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Berliner Polizei - Schläger mit Staatslizenz?

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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 20.01.06, 16:55  Betreff:  Re: Berliner Polizei - Schläger mit Staatslizenz?  drucken  weiterempfehlen




... soeben ein Foto der gestrigen Veranstaltung bei indymedia unter http://de.indymedia.org/2006/01/136831.shtml in ERGÄNZUNGEN entdeckt. Hab die Prominenz inklusive bjk mit Namen bezeichnet und hoffe, daß sie wenigstens in der Vergrößerung halbwegs lesbar sind.

Hier die Namensliste:

Judith Demba (UAB) Moderatorin
Michael Kronewetter (ALB) Moderator
Prof. Wolf Dieter Narr (Komitee für Grundrechte, Cilip)
Tobias Pflüger (Informationsstelle Militarisierung e.V., MdEP)
Sven Richwin (Rechtsanwalt, RAV)
Helga Seyb (Reach Out)
Volker Ratzmann (Grüne)
Michael Hammerbacher (WASG)
Marion Seelig (PDS)
Anja-Beate Hertel (SPD)
Dieter Glietsch (Polizeipräsident seit 2002)
bjk, Zeitzeuge


[editiert: 20.01.06, 17:01 von bjk]



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bjk

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Ort: Berlin


New PostErstellt: 20.01.06, 14:07  Betreff:  Re: Berliner Polizei - Schläger mit Staatslizenz?  drucken  weiterempfehlen




Berliner Polizei - Schläger mit Staatslizenz?

Bericht vom gestrigen Diskussionsabend




Unter dieser bewußt provozierenden Überschrift fand gestern abend eine öffentliche Diskussion mit durchweg interessanten Gästen vor einem durchweg interessierten, weil direkt betroffenen Publikum im Europäischen Haus in Berlin, Unter den Linden 78, statt. Veranstalter waren die Antifa Berlin und Tobias Pflüger, der seit 2002 als Parteiloser auf der Liste der PDS im Europäischen Parlament tätig ist. Das Europäische Haus bot sich als Diskussionsort vor allem deswegen an, weil vor seinen Fenstern am 26. Oktober 2005 die Zapfnix-Demo von der exzessiven Polizei gestoppt und ein durchgeknallter Zivilpolizist geschützt von uniformierten zuschauenden Kollegen minutenlang wie irre auf DemonstrantInnen eingeprügelt hat. Dieser ungeheuerlich brutale Vorfall und weitere eklatante repressive Polizeigewalt waren von Politik und Polizeiführung nicht wegzulügen, sie wurden nämlich, was sonst selten genug vorkommt, von Pressefotografen bis ins Detail erkennbar und damit identifizierbar gefilmt.

Weil sich unter anderem Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Berliner Grünen, verspätete, begann die Diskussion leider erst gegen 19:30 statt pünktlich um 19 Uhr. Wie sich später herausstellte, fehlte diese halbe Stunde am Schluß, als eigentlich das Publikum zu Worte kommen sollte. Es moderierten Judith Demba, die 1999 vor allem aus Protest zum Kosovoaggressionskrieg aus Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten war und jetzt als Pressesprecherin der Anlaufstelle für BürgerInnen (UAB) in Lichtenberg/Hohenschönhausen engagiert ist, und Michael Kronewetter, dem Pressesprecher der Antifaschistischen Linke Berlin (ALB). Nach einer kurzen Eröffnung und Vorstellung der DiskussionsteilnehmerInnen wurden als Vorspann erschütternde Filmdokumente und authentische Interviews von Opfern Berliner Polizeigewalt gezeigt. Beides erregte offenkundiigen Ärger und Mißfallen bei Polizeipräsident Glietsch und bezeichenderweise auch bei den Abgeordneten und Mitgliedern des Innenausschusses, Anja-Beate Hertel (SPD) und Marion Seelig (PDS), denn es konnte nach deren Meinung nicht sein, was nicht sein darf.

