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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 05.11.07, 11:53     Betreff: Re: Anarchistischer Feminismus




- Fortsetzung -




Sexualität und Arbeit

Die Rolle der bürgerlichen Sexualmoral, die ihre Unterdrückung bedeutet, ist untrennbar mit der bürgerlichen Arbeitsmoral verbunden, die ja Ausdruck und Umsetzung kapitalistischen Profitstrebens und seiner Maximierung ist. Das Geschlechtsleben der Menschen in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung wird mit solcher Strenge unterdrückt, weil es mit der Arbeitsordnung im Kapitalismus unvereinbar ist.

Gerade die Industrialisierung hat eine unglaubliche Veränderung der Arbeitsbedingungen hervorgerufen. Die Bäuerinnen und Bauern, die gewohnt waren, ihren Arbeitsalltag nach den Tages- und Jahreszeiten zu richten, wurden nun durch einen äußerst brutalen Akt an die Bedürfnisse der Industrie „gewöhnt“. Die 14-, 16-stündigen Arbeiten unter Tage, in Minen, Fabriken erforderten die komplette Unterwerfung menschlicher Bedürfnisse unter den Profit des Kapitals. Die Entfremdung der Arbeit, die einmal durch die fremdbestimmte Arbeit hervorgerufen wird, findet ihre Ergänzung in der bedürfnisfremden Arbeit. Es paßt nicht zur Profitmaximierung, wenn die Arbeiterinnen und Arbeiter essen, trinken, schlafen und sexuelle Befriedigung suchen, wenn sie ihr bedürfen. Der Arbeitsrhythmus im Kapitalismus gibt uns vor, wann wir unsere Bedürfnisse befriedigen dürfen und wann nicht. Dieses System allein führt natürlich schon zu einer Entfremdung von unseren eigenen Bedürfnissen.

So einfach die Erklärung scheint, wurde natürlich ein ganzer Ideologieapparat entstanden, um die Enthaltsamkeit herrschaftsfähig zu machen. Besonders die Reformation hat neue Gedankengerüste geschaffen, in der aller „Prasserei“ eine Absage erteilt wurde. Bis heute finden sich viele Mediziner und Ernährungswissenschaftler, die die Beschränkung der Bedürfnisse (egal ob es um Essen, Trinken, Sex oder Schlafen geht) als Fortschritt verkaufen.


Die Sexualität der Kinder

Und diese Ideologie wird uns natürlich von klein auf eingetrichtert. Spiel nicht mit Deinen Geschlechtsorganen rum, befriedige Dich nicht selbst, iß 3 mal am Tag und iß auf, schlaf um 7 und steh morgens früh auf etc. etc.

Als Ausfluß der schwarzen Pädagogik gilt der Erziehungsauftrag als Programm, um die Menschen systemkonform zu machen.

Die Problematisierung der Sexualität der Kinder setzt Michel Foucault [Der Wille zum Wissen, Sexualität und Wahrheit 1, suhrkamp taschenbuch, 1977] im 17. Jahrhundert an.

Wilhelm Reich (Einbruch der Sexualmoral) berichtet über Forschungen in Stämmen der Trobriander, in denen die Kinder in ihrer eigenen Welt lebten. Sie hatten eigene Schlafstätten, ihre eigenen Verhaltensregeln, eigene Werte und ihre eigene ununterdrückte Sexualität. Einen Erziehungsauftrag der Eltern gab es nicht. Eher nahmen die Eltern Eigenarten der Kinder belustigt war.

Mit der bürgerlichen Revolution erlangte der Erziehungsauftrag mit seiner schwarzen Pädagogik seinen offenkundigsten Höhepunkt. Dabei spielt auch die bürgerliche Familienordnung eine zentrale Ordnung. Sie institutionalisiert nämlich die Autorität der Eltern gegenüber den Kindern. Dies ist oft eine Willkürherrschaft, die die Unterordnung und Fremdbestimmung anerzieht. Diese Gewalt der Eltern wird am Stärksten über das Sexualleben der Kinder ausgedrückt. Mit den aufklärerischen und später bürgerlichen Wissenschaften wie Medizin, Pädagogik, Psychologie wurde herausgearbeitet, dass die Kinder nicht bei ihren Eltern schlafen sollen, und schon gar keine Ausübung der Sexualität mitbekommen sollen. Vielfältige Märchen über legitimieren die Unterdrückung der kindlichen Sexualität. In keiner Institution der bürgerlichen Gesellschaft tritt die autoritäre Unterjochung der Jugend so stark hervor, in keiner Institution beginnt diese Unterjochung so früh auf den kindlichen körperlichen und psychischen Organismus zu wirken wie gerade im Elternhaus.

