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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 14.06.07, 09:39     Betreff: Re: Fusion WASG / Linkspartei.PDS

kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2007/06-11/020.php



Die Gelegenheitspartei

Zwischen Realpolitik und sozialem Protest: Woher kommt, wohin treibt »Die Linke«?

Von Georg Fülberth



Das Ergebnis der Urabstimmung vom Mai 2007, in der sich Linkspartei und WASG für eine Fusion aussprachen, ist merkwürdig. Betrachten wir es etwas genauer.

82,6 Prozent der Mitglieder der Linkspartei nahmen teil. Mit 96,9 Prozent stimmten sie für den Zusammenschluß. Die »Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit« hat nur 11 500 Mitglieder. Lediglich 49,8 Prozent beteiligten sich. 83,9 Prozent stimmten mit Ja, also nur 41,8 Prozent der WASG-Mitglieder. Hat also die ehemalige PDS die kleinere »Wahlalternative« einfach übernommen? Nur scheinbar. Es ist wohl eher eine Art Flucht. Um das zu erklären, müssen wir bis zum 22. September 2002 zurückgehen.

Die PDS flog mit 4,0 Prozent der Wählerstimmen aus dem Bundestag. Ihr Ende als gesamtdeutsche Partei schien besiegelt. An dieser düsteren Aussicht änderte sich auch in den folgenden zweieinhalb Jahren zunächst nichts. Gerhard Schröder zog seine Agenda 2010 und Hartz IV durch. Die SPD verlor Wahl um Wahl und Zehntausende von Mitgliedern, die CDU stockte im Bundesrat ständig mehr auf. Die PDS hatte nichts davon. Wer die SPD verließ, ging nicht zu ihr. Auch die 2004 gegründete »Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit« hielt sich ihr fern. Man polemisierte gegeneinander und trat zur Landtagswahl am 22. Mai 2005 in Nordrhein-Westfalen getrennt an. Das Ergebnis war kläglich: 2,2 Prozent für die WASG, 0,9 für die PDS. Unter allen früheren Umständen wäre das ein klares Scheitern gewesen, wie früher für die Deutsche Friedensunion (DFU), von der DKP gar nicht erst zu reden.

Zwei Männer haben die neue Partei, die es noch gar nicht gab und deren Aussichtslosigkeit gerade unter Beweis gestellt worden war, gerettet: Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine. Indem der Kanzler Neuwahlen ankündigte, gab er seinem Rivalen, der sich bisher abseits gehalten hatte, das Stichwort. Nachdem dieser seine Rückkehr in die Politik angekündigt hatte, war das gleichzeitige Ende von PDS und WASG gekommen, und etwas Neues begann: die Partei des Oskar Lafontaine.

In sie trat sofort Gregor Gysi ein. Man erinnert sich: Dieser hatte sich nach dem Geraer Parteitag aus der aktiven Politik verabschiedet und der PDS, in der er einfaches Mitglied blieb, unter anderem im Stern allerlei Unfreundlichkeiten nachgeredet. Schon vor der Wahl von 2002 hatte sie ihm nicht mehr sehr gefallen. Er und André Brie hatten Lafontaine in einem Offenen Brief indirekt aufgefordert, zusammen mit ihnen etwas Neues zu wagen. Da eine positive Antwort ausblieb, verschwand die PDS erst einmal von der Bundesebene. Die WASG hatte nicht an ihre Stelle treten können. Beide untergehende Formationen wurden 2005 – wie sagen doch die Hegelianer? Richtig: – aufgehoben.

Wenn die inzwischen in Linkspartei umbe­nannte PDS sich 2007 jubelnd mit riesiger Mehrheit zur neuen Einheit bekannte, drückt sich darin die Dankbarkeit für die wundersame Rettung aus. In der WASG sah man hierfür offenbar weniger Anlaß. Man brachte Oskar Lafontaine mit und bekam nicht viel dafür. Zwar sprach man weniger vom demokratischen Sozialismus als die bisherige PDS, aber man fand sich in der neuen Organisation an den linken Rand gedrängt, hier fast schon ausgeliefert einem ziemlich robusten Apparat. Auch die Einheit der »Wahlalternative« war bereits weitgehend dahin: die Spitze trat schon vor der Fusion der Linkspartei bei (deren Granden teilweise ihrerseits der WASG), in Berlin meuterte die Basis, andernorts resignierte sie entweder, oder sie hatte fast schon vergessen, daß sie noch eine eigene Partei hatte. Die Identifikation mit dem Ausgangsverein war geschwächt, deshalb fühlte man sich vom Aufruf zur Urabstimmung häufig nicht mehr so recht gemeint. Alles das macht aber zunächst mal gar nichts. Die Umfragewerte sind ordentlich, Bremen war ein Wahlerfolg, über die Medienpräsenz läßt sich nicht meckern.


