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Am Ende des eisernen Rates

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Seblon
Administrator

Beiträge: 354
Ort: Bochum/NRW


New PostErstellt: 28.03.06, 10:03  Betreff: Am Ende des eisernen Rates  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Habe derzeit wieder einige Klausuren im Nacken und zudem ist auch noch das grandiose Computer-RPG Oblivion erschienen, dessen Landschaften darauf warten von mir weiter in Augenschein genommen zu werden. Dennoch habe ich geschafft, nach langer Lesereise Der eiserne Rat zu Ende zu bringen.

Obwohl ich auch gerade die letzten Bilder des Romans großartig finde, bleibe ich insgesamt doch eher unbefriedigt und ratlos zurück.

Ganz ohne Frage ist auch dieser Miéville-Roman eine Pandora-Büchse der Originalitäten und faszinierenden Ideen, aber für meinen Geschmack mit nur scheinbarem Leben gefüllt. Die starke Metaphorik erdrückt die Figuren und Beziehungen und lässt sie zu reinen Funktionsträgern werden.

Miéville entwirft grandiose Tableus, die an sich prächtig anzuschauen sind, aber denen ein Stück weit die Seele fehlt. Tatsächlich geht es für mich bei der Auseinandersetzung mit Literatur immer auch Stück weit um Identifikation und Emotion. Miéville negiert dies innerhalb des eisernen Rates kontinuierlich. Die Skizzenhaftigkeit der Figuren hält einen während des gesamten Romans auf Distanz, was für mich zur Folge hat mich zu langweilen (schon lange habe ich nicht mehr solange an einem Buch gelesen!).

Ich hatte auch den Eindruck das Cutters Homosexualität und Liebe zu Judah eigentlich nichts weiter war, als ein weiterer origineller Farbklecks auf dem bunten Gemälde, dass Miéville entwirft. Weder hatte Cutters sexuelle Orientierung Relevanz für die Geschichte, noch für ihn selbst. Alles ordnet sich der politischen Metaphorik unter.

Zum Teil überkam mich bei Der eiserne Rat der Eindruck, Miéville schreibt wie Brecht auf LSD. Während es bei Brecht die Askese war, ist es bei Miéville die überbordende Fülle, beide verfolgen ähnliche Ziele, wenn sie sich auch in ihren literarischen Konsequenzen unterscheiden.

Ohne Frage, wäre der eiserne Rat bei Brecht in die Stadt gefahren, wo er bei Miéville zu einem in der Zeit eingefrorenen, historisch determinierten und daher unbeweglichen Monument wird.

Ich denke, im Gegensatz zu den meisten anderen hier, vermisse ich einfach den Miéville der Perdido Street Station.
Damals hatten seine Figuren noch etwas mehr Leben und waren weniger mit Botschaften abgefüllt...

Es grüßt





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Chao
Vielschreiber

Beiträge: 57

New PostErstellt: 04.04.06, 19:21  Betreff: Re: Am Ende des eisernen Rates  drucken  weiterempfehlen

Tja, habe selten einem Posting so zustimmen können, darum spare ich mir auch mehr Text. Danke, Seblon . Natürlich hat es gefallen, aber der Lesespaß und das, was hängenblieb, hat mich weniger beeindruckt wie die Vorgänger.
Hat China eigentlich was neues in der Mache, weiß man da was?

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Seblon
Administrator

Beiträge: 354
Ort: Bochum/NRW


New PostErstellt: 05.04.06, 07:19  Betreff: Re: Am Ende des eisernen Rates  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Chao
    Hat China eigentlich was neues in der Mache, weiß man da was?
Soviel ich weiß, überarbeitet China momentan seinen neuen Roman. Ich habe vor einigen Tagen eine Email von ihm erhalten, wo er mir allerdings mitteilt, dass seine Mutter schwer erkrankt sei und er deshalb alles auf die lange Bank geschoben hätte.

Es grüßt





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Skeltem
Registrierter Benutzer

Beiträge: 2

New PostErstellt: 08.09.06, 17:34  Betreff: Re: Am Ende des eisernen Rates  drucken  weiterempfehlen

Treffend zusammengefasst. Was mir als Leser des Originals aufgefallen ist, ist eine geradezu orgiastische Benutzung von komplizierten Wendungen und Idiomen. Seit sehr langer Zeit musste ich wieder ein Wörterbuch beim Lesen zur Hand nehmen. Das machte es für mich noch einmal schwerer in den Text hineinzufinden.
Außerdem finde ich, dass eher nicht für das Proletariat schreibt. Aber das hat Marxisten ja noch nie gestört.

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Seblon
Administrator

Beiträge: 354
Ort: Bochum/NRW


New PostErstellt: 10.09.06, 22:01  Betreff: Re: Am Ende des eisernen Rates  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Skeltem
    Treffend zusammengefasst. Was mir als Leser des Originals aufgefallen ist, ist eine geradezu orgiastische Benutzung von komplizierten Wendungen und Idiomen. Seit sehr langer Zeit musste ich wieder ein Wörterbuch beim Lesen zur Hand nehmen. Das machte es für mich noch einmal schwerer in den Text hineinzufinden.
    Außerdem finde ich, dass eher nicht für das Proletariat schreibt. Aber das hat Marxisten ja noch nie gestört.
Ehrlich gesagt, halte ich eine ganze Menge von Fantasy, die gerade eben nicht auf einem gefälligen Niveau des Proletariats punkten will. Gerade die schlechten Fantasy-Autoren, wie z.B. Hohlbein oder Heitz scheinen nichts anderes als das jugendliche Proletariat als Zielgruppe im Auge zu haben.

Zurück zu IC:
Ich halte Iron Council für eine sehr bunte, aber für meinen Geschmack eher gefühlslose Kopfgeburt. Die Metaphorik raubt den Figuren den Raum zum Atmen. Ich benötige atmende Figuren, um der Handlung nahezukommen...

Es grüßt





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