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PLATTFORM FÜR LINKE GEGENÖFFENTLICHKEITEN

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Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?

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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 15.06.10, 19:33  Betreff: Ankündigung:  Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen




PROLOG

Besonders seit dem Abfackeln von Luxuxkarossen in den Berliner Bezirken Kreuzberg-Friedrichshain, Neukölln, Pankow und anderswo ist wieder ein verstärktes mediales Kesseltreiben der Herrschaftsjournaillen und der etablierten Politkaste vordergründig gegen sogenannte gewaltbereite Linksextremisten - gemeint sind aber alle Linken und Unterprivilegierten - im Gange. Vor dem Abfackeln wurden bei spritfressenden Luxux-Geländewagen der Westberliner Schickeria rund um den Grunewald die Luft aus den Reifen gelassen, was nicht nur die Springerjournaille zum Aufjaulen über schlimme Pariser Vorstadt-Zustände brachte. Dazu kamen Entglasungen, Fassaden-Farbverschönerungen und andere neckischen Streiche an sogenannten Car-Lofts in Kreuzberg, also an superteure Eigentums-Appartements mit Auto-Lifts bis vor's Schlafzimmerfenster mitten in Kiezen, wo überwiegend Hartz4-Empfänger noch relativ preiswert wohnen konnten. Diese Car-Lofts weckten Begehrlichkeiten bei anderen Vermietern, die nun auch teure Mieten kassieren wollten. Die Mieten in den Kiezen vor allem in Kreuzberg und Neukölln drohen zu kippen und für die seit Jahrzehnten dort lebende Bevölkerung unbezahlbar zu werden.

So kam eins zum anderen. Es gab viele friedliche Proteste, friedfertige Demos, Petitionen an die herrschende Politkaste - nichts hat die Yuppie-Invasion aufhalten können. Im Gegenteil, sie wurde als Bereicherung der Kieze hingestellt. Das schlimmste Beispiel ist das luxussanierte Pankow, dort ist bezahlbarer Wohnraum nicht mehr zu bekommen. Es hat ein Bevölkerungsaustausch stattgefunden, halb Baden-Württemberg ist nach Pankow gezogen - na ja, nicht ganz, aber wer den Menschen auf den Straßen, in den Läden zuhört, kann meinen, mensch sei in Stuttgart. Nichts gegen Baden-Württemberger oder Bayern oder andere BRD'lerInnen, auch nicht als Zuzügler, die hier leben und arbeiten wollen. Aber das muß vom Berliner Senat verantwortungsvoll gesteuert und gelenkt werden und darf nicht auf Kosten der angestammten Kiezbevölkerung geschehen. Gegen den Wildwuchs wurde aber selbst vom rotroten Senat nichts unternommen. Wundert es da, wenn die Erbitterung in den Kiezen immer mehr zunahm?!

Es kam geradezu zwangsläufig zu anderen Protestformen, mit denen sich endlich Aufmerksamkeit und Gehör verschafft werden sollte. Luxusautos in den Kiezen wurden abgefackelt. Das bundesweite Aufjaulen vor allem des Besitz-Bürgertums ging durch alle Medien. Beflissene StaatsanwältInnen und willfährige StaatsschützerInnen diffamierten die linke Szene als militante Gruppen, führten willkürliche Verhaftungen nach schlampigen Ermittlungen durch, erhoben Anklagen ohne oder mit unzureichenden Beweisen einer Täterschaft. Es kam, oft erst nach langer Untersuchungshaft, in der Regel zu Freisprüchen. Diese Vorgänge sind mit den politischen Prozessen gegen die KPD und den unseligen Berufsverboten für Kommunisten in der Frühzeit der Bundesrepublik durchaus vergleichbar. Der Antikommunismus wird durch die Herrschaftsjournaillen wieder kräftig in der Hoffnung geschürt, das Kleinbürgertum müsse durch linke Chaoten um sein bißchen Wohlstand fürchten. Abgelenkt werden soll, daß in Wahrheit Bänkster und andere Großbetrüger, die herrschende Klasse eben, den Staat und damit auch das (wenig) besitzende Kleinbürgertum längst als Selbstbedienungsladen mißbrauchen, unterstützt von der beflissenen  Politkaste, die nach abfallenden Kuchenkrümeln gieren. Bald wird aber der Kuchen gegessen sein, das weiß auch die herrschende Klasse der Bänkster und Großbetrüger, den mitschmarotzenden etablierten Politchargen dämmert's ebenso. Das neueste schwarzgelbe Lügen-Paket zeigt, wo's dann lang geht, wer zur Kasse gebeten, nein, wer mit Zwangsmitteln bedroht wird. Nur Beschränkte in der Bevölkerung können noch ernsthaft glauben, es wird schon nicht so schlimm kommen, mich trifft's ja nicht sondern nur andere. Deshalb zündeln die Herrschaftsjournaillen und um ihre Pfründe bangende Politchargen und hetzen gegen faule, in Saus und Braus lebende Hatz4'lerInnen, gegen MigrantInnen, insbesondere gegen Moslems und schaffen ständig Nebenkriegsschauplätze.