Wie gewonnen, so zerronnen?

Es gibt eine Gefahr. Sie besteht darin, daß die bisherige Resonanz zunächst auf die Entscheidung eines einzelnen Mannes zurückzuführen ist: Oskar Lafontaine. Es wird gestichelt: Er habe schon einmal hingeworfen. Wenn er keine Lust mehr habe, werde der kräftig aufgepustete Ballon der neuen Partei in sich zusammenfallen. Im März 1999 sei in der SPD Ähnliches passiert: Lafontaine ging, und als man nachsah, wie groß die sozialdemokratische Linke war, die bislang hinter ihm gestanden hatte, stellte man fest: da war gar nichts.

Vielleicht gibt es Leute in der Alt-PDS, die darauf hinarbeiten. Man darf sie vor allem in der Berliner Landespolitik, in Sachsen-Anhalt und Sachsen vermuten. In ihren Verwaltungen und Landtagen fühlen sie sich wohl, von Lafontaines Ansichten über ihre Privatisierungspolitik sind sie genervt. Sie haben vom Westen schon manches kommen und gehen sehen, vielleicht können sie den auch noch aussitzen. Bleiben sie beim geliebten Althergebrachten, dann geht Lafontaine schneller – so hoffen sie. Eine Regionalpartei im Osten reicht ihnen aus. Haben sie aber doch bundespolitische Ambitionen, dann mögen sie von der Aussicht auf mögliche Koalitionen nicht lassen. Lafontaine ist ihnen dabei im Wege – wohl weniger, weil er selbst nicht will, mehr aber, weil der Abtrünnige von der SPD gleichsam in Acht und Bann getan ist. Da hört man denn schon mal am Linkspartei-Biertisch: irgendwann einmal gebe es eine Zeit nach ihm …


Die Angst der SPD

In der SPD ist man weniger gelassen. Von der Tradition der alten Arbeiterbewegung ist ihr ein einziger Reflex geblieben: die Angst des Apparats vor einer Spaltung. Funktionäre hat man ja noch kaum verloren; Mitglieder schon eher, aber nicht so sehr an die Linkspartei. Am empfindlichsten ist das Schrumpfen der Wählerbasis. Aber dieses Signal ist nicht eindeutig. Viele blieben den Wahlen fern, andere stimmen für die Union, gerade mal der Rest fällt für die Linkspartei ab. Für die SPD ist letzteres nur ein schwacher Trost, denn weg ist weg. In der Vorbereitung der nächsten Bundestagswahl schielt sie allerdings auch nach den Wählerinnen und Wählern der Linken. Mit der Forderung nach einem Mindestlohn und der Andeutung, man könne irgendwann einmal zumindest einen Teil der Afghanistan-Mission zur Disposition stellen, versucht man sich nicht nur von der Union abzusetzen, sondern in der üblichen Weise links zu blinken. Spezialistin hierfür ist Andrea Nahles. Sie tut sogar so, als lasse sich an der Rente mit 67 noch einmal rütteln.

Allerdings könnte es sein, daß mit solchen taktischen Spielchen die bisherigen Verluste der SPD nicht völlig repariert werden können und die offene Flanke zur neuen Konkurrenz nicht geschlossen werden kann – zumindest so lange nicht, wie Becks Partei in der großen Koalition ist. Inzwischen haben die Gewerkschaften gemerkt, daß marktförmiger Machtpoker, der ihnen im Verhältnis zu den Unternehmern gegenwärtig allenfalls noch in der Metallbranche gelingt (sonst aber nicht), für sie im Verhältnis zur SPD durchaus nützlich ist. Jahrzehntelang hatten sie sich einst gegenüber parteipolitischen Alternativen auf der Linken zugeknöpft gezeigt. Schon seit dem Grünen Bsirske ist das sozialdemokratische Quasimonopol innerhalb des Gewerkschaftsapparats geschwächt. Die Linkspartei ist als kleines Drohpotential durchaus willkommen. Seit sie nicht von vornherein zum Untergang verurteilt ist, veranlaßt ihre schiere Existenz verbale Zugeständnisse der SPD an die Gewerkschaften. Diese lassen sich schon aus taktischen Gründen dadurch nicht völlig eingemeinden. Sie wissen: Wäre die Linke weg, würden sie von der SPD wieder schlecht behandelt wie zuvor.

