Arbeitswegekosten und Autofinanzierung - § 1579 BGB Ausbruch aus einer funktionierenden EheIngrid,
09.05.05, 08:55- drucken- weiterempfehlen
OLG Hamm: Abzugsfähigkeit der Pkw-Finanzierungskosten NJW-RR 2005 Heft 8 515
Abzugsfähigkeit der Pkw-Finanzierungskosten BGB § 1361
Der Unterhaltspflichtige kann statt der pauschal berechneten berufsbedingten Fahrtkosten die eheprägenden Finanzierungskosten für den Pkw geltend machen. Diese können allerdings nicht den Kreditkosten gleichgesetzt werden, sondern sind u.a. wegen der im Übrigen privaten Nutzung des Pkw gem. § 287 ZPO zu schätzen.
Die Anrechnung der privaten Nutzungsvorteile entfällt, wenn dem Unterhaltspflichtigen nur der Selbstbehalt verbleibt und ein Verkauf oder Austausch des berufsbedingt erforderlichen Fahrzeugs nur zu einer Teilablösung des Kredits führen würde.
OLG Hamm, Urteil vom 24. 9. 2004 - 11 UF 49/04 Zum Sachverhalt:
Die Kl. macht gegen den Bekl. Trennungsunterhalt geltend. Die Parteien streiten u.a. über die Abzugsfähigkeit der Pkw-Kreditrate (258 Euro monatlich) sowie ob die Kl. „aus einer intakten Ehe“ ausgebrochen ist.
Das AG - FamG - hat die Kreditrate voll abgezogen, den Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 6 BGB bejaht, und der Kl. nur geringen monatlichen Trennungsunterhalt zugesprochen. Allein die Berufung des Bekl. hatte teilweise Erfolg. Aus den Gründen:
… 1. Anspruch ab Juli 2003
1.1. … c) Unstreitig ist die Kreditrate für einen bei der C-Bank gemeinsam aufgenommenen Kredit abzusetzen. Die Ratenhöhe beläuft sich auf monatlich 450 Euro. Problematisch ist der Abzug der Kreditrate von monatlich 258 Euro für den im Oktober 2002 angeschafften Pkw, den der Bekl. für die Fahrten zum Schichtdienst einsetzt, während er dazu früher einen Motorroller benutzt hat.
Zwar ist nicht möglich, die Finanzierungskosten für einen Pkw neben pauschal berechneten berufsbedingten Fahrtkosten geltend zu machen, weil die Kilometerpauschale auch einen Finanzierungsanteil enthält (Nr. 10.2.2 der Hammer Leitlinien). Da der Bekl. die berufsbedingt anfallenden Fahrtkosten aber nicht geltend macht, ist er grundsätzlich nicht gehindert, statt dessen die Berücksichtigung der Kreditkosten zu verlangen, die schon die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben:
Dass der nicht mehr berufstätige, den gemeinsam angeschafften Pkw nach der Trennung weiter nutzende unterhaltspflichtige Ehemann dessen Finanzierungskosten von seinem Einkommen absetzen kann, hat der BGH ausdrücklich anerkannt (NJW 1998, 2821 [2822]).
Andererseits ist dann aber auch zu berücksichtigen, dass die ehelichen Lebensverhältnisse durch die geldwerten Gebrauchsvorteile des Pkw geprägt worden sind, die nach der Trennung nunmehr allein dem Unterhaltspflichtigen zugute kommen und - soweit es sich nicht um berufsbedingte Aufwendungen handelt - mit den Finanzierungskosten zu verrechnen sind. Da hier eine Darstellung der Nutzungen und deren Aufschlüsselung nach beruflichen und privaten Zwecken fehlt, sind sie pauschal gem. § 287 ZPO zu schätzen. Wollte man in diesem Zusammenhang davon ausgehen, dass die Kreditaufwendungen für das Fahrzeug dem Wert der Nutzungen entsprechen (so aber OLG Hamm, OLG-Report 2001, 128), so bliebe unbeachtet, dass die Lebensdauer des Fahrzeugs die Kreditlaufzeit übersteigt. Daher schätzt der Senat den Wert der Verfügbarkeit des Pkw für private Zwecke auf monatlich 150 Euro (so der Vorschlag für die allgemeine Bewertung der Nutzung eines Mittelklassewagens bei Kalthoener/Büttner, Die Rspr. zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl., Rdnr. 717). Dann bleibt ein abzusetzender Kreditbetrag von monatlich 108 Euro (258 Euro ./. 150 Euro).
Eine solche Anrechnung der privaten Nutzungen auf den Kreditbetrag ist zwar problematisch, wenn der Unterhaltspflichtige auf Grund der durch die Trennung geänderten persönlichen Verhältnisse an sich einen billigeren Pkw benutzten würde, wenn nicht der größere Pkw zur Verfügung stünde. Für die Zeit bis Ende 2003 hat der Bekl. im Hinblick auf die ihm verbleibenden Einkünfte aber noch so viel wirtschaftlichen Spielraum, dass er sich die private Nutzung im Wert von monatlich 150 Euro ohne weiteres „leisten“ kann …
1.3. Der ermittelte Trennungsunterhalt in Höhe von 124,35 Euro ist allerdings gem. § 1579 Nr. 6 BGB verwirkt, weil die Kl. aus intakter Ehe ausgebrochen ist. Zwar waren die zum Trennungsverlauf in erster Instanz getroffenen Feststellungen noch nicht geeignet, den Tatbestand eines einseitigen Fehlverhaltens der Kl. auszufüllen, so dass geboten war, Prozesskostenhilfe zu bewilligen und die Sache weiter aufzuklären. Nach dem weiteren Vortrag in zweiter Instanz und der Vorlage des Terminsprotokolls über die Aussagen der Kl. im Scheidungsverfahren steht aber auch zur Überzeugung des Senats fest, dass der Tatbestand des § 1579 Nr. 6 BGB erfüllt ist.