Als Tobias Pflüger von seinen persönlichen schlimmen Erlebnissen mit Polizeigewalt anläßlich der Zapfnix-Demo und auch der G 8-Demo in München erzählte, zog er sich den gemeinsamen Zorn von Glietsch und Hertel zu. Insbesondere Frau Hertel war deutlich anzumerken, daß sie Pflügers Ausführungen als Nestbeschutzung der Kaste der Abgeordneten ansah. Der kompetente wie engagierte Demo-Veteran, Prof. Wolf-Dieter Narr, benannte zuallererst die Politik, welche die Voraussetzungen und repressiven Gesetze für Polizei-Gewalt gegen BürgerInnen überhaupt erst schaffe und damit der Polizei den Bärendienst als Erfüllungsgehilfen zuweist und somit Übergriffen Vorschub leistet - frei nach dem Motto: Hannemann, geh du voran! Er könne auch nicht verstehen, warum das Thema individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizisten, insbesondere bei den auf Demos eingesetzten, seit Jahrzehnten verschleppt wird obwohl fast alle PolitikerInnen sich einig wären, daß eine solche Kennzeichnungspflicht nur im Interesse aller BürgerInnen sei. Er verstehe nicht, warum diese Klausel im Koalitionsvertrag zwischen SPD und PDS noch immer nicht umgesetzt sei. Die beiden angesprochenen Abgeordneten-Damen reagierten nervös pikiert aber gegenüber der Persönlichkeit eines Prof. Narr mit deutlich gebremsteren Unwillen, als sie diesen bei Tobias Pflüger abließen. Sie schwadronierten hilflos davon, die Polizeigewerkschaft und die Polizisten müßten da "mitgenommen" werden, weil diese doch Bedenken hätten. Das wurde mit lautem Hohn und Spott aus dem Publikum quittiert und warum denn diese vorgebliche Zartfühligkeit nicht auch bei den Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst und allen sonstigen Verschleuderungen öffentlichen Vermögens durch Privatisierungen zum Tragen kam.

Als Rechtsanwalt Sven Richwin vom Republikanischen Anwaltverein in seiner unaufgeregt sachlichen Art berichtete, wie für gewöhnlich Klagen gegen Polizeigewalt von Staatsanwaltschaft und Richterschaft abgearbeitet würden und bei ihm immer wieder der Eindruck entstehe, Polizisten würden ihre Zeugenaussagen zugunsten ihrer angeklagten Kollegen absprechen bzw. abstimmen. Als er auch noch demonstrierte, wie albern die Beschränkung der Seitentransparente auf 1,50 m ist und wie hanebüchen die Begründung, dahinter könnten sich Straftäter verstecken, erntete er brausenden Applaus aus dem Publikum. Da hielt es Glietsch nicht länger auf seinem Stuhl. Er protestierte gegen diese wie er meinte populistische Stimmungsmache und verwahrte sich gegen die immer wieder geäußerte Behauptung, unter seinen Polizisten herrsche angeblich unzulässiger Korpsgeist. Auch würden die für ihre besondere Brutalität berüchtigten 22. und 23. Einsatzhundertschaften (Ehu) völlig zu Unrecht verteufelt, es seinen nach seiner Kenntnis alles brave gesetzestreue BeamtInnen. Und im übrigen seien bereits der Filmvorspann und die Interviews mit angeblichen Polizeiopfern so nicht wahr aber seine Polizeikollegen hätten ihn ja vorgewarnt und ihm von der Diskussion hier abgeraten. Denn hier könne er ja nur niedergemacht werden, er sei aber trotzdem gekommen. Ein homerisches Spottgelächter erhob sich. Glietsch nahm's, das muß auch gesagt werden, sportlich. Daß er die vom Innensenator geforderten Hartgummi-Managerqualitäten hat, wurde den ganzen Abend über deutlich, denn er redete und redete und beschwerte sich, dieses durchaus diszipliniert, wenn ihn Judith Demba bat, sich doch bitte kurz zu fassen. Als er sich über Zwischenrufe aus dem Publikum mokierte, konterte Judith trocken, er sei doch sonst nicht so zimperlich. Da hatte sie die Lacher auf ihrer Seite und sogar Glietsch mußte versteckt zwar aber doch anerkennend lächeln. Wie gesagt, er nahm's durchaus sportlich - wie einer seiner auf Groß-Demos gern eingesetzten schweren Räumpanzer und Wasserwerfer.

