhilfe für eine Unterhaltsklage.
Das Oberlandesgericht Nürnberg lehnte ab, weil für eine solche Klage nicht die geringste Aussicht auf Erfolg bestehe (11 WF 1903/00). Trotz der langen Dauer der Ehe habe sie mit ihrem schweren Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht jeden Anspruch auf Unterhalt verwirkt. Wer sich so eindeutig von der ehelichen Bindung distanziere, um eine neue eheähnliche Beziehung einzugehen, könne nicht zugleich an die eheliche Solidarität appellieren, um vom Ehepartner Geld zu erhalten. Indirekt verlange sie damit von ihm, ihr Zusammenleben mit einem Dritten mitzufinanzieren.
Schon gar nicht könne sie diese Forderung damit untermauern, dass ihr Ehepartner an der Ehe festgehalten und ihr das außereheliche Verhältnis verziehen habe: Es würde die Grenze des Zumutbaren übersteigen, ihn nun, nach der Trennung, mit Unterhaltszahlungen zu belasten. Schließlich habe er nicht ihr Verhältnis akzeptiert, sondern ihr verziehen, um die Ehe zu retten. Dass ihr Mann sich trotz aller Enttäuschungen lange um die Ehe bemüht habe, könne man nun nicht zu seinem finanziellen Nachteil auslegen.
Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 13. Juni 2000 - 11 WF 1903/00
Entscheidungsgründe
Zutreffend hat das Familiengericht für die beabsichtigte Trennungsunterhaltsklage der Antragstellerin mangels hinreichender Erfolgsaussicht Prozesskostenhilfe versagt (§ 114 ZPO), da der Unterhaltsanspruch gemäß § 1579 Nr. 6 BGB verwirkt ist. Das Beschwerdegericht folgt den Gründen des angefochtenen Beschlusses und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diesen Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO analog).
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Selbst wenn man den Sachvortrag der Antragstellerin als richtig unterstellt, dass der Antragsgegner ihr das seit Frühjahr 1989 mit Unterbrechungen währende Verhältnis zum Zeugen X in der Vergangenheit immer wieder verziehen hat und er auch an der Ehe festhielt, nachdem er Weihnachten 1995 davon erfahren hatte, nicht der Vater des am 1990 geborenen Kindes Y zu sein, würde es die Grenzen des Zumutbaren übersteigen, den Antragsgegner allein aufgrund der nach der Trennung fortwirkenden personalen Verantwortung der Ehegatten mit einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Antragstellerin zu belasten.
Es liegt auf der Hand, dass das Bemühen des Antragsgegners um seine Ehe zur Voraussetzung hatte, dass die Antragstellerin ihr Verhältnis zum Zeugen X endgültig aufgibt. Die Antragstellerin behauptet selbst nicht, dass der Antragsgegner zu irgendeiner Zeit das Verhältnis gebilligt hätte. Vielmehr trägt sie vor, dass es diesbezüglich immer wieder zum Teil auch zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten gekommen ist.
Dass der Antragsgegner trotz der Enttäuschungen immer wieder glaubte, die Ehe doch noch retten zu können, kann ihm jetzt im Unterhaltsprozess nicht angelastet werden.
Nachdem sich die Antragstellerin ... 1999 offenbar endgültig von ihm abgewendet hat, um mit dem Zeugen in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenzuleben, ist die Inanspruchnahme des Antragsgegners grob unbillig (BGH FamRZ 1989, 1279). Ein Ehegatte, der sich auf diese Weise einseitig von seiner ehelichen Bindung distanziert und seine Ehe faktisch als nicht mehr bestehend betrachtet, kann nicht seinerseits den Ehepartner aus dessen ehelicher Mitverantwortlichkeit für sein wirtschaftliches Auskommen in Anspruch nehmen und indirekt eine Mitfinanzierung seines Zusammenlebens mit einem Dritten verlangen (Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 5. Auflage, 4 Rn. 723).
Der Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht ist so schwerwiegend, dass auch unter Berücksichtigung der langen Ehedauer, ... dem Alter und dem Gesundheitszustand der Antragstellerin und der aus der Ehe hervorgegangenen erwachsenen Kinder ein Unterhaltsanspruch zu versagen ist.
Bei dieser Abwägung ist auch berücksichtigt, dass die Antragstellerin im Zusammenleben mit dem Zeugen X ihr wirtschaftliches Auskommen hat. Nach ihren Angaben im Termin vom 07.10.1999 werden sie und Y vom Zeugen X unterhalten, so dass sie beide nicht Not leidend sind. Im Übrigen wird bei der gegebenen Situation die Antragstellerin bei ihrem Alter nach Abklingen ihrer aktuellen Gesundheitsbeschwerden daran denken müssen, ihren Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken.
(Beschluss des Oberlandesgericht Nürnberg
vom 13. Juni 2000, Az. 11 WF 1903/00)
[editiert: 03.06.05, 05:25 von Ingrid]