Die Eröffnungsperiode
Die Eröffnungsperiode ist dadurch gekennzeichnet, dass die Wehen in kürzeren Abständen kommen, etwa alle drei bis sechs Minuten. Sie dauert bei Erstgebärenden zwischen zehn und zwölf Stunden, bei Mehrgebärenden etwa sechs bis acht Stunden. Sie endet mit dem vollständig geöffneten Muttermund. Die Zeiten sind aber sehr variabel, weil die Frauen meistens die noch unregelmäßigen Wehen als Eröffnungswehen empfinden.
Was passiert mit dem Muttermund?
Der Muttermund öffnet sich langsam, indem sich die Muskelfasern an die Gebärmutterseiten verlagern und das Köpfchen passiven Druck ausübt. Meistens kommt es in der Eröffnungsphase zum Blasensprung.
Blasensprung: Wenn die Fruchtblase springt, befindet sich die Schwangere mitten in der Geburt - egal ob mit oder ohne Wehen. Man unterscheidet:
- Vorzeitiger Blasensprung: Die Fruchtblase springt vor dem Wehenbeginn.
- Frühzeitiger Blasensprung: Die Fruchtblase springt während der Eröffnungsphase.
- Rechtzeitigen Blasensprung: Bei vollständige geöffnetem Muttermund kommt es zum Fruchtwasserabgang.
Geburtshelfer unterscheiden weitere Formen:
- Hoher Blasensprung: Dabei ist eine kleines Leck vorhanden, aus dem Fruchtwasser abgeht. Vor dem vorangehenden kindlichen Teil ist jedoch eine prall gefüllte Blase zu tasten.
- Zweizeitiger Blasensprung: Dabei liegt ein hoher Blasensprung vor und die Vorblase platzt.
Warum ist die Unterscheidung wichtig?
Durch den Blasensprung besteht eine Verbindung zwischen Scheide und Kind und Gebärmutterhöhle. Es ist zu beobachten, dass bei lang bestehenden Blasensprung vermehrt Infektionen auftreten - bei Mutter und Kind. Deshalb kontrolliert man die Entzündungswerte im Blut der Schwangeren und gibt eventuell ein Antibiotikum.
Die Eröffnungswehen
Frauen empfinden die Eröffnungswehen unterschiedlich stark. Das Schmerzgefühl ist sehr individuell und jede Frau kommt unterschiedlich mit den Schmerzen klar. Viele Frauen haben im Verlauf der Schwangerschaft Vorbereitungskurse besucht, in denen sie über den Ablauf der Geburt und über den Umgang mit den Wehenschmerzen informiert wurden. Es gibt Atemtechniken, welche die Wehen veratmen helfen. Das fördert die allgemeine Entspannung, die wiederum der Öffnung des Muttermundes zu Gute kommt. Es ist alles gut, was entspannend wirkt. Der Partner kann beispielsweise den Rücken massieren, es werden homöopathische Globuli angeboten, Bachblüten, Aromatherapie, Musik und vieles mehr. Zur Entspannung und gegen die Schmerzen wird erfolgreich Akupunktur eingesetzt.
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| Austreibungsperiode
Ist der Muttermund vollständig geöffnet, beginnt die Austreibungsperiode. Man lässt das Köpfchen in der Regel bis auf den Beckenboden herunterkommen und beginnt dann, unter Anleitung der Hebamme zu pressen. Je tiefer der Kopf steht, desto kürzer ist der Weg und die Schwangere erspart sich meistens kraftraubende Presswehen. Durch den Druck auf den Enddarm verspürt die Schwangere den Drang, mit zu pressen - wie etwa beim sehr harten Stuhlgang auf der Toilette. Zum Teil kann man sich nicht dagegen wehren. Helfend wirkt hier das Hecheln - eine Atemtechnik, die man in der Geburtsvorbereitung lernt. Durch das kurze, oberflächliche und schnelle Ein- und Ausatmen kann die Entbindende ihre Bauchmuskulatur nicht aktiv einsetzen.
Die Austreibungsperiode, also die Zeit von vollständig geöffnetem Muttermund bis zur Geburt des Kindes, dauert bei Erstgebärenden 30 bis 40 Minuten, bei Mehrgebärenden 20 bis 30 Minuten. Die eigentliche Pressphase sollte nicht länger als 30 Minuten anhalten, sonst wird der Stress für das Kind zu groß.
Die Presswehen werden durch aktive Hilfe - wenn man richtig nach unten drückt - als weniger schmerzhaft empfunden. Das Köpfchen kann mit Hilfe der Pressens durch den Scheideneingang austreten.
Anleitung zum Pressen: Dabei soll die Schwangere so gelagert werden, wie sie es sich vorstellt. Sie sollte die Beine an den Körper ziehen, um so Platz für den Kopf zu schaffen. Die Hebamme sagt ihr, wann sie tief Luft holen, Luft anhalten und mitpressen soll.
Die Geburt des Köpfchens: Das nennt man "Durchschneiden". Dabei kann der Dammschnitt notwendig werden. Dieser ist erforderlich, wenn die mütterlichen Weichteile durch den Kopf zu sehr gedehnt werden und ein Einreißen droht.
