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Mein ganz persönlicher pawlowscher Reflex

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Autor Beitrag
Jessi Ka

Ort: Augsburg

New PostErstellt: 29.06.03, 20:55  Betreff: Jemandes ganz persönlicher pawlowscher Reflex  drucken  weiterempfehlen

OK, dann mach ich mal den Anfang und greife mir mal einen schönen Absatz raus:

Und mit dem Kampfbegriff "Springerpresse", der phonetisch an Goebbels "Judenpresse" angelehnt war

Boah, wat 'ne Keule! Das wäre was für den Keulenbeauftragten, nicht wahr? Zumal unter den Studenten nicht sonderlich viele waren, die den Begriff "Judenpresse" noch aus Goebbels Mund gehört haben dürften oder sich daran erinnern konnten.



(spricht eigentlich jemand von Bertelsmannpresse oder Burdapresse?), wurde ein pejoratives Wort geprägt, das noch heute in aller Munde ist - auch bei vielen, die den Blättern des Hauses durchaus wohl gesonnen sind.

Bertelsmannpresse? Welche gab es damals eigentlich? Den Buchclub? Oder Ariola? Ist immerhin eine Presse, wenn auch Schallplatten.

Burdapresse? Die "Freundin"? Oder politische Schnittmusterbögen? Nee, Focus und Super illu waren später.

Was mich noch interessieren würde, wieviele Leser wissen auf Anhieb, was "pejorativ" ist? Und wieso ist "Springerpresse" ein pejoratives Wort?


wuff!

Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hier und da,
Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika.

(E.K.)
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Jessi Ka

Ort: Augsburg

New PostErstellt: 29.06.03, 19:29  Betreff: Dein ganz persönlicher pawlowscher Reflex  drucken  weiterempfehlen

Ja, dann laß Deine Reflexe doch mal raus und schreib, was genau Du meinst. Oder bist Du schon so verweitblickt, dass Du das unkommentierte Posten eines Artikels als Diskussionsbeitrag verstehst?


Oder, wie Dein 68-er Lehrer es formulieren würde: Erläutern Sie den Sachverhalt mit Ihren eigenen Worten!

Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hier und da,
Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika.

(E.K.)
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Hadubrandt34

Ort: Holstein

New PostErstellt: 29.06.03, 18:48  Betreff:  Mein ganz persönlicher pawlowscher Reflex  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

"Marsch der Avantgarde ins Kleinbürgertum
Die 68er hatten mehr Erfolg, als ihnen lieb sein kann. Antiamerikanismus, Leistungsverweigerung, Technologieskepsis haben sich durchgesetzt. Der Zeitgeist-Sieg der Revolte behindert Deutschland
von Mathias Döpfner

Man war sich einig: Viel verändert haben die 68er nicht. In der deutschen Wirtschaft und in der Gesellschaft generell sei die Studentenbewegung weitgehend folgenlos geblieben, betonten bei dem Symposion der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte die meisten Redner. Ich fürchte, das Gegenteil ist richtig. Die 68er haben mehr verändert, als sie selbst für möglich gehalten hätten.


Der "Marsch durch die Institutionen", die "Umwertung aller Werte" waren ein voller Erfolg. Das Ergebnis ist eine bundesrepublikanische Nachkriegsgesellschaft, die seit Jahren im Begriff ist, sich vom "Wirtschaftswunderland" und "Motor Europas" zum Schlusslicht eines kontinentalen Reformstaus zu deklassieren. Mit anderen Worten: Bewegt haben die 68er viel, nur wenig zum Positiven.


Bezeichnenderweise fand die Vortragsveranstaltung "1968 und die deutschen Unternehmen" im Berliner Verlagshaus Axel Springer statt. Axel Springer war als Verlag und als Person Feindbild Nummer eins der Studentenbewegung. "Enteignet Springer" wurde zum Schlag-Wort, das Zeitungsboykott, Demonstrationen, Druckereiblockaden und Brandsätze bewirkte.


Und mit dem Kampfbegriff "Springerpresse", der phonetisch an Goebbels "Judenpresse" angelehnt war (spricht eigentlich jemand von Bertelsmannpresse oder Burdapresse?), wurde ein pejoratives Wort geprägt, das noch heute in aller Munde ist - auch bei vielen, die den Blättern des Hauses durchaus wohl gesonnen sind.