Auf diesem Nährboden wird aus Zorn Wut und es kommt nun auch in der BRD zu Protestformen des Prekariats, die in anderen EU-Ländern längst den Herrschenden das Fürchten gelehrt haben. Je stärker die staatliche Repressionsmacht diese Proteste abzuwürgen versucht, statt die eigentlichen Ursachen zu beseitigen, desto erbitterter die Gegenwehr der Ausgebeuteten und perpektivlos Gemachten. Und damit sind wir beim eigentlichen Thema, der "Gewalt auf linken Demos".


Die herrschende Klasse und ihr Repressionsinstrumentarium


Der Rechtsphilosoph Christian Wolff (1679 - 1754) behauptete, der Polizeistaat finde seine Existenzberechtigung in dem „beschränkten Untertanenverstand“, der sein „Recht und Glück nicht erkennen“ könne. Dieser Auffassung sind heute offenbar die Herrschenden sowieso und auch wieder die am Katzentisch der realen Macht sitzende Politikaste nicht nur in der BRD, die ja gerne als demokratischer Rechtsstaat bezeichnet wird.

Im Art. 8 GG heißt es bezüglich Demonstrationen:

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Ist unter (1) das Grundrecht auf Demonstrationen klar formuliert, wird es unter (2) sogleich wieder eingeschränkt. Der Art. 8 GG zeigt beispielhaft, wie m. E. jeder Artikel im GG von den Organen der jeweils herrschenden Klasse manipuliert werden kann und wird. Die unsinnigsten, repressivsten Demo-Auflagen können angeordnet und mit ihnen das Grundrecht in Ziffer (1) nahezu beliebig konterkariert werden. Die Repressionsorgane des sogenannten Rechtsstaates machen je nach Bedarf regen, oft willkürlichen Gebrauch von der ihnen so verliehenen Macht, um den Herrschenden eventuell "gefährlich" werdende Proteste schon im Anfangsstadium möglichst zu unterbinden. Hinzu kommt die mediale unterschwellige Gehirnwasch-Dauerberieselung, daß brave Untertanen eigentlich gar keine Demoproteste bräuchten und wenn doch, sollte bestenfalls "friedlich" Dampf abgelassen werden, also Lichterketten, fröhlich singend einander an den Händchen halten, ab und zu mal "ich protestiere" rufen und ähnlich Erbauliches mehr, und danach kehre jede/r brave Bürger/in wieder zur Tagesordnung zurück.

Weil nun die Armen immer zahlreicher und die Reichen trotz Finanz-Krise aber dank Staatsknete immer reicher werden, läßt die Wirkung der jahrzehntelangen Gehirnwäsche bei immer mehr Menschen nach. Die Demoproteste werden massiver, der zivile Ungehorsam immer "ungehöriger" und bringt immer häufiger Sand ins Staatsgetriebe. Die Reichen, also die real Herrschenden, haben plötzlich Angst, von ihrem ergaunerten und erbeuteten Reichtum nun endlich doch mal etwas abgeben zu müssen. Und so alarmieren sie ihre willfährigen, weil von ihnen abhängigen Politchargen, und diese wiederum aktivieren die staatlichen Repressionsapparate, als da sind Justiz und Polizei. Das willkürliche und brutale aber angeblich gesetzeskonforme Eingreifen Letzterer haben wir am vergangenen Samstag auf den Demos "Wir zahlen nicht für eure Krise" in Berlin und Stuttgart wieder erleben können.

