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Dresden und der 13. Februar

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bjk

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Ort: Berlin


New PostErstellt: 16.02.10, 17:28  Betreff: Erlebnisbericht einer Busreise nach Dresden am Samstag, 13. Februar 2010  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.neues-deutschland.de/artikel/165121.eine-busreise-nach-sachsen.html



Von Irina Berger, Hendrik Lasch und Jörg Meyer

Eine Busreise nach Sachsen

Über 10 000 Menschen blockieren in Dresden erstmals den größten Naziaufmarsch Europas

Menschen aus ganz Deutschland und den Nachbarländern kamen am Samstag nach Dresden. In der Altstadt wurde der Bombenangriffe 1945 gedacht. In der Neustadt verhinderten Tausende den jährlichen Großaufmarsch von Alt- und Neonazis – ein Erlebnisbericht.


Berlin-Friedrichshain, 4.30 Uhr am Samtstagmorgen. Neben der neuen Mehrzweckhalle an der Spree herrscht hektisches Treiben. Heute wird sich zeigen, wie gut die über einjährige Planung des Bündnisses »Nazifrei! Dresden stellt sich quer« in die Tat umgesetzt werden kann. Das Ziel: Der Aufmarsch von Nazis, die das Gedenken an die Bombardierung Dresdens am 13. und 14. Februar 1945 vereinnahmen wollen, soll verhindert werden. In diesem Jahr kann es erstmals wirklich klappen.

Ab kurz vor fünf Uhr kommen die Busse an. Immer mehr Menschen strömen von Ostbahnhof und Warschauer Straße an den Abfahrtsort. Für gut 1300 Plätze wurden Fahrkarten verkauft. Die Busbetreuungsteams finden sich, das Material für die einzelnen Busse verteilt. Stadtpläne, Infomaterial, auch eine Rolle stabiles Klebeband gehört dazu. Auf der Rückfahrt soll es in einem großen Kreuz in die Busfenster geklebt werden, damit diese im Fall eines Angriffes auf die Busse nicht splittern, nach innen fallen und die Insassen verletzten. Eine Vorsichtsmaßnahme, die leider sein muss, heißt es, ein Erfahrungswert. Es ist vorgekommen, dass nach Naziaufmärschen auf Raststätten Rechte lauerten oder die Busse bei der Abfahrt mit Steinen bewarfen.

Mit einer Stunde Verspätung geht es los. Bei einem Zwischenstopp treffen weitere Busse aus Brandenburg ein und sammeln sich zum Konvoi. Über 30 Busse sind es dann, die von der Autobahn abfahren, den Weg in die Stadt einschlagen. Im Bus kann man die Spannung fast riechen. Nachdem die Polizei angekündigt hatte, die Busse schon an der Landesgrenze zu stoppen und in stundenlangen Kontrollen festzuhalten, weiß niemand, was jetzt passiert. Linke Bundestagsabgeordnete, Rechtsanwälte und Journalisten sind auf die Busse verteilt, um im Konfliktfall mit der Polizei zu verhandeln und zu vermitteln.

Insgesamt 7000 Beamte sind in Dresden aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengezogen. Bereits am frühen Morgen gleichen die Straßen um den Neustädter Bahnhof einem Heerlager, in dem auch Wasserwerfer und Räumpanzer aufgefahren sind. Nazis sind zu dieser Zeit am Sammelpunkt noch wenige zu sehen, dafür erscheinen sie in um so größerer Zahl auf dem Heidefriedhof: Im Gefolge mehrerer NPD-Abgeordneter um Fraktionschef Holger Apfel marschiert ein Block von 60 schwarzgekleideten Nazis auf. Auf dem Friedhof findet traditionell eine Ehrung der Opfer des alliierten Luftangriffs statt – an einem Mahnmal mit der in Stein gehauenen Inschrift »Wie viele starben? Wer kennt ihre Zahl?« Es ist genau diese Frage, um die es den Rechten bei ihrer Vereinnahmung des Gedenkens in Dresden geht: Während eine Historikerkommission von 25 000 Opfern ausgeht, spricht die rechte Propaganda von mehr als zehnmal so vielen und stellt die Zerstörung Dresdens als »Bombenholocaust« mit der Vernichtung der europäischen Juden auf eine Stufe.

Jahrelang blieben derlei infame Behauptungen auf dem Friedhof unwidersprochen, weil man an der Tradition eines stillen Gedenkens festhalten wollte. 2009 konnte sich Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) erstmals zu deutlichen Worten durchringen. Heute betont sie im Beisein von Stefan Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden, wer »wie diese Nazi-Typen« Tote mit Toten, Verlust mit Verlust und Leid mit Leid vergleiche, der »schändet die Opfer und verhöhnt ihr Vermächtnis«. Der Stadt und ihren Bürgern sei an Versöhnung gelegen, nicht an Revanchismus, Hass und Gewaltpropaganda.