Helga Seyb von Reach Out Berlin, Opferberatung und Bildung gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus, beschrieb eindrucksvoll ein aufwühlendes Erlebnis in der Neuköllner Hasenheide. Sie sah, wie ein Polizist einen Schwarzafrikaner vom Fahrrad riß und sich auf ihn kniete. Auf ihre empörte Frage, was ihn denn zu solcher Brutalität veranlasse, eierte er herum, sein Auftrag sei Prävention gegen Rauschgiftkriminalität und er solle Klein-Dealer aufspüren und den schwarzen Menschen habe er entsprechend verdächtigt. Bei Helgas Frage, ob er nach der Hautfarbe sortiere, meinte er, dieser hätte ein teures Fahrrad und teure Turnschuhe an! Seine Kollegin wollte Helga gleich mehrfach vom Platz verweisen, sie ließ aber nicht locker. Es kam ein dritter Polizist hinzu und moralisierte, die Klein-Dealer und ihre Yunkies seien eine Gefahr für "unsere" Kinder, hinterließen eklige gesundheitsgefährdende Spritzen usw und ob sie denn keine Kinder habe. - Es wurde immer deutlicher, daß die Polizisten von ihren Vorgesetzten durch Soll-Vorgaben systematisch in eine Situation gebracht werden, der sie nicht gewachsen und für die sie fachlich unzureichend qualifiziert sind. - Glietsch bekam daraufhin einen zornroten Kopf und die beiden rotroten Damen wackelten empört mit selbigen, weil das alles so gar nicht stimmen könne. Und überhaupt zogen sie alle Opferaussagen, auch die während der Zapfnix-Exzesse gezeigten, erst einmal grundsätzlich in Zweifel. Zu Anteilnahme, Betroffenheit oder gar einer Entschuldigung bei den hier im Saal anwesenden schwer malträtierten Opfern, einer jungen Frau und einem jungen Mann, konnten/wollten sich alle drei nicht aufraffen. Das sagt alles über das Verständnis von Menschlichkeit und tatsächlicher Bürgernähe der beiden rotroten Politikerinnen und ihrem Polizeipräsidenten aus, die hier ja stellvertretend für die gesamte rotrote Koalition sprachen!

Im gesamten Kontext sei noch erwähnt, daß Sven Richwin eingangs einen Fall von eigentlich unzulässiger Beeinflussung ausgewählter Richter durch die Berliner Polizeiführung schilderte. An einem 1. Mai wurden mehrere Richter zu einer Mitfahrt in einen Polizei-Mannschaftswagen eingeladen.und "durften miterleben", wie dieser mit Steinen beworfen wurde. Mal unabhängig davon, daß solche Steinwürfe und weiterer Vandalismus nachgewiesenermaßen in der Regel durch unpolitische Krawalltouristen und ebensolche Jugendliche, die nur einen Kick erleben wollen, erfolgten, läßt sich nachvollziehen, wie solche "Erlebnisse" sich bei diesen Richtern und ihrer künftigen Demo-Rechtsprechung eingeprägt haben werden. So seien in den Jahren zwischen 1995 und 2004 hier in Berlin 9.461 Verfahren gegen Polizeibeamte wegen Körperverletzung angestrengt worden. Zur Anklage kamen dann nur 126 Fälle und davon erfolgte nur in 39 Fällen eine Verurteilung der betreffenden Beamten. Dieses erschreckend bezeichnende Mißverhältnis belegt die faktische Aussichtslosigkeit der Opfer, gegen brutale Polizeischläger gerichtlich vorgehen zu wollen. Zumal de facto noch immer gilt, der Aussage eines Polizeibeamten müßten mindestens drei Aussagen gut beleumundeter Zeugen gegenüberstehen. Das führe zu Resignation bei den Polizeigewalt-Opfern und zum Rückgang entsprechender Anzeigen. Daß Glietsch, Hertel und Seelig diesen Rückgang unverdrossen als vermeintlichen Erfolg ihrer Politik umdeuten möchten, beweist nur wieder einmal mehr die eltäre Realitätsferne, die auch Linke befällt, so sie denn wie hier in Berlin von den Fleischtöpfen der Macht kosten und an lukrative Posten gelangen.