Den später explodierten Riesen-Böller in der Berliner Torstraße lassen wir für den Moment mal beiseite. Aber alle anderen Abwehrmaßnahmen aus den Reihen der DemonstrantInnen wie Kettenbilden und körperliche Gegenwehr, um das gewalttätige Eindringen von bürgerkriegsausgebildeten Kampfmilizen zwecks Festnahmen angeblicher Straftäter im Demoblock zu verhindern oder mindestens zu erschweren, und ähnliche aktive und passive Abwehrreaktionen durch DemonstrantInnen sind m. E. in der Regel legitime Notwehr im Sinne von Art. 20 Abs. 4 GG gegen willkürlich und damit ungesetzlich handelnde, staatliche Repressionsorgane. Ausgebildete Juristen mögen das anders sehen, die Repressionsorgane und ihre politischen Vorgesetzten sowieso.

(wird morgen mit dem Polizeibegriff fortgesetzt, hab heute keine Lust mehr)


Wie denkt ihr darüber? Wer möchte, kann sich ja ruhig schon jetzt einbringen. Aber bitte, jetzt noch keine juristische Erbsenzählerei, die sollte erst erfolgen, wenn sich hier ein ausreichender Pool von Meinungen und Fakten gebildet hat.

Bernd Kudanek alias bjk




... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson


[editiert: 15.06.10, 19:45 von bjk]
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zystein


New PostErstellt: 15.06.10, 19:52  Betreff: Re: Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?  drucken  weiterempfehlen

Hallo Mitstreiters

Ich möchte an dieser Stelle gleich einen recht passenden Lesetip anbringen:
in der Ausgabe 2/2010 von "Die Rote Hilfe" findet sich - recht passend hierzu - der Artikel "Die Mär vom geprügelten Polizeibeamten"- Mit Zahlenspielereien wollen rechte Innenpolitiker noch härtere Strafen für Widerstand herbeireden.


Grüße nach Bärlin

zystein


[editiert: 24.06.10, 20:49 von zystein]
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Gast
New PostErstellt: 15.06.10, 20:11  Betreff: Re: Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?  drucken  weiterempfehlen

8 (1) GG sagt: friedlich und ohne waffen
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zystein


New PostErstellt: 15.06.10, 20:33  Betreff: Re: Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Gast
    8 (1) GG sagt: friedlich und ohne waffen
Gute Idee: Die Prügelzei entwaffnen. Dann wären wir - kundgebungsmäßig - wieder auf Augenhöhe...
Ein Nicht-mehr-Prügelzist, der "Menschlichkeit" für sich reklamiert, müsste sich dann auch ebenso "ehr-fürchtig", Abstand wahrend, respektvoll verhalten und nicht mehr wie ein aufgeputschtes aggressives Tier, dem man "antikommunistisches" Adrenalin in den Arsch gespritzt hat.

habe die Ehre, Herr/Frau "Staatsschützer"

(bjk, möchte anmerken, dass die Debatte besser "innerlinks" geführt werden sollte, sprich ohne reaktionäre Störer....)
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VorNachDenker
New PostErstellt: 16.06.10, 09:02  Betreff: Re: Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: zystein
    Geld wird bald abgeschafft?!... Ich kenne Leute, die haben jetzt schon keines mehr
Genau(!) das ist meine Sorge (oder auch irgendwie Hoffnung) seit Langem: Geld ist Glaubenssache, wenn die Zahl der Nichtgläubigen (eine Teilmenge derer sind sicher die Nichthaber) zunimmt, kann das "System" schlagartig kippen, die derzeitigen Geschehnisse sprechen ja doch für sich.
Das Kippen könnte sich in schlagartigem Unterbrechen der Geldglauberkette äussern, wonach das gesamte System stocken, zusammenbrechen könnte, so dass die Geldhaber tatsächlich nichts mehr haben dürften.
In Etlichem stimme ich bjk zu, wenn aber sowohl die Ziele der dahingehenden Demos als auch die abartigen Aktionen der weltweiten Geldschieber zum Systemzusammenbruch führen, wird vielleicht - sofern noch Internetforen usw. vorhanden sind - die Diskussion eine ganz andere werden: Alle, auch die jetzt Geldlosen (die irgendwie letztlich doch dem Geldsystem unterworfen sind), werden total "entglobalisiert" als kleine Gruppen irgendwie um ihr Überleben kämpfen, sie müssen sich Naturalien erkämpfen, erschaffen, was kaum global (schon wegen dem Gewicht, der "unvirtualität") gelingen kann. Schluss mit moströsen sinnlosen Geldbewegungen, Polizei, Grundgesetzen, Demos, ...
Was käme dann nach einer weitgehenden, zwangsläufigen Gleichmachung Reicher wie Armer? Vielleicht ja doch nicht bloß das Recht des Stärkeren? Keine Ahnung...
Weder behaupte ich, Recht zu haben, noch habe ich nur diese Gedanken.
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Micha
New PostErstellt: 17.06.10, 07:46  Betreff: Re: Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: zystein

