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Berücksichtigung des Kindergelds im Prozesskostenhilfeverfahren
ZPO §§ 114 , 115
Das gezahlte Kindergeld ist im Prozesskostenhilfeverfahren nicht als Einkommen zu behandeln. (Leitsatz der Redaktion)
OLG Hamm, Beschluß vom 13. 7. 1999 - 7 WF 167/99
Zum Sachverhalt:
Das AG - FamG - hat der Ast. für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe bewilligt und Monatsraten von 90 DM festgesetzt. Mit ihrer Beschwerde erstrebt die Ast. den Wegfall der Raten mit der Begründung, das an sie gezahlte Kindergeld könne ihr im Prozesskostenhilfeverfahren nicht als Einkommen zugerechnet werden. Das Rechtsmittel war erfolgreich.
Aus den Gründen:
Der Senat geht zunächst in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Verwaltungsabteilung des OLG vom 5. 7. 1999 davon aus, dass der Ast. ein für die Prozesskosten einzusetzendes Einkommen von 277,45 DM verbleibt, wenn man das Kindergeld in Höhe von monatlich 250 DM berücksichtigt. Ohne das Kindergeld verbleiben lediglich 27,45 DM, sodass Raten nicht zu zahlen sind. Der Senat ist im Gegensatz zu der Auffassung des AG und der Verwaltungsabteilung des OLG der Meinung, dass das Kindergeld, das die Ast. erhält, bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens nicht zu berücksichtigen ist.
Die Frage, ob ausgezahltes Kindergeld einzusetzen ist, wird nicht nur in der Literatur, sondern auch in der Rechtsprechung kontrovers diskutiert. Der wohl überwiegende Teil der Rechtsprechung hat die Frage bejaht (vgl. OLG Hamm, NJW 1991, 2713; OLG Karlsruhe, FamRZ 1986, 593; OLG Köln, MDR 1993, 805; OLG München, FamRZ 1995, 942; KG, FamRZ 1982, 625; OLG Nürnberg, FamRZ 1984, 408; OLG Bamberg, FamRZ 1984, 606; OLG Frankfurt a.M., FamRZ 1998, 1603; OVG Münster, FamRZ 1984, 604; ferner die in der Stellungnahme der Verwaltungsabteilung
OLG Hamm: Berücksichtigung des Kindergelds im Prozesskostenhilfeverfahren NJW-RR 2000 Heft 02 78
genannten nicht veröffentlichten Entscheidungen), teilweise wird die Frage aber auch verneint (LAG Bremen, FamRZ 1987, 81; OLG Frankfurt a.M., FamRZ 1982, 513; OLG Bremen, FamRZ 1984, 411).
Der Senat hat bereits grundsätzlich Bedenken, ob man das Kindergeld, das der Staat in Erfüllung seiner sich aus der Verfassung ergebenden Verpflichtung das Existenzminimum jeder Person sicherzustellen, gewährt, bei der Frage, ob das Kindergeld für etwaig zu zahlende Raten einzusetzen ist, berücksichtigen kann. Zwar wird insoweit im Ansatz zu Recht von der überwiegenden Rechtsprechung geltend gemacht, dass die Prozesskostenhilfe vom Gesetzgeber als Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege konzipiert worden ist. Während es aber im Bereich der Sozialhilfe anerkannt ist, dass das Kindergeld auf den Bedarf anzurechnen ist, ergeben sich für den Bereich der Prozesskostenhilfe wesentliche Unterschiede. Es ist nämlich zu beachten, dass der Staat nicht Leistungen erbringen kann, die er jedenfalls mittelbar zurückverlangt. Das Kindergeld ist dazu bestimmt, Familien oder Einzelpersonen mit Kindern zu entlasten. Dieser Zweck wird verfehlt, wenn man es bei der Frage, ob Raten zu zahlen sind, berücksichtigen würde.
Jedenfalls nach den inzwischen ergangenen Entscheidungen des BVerfG zur Frage des Existenzminimums (NJW 1999, 557ff.) ist für die Berücksichtigung des Kindergelds im Rahmen des § 115 ZPO kein Raum. Das BVerfG hat festgestellt, dass Personen, die Kinder betreuen, durch das geltende Recht verfassungsrechtlich benachteiligt werden. Es hat dem Gesetzgeber auferlegt dem verfassungswidrigen Zustand durch geeignete Maßnahmen abzuhelfen. Werden aber Personen mit Kindern durch das noch geltende Recht ohnehin schon benachteiligt, dann ist es nicht gerechtfertigt diesen Zustand noch zu verschlimmern. Genau das aber würde geschehen, wenn man das Kindergeld bei dem Einkommen im Rahmen des § 115 ZPO berücksichtigen würde.
[editiert: 19.07.04, 21:41 von Ingrid]