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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 05.11.07, 11:39     Betreff: Re: Anarchistischer Feminismus




- Fortsetzung -



Wie sieht Sexualität im Kommunismus aus?

Wer dem Vorhergesagten zur Moral gefolgt ist, wird die Antwort schon erraten können: wir wissen es nicht. Und wir werden uns hüten, mit unserer kapitalistischen Sozialisation Hirngespinste zu entwickeln, was die Bedürfnisse eines kommunistischen Menschen sein werden. Würden wir dies tun, kämen entweder Absurditäten heraus (wir erinnern an Paradiesbilder der Zeugen Jehovas, auf denen die Menschen mit Tigern kuscheln) oder wir verhielten uns selbst wieder herrschaftlich (zumindest hätten wir einen Einfluß in dieser Frage) und wollten eine neue (oder alte?) Moral den Menschen in spe auferzwingen. Das wollen und werden wir nicht tun.

Sicherlich gibt es aber dennoch Aussagen, die wir über das Sexualleben im Kommunismus machen können.

Die Unterdrückung der Frau wird aufgehoben sein. Die Frau wird wieder ein gesellschaftliches Wesen sein. Die erzwungene Monogamie wird mit der Unterdrückung der Frau fallen. Ob dann alle Menschen polygam und polyam leben, wissen wir nicht. Wir können jedoch stark vermuten und sogar annehmen, dass die freiwillige Monogamie nicht die herrschende Form der zwischenmenschlichen geschlechtlichen Beziehungen sein wird, da sie menschheitsgeschichtliche nie wirklich existiert hat.

„Aber ihr Kommunisten wollt die Weibergemeinschaft einführen, schreit uns die ganze Bourgeoisie im Chor entgegen.

Der Bourgeois sieht in seiner Frau ein bloßes Produktionsinstrument. Er hört, daß die Produktionsinstrumente gemeinschaftlich ausgebeutet werden sollen, und kann sich natürlich nichts anderes denken, als daß das Los der Gemeinschaftlichkeit die Weiber gleichfalls treffen wird.
Er ahnt nicht, daß es sich eben darum handelt, die Stellung der Weiber als bloßer Produktionsinstrumente aufzuheben.

Übrigens ist nichts lächerlicher als das hochmoralische Entsetzen unserer Bourgois über die angebliche offizielle Weibergemeinschaft der Kommunisten. Die Kommunisten brauchen die Weibergemeinschaft nicht einzuführen, sie hat fast immer existiert.

Unsere Bourgeois, nicht zufrieden damit, daß ihnen die Weiber und Töchter ihrer Proletarier zur Verfügung stehen, von der offiziellen Prostitution gar nicht zu sprechen, finden ein Hauptvergnügen darin, ihre Ehefrauen wechselseitig zu verführen.

Die bürgerliche Ehe ist in Wirklichkeit die Gemeinschaft der Ehefrauen. Man könnte höchsten den Kommunisten vorwerfen, daß sie an die Stelle einer heuchlerisch versteckten eine offizielle, offenherzige Weibergemeinschaft einführen wollen. Es versteht sich übrigens von selbst, daß mit der Aufhebung der jetzigen Produktionsverhältnisse auch die aus ihnen hervorgehende Weibergemeinschaft, d.h. die offizielle und nichtoffizielle Prostitution, verschwindet.“ [Marx/Engel, Manifest...aaO, S. 434f.]

Dem können wir nur noch hinzufügen, dass wir selbstverständlich nicht nur die Frauen-, sondern auch die Männergemeinschaft einführen wollen.

Einen letzten Punkt (und dies ist nur die Reihenfolge, nicht die Priorität) wollen wir der homo-, trans- und bisexuellen Frage widmen. Es versteht sich von selbst, dass die menschlichen Bedürfnisse im Kommunismus ausgelebt werden können. Es ist auch zu vermuten, dass die Geschlechtlichkeit weit phantasiereicher ablaufen wird als wir das heute denken. Denn dass Streß und Sorgen lusthemmend sind, wird wohl jede/r bestätigen. Das gilt auch für die Offenheit im bürgerlichen Sinne außerkonventioneller Sexualität. Seit es Überlieferungen menschlicher Sexualität gibt, weiß man von den homo- und bisexuellen Bedürfnissen der Menschen. Es ist zu vermuten, dass eine Kategorisierung im Kommunismus nicht mehr im Vordergrund stehen wird. Denn das Individuum steht im Mittelpunkt gesellschaftlichen Interesses. Ob der Mensch Frau, Mann, homo-, bi-, trans- oder heterosexuelle Bedürfnisse hat, wird das Ermessen seiner eigenen Bedürfniswelt unterliegen.