In den Berliner Bussen haben unterdessen alle ihre Jacken und Schuhe wieder angezogen, den Schlaf aus den Augen gerieben und wundern sich: Der Bus ist schon fast am Blockadepunkt in Dresden angekommen und noch keine Vorkontrolle in Sicht. Dann sind die Mannschaftswagen zu sehen. An der nächsten Kreuzung halten die Busse, die Menschen steigen schnell aus, eine Fahne geht hoch – hier soll sich der Berliner Konvoi sammeln. Antifaschisten aus Nordrhein-Westfalen, die schon eine Blockade aufgebaut haben rufen zur Eile. Fast 1500 Leute sind auf der Straße, rennen 50 Meter, drücken sich leicht durch eine dünne Polizeikette. Kurz nach neun Uhr, die Hansastraße Ecke Großenhainer Straße ist dicht. Isomatten werden ausgerollt, Styroporplatten und Plastikplanen werden ausgelegt, die Straße ist nass, matschig vom Schnee und kalt. Man nimmt Platz – und bleibt bis zum späten Nachmittag sitzen, in Hochzeiten bis zu 4000 Leute. Auch viele Bürger Dresdens kommen vorbei.

Im Schneidersitz und eng aneinandergerückt heißt es für die kommenden Stunden: Ausharren. Es ist halb zehn. Die Stimmung ist trotz eisiger Temperaturen gut, Neuankommende werden jubelnd begrüßt, zum Aufwärmen gibt es heißen Tee und Suppe. Das Spektrum derer, die hier aufeinandertreffen, ist weit, altersmäßig wie auch politisch. Linke aus den sozialen Bewegungen und Jungantifas sind genauso angereist wie Parteilinke oder DKP. Überall werden Taschenradios oder Handys mit Radioempfang in Betrieb genommen. Über ein Aktionsradio wird das Geschehen anderswo in der Stadt mitverfolgt. Stehen die anderen Blockadepunkte noch? Wo sind die Nazis? Wieso ging das Blockieren so einfach?

»Die Strategie stand von Anfang an fest«, wird der sächsische Landespolizeipräsident, Bernd Merbitz, am Nachmittag sagen. Man wollte sich im Vorfeld selbstverständlich nicht in die Karten gucken lassen, sagt Merbitz.

Vier Landtagsfraktionen der LINKEN halten eine öffentliche Fraktionssitzung ab. Konkret stehen sie und zwar mit einem Transparent vor der Blockade. »Wir sind mit 29 Bussen aus ganz Thüringen hier«, sagt Bodo Ramelow, Fraktionsvorsitzender im Landtag. Damit ein Angriff wie im Vorjahr sich nicht wiederholen kann, seien Polizeifahrzeuge als Begleitung mitgefahren. Ramelow ist viel unterwegs an diesem Tag. Vermittelt zwischen Blockierern und Polizei, guckt, wie es bei den Nazis am Bahnhof aussieht. Sie stehen mit den Fraktionen in der ersten Reihe, damit man nicht hinterher wieder »den jungen Leuten die Schuld in die Schuhe schieben kann und die Nazis als die guten Jungs dastehen, wenn etwas passiert«, sagt Ramelow.

Die beiden Unterführungen, die zwischen der blockierten Hansastraße und Elbe liegen sind um halb zehn ebenfalls längst besetzt, an den Transparenten kann man sehen, dass hier der Buskonvoi aus Nordrhein-Westfalen angekommen ist. Ein Blick zurück in die Straße, da kommt noch ein Strom Menschen, wo er endet ist nicht zu sehen. »Wir kommen aus Erfurt«, sagt einer »mit den Bussen aus Leipzig«, antwortet ein anderer, »wir kommen aus Wien und sind schon seit gestern hier«, ein Dritter.

Am Albertplatz auf der anderen Seite des Bahnhofs, ist ebenfalls kein Durchkommen. Zwischen ein- und zweitausend Menschen halten den Platz besetzt. Auf einer Bühne beginnt Konstantin Wecker seinen Auftritt. »Ich singe seit 40 Jahren gegen Nazis. Es hat wohl noch nicht viel gebracht, aber ich werde nicht damit aufhören«, sagt Wecker ins Mikrofon.

Zwischendurch wird es unruhig, 1000 Nazis sollen von ihren Bussen zum Bahnhof gehen. Es könnte zur Konfrontation kommen, die Polizei zieht dreireihige Ketten über die Straße. Später heißt es, das Alternative Jugendzentrum Conni sei von Nazis angegriffen worde. Es gebe Schwerverletzte. An anderer Stelle werden Busse anreisender Nazis angegriffen, Scheiben gehen zu Bruch, es entsteht ein Schlägerei, die Nazis flüchten, Verletzte auf beiden Seiten.

An der Hansastraße kommt über Megafon immer wieder die Durchsage: »Ihr seid dort, wo Ihr steht, genau richtig. Bleibt dort. Es ist wichtig, dass wir diesen Punkt halten.« Zwischendurch gibt es die Unsicherheit, ob es am Ende ausreichen wird, um den Aufmarsch der Nazis zu verhindern. Gegen 14.30 Uhr zeichnet sich zum ersten Mal ab, dass die Nazis wahrscheinlich nicht laufen dürfen. Zwischendrin sieht es wieder anders aus. Freude und Frust bei den Blockierenden wechseln mit der Nachrichtenlage.