    Gute Idee: Die Prügelzei entwaffnen. Dann wären wir - kundgebungsmäßig - wieder auf Augenhöhe...
    Ein Nicht-mehr-Prügelzist, der "Menschlichkeit" für sich reklamiert, müsste sich dann auch ebenso "ehr-fürchtig", Abstand wahrend, respektvoll verhalten und nicht mehr wie ein aufgeputschtes aggressives Tier, dem man "antikommunistisches" Adrenalin in den Arsch gespritzt hat.

    habe die Ehre, Herr/Frau "Staatsschützer"

    (bjk, möchte anmerken, dass die Debatte besser "innerlinks" geführt werden sollte, sprich ohne reaktionäre Störer....)
magst Du auch mal erzählen wie oft die Polizei gar nicht am Aufzug anwesend ist, um Euch nicht so böse zu provozieren?
Magst Du dann auch erzählen warum es dann trotzdem zu unerklärlichen Straftaten kommt? ts ts ts
Warum müssen bspw. einige Geschäfte verriegelt und verrammelt werden? Ladenöffnungszeiten oder was?
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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 17.06.10, 09:27  Betreff: Re: Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Micha
    magst Du auch mal erzählen wie oft die Polizei gar nicht am Aufzug anwesend ist, um Euch nicht so böse zu provozieren?
    Magst Du dann auch erzählen warum es dann trotzdem zu unerklärlichen Straftaten kommt?

... ja, davon kann ich erzählen! Die Bullerei hält sich immer dann im Hintergrund, wenn ein verantwortungsvoller Einsatzleiter vor Ort ist, in einem Demobericht hatte ich ihn auch anerkennend erwähnt

... auf den Demos, bei denen die Bullerei im Hintergrund blieb, kam es zu keiner einzigen Gewaltanwendung aus den Reihen der DemonstrantInnen! Auch nicht bei der letzten 18-Uhr-Demo am 1. Mai in Berlin. Es kam hier erst dann zu Eskalationen, als kurz vor Schluß dieser Demo, stellvertretend für die eingangs genannten, die Bullerei provokativ und massiv aufmarschierte. Da konnten einige reaktionäre Hundertschaftsführer nicht ab, daß es an einem 1. Mai in Berlin gewaltfrei zugehen sollte! Es ist nun einmal so, daß Führungskräfte besonders der unteren und der mittleren Ebene (nicht nur) bei den Kampfmilizen meinen, sie müßten tun, was "ihre" PolitikerInnen sich nicht trauten und/oder ihre - und die ihrer Kampfbullen - Daseinsberechtigung beweisen


    Zitat: Micha
    Warum müssen bspw. einige Geschäfte verriegelt und verrammelt werden? Ladenöffnungszeiten oder was?


... wo hast du denn dieses Märchen her? Oder meinst du womöglich die Nazikneipen und Nazibekleidungsläden, denen wir immer wieder mal Besuche abstatten und um die es Dir leid tut?

... bis Du vielleicht der Bulle "DonRob", der in der http://www.copzone.de/phpbbforum/viewtopic.php?f=14&t=56765 angekündigt hat, er wolle aufhören?
Kann es sogar sein, daß Du mit den Quarzhandschuhen erwischt wurdest? Und ach ja, wolltest du dich nicht auch aus diesem Forum verabschieden? Tja ... ... ...




... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson


[editiert: 17.06.10, 09:28 von bjk]
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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 17.06.10, 13:24  Betreff: Re: Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?  drucken  weiterempfehlen



... auch in Jürgen Elsässers Blog ( http://juergenelsaesser.wordpress.com/2010/06/13/explosion-auf-krisen-demo-in-berlin/#more-2020 ) wurde über Gewalt und die Explosion diskutiert, beonders bemerkenswert finde ich die Antwortbeiträge des Users Klaus, die meine volle Zustimmung finden

... eine Auswahl seiner Stellungnahmen habe ich nachfolgend zusammengestellt

bjk



Klaus
Juni 16, 2010 at 12:47

@ Schnehen

Völlig richtig, bei solchen Aktionen handelt es sich objektiv um das Werk von Agent Provocateuren, ob nun „echte“ Autonome oder vom Staat bezahlte, die Wirkung ist so, wie von Ihnen beschrieben: es soll von der Teilnahme abgeschreckt werden. Aber gerade deshalb (!) ist dieser Eintrag von Elsässer kontraproduktiv. Denn wenn Sie schreiben: „denn er kann und wird zum Vorwand genommen werden, um die Protestierenden als ‘Extremisten’ oder sogar als potentielle Terroristen zu verteufeln“ dann haben Sie völlig recht. Nur wenn man das weiß, dann darf man eben nicht einstimmen in den Chor, der da gegenwärtig laut „Terror“ schreit. Denn dadurch hilft man den Agent Provocateuren bei ihrer Arbeit! Stattdessen sollte man die Dinge versuchen, möglichst objektiv zu sehen, keine Panik- und Stimmungsmache zu verbreiten und nicht maßlos zu übertreiben, wie das gegenwärtig in den Medien läuft.

Halten wir doch die Fakten fest: Laut Aussagen der Polizei handelte es sich nicht um eine Splitterbombe, nicht um eine Bombe überhaupt, nicht um einen selbstgebastelten Sprengsatz sondern um einen Böller! Weitere Fakten: Den Verletzten Beamten wurden keine Nägel aus dem Bein entfernt, wie es Medien behaupteten. Sondern (angeblich) Plastiksplitter der Ummantelung des Böllers.

Halten wir fest: da hat jemand einen Böller geworfen, der in einigen Nachbarländern legal zu erwerben ist. Das war nicht das erste mal, nur wird sonst nie davon Notiz genommen, eben weil es verhältnismäßig ungefährlich ist im Vergleich zu Steinen, Zwillen oder Molotow-Cocktails. Den Polizisten in Wackersdorf oder Brokdorf hätte es seinerzeit Freudentränen der Erleichterung hervorgelockt, wenn sie anstatt mit Zwillen, Molotow-Cocktails und Steinen mit solchen „Bomben“ angegriffen worden wäre. DAS wäre eine Spaziergang geworden.

Damit sage ich nicht, dass diese Böller ungefährlich sind, es hat schon einen Grund, warum die in Deutschland verboten sind. Alleine die Lautstärke kann zu einem Knalltrauma führen – und dies war der Fall bei einer Polizistin auf einer Demo im letzten Jahr in Berlin. Das war die objektiv selbe Situation, doch da wurde kein Verfahren eingeleitet wegen Mordversuch, es gab keine aktuellen Stunden im Bundestag, keine Medienkampagne.

Wenn jetzt aber behauptet wird, hier sei in der Absicht gehandelt wurden, das Leben von Polizisten zu beenden, dann ist das vollkommen lächerlich.

Und noch einmal: Die Polizei in Berlin (vor allem die 22.,23., und 24. Einheit) gehen regelmäßig mit äußerster Brutalität gegen friedliche und nicht gegen die Gesetze verstoßende Demonstranten vor. In diesen Einheiten herrscht größtenteils ein faschistischer Korpsgeist vor, die haben Bock drauf, Leute zu jagen und zu verprügeln – wie man immer wieder von ihnen selbst zu hören bekommt. Und wenn sie einen Grund brauchen, dann beschaffen sie sich einen. In den letzten Jahren war das in Berlin vor allem einer: die Länge von Transparenten (!). Ist dein Transparent zu lang, gibt’s auf die Fresse. Wenn du dich wehrst, noch ein Strafverfahren hinterher und in der Presse die übliche Hetze.