Jedenfalls ging das so zwischen den DiskutantInnen hin und her, insbesondere die PolitikerInnen in dieser Runde von Grün und WASG kontra RotRot beharkten sich gegenseitig wortreich und langatmig, die einen wenn auch oft selbstdarstellerisch aber doch die Polizeigewalt realistisch schildernd, die anderen nur mit Abwehr, hilflosen Rechtfertigungsversuchen und Publikums-, ja sogar mit Moderatorenbeschimpfung agierend. Glietsch gab sich als als strenger Vorgesetzter seiner PolizistInnen und aufgeschlossen gegenüber unserer Kritik, konterkarierte aber ungerührt in gleichem Atemzug seine vermeintliche Kooperation, indem er stoisch alle Vorwürfe als nicht bewiesen zurückwies, selber aber jeden Gegenbeweis seiner eigenen Behauptungen schuldig blieb. An ihm richteten sich die beiden ob der kritischen Fragen sichtlich genervten Innenausschüßlerinnen, Hertel und Seelig, immer wieder seelisch auf. Nicht nur mir wurde immer deutlicher, warum auch RotRot keine Kennzeichnungspflicht durchsetzt und die repressive Polizeigewalt noch immer so folgenlos selbst für ertappte Schläger in Uniform bleibt und wohl auch noch lange bleiben wird. Darüber täuscht auch nicht hinweg, daß unisono Glietsch, Hertel und Seelig von Verbesserungen in der Ausbildung, speziell beim Einsatz gegen MigrantInnen, schwadronierten. Alle im Saal außer den Dreien wissen es besser.

Statt wie ursprünglich vorgesehen, ein Drittel der Gesamtzeit, also etwa 1 Stunde, für Fragen und Stellungnahmen aus dem Publikum zu reservieren, blieb uns nur eine Viertelstunde, denn kurz nach 22 Uhr mußte die Veranstaltung beendet werden, weil das Europäische Haus spätestens um 22:30 Uhr geschlossen würde. So blieben leider viele Dinge ungesagt und manch Gesagtes von Glietsch, Hertel und Seelig und manche ihrer Schimären rund um's Problem Polizei unwidersprochen. Bedauerlich auch, daß anscheinend außer Peter Wolter von "junge Welt" keine weiteren Journalisten diese interessante Diskussion mitverfolgt haben - jedenfalls habe ich keine anderen bemerkt. Alles in allem läßt sich sagen, den Veranstaltern ist es recht gut und durchaus professionell gelungen, auch wenn Glietsch, Hertel und Seelig letzteres anders sahen, ein hochsensibles brisantes Thema, die Polizeigewalt, in der Öffentlichkeit anzustoßen und die RotRot-Koalitionäre insbesondere im Berliner Abgeordnetenhaus-Wahljahr 2006 aufzuschrecken. Irgendwelche Sofort-Ergebnisse in Form von individueller Kennzeichnungspflicht für Polizisten und/oder Auflösung der Prügelhundertschaften, Abschwören von jeglicher künftiger Polizeigewalt auf Demos etc. konnte im Ernst niemand erwarten. Allgemeines Nachdenken hat der gestrige Abend allemal bewirkt.

bjk


[editiert: 20.01.06, 16:47 von bjk]



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bjk

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New PostErstellt: 19.01.06, 12:45  Betreff:  Re: Berliner Polizei - Schläger mit Staatslizenz?  drucken  weiterempfehlen




kopiert aus:http://www.jungewelt.de/2006/01-19/016.php


Gewalt gegen Bürger

Jüngste Übergriffe



* Am 25. Juni 2005 fand auf dem Gelände der Kastanienallee 77 in Berlin-Prenzlauer Berg ein »Kiezfest« statt. Kurz nach Mitternacht rückte eine Hundertschaft angeblich wegen Überschreitens der Lautstärke in den Innenhof ein. Die Beamten prügelten auf Hausbewohner und Gäste ein und schleiften mehrere von ihnen im Schwitzkasten über den Hof. Ohne vorherigen Verdacht einer Straftat drangen zehn Beamte mit Schlagstöcken in die Wohnungen ein, dabei wurden ein Kinderwagen beschädigt sowie eine Glastür eingetreten.