Dass Orosz am Friedhof morgens tatsächlich für viele Bürger sprach, zeigt sich später rund um die historische Altstadt. Diese sollte gemäß dem Aufruf eines breiten Bündnisses mit einer symbolischen Menschenkette gegen die Rechtsextremisten geschützt werden. Im Voraus hatte es einige Skepsis gegeben, ob sich tatsächlich die rund 5000 Menschen zusammenfinden würden, die für das knapp zwei Kilometer lange Band genötigt würden. Noch 2009 hatten schließlich nur beschämend wenige Dresdner an Protesten teilgenommen, den ein »GehDenken«Bündnis ausgerichtet, dem sich die CDU aber verweigert hatte. Erst die weltweit verbreiteten Bilder eines ungestört durch die unmittelbare Innenstadt ziehenden Aufmarschs Tausender Nazis bewirkte offenbar ein Umdenken.

An diesem Samstag gibt es andere Bilder zu sehen: Als die Kette gegen 14 Uhr geschlossen wird, zieht sich ein dichtes Band von der Synagoge vorbei am Rathaus mit dem Denkmal der Trümmerfrauen bis zum Altmarkt, wo in den Tagen nach dem Bombardement viele der Opfer verbrannt worden waren. Der Zustrom ist so groß, dass die Menschen oft in zwei Reihen stehen und die Kette spontan verlängert wird, sich über den Neumarkt und um die Frauenkirche zog und selbst die Semperoper erreichte. Viele der vom Rathaus geschätzten 15 000 Teilnehmer haben vermutlich erstmals am Protest gegen Rechtsextremismus teilgenommen, der im bürgerlichen Dresden bislang allzuoft mit Linksextremismus gleichgesetzt wurde, merken Beobachter an. Sie sei »überwältigt«, sagt Orosz und betont unter Applaus, man wolle sich den »Alt- und Jungnazis, die versuchen, den Tag der Trauer zu missbrauchen«, entgegenstellen: »Wir brauchen sie hier nicht.« Bevor im Februar 1945 Dresden brannte, so sagte sie, »brannte Sempers Synagoge, brannten Warschau, Rotterdam und Coventry«. Mit der Menschenkette, an der auch Regierungsmitglieder, viele Landespolitiker und Prominente teilnahmen, wolle man eine »starke und schützende Kette um unsere Stadt« legen und diese so zu einer »Festung gegen Intoleranz und Dummheit« werden lassen. Die Menschenkette ist zwar ein starkes und so in Dresden bislang nicht gesehenes Symbol. Den Aufmarsch der Nazis aber hätte sie nicht verhindern können.

Die stehen unterdessen noch immer am Bahnhof und hören den Lügen ihrer Vortänzer zu, die von 250 000 Toten bei den Bombenangriffen erzählen. Ein Polizeisprecher sagt, es sei »nicht unwahrscheinlich«, das bei Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Aufmarsch verboten werden könnte Die Straßen rund um den Bahnhof sind dicht. Schließlich ist es offiziell. Die Nazis hatten ihren Aufzug bis 5 Uhr angemeldet, kurz vorher lösen sie ihre Veranstaltung auf. Ein Redner versucht die Menge anzustacheln poltert gegen »Linksfaschisten« und einen vermeintlich »das Recht brechenden Staat mit seiner Polizeiarmee«. Es fliegen Schneebälle und auch Plastikflaschen auf Polizei und Journalisten.

»Die Polizei sagt den Nazis quasi im Sekundentakt, dass sie in ihre Züge steigen sollen«, sagt eine Sprecherin durchs Megafon. An der Hansastraße bricht lauter Jubel aus. Was alle gehofft aber vielleicht nicht im selben Maß für möglich gehalten haben, es ist geglückt.

Ab halb sechs werden die Blockden aufgelöst. Der Weg zu den Bussen, die an der Elbe stehen, gleicht einem Triumphzug. Über 3000 Menschen gehen mit lockerer Polizeibegleitung und »Dresden Nazifrei!« skandierend zum Alberplatz und sammeln die anderen Berliner Mitfahrer ein. Als der Zug an die Berliner Polizei »übergeben« wird, droht kurzzeitig eine Eskalation. Die Beamten stoppen den Zug, lassen sie eine halbe Stunde auf der Brücke stehen. Sie habe in der Situation gedacht, dass die Berliner Polizisten »noch mal kräftig die Antifa aufmischen wollen«, sagt später die Bundestagsabgeordenete Ulla Jelpke (LINKE) im Bus und nennt das Verhalten »typisch«.

Die Stimmung im Bus ist auf der Rückfahrt von Müdigkeit geprägt. Froh sind alle und bis auf die Knochen durchgefroren. »Wenn das im nächsten Jahr nochmal klappt, haben wir es geschafft, den Nazis Dresden abzunehmen«, sagt einer. Viele Aktivisten sind der Meinung, dass sich die Nazis ihren größten Aufmarsch in Dresden nicht kampflos abnehmen lassen werden. Deshalb sei es wichtig, dass man auch im nächsten Jahr eine große Mobilisierung hinbekommt.

Aber am Samstagabend wurde der Sieg gefeiert – und das verdient.






