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bjk

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New PostErstellt: 30.09.03, 19:55     Betreff:  Situations-Bericht von der Samstags-Demo in Berlin

Demo für Menschenrecht und Menschenwürde!


An dieser Demo teilzunehmen und so die engagierten Manifeste für Frieden, Menschenrecht und Menschenwürde der weltweiten Friedensbewegungen zu unterstützen, war für mich eine ebensolche Selbstverständlichkeit wie ich zuvor an fast allen Demos seit dem berühmten 15. Februar diesen Jahres hier in Berlin und verschiedenen Montagsdemos an der Humboldt-Uni „Unter den Linden“ teilgenommen habe.

Pünktlich kurz vor 14 Uhr traf ich am Startpunkt, Wilhelmstraße Ecke „Unter den Linden“, ein. Heiße Rythmen einer Live-Band und ein beschwörend eindringlicher Gesangsvortrag ihres Solisten empfingen mich sogleich, noch bevor ich die Stufen des S-Bahn-Ausgangs „Unter den Linden“ hochgestiegen war. Draußen gerieten mir zunächst nur die üblichen Menschentrauben der Berlin-Touristen, dann aber auch gleich mehrere Mannschaftswagen der Polizei ins Blickfeld - - - aber außer der besagten Straßenband – aktive Mitglieder der Demo-Veranstalter wie sich bald herausstellte - und ein paar skeptisch bis trotzig dreinschauende, mit Flugblätter und Info-Material „bewaffnete“ ZeitgenossInnen war noch nix von den eigentlich offiziell erwarteten mehreren Tausend Teilnehmern zu sehen. Mit mir irrten und suchten noch einige andere nun erwartungsvoll nach dem eigentlichen Start-Sammelpunkt.

Dabei waren wir doch schon mittendrin bzw. mittendrauf, nämlich auf der für den normalen Straßenverkehr gesperrten Wilhelmstraße in Richtung Spree und Marschallbrücke! Und es wurden immer mehr, die sich zwangslos versammelten, mit Info-Material versorgten, Plakate und Transparente ausbreiteten, miteinander ins Gespräch kamen oder bloß wißbegierig die dynamische Atmosphäre, das besondere Flair auf sich wirken ließen. Ich hatte diesmal kein Demo-Plakat dabei, weil ich die Hände zum Fotografieren freihaben wollte. Nun, so sind am Ende immerhin über 70 Fotos zustandegekommen. Einige habe ich ja hier im Forum schon veröffentlicht, darunter auch eine dralle barbusige Scharon-Anhängerin.

Gleich vorweg, als bezeichnend empfand ich, daß diesmal keinerlei „politische Prominenz“ gekommen war. Nicht einmal der sich sonst auf allen Demos mit schöner Regelmäßigkeit stets medienwirksam auf dem Fahrrad inszenierende Ströbele, ein Meister in vielsagendem Nichtssagen und Abwiegeln, war zu entdecken. Es fragen sich eh immer mehr Friedrichshainer und Kreuzberger, warum sie denn ausgerechnet den mittels Direktmandat als ihren Bundestagsabgeordneten gewählt haben, wo er nun auch noch sogar dem Sozialkahlschlag bei der Gesundheitsabzocke zugestimmt hat.

Ich versorgte mich auch mit Info-Material, kaufte ein paar „Nein zum Krieg“- und Friedenstauben-Plaketten, spendete ein bißchen was in die Veranstalterkasse und kam dabei mit einigen Ordnern und Veranstaltern ins Gespräch. Wir alle waren gespannt, wie das Zusammentreffen mit den sich im Vorfeld ziemlich aggressiv und militant gebenden Gegendemonstranten gestalten würden. Auf meine Fragen, warum sich eigentlich bisher nur ein paar hundert TeilnehmerInnen bis jetzt eingefunden hätten und ob dafür eventuell vor allem das Berlin-Marathon die Veranlassung wäre, erhielt ich übereinstimmend die für mich erschreckende Antwort: Eher nicht, denn es wurde schon seit Wochen übles einschüchterndes Mobbing der militanten „Antideutschen“ gegen Veranstalter, Sympathisanten und deren Familien bis hin zur Gewaltandrohung gegen Einzelne, wie etwa Zusammenschlagen auf dunkler Straße, ausgeübt. Es habe kürzlich sogar ein Rauchbombenattentat gegen ein linkes Büro gegeben. Deshalb hätten sich sehr viele nicht getraut, selber zu kommen oder andere dafür zu interessieren.

Zusätzlich sei auch vom Ordnungsamt die Demo-Route verkürzt und der Abschluß-Kundgebungsplatz verlegt worden, weil man Übergriffe der militanten Gegendemonstranten befürchtete. Auch die Aufführung eines auf allen europäischen Demos geplantem Theaterstückes durfte deswegen nicht stattfinden. - - - Nach soviel geballter Insider-Information wurde ich doch sehr sehr nachdenklich.