Es gibt regelmäßig Schwerverletzte durch die illegalen Aktionen der vermummten Banden in Uniformen. Doch diese werden nie geahndet. Was ist mit Heiligendamm, wo Demonstranten z.B. ein Auge verloren haben? Was ist mit der Freiheit statt Angst-Demo letztes Jahr? Wurden die beteiligten Polizisten etwa zu Verantwortung gezogen?

Auch bei der Krisendemo am Samstag war das so. Prügelnde Straftäter mischen friedliche Demonstranten auf, kleben sich ihre Polizeinummern ab, um unerkannt ihre Gewalttaten ausüben zu können. Dass die Berliner Polizei sich so vehement gegen eine Kennzeichnungspflicht wehrt, sagt doch alles aus. Und warum sind die so oft vermummt? Die haben was zu verbergen. Es sind staatlich bezahlte Rechtsbrecher, die auf den Straßen Angst und Schrecken verbreiten sollen, damit sich niemand mehr auf die Straße traut.
Dass solche Aktionen auch Reaktionen hervorrufen, wie das Werfen mit illegalen Böllern, sollte nicht wirklich verwundern – auch wenn es falsch ist und solche Sachen nichts auf Demos verloren haben. Aber es sind nun mal nicht alle brave Christen, die auch die andere Backe hinhalten. Wie schon Heiner Geißler anlässlich des Polizeiterrors in Heiligendamm sagte: Man muss sich von denen nicht anpacken lassen! Das Recht muss dem Unrecht nicht weichen!

Wie viele Menschen wurden am Samstag durch die Handlungen der Einheit verletzt, die zwei verletzte Beamte zu beklagen hat? Warum stellt niemand diese Frage? Ist man als Demonstrant Freiwild? Hat man keine Grundrechte mehr, wenn man in einem bestimmten Block oder mit bestimmter Kleidung sein Grundrecht wahr nimmt? Auf den Videos ist doch eins deutlich zu sehen: aus dem Block heraus, gegen den sich die Polizeigewalt richtet, kommt es zu keinen Straftaten. Da ist niemand vermummt zu sehen, der Böller ist nicht begleitet von anderen Wurfgeschossen. Offenbar eine Einzelaktion, evtl. von jemanden, der gezielt eskalieren wollte. Die Demonstranten haben sich friedlich verhalten, die Polizei wollte sie aber aufmischen, also hat sie sich den üblichen Vorwand gesucht (Fahne zu lang, Transparent zu breit…also alles äußerst gefährliche Dinge).

@ Stasi 2.0.

Sorry, aber ihre Ausführungen, die darauf hinzielen, diesen Böller noch gefährlicher als eine Handgranate erscheinen zu lassen, sind ein wenig lächerlich. Es stimmt wohl, dass hier kein reines Schwarzpulver benutzt wurde, sondern Blitzknallsatz, wie man sie in Vogelschrecks findet – welche übrigens anfangs der 90er noch legal waren.

Nur ändert das nichts daran, dass Ihre folgenden Ausführungen die Wahrheit nur peripher tangieren: „Den Böller selbst müssen die nicht zusammenbauen, die Bünderlung mit Nägeln und/oder Scherben allerdings schon. Mit letzterem ist das klar versuchter Mord, denn Tests der BAM haben ergeben dass die stärksten sog. „Polenböller“ von der Sprengkraft sogar normale Handgranaten übertreffen.“

Da wurde nichts mit Nägeln oder Scherben gebündelt!! Bitte begreifen Sie endlich, dass dies alleine Propaganda aus der Mainstream-Presse ist, die Polizei sagt selbst, dass war ein nicht präparierter Böller! Nachzulesen hier:
http://www.jungewelt.de/2010/06-16/045.php

Im Übrigen bleibt festzustellen: die Polizei hat diesen Vorfall keinesfalls als lebensgefährlichen Angriff angesehen oder als Bombenattentat. Das wird deutlich an den unmittelbar erfolgenden Reaktionen. Oder glaubt hier jemand ernsthaft, die Anwesenden hätten sich nach der Explosion einer Splitterbombe genauso verhalten (können)? Die „Bombe“ war anfangs gar kein Thema, die Polizei sprach anfangs von einem friedlichen Verlauf der Demo – obwohl sie ja mit Bomben beworfen wurde!? Wie passt das zusammen? Ganz einfach: man hat gesehen, dass man die Gelegenheit hat – dank einer absolut willfährigen Presse – eine Maus zu einem Elefanten aufzubauschen, mit dem jetzt schon wieder Gesetze verschärft und Bürgerrechte eingeschränkt werden sollen.