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New PostErstellt: 15.02.10, 04:50  Betreff: Re: Dresden und der 13. Februar  drucken  weiterempfehlen



eine Geschichtsbetrachtung zur Dresden-Bombardierung am 13. und 14. Februar 1945 von Günter Ackermann:   hier klicken



[editiert: 15.02.10, 04:53 von bjk]
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New PostErstellt: 14.02.10, 16:04  Betreff:  Re: Dresden und der 13. Februar  drucken  weiterempfehlen



kopiert aus: http://de.indymedia.org/2010/02/273237.shtml


Dresden – Massenblockaden: Ablauf

Innendienst 14.02.2010 13:47


 Hier der Versuch eines Abrisses der Geschehnisse gestern in Dresden Neustadt. Als über 10.000 Menschen den größten europäischen Naziaufmarsch verhinderten.
Früh um 7 Uhr war es noch relativ ruhig in der Neustadt. Am Bahnhof Neustadt hatten sich bereits 150 Naziordner in einem Teezelt eingefunden, vermutlich um eine Besetzung ihres Antreteplatzes zu verhindern. Geholfen hats ihnen an dem Tag nichts. Kurze Zeit später sammelten sich bereits die ersten Gegendemonstranten am Albertplatz. Anfangs versuchte die Polizei die schnell anwachsende Menge in Richtung Altstadt abzudrängen. Musste aber bald abrücken, weil auch an anderen Orten in der Neustadt erste größere Ansammlungen von Gegendemonstranten auftauchten, von denen einige gerade für die Polizei gefährlicher erschienen. Diese Gelegenheit wurde genutzt und die Kreuzung vor dem Albertplatz (Anton-/Königsbrücker-/Bautznerstraße) wurde besetzt. Eine Spontankundgebung wurde angemeldet, wenig später traf eine Bühne ein, von der Musik gespielt und Reden gehalten wurden. Die Menge wuchs bald auf knapp 2000 Menschen an.

Auf der andere Seite des Bahnhofs Neustadt hatten anreisende Busse vor allem aus dem Westen durch schnelles, entschlossenes Handeln eine Blockade mit ca. 2000 Menschen auf der Hansastraße errichtet. Damit war der Weg der Nazis schon in die zwei Hauptrichtungen dicht. Wenig später kam eine Blockade von mehreren Hundert Menschen auf der Leipziger Straße hinzu. Immer wieder bildeten sich im Umfeld des Bahnhofs Neustadt kleinere Blockaden auf den Straßen. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine sinnvolle Route für die Nazis mehr, auf der keine Blockaden hätten geräumt werden müssen.

Auf der anderen Seite der Elbe wurden zu dieser Zeit die Menschen daran gehindert, die Brücken in Richtung Neustadt zu überqueren und die Polizei log die Leute an, dass es auf der anderen Seite keine angemeldete Kundgebung gäbe, obwohl die Veranstaltung am Albertplatz inzwischen ordnungsgemäß angemeldet war. Einige Hundert Menschen sammelten sich und zogen dann in einer spontanen Demonstration durch die Innenstadt. Am Bahnhof Mitte besetzten mehrere Hundert Menschen eine ganze Weile die Gleise und brachten den Zugverkehr und damit die Anreise der Nazis ins Stocken.

Bis 12 Uhr, als die Naziveranstaltung laut Plan beginnen sollte, hatten es lediglich 300 Nazis bis zum Schlesischen Platz vorm Bahnhof Neustadt geschafft. Viele Nazibusse irrten durch die Neustadt und immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Nazis und ihren Gegnern. Neuralgisches Gebiet war das Hechtviertel, welches neben der äußeren Neustadt eine der Hochburgen der alternativen Szene in Dresden ist. Dort befindet sich auch das Alternative Zentrum Conni. Dieses wurde schon in der Nacht davor, aber auch gestern bei der Anreise der Nazis Ziel von Angriffen. Die Nazis konnten jeweils zurückgeschlagen werden, bei einer Auseinandersetzung im Umfeld des AZ Conni gab es jedoch auf linker Seite zwei Leichtverletzte und einen Schwerverletzten, der ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Vermutlich gehen darauf Gerüchte zurück, dass ein Antifaschist gestorben sei. Was definitiv falsch ist.

Ein Großteil der Auseinandersetzungen spielten sich aber um die Blockade Bischofsweg/Königsbrückerstraße vor der Schauburg ab. Hier hatten sich einige Hundert Menschen versammelt um ein Eindringen der Nazis in die äußere Neustadt zu verhindern und die Anreise der Nazis zu erschweren. Da dort ein Großteil der Nazis langgeführt wurde, kam es dort immer wieder zu Auseinandersetzungen. Teilweise versuchten die Nazis selbst die Blockade prügelnd zu durchbrechen, während die Polizei ebenfalls gegen die Nazigegner vor ging. Dabei wurde ohne Vorwarnung auf die Menschen eingeprügelt und mit Pfefferspray gesprüht, später wurden sogar Wasserwerfer gegen eine Gruppe Sitzender eingesetzt. Was das bei diesen Tempereraturen heißt, kann sich jeder ausmalen. Als die Blockade gerade dabei war unter dem Druck der Polizei und der Nazis zu brechen, geschah dort für die Leute ein kleines Wunder. Ein Buskonvoi war bei der Anreise zwischendurch im Schneesturm stecken geblieben und kam deshalb erst relativ spät an. Diese hatten sich vorher gut informiert und schlossen sich zielstrebig gerade rechtzeitig den Menschen vor der Schauburg an, und so konnte die Königsbrücker Straße gehalten werden. Nicht verhindert werden konnte, dass die Polizei über Nebenstraßen etwa 1000 Nazis (die an der Abfahrt Wilder Mann aus ihren Bussen ausgestiegen waren) die Hechtstraße (unmittelbar an der Rückseite des AZ Conni vorbei) über Bischofsplatz und Dammweg zum Bahnhof Neustadt führte. Durch das von Anfang rüde Vorgehen der Polizei an dieser Stelle, kam es im Umfeld immer wieder zu starken Eskalationen.