* Am 21. August nahm die mit 300 Mann angerückte Polizei mehr als 180 Fußball-Anhänger in der Diskothek Jeton fest. Nach amtlicher Darstellung sei das Ziel gewesen, Ausschreitungen zwischen Fans der Fußballclubs 1. FC Union und BFC Dynamo zu verhindern. Rainer Lüdke, Fanbeauftragter des BFC, gab zu Protokoll: »So etwas habe ich noch nie erlebt. Plötzlich hat es geknallt, Möbel sind umgekippt.«

* Am 28. August stürmten Berliner Polizisten nach einer Anzeige der NPD zwei Privatwohnungen, zwei Bürogemeinschaften, einen Antifa-Versand sowie das »Antifaschistische Pressearchiv«. Eine Antifa-Fete in der Kellerkneipe »subversiv«, wo es für jedes eingesammelte NPD-Plakat einen Gratis-Cocktail geben sollte, wurde ebenfalls gestürmt.

* Am 26. Oktober demonstrierten einige tausend Kriegsgegner gegen den Großen Zapfenstreich zum 50. Jahrestag der Bundeswehr. Der Zug wurde kurz vor dem Brandenburger Tor von einer Polizeisperre aufgehalten. Mehrfach prügelten vermummte und mit Tonfas bewaffnete Beamte ohne erkennbaren Grund auf Demonstranten ein. Dabei tat sich besonders der Zivilbeamte Rouven K. hervor, gegen den anschließend ermittelt wurde – ein Ergebnis ist bis heute nicht bekannt. K. wurde angeblich in den Innendienst versetzt, er war wenige Tage später aber wieder bei einer Demonstration in Potsdam im Einsatz.

Öffentliche Diskussion

* Heute, Donnerstag, 19 Uhr, Europäisches Haus, Berlin, Unter den Linden 48. Auf dem Podium u.a.: Tobias Pflüger MdEP, Seven Richwin (Rechtsanwalt), Dieter Glietsch (Polizeipräsident), Helga Seyb (Reach Out)


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[editiert: 19.01.06, 12:46 von bjk]



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bjk

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New PostErstellt: 19.01.06, 12:39  Betreff:  Berliner Polizei - Schläger mit Staatslizenz?  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen



... wie ich schon unter Mitteilungen ankündigte, werde ich heute an dieser Veranstaltung teilnehmen - mein Anwalt übrigens ebenfalls.


weitere Infos kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2006/01-19/015.php


Michael Kronewetter

Schläger mit Staatslizenz

Berliner Polizei steht wieder einmal wegen Gewalttätigkeiten in der Kritik. Polizeipräsident will sich den Vorwürfen stellen



In jeder Demokratie gehört es zu den Aufgaben der Polizei, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und die Demonstrationsfreiheit zu schützen. In Berlin hingegen drängt sich hin und wieder der Eindruck auf, daß es ausgerechnet die Polizei ist, die Menschen davon abhält, Grundrechte wahrzunehmen. Immerhin: Polizeipräsident Dieter Glietsch will sich am Donnerstag abend in einer öffentlichen Veranstaltung dieser Kritik stellen.

Polizisten scheinen in der Bundeshauptstadt oft den Eindruck, weniger Sinnbild des Rechtsstaates als staatlich lizensierte Schläger zu sein. Beispiel dafür ist der Polizist Rouven K., der am 26. Oktober mit einem Tonfa-Schlagstock brutal auf Demonstranten einprügelte. Gegen ihn wurden zwar Ermittlungen eingeleitet – aber auch nach einem knappen Vierteljahr lag der Staatsanwaltschaft am Mittwoch noch kein Ergebnis vor.

Ermittlungen gegen Beamte

Im statistischen Vergleich mit anderen Bundesländern sticht Berlin durch die hohe Zahl an Verfahren gegen Polizisten hervor – jedes Jahr wird gegen fast jeden 20. wegen Körperverletzung im Amt ermittelt. Wahrscheinlich ist das zu niedrig gegriffen, erfahrungsgemäß trauen sich viele Opfer von Polizeiübergriffen nicht, Anzeige zu erstatten.