Auch einige Zeitungen von Axel Springer haben sich damals nicht mit Ruhm bekleckert. Im Zuge der wechselseitigen Eskalationen verschärfte sich die Tonlage insbesondere bei "Welt" und "Bild". Kommentare verließen die Regionen temperamentvoller Polemik und begaben sich auf das Terrain berechenbarer Feindbildpflege. Das schadete vor allem dem Verlag selbst. Manche liberale Intellektuelle, darunter leider einige der damals besten Autoren, verließen die Zeitungen. Linke Intellektuelle (und welche Intellektuelle waren nach 68 nicht links?) fanden es noch jahrzehntelang schick, die "Springerpresse" nicht zu lesen.


Dass ausgerechnet Axel Springer zum Lieblingsfeind der 68er, zum Sündenbock und größten gemeinsamen Nenner für alles Bekämpfenswerte avancierte, verwundert nicht, denn Springer stand für alles Wesentliche, was die Studentenbewegung nicht wollte: für Kapitalismus der Erhardschen Prägung und gegen planwirtschaftliche Alternativversuche, für ein starkes Israel und gegen palästinensische Alles-oder-nichts-Politik, für die Vision der Wiedervereinigung und gegen eine Idealisierung der DDR als sowjet-deutsche Alternative und schließlich für Berlin als starke Hauptstadt und gegen den Bonner Gerneklein-Provinzialismus.


Was daran für viele bis heute schwer zu verkraften ist: Springer hatte nicht nur mit seinen Blättern Erfolg, er behielt mit seinen gesellschaftspolitischen Visionen auch noch Recht. Berlin ist Hauptstadt, die Mauer ist weg, Planwirtschaften sind global kollabiert. Und wie richtig und wichtig auch die letzte Idée fixe, die Unterstützung der Lebensrechte des Staates Israel, also eine klare Position in der Friedensschicksalsfrage im Nahen Osten, für die Weltgemeinschaft ist, mag in diesen Tagen selbst dem letzten Skeptiker schwanen.


Die realpolitische Bilanz der 68er sieht dagegen ausgesprochen ärmlich aus. In nahezu allen gesellschaftlichen und weltpolitischen Fragen lagen sie falsch.

Karrieristisch, ideologie- und mentalitätsgeschichtlich aber war die Bewegung ein grandioser Erfolg. Die Errungenschaften sind nicht Resultate konkreter Ziele der 68er. Sie sind Ergebnis einer Mentalitätsveränderung, die über die Jahrzehnte ideologische Topoi zu einem seichten Mainstream verwässert hat. Bezeichnenderweise beziehen sich die Eckpunkte dieses Zeitgeists auf zum Teil selbst gewählte Negativbegriffe: Leistungs- und Elitenfeindlichkeit, Technologiefeindlichkeit, Kapitalismusfeindlichkeit - das ist es, was der Geist, der stets verneint, vor allem erreicht hat.


Auch erreicht - und dies ist eine fast uneingeschränkt positive Errungenschaft - hat die 68er-Generation eine tief sitzende Autoritätsskepsis. Die Studentenbewegung - obschon selbst bisweilen ausgesprochen autoritär - hat Deutschland dialektischer gemacht. Es wird infrage gestellt, nicht nur gehorcht. Und das ist Fortschritt.


Der kritische, fast alles Vergangene und Traditionelle als reaktionär geißelnde "esprit du mouvement" hatte eine unanfechtbare Quelle: das Trauma des Nationalsozialismus (weniger übrigens das Trauma des Holocaust, der erst in den achtziger Jahren in das breite Bewusstsein rückte). Aus diesem Trauma resultierte eine Autoritätsskepsis, die kritiklose Heldenverehrung, blinden Gehorsam und Führerfixierung als Deformationen entlarvte und damit - glücklicherweise - nachhaltig unmöglich gemacht hat. Doch wie bei fast jeder Gegenbewegung schlug auch hier das Pendel zu weit in die andere Richtung aus. Bisweilen scheint es, als seien nicht nur Führerkult und Autoritätshörigkeit diskreditiert worden, sondern Führung und Autorität an sich.