Während der nächsten Stunden versuchten immer wieder Nazis auf eigene Faust zum Bahnhof Neustadt zu kommen, die meisten wurden jedoch mit dem Zug dorthin geleitet. Erst gegen 14:30 Uhr hatte es der Großteil der 5000 Nazis geschafft am Neustädter Bahnhof angekommen. Zu diesem Zeitpunkt hielten aber alle Blockaden. Während die Situation im Hechtviertel vor allem durch Katz- und Mausspiel zwischen Nazigegnern und Polizei geprägt waren, hatten sich am Alberplatz mittlerweile 5000 Menschen eingefunden, während die Zahl der Blockierer auf Hansastraße und Leipzigerstraße unverändert geblieben war. Zwischendurch hatten mobile Volksküchen die Menschen auf den Blockaden mit heißem Tee und Essen versorgt. Da die Nazis nur einen Aufzug bis 17 Uhr genehmigt bekommen hatten, zeichnete sich immer mehr ab, dass sie nicht mehr marschieren würden. Die Nazis selbst verbreiteten relativ früh, dass sie nicht laufen werden würden, bevor die Polizei sich selbst engültig dazu entschlossen hatte. Möglicherweise hatte man gehofft, dass durch solche frühen Ankündigungen die Blockaden schnell bröckeln würden. Falls das der Plan war, ging er nicht auf. Die Leute blieben bei den Blockaden. Die Nazis drohten dann mit Auflösung und Durchbruch Richtung Altstadt und fingen an sich Scharmützel mit der Polizei zu liefern.

Wenig später machten Gerüchte von einer Alternativroute der Nazis die Runde. Das ging darauf zurück, dass die Polizei vor hatte, die Nazis über die Route Dammweg – Fritz-Reuter-Straße – Hansastraße zu ihren Bussen zu geleiten. Als das unter den Nazigegnern die Runde machte, kam es zu Blockaden auf dieser Strecke vor allem an der Kreuzung Hansastraße/Fritz-Reuterstraße, die durch das hier ebenfalls rüde Vorgehen der Polizei schnell eskalierten. Am Ende jedoch sah die Polizei von ihrem Plan ab und verfrachtete die Nazis in Zügen an den Stadtrand nach Dresden-Klotzsche, wo die Nazis in ihre Busse umstiegen.

Als klar war, dass die Nazis weggeschafft wurden, und selbst der Abmarsch durch das Hechtviertel zu ihren Bussen verhindert wurde, machte sich unter den Nazigegnern Jubelstimmung breit. Die Blockade auf der Hansastraße zog paradierend über Hansastraße-Fritz-Reuter-Straße-Königsbrückerstraße zum Albertplatz, wo eine gemeinsame Abschlußdemonstration in Richtung Innenstadt startete. Obwohl viele zu ihren Bussen mussten oder nach dem kalten Tag endlich ins Warme wollten, zogen noch mehrere Tausend Menschen teilweise jubelnd und tanzend bis zum Hauptbahnhof. Zwischendurch musste ein kleiner Stopp eingelegt werden, da der Hauptbahnhof wegen umsteigender Nazis abgesperrt war. Danach löste sich alles auf und viele suchten ihre Busse, gingen feiern oder einfach nach Hause abmatten. An der Synagoge und am Kongresszentrum wurden zeitweilig jeweils einige Hundert Menschen von der Polizei festgehalten, obwohl diese eigentlich nur auf dem Weg zu ihren Bussen waren.

Auf der Abreise blieb es ziemlich ruhig. Größere Übergriffe mit Verletzten wie im letzten Jahr, sind bisher nicht bekannt geworden. 250 Nazis aus dem Westen und Nordosten fuhren per Zug und Bahn nach Pirna und führten einen spontanen Aufmarsch durch und warfen die Fensterscheiben eines SPD-Büros in Pirna ein, in dem auch der Verein „Aktion Zivilcourage“ seinen Sitz hat. Danach wollten die Nazis wieder zurück nach Dresden und dort vermutlich ähnliche Aktionen starten, wurden aber auf der A17 von der Polizei festgesetzt.

Zu weiteren bisher bekannten spontanen Aktionen der Nazis kam es in Leipzig-Engelsdorf, also dort ein vollbesetzter Zug mit Nazis von der Polizei angehalten wurde. Später zogen 50-60 Nazis spontan durch Leipzig-Schönefeld bis sie von der Polizei fest gesetzt wurden. In Gera wurden ebenfalls knapp 200 Nazis festgesetzt, die dort spontan marschieren wollten.

