Das Bundesfamilienministerium veröffentlicht folgendes:
Hartz IV bringt Vorteile für Familien mit geringem Einkommen
BMFSFJ Internetredaktion
Pressemitteilung Nr. 224/2004 Veröffentlicht am 06.08.2004 Thema: Familie
Hartz IV bringt Vorteile für Familien mit geringem Einkommen
Kinderzuschlag für gering verdienende Eltern ab 2005
Mit dem Hartz IV-Gesetz tritt zum 1. Januar 2005 eine gezielte Förderung gering verdienender Familien in Kraft. Der Kinderzuschlag ist eine neue familienpolitische Leistung in Höhe von monatlich bis zu 140 Euro je Kind. Er wird an Eltern gezahlt, die zwar mit ihren Einkünften ihren eigenen Unterhalt bestreiten können, nicht aber den ihrer Kinder. Sie wären ohne Kinderzuschlag auf Arbeitslosengeld II (ALG II) angewiesen, mit Kinderzuschlag kann die Familie von den eigenen Einkünften leben.
Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Renate Schmidt, betonte: ''Familien erhalten mit Hartz IV gezielte Unterstützung. Nachdem Vorgängerregierungen jahrzehntelang untätig waren, ist es dieser Bundesregierung gelungen, ein ausbaufähiges Instrument zur Bekämpfung der Armut von Kindern und ihren Familien einzuführen. Mit dem Kinderzuschlag werden in einem ersten Schritt 150.000 Kinder und ihre Familien unabhängig vom Bezug des ALG II. Wir richten die familienpolitischen Leistungen zielgenau auf die Familien aus, die unsere Hilfe und Unterstützung besonders benötigen. Mit dem Kinderzuschlag als Teil der Hartz-Gesetze geben wir Familien einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit; Kinder wachsen damit nicht in Abhängigkeit ihrer Familien von staatlichen Leistungen auf. Dies ist ein zentrales familienpolitisches Anliegen der Agenda 2010.''
Bundesministerin Renate Schmidt bekräftigte, dass der Kinderzuschlag in dieser Legislaturperiode zu einem verstärkt wirkenden Instrument weiter entwickelt werden solle. Sie habe den Auftrag des Bundeskanzlers, die Umsetzung in der Praxis in den folgenden Jahren zu realisieren und die Entwicklung voranzutreiben.
Eltern mit geringem Einkommen sind für den Lebensunterhalt ihrer Kinder derzeit oft auf ergänzende Sozialhilfe bzw. ab Januar 2005 auf Arbeitslosengeld II angewiesen. Deshalb sollen Eltern, die mit ihrem Einkommen zwar ihren eigenen Unterhalt sicherstellen können, nicht aber den Unterhalt für ihre Kinder, einen Kinderzuschlag von bis zu 140 Euro pro Monat pro Kind erhalten können..
Zusammen mit dem Kindergeld in Höhe von monatlich 154 Euro und ggf. Wohngeld deckt er den durchschnittlichen Bedarf von Kindern. Das eigene Einkommen und Vermögen des Kindes, dazu zählen auch die Unterhaltsleistungen, wird gegengerechnet. Der Kinderzuschlag wird bei der Familienkasse schriftlich beantragt. Er wird für maximal 36 Monate gezahlt.
Der Einkommensbereich, in dem Familien Kinderzuschlag erhalten können, hängt von individuellen Verhältnissen - insbesondere auch von der Höhe der Miete und etwaigen Mehrbedarfen - ab. Bei den nachfolgenden Beispielen sind Mieten angesetzt, wie sie für Familien mit niedrigen Einkommen häufig vorkommen und in der Sozialhilfe als angemessen angesehen werden. Höhere angemessene Mieten oder besondere Mehrbedarfe verschieben den Einkommensbereich, in dem Kinderzuschlag gezahlt werden kann nach oben; tatsächliche niedrigere Mieten verschieben ihn nach unten.
