8.

Ich wusste, wovon Caisey und Anna gesprochen hatten. Caisey hatte lange an einem Ort gelebt, wo der Himmel nie zu sehen war, es keinen Sonnenschein und somit auch keine Thermik gab. Mir fällt es schwer zu verstehen, wie man an einem solchen Ort wohnen und ihn vor allem – wie in Caisey’s Fall – so sehr vermissen kann. Einen Ort, an dem das Fliegen so gut wie unmöglich ist.

Rechtzeitig zur ersten Vorstellung war Anna zurück. Vor dem Eingang drängten sich bereits viele Menschen. Zumindest diesmal würde das Zelt voll werden – was allerdings eher daran lag, dass unter den Zuschauern viele Freunde und Verwandte der Circus-Mitglieder waren.

Vor meinem ersten Auftritt vor Publikum in dieser Saison war ich schon ein wenig aufgeregt, doch viele der Kinder waren weitaus aufgeregter und litten sichtlich unter „Lampenfieber“, wie sie es nannten.  Als ich nach meinem Auftritt aus der Manege flog, kamen mir bereits Lynn und Cora entgegen. Sie waren als Erste an der Reihe und zeigten auf Lynns Lusitanos Trovào und Lightning die ‚Hohe Schule’. Die Nervosität hielt sich bei den Vier in Grenzen, sie waren schon bei einigen Turnieren und Veranstaltungen aufgetreten.  Kurz nach mir verließ Anna mit Gomez die Manege und brachte ihn zurück ins Pferdezelt, wo sie ihn absattelte und anschließend auf die angrenzende Koppel brachte. Ich blieb noch ein wenig im Zelt.  Hier, im Sattelgang, wartete Goliath gelassen auf seinen Auftritt. Das Shire Horse ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Selbst dann nicht, als Ben es alleine ließ, um sich um Flocke, das kleine weiße Shetty, zu kümmern, da Meike – die mit ihm auftrat – dazu zu nervös war. Meike stand zusammen mit Lea in einer Ecke, wo die Beiden versuchten, sich gegenseitig Mut zu machen. Währenddessen wärmte Janine vor dem Zelt ihre Hannoveranerstute Tinkerbell auf. Ihre beiden Begleithunde lagen derweil neben dem Garderobenwagen und schenkten dem Geschehen nur müde Blicke. Im Moment wurden sie nicht gebraucht und hatten daher frei.

Schon erklang Janines Musik. Sicher ritt sie an uns vorbei in die Manege. Hätte ich es nicht gewusst, wäre selbst mir nicht gleich aufgefallen, dass Janine blind war. Da die Zirkusstadt überall möglichst gleich aufgebaut wurde, und selbstverständlich auch Zelt und Manege, fand sie sich hier gut zurecht.

Nach einigen Minuten kam sie mit Lynn und Cora auch schon wieder aus der Manege. Kaum hatte sich der Vorhang hinter ihnen geschlossen, öffnete er sich auch schon wieder für Ben und Goliath. Meike folgte – nachdem sie noch einmal tief durchgeatmet hatte – mit Flocke. Ich hörte, wie das Publikum sie freudig klatschend empfing. Und auch der Applaus am Ende ihrer Nummer war nicht wenig.  Als Meike in den Sattelgang zurückkehrte, wirkte sie um einiges erleichtert und ‚strahlte’ über das ganze Gesicht, wie ihr so etwas wohl nennt...

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[editiert: 19.03.06, 23:28 von Gaya]