Alles im Allen tatsächlich ein großer Tag für die antifaschistische Bewegung. Europas größter regelmäßiger Naziaufmarsch wurde nach über 10 Jahren endlich verhindert. Möglich wurde der Erfolg durch gute Vorbereitung und das überlegte und entschlossene Vorgehen der Nazigegner. Insbesondere allen Unterstützern von außerhalb sei an dieser Stelle nochmal ausdrücklich für ihren support gedankt. Sowas hats hier in Dresden noch nie gegeben. Das geht nochmal an alle Beteiligten, ihr wart gestern wirklich großartig! Gute Besserung an alle Verletzten und vergessen wir die Menschen nicht, die gestern eingefahren sind, und jetzt Unterstützung bei ihren Verfahren brauchen. Betroffene sollten sich bei der Roten Hilfe (dresden äd rote-hilfe.de) melden.

P.S.
Die Menschenkette in der Innenstadt, mag schöne Bilder für die Presse geliefert haben, zur Verhinderung des Naziaufmarsch hast sie gestern nichts beigetragen.

 http://dresden-nazifrei.com
 http://no-pasaran.mobi
 http://dresden1302.noblogs.org



Ergänzungen mit Fotolinks unter: http://de.indymedia.org/2010/02/273237.shtml






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New PostErstellt: 14.02.10, 09:01  Betreff: Re: Dresden und der 13. Februar  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus:  http://www.neues-deutschland.de/artikel/165004.armageddon-ueber-elbflorenz.html


Von Robert Allertz

Armageddon über Elbflorenz

Die »Operation Donnerschlag«, der Streit um Opferzahlen, Mitschuld und Mithaftung


An der bretonischen Atlantikküste finden sich noch einige Befestigungsbauten aus dem Zweiten Weltkrieg. Und Städte wie Brest, Lorient und Nantes bestechen durch die architektonische Einfalt der 50er Jahre. Nachdem die Hafenstädte durch alliierte Bomben fast ausradiert worden waren, versuchte man die Weltkriegswunden rasch zu schließen. Dem Verbrechen folgte die Sünde. Dass die U-Boot- und andere Stützpunkte der faschistischen Wehrmacht vernichtet werden mussten, stand und steht außer Frage. Aber die – heute beschönigend als kollateral bezeichneten – Schäden warfen schon damals die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf.

Es stehen an der dortigen Küste noch einige Bunker. Die werden als Museen geführt. Vor ihnen flattern im schönen Dreiklang die Trikolore, die Flagge der Bretagne und das blaue Banner mit den gelben Sternen. Diese Einrichtungen sind sehr anschaulich und naturalistisch bestückt. Aber merkwürdig: Man zeigt zwar, dass die deutschen Soldaten da waren – aber weshalb sie bis an den Atlantik kamen und warum sie an die vier Jahre hier ihr ihr Unwesen trieben, das erfährt der Besucher nicht. Man breitet den Mantel nachsichtigen Vergessens darüber. Vermutlich hängt das mit der Europa-Fahne zusammen, die vor dem schweren Beton flattert. Ja, der Krieg war schlimm. Für alle. Und nun schauen wir gemeinsam in die Zukunft. Aus dieser Perspektive wird selbst die faschistische Okkupation zur Folklore.

Von vergleichbarer Art scheint der Umgang mit dem Untergang des barocken Dresden zu sein. Der Blick auf die Historie wird nicht geschärft, sondern auf unscharf gestellt. Im diffusen Dunst verschwimmen Zusammenhänge, Ursachen und Folgen. Das ist gewollt.

Dieter Lämpe, ein Rentner aus den Umkreis Berlin, der endlich Klarheit im Streit um die Opferzahlen der Bombennächte von Dresden im Februar 1945 bringen wollte, in Akten recherchierte und zahllose Briefe schrieb, stieß auf eine Allianz von Nachlässigkeit, Trägheit, Arroganz und Beamtenwillkür. Dass die bereits in frühen DDR-Zeiten, von Zeitzeugen gestützte, vom damaligen Dresdner Oberbürgermeister Walter Weidauer angegebene Zahl von 35 000 Toten der Wahrheit entspricht, will man nicht zugeben. Eine eigens zur Klärung des Sachverhalts eingesetzte Historikerkommission verwarf die Behauptungen von hundertttausenden Opfern, wollte aber auch nicht die Angabe aus DDR-Zeiten übernehmen und verkündete daher als letztliche Weisheit: Es waren »nur« 25 000 Tote. Denn was der ostdeutsche »Unrechtsstaat« in Umlauf brachte, ist prinzipiell falsch und gelogen. Das Gezeter um diese Zahlen ist Erscheinung, nicht das Wesen des Streits.

Die Verunschärfung des Blicks auf die Vergangenheit greift noch weiter. Was an der französischen Atlantikküste zu beobachten ist, findet sich auch in polnischen Museumsdörfern in Westpreußen, die mit EU-Mitteln errichtet werden, und an Gedenkorten auf Kreta, wo Hitlers Legionäre Bergdörfer niederbrannten und die Bewohner massakrierten. Wir sind modern, heißt es dort überall, wir sind Europäer, blicken in die Zukunft und nicht zurück. Und deshalb richtet man offiziell kein kritisches Wort an den mächtigen Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches. Man möchte sich dessen Gunst nicht verscherzen. Und außerdem kommen zahlende Touristen aus Deutschland. Die wollen doch im Urlaub nicht hören, wie sich ihre Vorfahren hier aufgeführt haben!