Mit Blair hatte sich Schröder offenbar das falsche Vorbild ausgesucht. New Labour hatte Thatchers Kurs fortgesetzt. Für die SPD war Kohl kein richtiger Vorarbeiter beim Sozialabbau gewesen. Alles mußte sie selber machen: Teilprivatisierung der Rente mit Walter Riester, Praxisgebühr und mehr Zuzahlungen bei der Krankenbehandlung, Agenda 2010 und Hartz IV, dazu der völkerrechtswidrige Angriffskrieg auf Jugoslawien. Blair brauchte nur durch die Tür zu gehen, die Thatcher aufgestoßen hatte. Abweichler in der eigenen Partei mußte er nicht fürchten, denn das britische Mehrheitswahlrecht gibt Absplitterungen keine Chance.

Ganz anders ist es in Deutschland. Kohl und Blüm hatten sich vor den Zumutungen gedrückt, die Schröder und Riester dann durchsetzten. Das Verhältniswahlrecht macht Neugründungen von Parteien nicht völlig chancenlos, auch wenn diesen durch die Fünfprozentklausel das Leben nicht sehr leicht gemacht wird. In den beiden Perioden, in denen die SPD den Kanzler stellte, büßte sie ihr parlamentarisches Monopol links von der Union Stück für Stück ein: zunächst durch die Grünen, dann durch die Linkspartei. Daß die große Sozialdemokratie noch keinerlei Anstalten machte, die kleine zu integrieren, beruhte anfänglich – in den PDS-Zeiten – noch auf Unterschätzung, heute ist der Grund hierfür eher darin zu suchen, daß die eigene Masse und Substanz schon zu schwach geworden ist, um genügend Anziehungskraft ausüben zu können.


Die Freude der Konservativen

Den Konservativen ist das zumindest kurzfristig eher lieb. Nach der bremischen Bürgerschaftswahl wies die FAZ zwar darauf hin, daß sich links von der Mitte eine Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken anbahne. Doch solange diese gespalten ist, macht das nichts. Die Union konnte ihre Einheit bislang erhalten, die Sozialdemokratie nicht. Für Konservative muß sie nach wie vor der Hauptgegner bleiben. Was ihr schadet, nützt ihnen. Deshalb ist die Reaktion der bürgerlichen Medien auf die Linkspartei inzwischen weit weniger unfreundlich als früher. Selbst wenn diese manchmal noch eine kesse Lippe riskiert (z.B. gegen Hartz IV), weiß man: Das ist ungefährlich, solange sie eine Marginalpartei bleibt. In dieser Stellung besteht ihre wichtigere Funktion darin, die SPD zu schwächen.

Der alte Vordenker Helmut Kohl hatte das bereits 1994 erkannt. Damals war abzusehen, daß die PDS keine fünf Prozent erreichen würde. Wäre die CDU in Berlin bereit gewesen, ihre Direktkandidaten zurückzuziehen, hätte die SPD sehr wahrscheinlich auch die drei Wahlkreise gewonnen, in denen Gysis Partei ansonsten beste Aussichten hatte. Kohl sah aber nicht ein, daß er seine Hauptkonkurrenten stärken sollte, indem er einem nützlichen Nebenfeind das Lebenslicht ausblies. Wichtiger war für ihn die dauerhafte Spaltung des aus PDS und SPD bestehenden sozialdemokratischen Potentials.

Und auf lange Sicht? Was wäre, wenn Grüne, SPD und die neue Partei »Die Linke« sich tatsächlich einmal finden sollten? Wahrscheinlich ist über diese Perspektive nicht einmal die FAZ wirklich beunruhigt. Seit der SPD-Grünen-Regierung 1998–2005 haben die Konservativen in Deutschland selbst vor einer Koalition der geeinten Sozialdemokratie mit Fischers Erben nichts zu fürchten. In Mecklenburg-Vorpommern und Berlin hat die »rot-rote« Variante ihren Nützlichkeitsbeweis schon erbracht.