Dafür hat der Idiot, der diesen Böller warf, eine Steilvorlage geliefert. Von kritischen Menschen würde ich es aber erwarten, anstatt dass sie einstimmen in die Hetzjagd gegen diesen Idioten, dass sie hinterfragen, warum ein relativ belangloser Vorfall so aufgebauscht wird und wie man der Taktik des Staates etwas entgegensetzen kann, mittels entfesselter Polizeigewalt, die manchmal in regelrechten Terror ausartet, Menschen von ihrem Recht auf Meinungsäußerung abzuhalten. Denn es ist nun mal Fakt, dass die meisten Menschen auf einer Demo sich nicht vor Böllern fürchten, sondern vor Vermummten, die in Horden knüppelschwingend rumlaufen. Und in heutigen Zeiten sind diese ausschließlich staatlich angestellt.



Klaus
Juni 16, 2010 at 16:03

@ Ikke

Danke für das Video ( http://www.youtube.com/v/IjEUQ37nlIc&rel=1&fs=1&showsearch=0&showinfo=1&iv_load_policy=1 ). Jetzt hat man in einigen Bereichen Klarheit:

Der Böller kam aus der Richtung der Demonstranten. Spekulationen über Polizisten oder einen Fotografen, die den Böller abgelegt hätten, haben sich somit als falsch erwiesen. Die Flugbahn des Böllers ist recht steil, er könnte also auch von einem Balkon oder Dach geworfen sein. Die Polizisten haben den Böller von Anbeginn zur Kenntnis genommen und sind einfach stehen geblieben. Das war keine Leichtsinnigkeit, sondern Erfahrungswerte: solche Böller können einem geschützten Polizisten in der Regel nichts anhaben. Wenn der Berliner Senat/Abgeordnetenhaus von einer „neuen Eskalationsstufe der Brutalität gegen Polizeibeamte“ spricht, dann zeigt dass nur, dass sie 1.den konkreten Sachverhalt völlig verkennen und in unverantwortlicher Weise übertreiben und somit zur allgemeinen Eskalation des Verhältnisses Polizei/Demonstranten beitragen; und es zeigt 2., dass sie gar keine Ahnung haben vom Polizeialltag. Mit solchen Böllern ist die Polizei seit Jahren konfrontiert, und Verletzte gab es auch schon (Knalltrauma). Da aber wie schon gesagt, solche Böller im Vergleich zu Steinen und Molotow-Cocktails für gerüstete Polizisten recht harmlos sind, gab es auch nie einen großen Aufschrei. Ein Steinwurf an den Kopf kann einen Menschen töten. Würde ein Polizist vor die Wahl gestellt, „lieber“ unbehelmt einen Stein an den Kopf zu bekommen, oder einen solchen Böller vor die Füße gelegt zu bekommen, niemand würde sich für den Stein entscheiden. Wir haben es hier nicht mit einer Eskalation, mit einer neuen Gewaltbereitschaft zu tun, das ist alles kalter Kaffee. Womit wir es zu tun haben ist eine neue Eskalation der von Medien und Staat HERBEIGESEHNTEN Gewalt! Warum war von Seiten der Polizei im Vorfeld des 1.Mai die Rede davon, es könnte Tote geben? Offenbar gibt es Kräfte, die an einem Blutbad interessiert sind – um so wichtiger auf Seiten der Demonstranten, gegen alle Provokateure vorzugehen, um diesen Kräften keinen Vorwand oder nachträgliche Legitimation für ein solches Blutbad zu geben.

Fazit: Wer Böller zu Terror erklärt, hat noch nie Terror erlebt und verharmlost „wirkliche“ Gewalt!