Diese fragwürdige Haltung hat sich auf dem ganzen Kontinent ausgebreitet: vom Baltikum bis zur Biskaya, von Spitzbergen bis zum Peloponnes. Und dabei ist es noch keine 65 Jahre her, dass der größte Völkermord der neueren Geschichte endete. Natürlich, kein Volk soll und kann bis ans Ende seiner Tage alle Last der Geschichte tragen. Auch wir Deutschen, die Nachgeborenen, haben ein Recht darauf, nicht fortgesetzt mit den Verbrechen unserer Vorfahren konfrontiert zu werden. Doch das ist nicht gleichbedeutend damit, die Vergangenheit vorsätzlich zu verdrängen. Geschichte ist Geschichte. Sie lässt sich im Nachgang weder ändern noch schönen. Man kann aus ihr lernen, Schlüsse ziehen und Haltung bezeugen.

Wie war das nun mit Dresden? Die vier Angriffe der Royal Air Force (RAF) und der United States Army Air Forces (USAAF) auf Dresden im Februar 1945 waren keineswegs die schwersten Flächenbombardements des Zweiten Weltkrieges. Aber nicht nur wegen des Zeitpunktes galten sie als die fragwürdigsten. Zu den unmittelbar danach verbreiteten Legenden gehörte die Erklärung, die Angriffe der Roten Armee wären ins Stocken geraten, man habe helfen müssen. Im Februar 1945 standen deren Truppen bereits rund 70 Kilometer vor Berlin. Das militärische Schicksal der Hitlerdiktatur war besiegelt. Man hört und liest auch: Auf der Konferenz in Jalta (4. bis 11. Februar 1945) hätte Stalin die Alliierten zu Fliegerangriffen gedrängt, darunter auch die auf Dresden. Das ist zweckdienliche Propaganda. Die Planungen für diese militärische Operation liefen bereits seit Monaten. Und sie zielte weniger auf das hitlerdeutsche Hinterland, sondern auf den mächtigen Verbündeten in der Antihitlerkoalition im Osten. Noch besaß man nicht den atomaren Knüppel, also wollte man der Sowjetunion mit konventionellen Mitteln eine vergleichbare Vernichtungskraft demonstrieren. Die Operation trug den Codenamen »Thunderclap«, Donnerschlag. Und es wird kolportiert, dass Churchill mit einem Zirkel in die Berlin-Karte stach, genau dort, wo sich das Brandenburger Tor befand, und einen Kreis von sechs Kilometern Durchmesser zog. Dort sollte kein Stein auf dem anderen bleiben, forderte er.

Prof. Mike Davis, Kulturhistoriker am Southern California Institute of Architecture, berichtete 1999 in der New Yorker Zeitschrift »Grand Street« über ein »German Village«, das auf dem Militärgelände »Dugway Proving Ground« in der Strauchwüste von Utah, rund hundert Kilometer von Salt Lake City entfernt, errichtet worden war. Dort probten die Amerikaner die Bombardierung Berlins. Detailgetreu ließen sie Mietskasernen nachbauen.

Armageddon, schreibt Davis, fand in zwei Akten statt: Der erste war die »Luftschlacht um Berlin« der Royal Air Force (RAF) vom November 1943 bis März 1944, der zweite die »Operation Donnerschlag« im Februar 1945. »Als Hitler nach der Landung der Alliierten in der Normandie Vergeltung mit V1- und später V2-Angriffen auf London übte, war Churchills erste Reaktion die Forderung nach weiteren Angriffen auf Berlin. Selbst den Einsatz von Giftgas ließ er prüfen, und auch Biowaffen waren nicht tabu: ›Es ist absurd, in dieser Frage Moral ins Spiel zu bringen.‹ ... Im August 1944 erklärte er gegenüber seinem Finanzminister Henry Morgenthau Jr. wutentbrannt: ›Wir müssen hart mit Deutschland umgehen, und ich meine die Deutschen, nicht nur die Nazis. Entweder müssen wir das deutsche Volk kastrieren oder ihm so eine Behandlung verpassen, dass es nicht weiter Nachwuchs zeugen kann, der dann immer so weitermachen will wie in der Vergangenheit.‹« Noch im gleichen Monat unterbreitete Chruchill dem US-Präsidenten den Plan für die »Operation Donnerschlag«, die nicht nur Berlin, sondern auch Dresden und Leipzig anvisierte.

Die Bombardierung Berlins am 3. Februar 1945 brachte nicht den großen K.o.-Schlag, den sich die Engländer erhofft hatten, gleichwohl 3000 Berliner an diesem Tag starben. »Dresden kam zehn Tage später der ursprünglichen apokalyptischen Vision der ›Operation Donnerschlag‹ näher« schreibt Davis. »Strategische Bedeutung hatte die mit schlesischen Flüchtlingen, Zwangsarbeitern und alliierten Kriegsgefangenen überfüllte Kulturmetropole lediglich als temporärer Verkehrsknotenpunkt für die zusammenbrechende Ostfront. Amerikanische Bomber konzentrierten sich auf die Bahnhöfe und Gleisanlagen, die Briten nahmen alles andere aufs Korn. Das Ergebnis war der größte Feuersturm seit Hamburg.« Davis ist nicht der Einzige, der die These vertritt, dass Dresden deshalb in Schutt und Asche sank, weil die Machtdemonstration der Alliierten in Berlin am 3. Februar 1945 nicht sehr überzeugend gelang. Er widerlegt auch die These, dass Churchill und Roosevelt einer Bitte Stalins gefolgt seien: Man probte schließlich schon seit Jahren in Utah.

