Beitrag 28 von 76 (37%) | Anfang zurück weiter Ende |
|
FPR 2002 Heft 10 540 N
Berufsbedingte Fahrtkosten im Prozesskostenhilfeverfahren
Eine Frau hat Prozesskostenhilfe für ihre Ehesache beantragt. Ihre Beschwerde gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung durch das AG war teilweise erfolgreich. Das OLG setzte die zu zahlende Rate auf 30 Euro monatlich herab. Der Rechtspfleger habe bei der Prüfung der persönlichen Verhältnisse die Fahrtkosten, welche der Frau bei der Fahrt zu ihrer Arbeitsstelle anfallen, in zu geringer Höhe angesetzt. ZPO § 115 I Nr. 1; BSHG § 76 II Nr. 4
Ist für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar bzw. nicht möglich, ist § 3 VI Nr. 2 der VO zu § 76 BSHG (höchstens 40 km zu je 10 DM) nicht mehr anwendbar. Die Fahrtkosten sind nach der Formel km × 0,50 DM (0,25 Euro) × 2 × 220 : 12 zu berechnen; dies gilt auch bei Klein- oder Gebrauchtwagen. Daneben sind Kosten für Benzinverbrauch, Steuern, Versicherung, Wartung, Kosten für einen Kredit zur Finanzierung des Erwerbs oder ähnliches nicht mehr gesondert ansetzbar.
OLG Koblenz, Beschluß vom 13. 2. 2002 - 9 WF 88/02
Zum Sachverhalt:
Das AG - FamG - hat der Ast. Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung für die Ehesache bewilligt. Die Ast. trägt mit ihrer Beschwerde vor, ihre berufsbedingten Pkw-Fahrtkosten seien mit 1320 DM monatlich zu niedrig angesetzt. Das Rechtsmittel führte zur Herabsetzung der monatlichen Ratenzahlung auf 30 Euro. Aus den Gründen:
Der Rechtspfleger hat bei der Überprüfung der persönlichen Verhältnisse der Ast. zu Unrecht die Fahrtkosten nur in Höhe von 10 DM/Monat pro Entfernungskilometer (132 × 10 = 1320 DM) anerkannt.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats sowohl bei der Unterhalts- wie der Prozesskostenhilfeberechnung, Fahrtkosten für die Fahrt mit dem eigenen Pkw zur Arbeitsstelle entsprechend der Formel - 0,50 DM (0,25 Euro) pro km × 2 × 220 : 12 - zu berechnen. Der Senat hält eine geringere Zuerkennung von Fahrtkosten bei realistischer Betrachtung der tatsächlichen Kosten, die durch das Fahren mit einem Kraftfahrzeug erwachsen, für unangemessen. Zweifellos fallen im Hinblick auf Benzinverbrauch, Steuer und Versicherung sowie Wartung und Erwerbskosten für den Pkw Kosten in dieser Höhe tatsächlich an (vgl. die Kostenübersichten, die der ADAC jährlich veröffentlicht), und zwar auch bei Benutzung eines Kleinwagens oder gebrauchten Fahrzeugs. Daneben sind Kosten für einen aufgenommenen Kredit zur Finanzierung des Erwerbs oder ähnliches selbstverständlich nicht mehr gesondert ansetzbar.
Diese Fahrtkosten sind anzuerkennen, wenn der Pflichtige seine Arbeitsstelle zumutbar nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann, weil es sich dann um notwendige Aufwendungen handelt, um überhaupt das Einkommen zu erzielen, welches Ausgangspunkt der Prozesskosten- bzw. Unterhaltsberechnung ist. Anders als bei der Berechnung der Leistungsfähigkeit in Unterhaltsverfahren kann es bei der Entscheidung, ob Prozesskostenhilfe bewilligt wird, dem Pflichtigen auch bei weiter täglicher Anreise generell nicht zugemutet werden, näher an seinen Arbeitsort zu ziehen. Ein Umzug hat nicht nur eine radikale Veränderung des sozialen Umfelds zur Folge, sondern ist auch mit nicht unerheblichen Kosten, die die Prozesskosten in vielen Fällen übersteigen dürften, verbunden.
Der Senat hat überprüft, dass es der Ast. nicht zumutbar möglich ist, ihren Arbeitsort Köln täglich von ihrem Wohnort M. aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Allerdings beträgt die einfache Strecke nicht 132, sondern 110 km. Damit ergibt sich folgende Berechnung: …
(Mitgeteilt von Bezirksrevisor am LG W. Wessel, Koblenz)
Anm. d. Schriftltg.:
Zur Berücksichtigung von Fahrtkosten im Rahmen des § 115 I ZPO vgl. auch OLG Düsseldorf, Rpfleger 2001, 434.
____________________
Unser Kopf ist rund, damit unsere Gedanken die Richtung ändern können
Schumacher @ zweitfrauen.de