Beispiel 1
Ehepaar, 1 Kind, Warmmiete 471 Euro monatlich: Ein Kinderzuschlagsanspruch besteht bei einem um Steuern und Sozialabgaben und den Erwerbstätigenfreibetrag bereinigten Nettoeinkommen von 1.013 Euro bis 1.153 Euro monatlich. Bei einem Nettoeinkommen von 1.013 Euro wird der volle Kinderzuschlag von 140 Euro monatlich, bei 1.153 Euro werden noch 42 Euro gezahlt, bei höheren Einkommen fällt der Kinderzuschlag ganz weg. Da Kinderzuschlagsbezieher kein Arbeitslosengeld II beziehen müssen, können sie Wohngeld beziehen, das im Beispielsfall bei etwa 50 Euro liegt.
Beispiel 2
Ehepaar, 2 Kinder, Warmmiete 521 Euro monatlich: Ein Kinderzuschlagsanspruch besteht bei einem um Steuern und Sozialabgaben und den Erwerbstätigenfreibetrag bereinigten Nettoeinkommen von 993 Euro bis 1.273 Euro monatlich. Dies bedeutet z.B. dass schon die Übernahme eines Midi- und eines Minijobs durch die Eltern aus dem Bezug von ALG II führen kann. Bei einem Nettoeinkommen von 993 Euro wird der volle Kinderzuschlag von 280 Euro monatlich, bei 1.273 Euro werden noch 91 Euro gezahlt, bei höheren Einkommen fällt der Kinderzuschlag ganz weg. Da Kinderzuschlagsbezieher kein Arbeitslosengeld II beziehen müssen, können sie Wohngeld beziehen, das im Beispielsfall etwa zwischen 150 Euro und 120 Euro liegt.
Beispiel 3
Alleinerziehende, 1 Kind von 8 Jahren, Warmmiete 380 Euro monatlich: Ein Kinderzuschlagsanspruch besteht bei einem um Steuern und Sozialabgaben und den Erwerbstätigenfreibetrag bereinigten Nettoeinkommen von 679 Euro (Midijob) bis 819 Euro monatlich. Bei einem Nettoeinkommen von 679 Euro wird der volle Kinderzuschlag von 140 Euro monatlich, bei 819 Euro werden noch 42 Euro gezahlt, bei höheren Einkommen fällt der Kinderzuschlag ganz weg. Da Bezieherinnen des Kinderzuschlags kein Arbeitslosengeld II beziehen müssen, können sie Wohngeld beziehen, das im Beispielsfall etwa zwischen 60 Euro und 20 Euro liegt.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend E-mail: Internet: http://www.bmfsfj.de
Servicetelefon: 01801 90 70 50 Wann können Sie anrufen? montags bis donnerstags von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr
Die Zeitschrift Stern sieht das aber ganz anders:
Von Karin Spitra
Rutscht ein Langezeitarbeitsloser ab 2005 ins neue Arbeitslosengeld (ALG II), dann wird er so wenig Geld haben, dass er unter die Grenze für Unterhaltspflicht fällt. Verlierer sind einige tausend Kinder.
Kaum ist die erste Welle medial geschürter Empörung verebbt und klargestellt, dass keine Sozialamts-Schergen kleinen Kindern ihre Sparbücher wegnehmen werden, schon braut sich das nächste Hartz IV-befeuerte Sommergewitter zusammen. Diesmal im Mittelpunkt des Reform-Wirrwarrs: alleinerziehende Mütter und Väter.
ALG II liegt unter dem Selbstbehalt Rutscht ab 2005 ein Langzeitarbeitsloser von Arbeitslosenhilfe in die neue ALGII, dann erhält er nur noch 345 Euro im Monat (Osten: 331 Euro). Die Grenze für den Selbstbehalt - jenes Geld, das nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige für sich behalten dürfen - liegt bei 730 Euro. Deshalb müssen sich jetzt etliche allein Erziehende (davon 85 % Frauen und 15 % Männer) darauf einstellen, dass sie für ihre Kinder vom Mann (bzw. der Frau) keinen Unterhalt mehr bekommen - schließlich liegt der ALG II-Satz ja deutlich unter dem Selbstbehalt.