Zwischen 1995 und 2004 wurden in Berlin 98,3 Prozent aller Körperverletzungsanzeigen gegen Polizisten ohne Verurteilung abgeschlossen. In 1,3 Prozent aller Fälle kam es zu einer Anklage, in 0,4 zu einer Verurteilung. Für Berlin gilt also, daß die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, daß ein gewalttätiger Polizist juristische Konsequenzen fürchten muß. Solche Beamten können sich auch vor disziplinarischer Verfolgung relativ sicher fühlen: 1999 z. B. gab es in Berlin 967 einschlägige Anzeigen – aber nur 26 Disziplinarverfahren.

Es muß nicht unbedingt an der Justiz liegen, wenn Schläger in Uniform ungeschoren davonkommen. Ein Grund dafür ist auch, daß Polizeibeamte bei Demonstrationen oft so vermummt sind, daß selbst auf Fotos keine identifizierbaren Gesichter zu sehen sind. Sie tragen weder Dienstnummer noch Namensschild.

Polizei dreht den Spieß um

Selbst Amnesty International hatte die Berliner Verhältnisse kritisiert. Der Innensenat erklärte dazu, daß »das polizeilich objektiv Notwendige und Gebotene ... von Störern und von den einer Straftat Verdächtigten subjektiv nicht immer zutreffend gewertet, zum Teil sogar böswillig verkannt (wird). Der Senat sieht sich vor diesem Hintergrund veranlaßt, nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß die ... statistischen Angaben nicht Ausdruck einer besonderen Delinquenz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten (sind), sondern weit überwiegend Ergebnis eines bei den von polizeilichen Maßnahmen Betroffenen vorliegenden Fehlverständnisses polizeilicher Arbeit ist.« (Abgeordnetenhaus von Berlin, Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 1052 v. 17.11.2000) Die Logik ist bestechend: Das Problem sind also nicht prügelnde Polizisten, sondern Bürger, die sich darüber beschweren.

Es wundert daher nicht, daß die Polizei gern den Spieß umdreht und Bürger wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt anzeigt. Nach Meinung von Juristen sind diese Anzeigen oft nichts anderes als nachträgliche Rechtfertigungen von Polizeiübergriffen. Hinzu kommt: Ist es nicht verständlich, daß sich selbstbewußte Bürger gegen offensichtlich ausgerastete Schläger in Uniform zur Wehr setzen?

Knochenbrecher im Einsatz

Die Regierungskoalition aus Berliner Linkspartei und SPD hat 2004 dieser Polizei auch noch ein Totschlaginstrument in die Hand gegeben – den Mehrzweckschlagstock »Tonfa«. Für seine Einführung machte sich Polizeipräsident Dieter Glietsch stark – einer seiner Vorgänger, Georg Schertz, hingegen hatte diese als »Knochenbrecher« bezeichnete Waffe vehement abgelehnt. Er wußte warum: Bei einer Vorführung in seinem Dienstzimmer hatte ein SEK-Beamter mit einem Tonfa-Schlag eine Melone in tausend Stücke zerplatzen lassen. Es hieß, Schertz sei leichenblaß geworden.

Auch Gernot Piestert, früherer Landesschutzpolizeidirektor, wandte sich gegen die Einführung dieser potentiell tödlichen Waffe. In einem taz-interview (13. August 2004) befürchtete er, daß irgendwann ein Polizist einem Menschen damit den Schädel einschlagen könne.

Opfer der Polizeigewalt sind in Berlin vor allem Menschen, die gegen politische und soziale Mißstände protestieren. Demonstrationen werden oft nur mit unsinnigen Auflagen genehmigt, Antifaschisten und andere Linke werden immer wieder willkürlich durchsucht, observiert oder durch bewaffnete Hausdurchsuchungen drangsaliert. Hinzu kommt die Überwachung der Linken durch Polizei, Staatsanwaltschaft und Geheimdienste – und das alles mit dem Segen einer Regierungspartei, die sich links und sozialistisch nennt.


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