Sozialstruktureller Umbruch

Zugegeben: Das sind Spiele auf der politischen Oberfläche. Die Diversifizierung des deutschen Parteiensystems seit Ende der siebziger Jahre ist Ergebnis eines Prozesses, der sich eine Ebene tiefer vollzieht: in der Sozialstruktur. Der Aufstieg der Intelligenz zu einer Massenschicht brachte die Grünen hervor. Die gegenwärtige Belebung des Arbeitsmarktes wird wahrscheinlich nicht das Prekariat erfassen: es bleibt eine Schicht der dauerhaft Ausgeschlossenen. Schröders Reformen sind auch in den nächsten Jahren noch eine ständige Kränkung derer, die durch das Goldene Zeitalter des Kapitalismus (1948–1973) geprägt wurden. Nicht nur im Osten weisen einige Kommunalfraktionen der Linkspartei den höchsten Altersdurchschnitt auf. Der Parteienforscher Franz Walter hat darauf hingewiesen, daß im hiesigen Parteienspektrum den vorgeschrittenen Jahrgängen die Zukunft gehört – und damit einer Geisteshaltung, die er als »konservativ« in dem Sinne versteht, daß die Mitglieder dieser Kohorte das bewahren wollen, was in ihrer Jugend als fortschrittlich galt. Das dürfte noch einige Zeit halten. Die regionale Verwerfung zwischen Ost und West ist ein weiterer Grund dafür, daß die deutsche Gesellschaft nicht mehr durch das Parteiensystem der fünfziger bis siebziger Jahre abgebildet werden kann. In Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, in geringerem Maße in Bremen, aber auch in einigen Gemeinden ist sein Spektrum schon kräftig nach rechts hin erweitert. Bislang ist die Linkspartei nur eine Art passiver Reflex auf diese Diversifizierung von Sozialstruktur und Parteiensystem.


Europäische Vorbilder?

Eine andere Frage lautet: Was kann man daraus machen? Immerhin gibt es in Nordeuropa schon seit Jahrzehnten ein Parteiensystem, in dem eine linkssozialistische Organisation neben der sozialdemokratischen Hauptpartei einen festen Platz hat. Meist handelt es sich um ehemalige kommunistische Parteien, die sich seit 1956 gewandelt haben. Die erste erfolgreiche Transformation fand in Dänemark statt. Dort trat die Kommunistische Partei 1958 gleichsam aus sich selber aus und wurde zur »Sozialistischen Volkspartei«. In Schweden begann 1956 eine Grundsatzdiskus­sion, die zur Umbenennung der bisherigen Partei in »Linkspartei-Kommunisten« und danach zum Fortfall des kommunistischen Namensbestandteils führte. Ähnliche Entwicklungen gab es in Finnland und Island. In Norwegen brachte die Bewegung gegen die EU eine Vitalisierung der linken Opposition. Der italienische Eurokommunismus hatte ein doppeltes Resultat: erstens die Verwandlung der IKP-Mehrheit in eine zunächst rechtssozialdemokratische, neuerdings wohl nur noch liberale Partei, zweitens die Konstituierung von zwei kleinen kommunistischen Organisationen. Außerhalb dieser Entwicklungslinie steht die Sozialistische Partei in den Niederlanden, die aus einer maoistischen Gruppe hervorging. In den ehemaligen RGW-Staaten haben einige der früheren kommunistischen Regierungsparteien sich zu Sozialdemokratien besonderen – häufig eher neoliberalen – Typs gewandelt, z.B. in Ungarn und Polen. In der Gemengelage der deutschen Linkspartei finden sich wohl alle diese verschiedenen Varianten – einschließlich der liberalen (in Berlin) und ausschließlich der ex-maoistischen. Eine Besonderheit könnte die Rolle der alten Westlinken darstellen, deren Mitglieder jetzt innerhalb eines größeren Verbandes eine späte Chance zu großer Politik erhalten. Doch weder sie noch die zum Vergleich herangezogenen anderen europäischen Organisationen tragen sonderlich viel zum Verständnis der gesamtdeutschen Partei bei. Diese ist das Produkt sehr spezifischer hiesiger nationaler Besonderheiten – insofern eine Gelegenheitspartei, genauer: Ausdruck einer Gelegenheit, die politisch und programmatisch überhaupt noch nicht geformt ist.