Was ist Sexualität?

Sexualität wird definiert als Geschlechtlichkeit bzw. Geschlechtsleben. Damit ist dies weit mehr als der Geschlechtsverkehr als solcher, sondern umfaßt alles Handeln, was mit den geschlechtlichen Bedürfnissen zu tun hat.

Die Sexualität gehört zu den grundlegenden Bedürfnissen menschlicher Existenz. Wir wollen nicht bestreiten, dass es möglich ist, auch ohne Sexualität zu überleben. Davon zeugen die wenigen Beispiele gelebten Zölibats. Genauso ist es möglich, lange Zeit ohne Nahrung zu überleben.

Es ist aber unbestreitbar, dass ein befriedigendes Leben ohne Sexualität undenkbar ist. Es ist nachgewiesen, dass befriedigende Sexualität das Immunsystem steigert, dass sogar das Herzinfarktrisiko verringert wird. Wir befürworten die Sexualität. Wir kämpfen für eine Gesellschaftsordnung, in der jeder nach seinen Bedürfnissen leben kann. Denn der Kommunismus ist eine lustbejahende Weltanschauung.
In diesem Zusammenhang äußerte auch Lenin in einem Gespräch mit Clara Zetkin:

„Der Kommunismus soll nicht Askese bringen, sondern Lebensfreude, Lebenskraft, auch durch erfülltes Liebesleben.“
[zitiert nach: Wilhelm Reich, aaO, s. 71]


Zur sexuellen Sprache

Ob man nun von einer Tabuisierung der Sexualität ausgeht oder der Ansicht ist, die Diskurse über Sexualität haben zu einer Überthematisierung geführt – Fakt ist, dass der Umgang mit Sexualität nicht derart ist, wie man ihn mit anderen Verhaltensweisen und Bedürfnissen hat. So ist es unüblich, öffentlich zu äußern, dass man Lust auf Sex hat, während es zumindest annehmbarer scheint, Bedürfnisse nach Schlaf, Essen oder Trinken öffentlich zu äußern.

Ein weiterer Ausdruck der unterdrückten Sexualität sind die Begrifflichkeiten, die wir sprachlich zur Verfügung haben. Denn auch die Sprache ist natürlich Ausdruck der gesellschaftlichen Verhältnisse und spiegelt sie wieder.

„Die Sprache ist so alt wie das Bewußtsein – die Sprache ist das praktische, auch für andre Menschen existierende, also auch für mich selbst erst existierende Bewußtsein (...) Das Bewußtsein ist also von vornherein schon ein gesellschaftliches Produkt und bleibt es, solange überhaupt Menschen existieren.“ [Marx, Engels, Die deutsche Ideologie, ME AW in 6 Bänden, Bd. I, S. 221]

Konsequenterweise muss sich die Sprache auch im Wandel der Zeit verändern, quasi modernisieren. Sie bleibt aber als Überbau immer Ausdruck der sie repräsentierten gesellschaftlichen Verhältnisse.

Wenn also angeführt wird, wir würden zumindest in den hochindustrialisierten Ländern wie Deutschland eine befreite Sexualität haben, bleibt doch die Frage offen, warum es für alles Geschlechtliche entweder vulgäre oder medizinische Begriffe gibt. Offen bleibt natürlich hierbei die Frage, inwieweit die bürgerliche Moral Begriffe als vulgär bloß stigmatisiert. Dabei sind wir auch der Meinung, dass Wörter wie vulgär oder pervers grundsätzlich zu kritisieren sind. Denn wer legt fest, dass etwas verkehrt ist? Dies ist doch immer eine Frage der Sicht des Betrachters.

Hier ist auch zu beobachten, dass in der Arbeiterklasse ein weit offener sprachlicher Umgang mit Sexualität geübt wird als in bürgerlichen Kreisen.


(Fortsetzung folgt in Kürze)



Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!
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