Natürlich ist stets zu bedenken, dass zunächst Polen, Russen, Briten und Franzosen unter deutschen Bomben starben, ehe deutsche Städte und deutsche Zivilisten Opfer der Gegenschläge wurden. Das hütet davor, die deutsche Bevölkerung zum Märtyrer zu stilisieren. Das deutsche Volk war mitschuldig am Krieg, weil es den Faschismus nicht nur billigend hingenommen, sondern ihn mehrheitlich auch über Jahre getragen hat. So geriet es aus der Mitschuld zwangsläufig auch in Mithaftung. Dennoch stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit ihrer Bestrafung.

Luftangriffe wie jene auf Dresden zielten nicht primär darauf, die Militärmaschinerie des verhassten Nazistaates zu zerschlagen, sondern möglichst viele Menschen umzubringen. Der Massenmord war politisches Kalkül. Das sollte man – bei allem Respekt und Dank der Antihitlerkoalition für die Befreiung von der Nazi-Diktatur – auch so deutlich aussprechen. Dazu gehört ebenso, allen Versuchen zu widersprechen, Kriegsverbrechen wie die Luftangriffe auf Dresden kurz vor der Kapitulation zu relativieren. Ob nun 35 000 Opfer plusminus 10 000 – in solcher Region verbietet sich jeder Streit. Es hat etwas von Leichenfledderei.

Und vielleicht sollte man auch ein mal daran erinnern, dass in Leningrad während der faschistischen Blockade etwa 700 000 Menschen starben. Und dass am Morgen des 13. Februar 1945 die letzten 70 Dresdner Juden deportiert wurden.


Lektüretipp: Dieter Lämpe, »Angriff auf Dresdens Tote« (spotless, 95 S., br., 5,95 €).





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von Yossi Wolfson
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New PostErstellt: 14.02.10, 08:57  Betreff: Dresden und der 13. Februar  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

kopiert aus:  http://www.dresden-nazifrei.com/


Februar 13th,
Stand 20.00 Uhr


“Nazifrei”-Blockaden erfolgreich: Aufmarsch verhindert


12.000 Menschen bei Protesten in der Dresdner Neustadt

Menschenkette als ‘wirkungslose Show’ kritisiert

Nazi-Angriffe in Pirna


Beim Bündnis “Nazifrei – Dresden stellt sich quer!” – den OrganisatorInnen der Blockaden – herrscht Begeisterung: 12.000 Menschen verhinderten zum ersten Mal den jährlichen Nazi-Aufmarsch in der sächsischen Landeshauptstadt. Über Stunden besetzten sie Straßen und Plätze in unmittelbarer Umgebung des Neustädter Bahnhofs. Gegen 17.00 Uhr kam die Erfolgsmeldung: die Polizei bricht die Nazi-Veranstaltung wegen der Proteste ab.

Für das Bündnis “Nazifrei – Dresden stellt sich quer!” ist die Verhinderung des Naziaufmarschs ein großer Erfolg. “Zwölftausend Menschen aus Dresden und aus der ganzen Bundesrepublik haben den Sammelpunkt der Nazis abgeriegelt – Dank an alle, die sich an den Massenblockaden beteiligt haben und sich nicht einschüchtern ließen”, erklärte Bündnis-Sprecherin Lena Roth. “Es war nicht einfach, es gab Verletzte durch Nazi-Angriffe und es war saukalt – aber es hat sich gelohnt.” Erstmalig, so betonte Roth, sei es gelungen, den größten Naziaufmarsch Europas zu stoppen. Ausschlaggebend für den Erfolg seien die Vielfalt und die Entschlossenheit des Bündnisses “Nazifrei – Dresden stellt sich quer!” sowie das klare Blockade-Konzept gewesen.

“Die Strategie der Einschüchterung im Vorfeld hat den Dresdner Behörden nichts genützt. Im Gegenteil: Auch im Anschluss an Orosz’ Menschenkette strömten noch tausende Menschen in die Neustadt, um die Blockaden zu unterstützen.”, erklärte Roth weiter. Die Menschenkette in großer Entfernung zum Geschehen kritisierte Roth als “rein symbolische und somit wirkungslose Show. Orosz will immer nur ‘Signale’ aussenden, aber darüber lachen die Nazis. Unsere Blockaden in der Neustadt haben den Aufmarsch dagegen wirklich verhindert.”

Zu den Massenblockaden hatte auf Initiative des antifaschistischen Bündnisses “No pasaran” ein bundesweiter Zusammenschluss von zivilgesellschaftlichen Initiativen, Parteien, antifaschistischen Gruppen und Gewerkschaften aufgerufen. Im Vorfeld hatten sich über 600 Organisationen und rund 2000 Einzelpersonen in den Unterstützerlisten eingetragen.

Nach dem Scheitern des Aufmarschs griffen im sächsischen Pirna 250 Nazis in Gruppen die Wohnungen von ihnen bekannten AntifaschistInnen an.




... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson
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