a) Dass Eheleute nebeneinander herleben, schließt nicht aus, die Aufnahme einer intimen Beziehung zu einem anderen Partner als einseitiges Fehlverhalten i.S. von § 1579 Nr. 6 BGB zu qualifizieren. Die eheliche Treuepflicht gebietet vielmehr, die Defizite des gemeinschaftlichen Lebens anzusprechen und mit dem Ehepartner nach einer Lösung zu suchen, wenn die eheliche Gesinnung verloren zu gehen droht. Wer diese Pflicht missachtet und eine neue Beziehung aufnimmt, ohne zuvor für eine Rettung der Ehe gekämpft zu haben, macht sich eines einseitigen Fehlverhaltens schuldig.
Nur wenn alle Bemühungen zur Aufarbeitung der Eheprobleme vergeblich bleiben, kann die Ehe als gescheitert angesehen werden, so dass die Zuwendung zu einem neuen Partner nicht mehr als einseitiges Fehlverhalten zu werten ist.
b) Während in erster Instanz offen geblieben ist, ob sich die Kl. nicht doch pflichtgemäß, aber vergeblich um eine Rettung der Ehe bemüht, hat, ist in zweiter Instanz deutlich geworden, dass sie zielstrebig aus einer noch intakten Ehe ausgebrochen ist. Ihr Vortrag, die Ehe habe schon vor ihrer Zuwendung zu einem neuen Lebensgefährten nur noch auf dem Papier gestanden, war offenbar falsch. Im Scheidungsverfahren hat sie nämlich im Gegenteil erklärt, sie habe sich durch die Liebe ihres Ehemannes erdrückt gefühlt. War aber die emotionale Bindung von Seiten des Bekl. noch sehr eng, war die Kl. um so mehr verpflichtet, der Ehe trotz eigener Unzufriedenheit noch eine echte Chance einzuräumen. Darum hat sie sich aber nicht bemüht, sondern bei der Aussprache zu Ostern 2003 von vornherein erklärt, sie wolle so nicht mehr mit dem Bekl. leben.
c) Da ein Härtegrund vorliegt, ist weiter zu prüfen, inwieweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Berücksichtigung der Belange der 1990 geborenen Tochter S grob unbillig wäre. Der Senat ist mit dem AG der Meinung, dass die Kl. gegenüber dem an der Ehe festhaltenden Bekl. grob rücksichtslos gehandelt hat und daher ein völliger Ausschluss des Unterhaltsanspruchs gerechtfertigt ist, soweit ihr Existenzminimum gesichert ist und damit die Belange der Tochter S nicht berührt werden.
Da die Kl. 621 Euro + 280 Euro zur Verfügung hatte, ist ihr Existenzminimum gedeckt. Die Zuerkennung weitergehenden Unterhalts wäre daher grob unbillig.
4. Ansprüche vom 1. 1. 2004 bis 17. 2. 2004
4.1. … c) Neben dem ehebedingten, mit monatlich 450 Euro zu bedienenden Kredit ist nunmehr auch der Pkw-Kredit in vollem Umfang abzusetzen, weil der Bekl. ab Januar 2004 auf den Selbstbehalt von 840 Euro verwiesen wird und außer Stande ist, die Raten von 258 Euro aus diesem Betrag zu finanzieren.
Tritt eine solche Situation ein, ist dem Unterhaltspflichtigen zwar grundsätzlich zuzumuten, den Pkw zwecks Kreditablösung zu verkaufen. Der Bekl. hat aber durch die vorgelegte Schätzung des Händlereinkaufswertes belegt, dass dies zu keiner Verbesserung der finanziellen Situation geführt hätte. Bezogen auf die Zahlen für August 2004 steht nämlich einem Darlehenssaldo von noch 11159 Euro ein Erlös von nur 6500 Euro gegenüber. Auch beim Verkauf des Pkw wäre also eine Restschuld von rund 4659 Euro verblieben, die noch einmal aufzustocken gewesen wäre, weil der Bekl. wegen des Schichtdienstes keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen kann und daher zumindest einen neuen Roller hätte anschaffen müssen, um seinen Arbeitsplatz erreichen zu können. Dass eine solche Vermögensumschichtung zu einer wesentlichen Reduzierung der monatlichen Kreditbelastung hätte führen können, ist nicht ersichtlich.
5. Ansprüche ab dem 18. 2. 2004
5.1. Es kommt nicht mehr in Betracht, den Pkw-Kredit in vollem Umfang zu berücksichtigen, weil die Lebensgefährtin des Bekl. nach dessen Umzug den eigenen Pkw abgeschafft und den (neueren) Pkw des Bekl. mit genutzt hat. Deshalb ist davon auszugehen, dass nicht nur die Miete der gemeinsamen Wohnung, sondern auch die Kreditkosten des Pkw geteilt werden.
Statt des hälftigen Kreditbetrages von 129 Euro setzt der Senat aber nunmehr die berufsbedingten Fahrtkosten von 176 Euro ab (20 km × 2220 Tage × 0,24 Euro : 12Monate) …
(Mitgeteilt von Vors. Richter am OLG K. Zumdick, Hamm) Anm. d. Schriftltg.:
Vgl. hierzu noch OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 6. 10. 2003 - 1 WF 176/03. - Vgl. allgemein zur Rechtsprechung von BGH und BVerfG zum Unterhaltsrecht Griesche, FPR 2004, 527; einen Ausblick auf die künftige Entwicklung des Unterhaltsrechts gibt Luthin, FPR 2004, 567.
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