Der Dammschutz: Beim Durchschneiden spielt auch der Dammschutz durch die Hebamme eine wichtige Rolle. Dabei wird einmal das Köpfchen gehalten, damit es sich nicht zu schnell nach hinten beugt und zu schnell austritt. Das hat eine zu heftige Druckschwankung zur Folge, die schädlich für das Kind sein kann. Außerdem können die Weichteile ebenfalls einreißen.
Des weiteren wird der After mit einem Läppchen bedeckt und so wird der Geburtsweg nicht verunreinigt. Häufig kommt es in der Pressphase zum Stuhlgang, was für viele Schwangere ein Problem ist. Deshalb wird ein Einlauf empfohlen, der nicht nur den Darm entleert und Platz für das Kind macht, sondern die Wehen unterstützt.
Die Geburt: Wenn der Kopf geboren ist, muss die Hebamme ihn vorsichtig drehen und senken, damit die vordere Schulter geboren werden kann. Des Rest folgt dann schnell. Man legt das gerade Geborene auf Wunsch der "neuen" Mutter auf deren Bauch. Dort wird es abgenabelt.
Abnabelung: Über den besten Zeitpunkt der Abnabelung lässt sich streiten. Meistens kann man bei reifen Kindern nach problemlosen Schwangerschaften die Nabelschnur auspulsieren lassen, dann erfolgt die Abnabelung. Wenn die Väter wollen, können auch sie zur Schere greifen und die Nabelschnur durchtrennen. Ab diesem Zeitpunkt gilt das Kind als geboren. Dies ist auch die Zeit, die als Geburtszeit notiert wird.
Bei Frühgeburten oder Blutgruppenunverträglichkeiten erfolgt die Abnabelung sofort. Das Kind bekommt aus dem Mutterkuchen große Mengen an roten Blutkörperchen mit. Ein Großteil wird nach einigen Tagen abgebaut. Dabei fällt roter Blutfarbstoff an, den die kindliche Leber nicht so schnell abbauen kann. Die meisten Kinder bekommen deshalb eine gelbe Farbe (Neugeborenenikterus oder Gelbsucht). Bei Frühgeburten ist die Leber meistens noch unreifer, so dass die Gelbsucht stärker ausgeprägt ist. Der Farbstoff kann sich im Gehirn ablagern und zu Schäden führen. Deshalb wird die Gelbsucht ab einem gewissen Grad behandelt.
Welche Komplikationen können in der Austreibungsphase auftreten?
Die letzte Phase der Geburt ist sehr belastend für das Baby im Bauch. Deshalb sollten die Herztöne gut kontrolliert werden, um den Stress oder eventuellen Sauerstoffmangel abzuschätzen. Gibt es in der Austreibungsphase Komplikationen, so muss die Geburt beendet werden. Das bedeutet entweder einen Kaiserschnitt, wenn der Kopf nicht tief genug steht, oder mit Zange oder Saugglocke (Vakuum) . Dabei wird immer ein Dammschnitt notwendig.
Bei der Schulterentwicklung kann es sein, das sich die Schulter hinter dem Schambein verkeilt (Schulterdystokie). Mit verschiedenen Handgriffen versucht der Geburtshelfer, erst die hintere Schulter zu gebären. Das ist eine gefährliche Situation für das Kind, die aber nur selten auftritt. Diese Gefahr besteht besonders bei sehr großen Kindern.
Versorgung des Neugeborenen
Direkt nach der Entwicklung und Abnabelung wird das Kind bei der Mutter gelassen, sofern es gesund erscheint. Der erste Kontakt kann stattfinden. Manchmal schaffen es die Frauen nicht, sofort offen für ihr Kind zu sein. Das ist normal. Auch dieses überglücklich über das Kindsein ist in der Realität seltener. Nach der großen Anstrengung brauchen diese Gefühle Zeit.
Beim Kind werden die ersten Kreislaufkontrollen durchgeführt. Durch die Beurteilung des allgemeinen Befindens wird der APGAR-Score nach einer Minute, dann nach fünf und nach zehn Minuten vergeben. Der APGAR-Score ist ein Befindlichkeitsscore, bei dem Herzfrequenz, Atmung, Farbe, Reflexe und Bewegung einfließen. Ein weiterer Helfer bestimmt den Säurewert im Nabelschnurblut. Das gilt ebenfalls als Parameter, der eine Aussage über die Sauerstoffversorgung in der Austreibungsphase während der Geburt macht.
Das Kind wird gereinigt und nochmals abgesaugt, wenn es nötig ist. Herz und Lunge werden abgehört. Die erste Untersuchung führt meistens der ArztIn mit Unterstützung der Hebamme durch. Beide verschaffen sich einen Überblick über den allgemeinen Gesundheitszustand, dazu gehören auch neurologische Untersuchungen. Dann wird das Baby vermessen und gewogen. Anschließend bekommt es vorgewärmte Kleidung und wird dann in die Hände der Eltern gegeben.
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