Eine Entwicklung, die besonders der "Verband der allein erziehenden Mütter und Väter" (VAMV), mit Sorge sieht: "Schon jetzt ist es so, dass immer mehr Unterhaltspflichtige unter dem Selbstbehalt von 730 Euro im Monat bleiben - es gibt also schon diese "Mangelfälle", erklärt VAMV-Geschäftsführerin Peggy Liebisch. "Mit der Umstellung auf ALG II dürften diese Mangelfälle noch zunehmen."
Kinderzuschlag gibt es nur drei Jahre Können die Unterhaltspflichtigen ihrer Pflicht nicht mehr nachkommen, müssen die Unterhaltsvorschusskassen bei den Jugendämtern den Unterhalt übernehmen - genauso, wie sie es bereits jetzt bei Zahlungsunwilligen oder Zahlungsunfähigen tun. Der Pferdefuß dabei: Dieser Unterhaltsvorschuss wird höchstens sechs Jahre lang gezahlt und auch nur bis zum 12 Lebensjahr des Kindes. Danach wird's finanziell eng.
Normalerweise bliebe dem Alleinerzieher nur, jetzt selber Sozialhilfe zu beantragen. Bundesfamilienministerin Renate Schmidt reagierte allerdings auf den schon jetzt stattfindenden Anstieg von Sozialhilfeempfängern unter Kinder und Jugendlichen: Sie setzte Regierungs-intern den Kinderzuschlag durch. "Der Vorteil beim Kinderzuschlag ist, dass Familien nicht wegen ihrer Kinder auf ALG II angewiesen sind," erklärt Beate Moser, Sprecherin im Bundesfamilienministerium. "Damit können gezielt Eltern und Elternteile unterstützt werden, die zwar gerade für sich, aber nicht mehr für ihr Kind sorgen können". Fällt also der Unterhaltsvorschuss weg, bleibt dem allein erziehenden Elternteil nur noch der Antrag auf Kinderzuschlag. Der ist auf maximal 140 Euro im Monat begrenzt und dazu auf drei Jahre befristet. Und es gibt einen weitern Nachteil: "Diese 140 Euro im Monat liegen natürlich deutlich unter dem niedrigsten Unterhaltssatz - eine klare Schlechterstellung der Kinder," so Liebisch. Laut der "Düsseldorfer Tabelle" (Ost: "Berliner Tabelle"), die den Unterhaltssatz je Einkommen festlegt, liegt der niedrigste Unterhaltssatz für Kinder bis sechs Jahren bei 199 Euro im Monat.
Einkommen reicht nicht mehr Um den Kinderzuschlag zu bekommen muss außerdem das Einkommen des betreuenden Elternteils mit maximal 800 Euro so gering sein, dass mit dem fehlenden Kindesunterhalt zwar noch der eigene, aber nicht mehr der Lebensbedarf des Kindes gedeckt werden kann - wenigstens wird das Wohngeld da nicht mitgerechnet. Hintergedanke des Gesetzgebers: Da ansonsten der Elternteil selbst in ALG II abrutschen würde, gibt es diesen maximalen Kinderzuschlag von 140 Euro.
Besonders bitter für Liebisch: "Wie viele jetzt Mangelfall werden, wissen wir nicht - das können wir erst im Februar 2005 sehen, wenn die ersten Anträge ausgewertet sind." Das Familienministerium erwartet jedenfalls keinen nennenswerten Anstieg. Und Renate Schmidt wird sich die Entwicklung sehr genau anschauen - schließlich will auch der Kanzler, dass dies Thema weiterverfolgt wird. Ob es diesbzeüglich eine Nachbesserung geben wird ist also offen - genauso, woher das Geld dafür kommen sollte.