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1 BVR 2144/01
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde
des Herrn S...
gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 15. November 2001 - 17 UF 50/00 - hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Präsidenten Papier
und die Richterinnen Haas,
Hohmann-Dennhardt
am 25. Juni 2002 einstimmig beschlossen:
1. Das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 15. November 2001 - 17 UF 50/00 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit über die Höhe der Unterhaltsansprüche für die Zeit nach dem 15. Mai 2000 entschieden worden ist. In diesem Umfang wird die Entscheidung aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht Celle zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.
2. Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe:
Mit der Verfassungsbeschwerde greift der Beschwerdeführer die ihm auferlegte Verpflichtung zur Zahlung von Getrenntlebendenunterhalt an.
I.
1. Im Jahre 1983 schlossen der Beschwerdeführer und die Klägerin des Ausgangsverfahrens die Ehe. Die Ehefrau führte während der Ehezeit überwiegend den Haushalt. Seit Februar 1999 lebten die Eheleute getrennt.
Das Amtsgericht Lüneburg verpflichtete den Beschwerdeführer mit Urteil vom 18. Februar 2000 zur Zahlung von Unterhaltsleistungen in Höhe von 2.175 DM. Es sei von einem durchschnittlichen bereinigten Monatseinkommen in Höhe von 4.075,15 DM auszugehen. Hinzuzurechnen sei der Vorteil des mietfreien Wohnens mit 1.000 DM. Von dem danach unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen in Höhe von 5.075 DM gebührten der Ehefrau 3/7, also gerundet 2.175 DM. Zu einer Arbeitsaufnahme sei sie, weil sie überwiegend den Haushalt geführt habe und die Ehe seit 1983 dauere, im Hinblick auf den kurzen Trennungszeitraum nicht verpflichtet gewesen.
Im Berufungsverfahren holte das Oberlandesgericht, nachdem der Beschwerdeführer seit dem 15. Mai 2000 seine Arbeitszeit auf 50 % reduziert hatte, ein Gutachten zu der Frage ein, ob dies aus gesundheitlichen Gründen gerechtfertigt gewesen sei. Der Gutachter gelangte zu dem Ergebnis, der Beschwerdeführer habe an einer endoreaktiven Depression gelitten, welche eine Reduzierung der Arbeitszeit erforderlich gemacht habe; auch eine vollständige Krankschreibung bei gleichzeitiger intensiver Psychotherapie hätte nicht zu einer früheren Gesundung geführt.
Mit Urteil vom 15. November 2001 änderte das Oberlandesgericht Celle das erstinstanzliche Urteil ab. Für das Jahr 1999 sei nach Abzug der Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung, verschiedener Darlehensverbindlichkeiten und Fahrtkosten sowie unter Hinzurechnung des Wohnwertes des vom Beschwerdeführer bewohnten Familienheimes ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen des Beschwerdeführers von 4.107 DM zugrunde zu legen. Die Ehefrau verfüge über kein Einkommen, sie sei im Trennungsjahr auch nicht zur Arbeitsaufnahme verpflichtet gewesen. Der Unterhaltsanspruch betrage danach 2.053 DM.
Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 14. Mai 2000 hat das Oberlandesgericht ein unterhaltsrechtlich bereinigtes Einkommen von 4.026 DM ermittelt. Hierin enthalten war eine auf das Jahr mit einem monatlichen Betrag von 708 DM umgelegte Steuererstattung. Hiervon ausgehend hat das Oberlandesgericht einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 2.013 DM festgesetzt.
Für den Zeitraum vom 15. Mai 2000 bis zum 7. Februar 2001 hat das Oberlandesgericht lediglich das Einkommen des Beschwerdeführers aus seiner halbschichtigen Tätigkeit berücksichtigt und daraus ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von 1.789 DM ermittelt. Der Ehefrau stehe hiervon die Hälfte, also 894 DM als Unterhalt zu.
Für den Zeitraum vom 8. Januar 2001 bis zum 23. Mai 2001 (Rechtskraft des Scheidungsurteils) hat das Oberlandesgericht ebenfalls ein unterhaltsrechtlich bereinigtes Nettoeinkommen von 1.789 DM zugrunde gelegt, jedoch auf Seiten der Ehefrau die ab diesem Zeitpunkt vom Arbeitsamt im Rahmen einer Fortbildungsmaßnahme erhaltenen Leistungen in Höhe von 1.198 DM berücksichtigt. Die Differenz zum Einkommen des Beschwerdeführers betrage 591 DM; hiervon stehe der Ehefrau die Hälfte, also 296 DM als Unterhalt zu.
2. Mit seiner rechtzeitig eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG. Durch die festgesetzten Unterhaltsleistungen werde der Betrag, den er zur Sicherung seines Existenzminimums benötige, spätestens ab dem 15. Mai 2000 erheblich unterschritten und der in den Richtlinien des Oberlandesgerichts vorgesehene Selbstbehalt nicht gewahrt. Das Oberlandesgericht habe nicht nur für das Jahr 2000, sondern auch für das Folgejahr den Betrag von 708 DM monatlich aus der Steuerrückerstattung als Einkommen berücksichtigt, obschon er dargelegt habe, dass er eine solche Rückerstattung im Jahre 2001 nicht erhalten habe.
3. Die Landesregierung von Niedersachsen sowie die Beteiligte des Ausgangsverfahrens haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
II.