Klaus
Juni 17, 2010 at 10:30

@ Stasi 2.0

„Pyroknallpatronen/Vogelschreck waren zuletzt 1983 in BRD und Westberlin frei ab 18 erhältlich. “

Das kann so nicht stimmen, denn Anfang der 90er habe ich die selbst noch in Geschaften erworben. Ist aber auch egal…

„Sowas wirft man einfach nicht in die Menge“

Völlig richtig. Wie gesagt, so etwas hat auf Demos nichts zu suchen. Das ändert aber nichts daran, dass hier unverantwortlicher Weise von den Medien und Politik maßlos übertrieben wird. Da ist die Rede von Terror mit Splitterbomben, von einer neuen RAF, von Mordversuchen, etc.

Das dürfte wohl weltweit die erste Demonstration gewesen sein, die nach einem Splitterbomben-Anschlag einfach so weiterlief – sowohl von Seiten der Polizei als auch der Demonstranten – als wenn nichts gewesen wäre…





... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson
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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 17.06.10, 17:26  Betreff: Re: Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?  drucken  weiterempfehlen



... ruhig auch mal in  Isis Welt reinsehen

bjk




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von Yossi Wolfson
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zystein


New PostErstellt: 17.06.10, 17:45  Betreff: Re: Ist linke Gewalt Notwehr? Was können die Ursachen sein und wie ist unsere Bewertung?  drucken  weiterempfehlen

100% d´accord auch von mir, Bernd!

Mir neu und hervorhebenswert diese Passage!:

    Zitat:
    Im Übrigen bleibt festzustellen: die Polizei hat diesen Vorfall keinesfalls als lebensgefährlichen Angriff angesehen oder als Bombenattentat. Das wird deutlich an den unmittelbar erfolgenden Reaktionen. Oder glaubt hier jemand ernsthaft, die Anwesenden hätten sich nach der Explosion einer Splitterbombe genauso verhalten (können)? Die „Bombe“ war anfangs gar kein Thema, die Polizei sprach anfangs von einem friedlichen Verlauf der Demo – obwohl sie ja mit Bomben beworfen wurde!? Wie passt das zusammen? Ganz einfach: man hat gesehen, dass man die Gelegenheit hat – dank einer absolut willfährigen Presse – eine Maus zu einem Elefanten aufzubauschen, mit dem jetzt schon wieder Gesetze verschärft und Bürgerrechte eingeschränkt werden sollen.
Die spalterischen Reaktionen aus "Der Linken" machen mir Sorgen und was jetzt immer deutlicher wird:
Wie oft hat man sich hilfesuchend an sie gewandt. Die wissen doch um das Prügelzeiproblem.
Meinetwegen soll man die Linke wählen, sich aber nicht wundern, dass das nicht reicht, weil sie das gleiche Schicksal einholt wie die Grünen:
Ablösung, Assimilation, Absorption eines Hoffnungsträgers. Parlamentarismus reicht eben nicht.

    Zitat:
    dank einer absolut willfährigen Presse
Als Hetzblatt ist die "Blöd"-Zeitung in der westdeutschen Linken schon lange verschrien. Sie durfte sich - "früher" - hin und wieder über kritischen Besuch freuen.
Heute ist das etwas beliebiger; da darf es ruhig auch mal "Die Zeit" sein. Tja, die Zeiten ändern sich eben.

Elsässer schreibt:
    Zitat:
    Sie drängeln sich mit Körpereinsatz, aber ohne Gewalt zwischen die Reihen, ziehen angeblich ein Transparent raus.
1.
Mit anderen Worten: Dieser Elsässer hat noch nie gespürt, wie das so abläuft.
Der braucht mal eine Einladung zu einem "Selbsterfahrungskurs", mitten drin im Block. Täte so manchem linken Politiker auch nicht schlecht.

2.
"Aber ohne Gewalt" ist einfach nur rechtfertigende Klugschwätzerei.
Denn ob mit oder ohne Gewalt, ob mit oder ohne Körpereinsatz:
Den Lapsus nennt der Elsässer ja gleich als erstes: SIE DRÄNGELN...zwischen die Reihen...
Und genau DAS will keiner. Haben wir es jetzt KAPIERT?!


mfg
zystein


[editiert: 17.06.10, 19:18 von zystein]
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