Hieraus ergeben sich in direkter Linie die drei großen Irrtümer der 68er-Bewegung: Leistungsfeindlichkeit, Technologiefeindlichkeit, Kapitalismusfeindlichkeit. Nach dem Motto: Wer Leistung sagt, meint den Leistungswahn des faschistischen Militärs, wer Elite sagt, meint das Elitebewusstsein der faschistischen Napola-Kaderschmieden, wer Technologie sagt, meint die Fortschrittsbesessenheit der faschistischen Autobahn- und Raketenbauer, wer Kapitalismus sagt, meint Hitlers willige Helfer der IG Farben.


Wer vom Faschismus redet, darf vom Kapitalismus nicht schweigen, hieß eine der Parolen der Studentenbewegung, die angetreten war, die moralische Schuld der Vätergeneration während des Dritten Reichs mit dem Pathos der moralischen Selbstüberhebung zu kurieren. Es entstand ein gesellschaftliches Gegenmodell zur leistungsbewussten, technologiefreundlichen sowie durch und durch kapitalistischen amerikanischen Gesellschaft. Dort die zukunftsfixierte, extrem dynamische Leistungsgesellschaft der Neuen Welt, hier ein in die Retrospektion der eigenen Vergangenheitsbewältigung versunkenes Old Europe.


Deutschland ist von diesem im doppelten Sinne antiamerikanischen Geist bis heute und heute mehr denn je geprägt. Was 1968 Avantgarde war, ist mittlerweile bis in den Wertekodex der kleinbürgerlichen Nachhut vorgedrungen. Der gute Deutsche findet, dass die Leistungsgesellschaft irgendwie kalt ist, dass man mit technologischen Errungenschaften - von Magnetschwebebahnen bis zur Gentechnik - besser nichts zu tun haben sollte und dass der Kapitalismus ein Raubtier ist, das dringend an die Kette gelegt werden muss. Auf diesen drei Kissen ruht das neudeutsche Gewissen. Und auf eben diesen Kissen verschlafen wir die Zukunft. Denn ein Land, dessen Gesellschaft vor Leistungsterror warnt, anstatt Leistungsehrgeiz zu fördern, ein Land, das bei neuen Technologien zunächst nach den Nachteilen und nicht nach den Chancen fragt, und ein Land, das marktwirtschaftlichen Wettbewerb für grausam hält, anstatt ihn gewinnen zu wollen, hat ein ernsthaftes Problem: Es wird auf die Dauer - edel, hilfreich und gut - zum Entwicklungsland

Marsch der Avantgarde ins Kleinbürgertum (3)

Tragisch daran ist: Viele 68er halten heute gar nicht mehr für richtig, was sie damals wollten. Mitunter sogar konvertitenhaft radikale Umkehr prägt manche Biografie. Und einige bemerkenswerte Karrieren: Die antielitären 68er bilden heute selbst die Elite. In Feinschmeckertempeln, Entertainmentbetrieben, Werbeagenturen, Schulen, Universitäten, Zeitungsredaktionen und vor allem in der Politik sind sie ganz oben angekommen. Angekommen in einer Welt, die weitgehend so geworden ist, wie die Revolutionäre es damals vorgaben, und die sie doch so vielleicht gar nicht mehr wollen. Die Diskrepanz zwischen dem moralischen Impetus des weltverbessernden Aufbruchs und dem Pragmatismus eines desillusionierten Arrangements ist beachtlich. Wehmütig blicken die Helden der Bewegung auf die wilde Vergangenheit und auf die milde Gegenwart. Otto Schily ist ein bemerkenswert bürgerlicher Innenminister, Joschka Fischer ein eindrucksvoll staatsmännischer Außenminister und Gerhard Schröder, der nie ein 68er gewesen sein will, aber 68er verteidigte, ist Kanzler. Zum Regieren brauche man in Deutschland nur drei Dinge, sagt er: ",Bild", ,Bild am Sonntag" und Glotze." Vielleicht braucht es bei allem Respekt vor "Bild" doch etwas mehr: weniger 68."


http://www.wams.de/data/2003/06/29/126097.html?s=1

Wo Nor-un Ostseewellen trecken an'n Strand,
Wo de geelsten Brambüsch bleuhn in't gröne Land,
Wo de Vagels fleegen ruug in't Stormgebrus-
Dor is mine Heemat, dor bün ick tohus!
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