Endlich setzte sich, umsäumt von hunderten Zuschauern, der nunmehr auf sicher mehr als 400 Teilnehmer angewachsene Demo-Zug friedlich in Bewegung. Nach meinem Eindruck war es ein guter Generationen-Mix von Mitbürgern deutscher und ausländischer Herkunft. Der Kleinbus mit riesiger Beschallungsanlage und engagierten anfeuernden aber nicht hetzenden Animateuren fuhr im vorderen Drittel des Zuges und bestimmte indirekt so das Tempo. Alles blieb im grünen Bereich. Nix war von trittbrettfahrenden Neonazis oder Islamisten zu sehen - - - wenn es sie denn gab, wurden sie von den Veranstaltungs-Ordnern sehr gut abgeschirmt. Auch die relativ wenigen polizeilichen Ordnungskräfte verhielten sich während der ganzen Demonstration nach meinen Beobachtungen außerordentlich zurückhaltend und vorbildlich! Sie waren zwar präsent aber nirgends aufdringlich oder gar aggressiv! Die üblichen Fernsehteams und Pressefotografen begleiteten die Demo und interviewten ihnen interessant erscheinende Teilnehmer. Der anscheinend weniger interessante bjk durfte sich dann aber trotzdem als Statist später in der RBB-Abendschau für eine ganze Sekunde höchstselbst bewundern.

Ein etwa gut halbstündiger Zwischenstop wurde auf der Marschallbrücke über der Spree abgehalten. Hinter uns das ARD-Hauptstadt-Studio, links die Reichstagskuppel, das Paul-Löbe-Haus mit den Büros der Bundestagsabgeordneten und entfernt dahinter das Bundeskanzleramt, rechts der Bahnhof Friedrichstraße und dahinter der alles überragende Fernsehturm am Alex. Es wurde verschiedenen Redebeiträgen gelauscht und/oder sich untereinander angeregt unterhalten - - - kein so langweiliges und oft stumpfes Flair, welches sonst reine Gewerkschafts- oder Parteiveranstaltungen meist zu verbreiten pflegen. In den Reden wurden vor allem die Kriegslügen von Bush und Blair, die Unterdrückung Palästinas durch die israelische Regierung angeprangert. Besonders hervorgehoben und begrüßt wurde die Befehlsverweigerung der 27 israelischen Piloten, die Angriffe auf palästinensische Zivilisten kürzlich öffentlich abgelehnt hatten. Es wurde auch darauf Bezug genommen, daß die Bundesregierung einerseits pro Sekunde 1.189 € für Rüstung ausgebe, auch um höchst umstrittene und eigentlich grundgesetzwidrige Auslandseinsätze zu finanzieren, und andererseits der eigenen Bevölkerung einen sozialen Kahlschlag nie gekannten Ausmaßes abverlange!

Dann setzte sich, mittlerweile auf m. E. weit über tausend TeilnehmerInnen angewachsen, die Demo wieder in Bewegung, rechts am Spreeufer den Schiffbauerdamm entlang in Richtung Friedrichstraße, unserem Zielpunkt. Jeder war nun gespannt, auf die Gegendemo zu treffen. Und sie kamen in Sicht, das kleine Häuflein extremer „Antideutscher“ und anderer verbohrter Rassisten, gegenüber am anderen Spreeufer! Am Kai-Geländer waren ihre teils sehr üblen Hetzparolen-Transparente angebracht, hinter denen sie sich verschanzt und sicher fühlten und wüst herüberlärmten. Insgesamt werden es etwa 70 Männlein und Weiblein gewesen sein. Eine dralle Maid fiel besonders auf, weil sie provokativ neben einem Baustellen-Klo barbusig höhnisch tanzend herüberwinkte, unter ihr ein Transparent mit dem Davidstern. Die Erregung vor allem junger Palästinenser/innen rund um mich herum war groß und sie schüttelten zornig die Fäuste nach drüben, doch dann kamen schon sehr schnell die Veranstaltungsordner und beschwichtigten ihre Landsleute, sich nur ja nicht provozieren zu lassen und etwa so die Polizei auf den Plan zu rufen. Darauf warte die extremistische Meute am anderen Spreeufer ja nur! - Die erbosten Palästinenser/innen sahen das auch bald ein und reihten sich wieder diszipliniert in den Demo-Zug.

Kurz vor 16 Uhr erreichten wir dann den Abschluß-Kundgebungsplatz in der Friedrichstraße gegenüber dem Metropol-Theater, welches gerade um- und ausgebaut wird. Hier war bereits ein Podium errichtet und noch einmal gab es verschiedene Redebeiträge, unter anderem von dem bekannten Friedensforscher, Professor Ruf aus der Uni Kassel. Ihn hörte ich mir noch an und dann ging’s heimwärts.


Fazit: das unerschrockene Engagement der Veranstalter gegen teils erhebliche staatsmachtliche und öffentlich-mediale Widerstände aber auch gegen mitbürgerliche Gleichgültigkeit und Ignoranz trotzdem immer wieder Demos für Menschenrecht und Menschenwürde zu organisieren und das auch noch stets gut und professionell, findet meinen höchsten Respekt!

bjk

Reife ist
schärfer zu trennen
und inniger zu verbinden


Im Anhang sieht man das Häuflein der "antideutschen" und kriegsjubelnden Gegendemonstranten am anderen Spreeufer, dem Reichstagufer, hinter der Kulisse des Bahnhofs Friedrichstraße und dem Fernsehturm am Alex.
Zum Öffnen der Bilddatei bitte unten auf PCDV0048.JPG klicken.


[editiert: 30.09.03, 20:07 von bjk]


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