Keine historischen Parallelen

Wenn manchmal auf das historische Vorbild der USPD verwiesen wird, dann führt dies in die Irre. 1917 war die große deutsche Sozialdemokratie tatsächlich in ihrer Mitte gespalten worden. Ihr Kernbestand ließ sich in keiner ihrer beiden Nachfolgeorganisationen ausschließlich verorten, auch nicht in der rechten MSPD: Kaut­sky und Bernstein waren bei den Unabhängigen. Die Mehrheitssozialdemokraten teilten bei den Wahlen zur Nationalversammlung 1919 die bürgerliche Mitte mit der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei unter sich auf. Das schuf nach links zusätzlich Platz: für die USPD und dann auch für die KPD. Eine solche Spaltung des sozialdemokratischen Potentials ist, wie gezeigt, bislang ausgeblieben. Die Klassenstruktur Deutschlands 1919–1923 läßt sich mit der heutigen überhaupt nicht vergleichen. Ebensowenig weist die neue Linke Parallelen mit den sogenannten Zwischengruppen am Ende der Weimarer Republik – KPO (Opposition); Sozialistische Arbeiterpartei (SAP); Internationaler Sozialistischer Kampfbund (ISK); Neu Beginnen – auf. Diese waren theoretisch hochqualifizierte Kaderorganisationen, die ab 1933 im antifaschistischen Widerstand zeitweilig große operative Fähigkeiten bewiesen. Insofern ist die Partei »Die Linke« tatsächlich einmal etwas Neues.


Notwendig belanglose Programmatik

Zur Einschützung der neuen Partei muß die Programmatik ihrer beiden Vorläuferorganisationen nicht herangezogen werden, denn diese gibt keine Auskunft über deren Realität. Das Programm, welches sich die Linkspartei 2003 gab, ist der belangloseste Text dieser Art, den die deutschen sozialdemokratischen und sozialistischen Bewegungen seit 1848 hervorgebracht haben. Es war insofern ehrlich, als es der Partei nicht etwas verpaßte, was mit ihrer Realität nichts zu tun hatte. Winfried Wolf und andere hatten damals einen vorzüglichen marxistischen Gegenentwurf zur Abstimmung gestellt. Er fiel durch. Als Text war er gut, aber er befand sich mehrere Meter oberhalb der Wirklichkeit der PDS. Auch für die neue Partei taugt er nicht. Sie wird gut daran tun, ihr neues Programm ähnlich unverbindlich zu halten wie das bisherige. Eine Festlegung – etwa gegen Regierungsbeteiligung oder Veräußerung öffentlichen Eigentums – wäre gefährlich, weil sie von den eigenen Fraktionen, die andere Möglichkeiten nutzen wollen, doch nicht eingehalten würde. Allenfalls in der Friedenspolitik ist für die nächsten Jahre eine gewisse Verbindlichkeit zu erwarten.


Die Chance der Beliebigkeit

Daß »Die Linke« eine Gelegenheitspartei ist, spricht nicht gegen sie. Sie ist Teil einer Wirklichkeit, die denjenigen belohnt, der sich nicht aus ihr entfernt. Die vielen Projektionen, die gegenwärtig auf sie gerichtet werden, widersprechen zwar einander, aber sie stärken insgesamt die Partei. Zusammengenommen sind sie besser als das, was »Die Linke« in absehbarer Zeit wird leisten können. Um sich nicht zu isolieren, wird diese nicht allzu weit nach rechts oder links von diesen Hoffnungen – einerseits: Realpolitik, vielleicht sogar in einer Regierung; andererseits: sozialer Protest – abweichen können. In einer oppositionslosen Situation wird sie den linken Flügel des kapitalistisch Erlaubten bilden. Wer mehr oder anderes will, ist nicht daran gehindert. Es wäre aber ungerecht, dies ausgerechnet von der neuen Partei »Die Linke« zu erwarten.



Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!


[editiert: 14.06.07, 09:42 von bjk]
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