Die sexuelle Einschüchterung und Verkrüppelung erzeugt autoritäre Angst in den Kindern wegen ihrer sexuellen Wünsche, Gedanken und Taten. Dies macht den Kern des Apparats aus, mit dessen Hilfe das Elternhaus die Jugend dem Kapital gefügig macht.


Unsere Haltung zur Prostitution

Mit Einführung der Monogamie kam die Prostitution auf. Sie ist die notwendige Kehrseite der erzwungenen Monogamie. [Vgl. unsere Broschüre, Zur Befreiung der Frau, 2002; Friedrich Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentum und des Staates]

Prostitution unterscheidet sich von „freiem“ Geschlechtsverkehr dadurch, dass die Frau ihren Körper direkt gegen materielle Güter verkauft. Sie macht den Verkauf ihres Körpers zum Gewerbe. Teilweise titt die Prostitution sogar an die Stelle des regelmäßigen Geschlechtsverkehrs, während die Frau nur noch als Kindergebärapparat benutzt wird oder zur Bewahrung der bürgerlichen Familienbilds.

Prostitution ist die Ergänzung der erzwungenen Monogamie und ihrer bürgerlichen Familienorganisation. Sie ist das institutionalisierte Mittel für die Männer, die es sich leisten können, ihre Bedürfnisse zumindest ansatzweise oder scheinbar zu befriedigen.

Für Männer hat die erzwungene Monogamie nie wirklich existiert. Für sie ist das Konstrukt auch nicht entstanden. Mit der Entwicklung der Produktivkräfte und daher auch mit dem gestiegenen Lebensstandard auch der Arbeiterklasse ist die Prostitution in einem unermeßlichen Umfang gestiegen. Das Bedürfnis ist auch gestiegen, da die Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse die Familien zerrüttet, den Streß steigert und die Prostitution dann bei vorhanden materiellen Möglichkeiten eine Möglichkeit bietet, seine Bedürfnisse ansatzweise zu befriedigen.

Um ein Beispiel zu nennen: Nach einer Internetumfrage geben 34% an, 11-50 Mal Sex gekauft zu haben, 14% sogar 101-500 Mal, 93% haben sich schon mehrmals Sex gekauft und 2% sogar mehr als 500 Mal
In Deutschland gibt es offiziell ca. 400.000 berufsmäßige Prostituierte, die noch durch Gelegenheitsprostituierte ergänzt werden. Allein in der Bundesrepublik Deutschland wird der jährliche Umsatz mit der Prostitution auf über 5 Milliarden Euro geschätzt. Der Gesamtumsatz der Sexindustrie, also der von Prostituierten, sowie Bars, Clubs, Pornofilmen, Pornomagazinen usw. dürfte erheblich höher liegen. [vgl. Judith Mackay, Der Fischer Atlas, Sexualität, S. 66]

Wie stehen wir Kommunisten zur Prostitution? Es ist ein Thema, das weitgehend ausgespart wird. Wir sind der Meinung, es ist die natürliche Kehrseite der erzwungenen Monogamie. Auch in der kommunistischen Bewegung wird nicht selten die Doppelmoral gelebt, wird Prostitution MORALISCH abgelehnt.

Natürlich, wir Kommunistinnen und Kommunisten lehnen die Prostitution ab, weil wir die Ausbeutung der Menschen durch den Menschen ablehnen. Für uns ist die Prostitution qualitativ nichts anderes als andere kapitalistische Ausbeutung durch Lohnarbeit. Aber genauso lehnen wie die erzwungene Monogamie ab, die durch die bürgerliche Ehe institutionalisiert ist. Aber den Männern moralisch vorzuwerfen, ihre Sexualität durch die vorgegebenen Formen auszuleben, das tun wir nicht. Das ist die gelebte Doppelmoral, die durch die herrschende Moral propagiert wird. Die Prostitution ist eine notwendige Institution im Kapitalismus.

Durch die bürgerliche Familienordnung sind die Menschen gezwungen, ihre Sexualität und intimsten Bedürfnisse den moralischen Vorstellungen der Herrschenden zu unterwerfen. Die Männer können zum Teil diese Tabuisierung und Hemmung ihrer sexuellen Bedürfnisse durch Ventile wie die Prostitution zumindest scheinbar entkommen.

Davon strikt zu trennen ist selbstverständlich der Frauenhandel. Hier besteht eindeutig ein qualitativer Unterschied zur kapitalistischen Lohnarbeit. Der Frauenhandel ist die Sklaverei. Ebenso zu bewerten ist die Prostitution zu Hungerlöhnen, in denen die Frauen ihren Zuhältern quasi Eigentum sind.


(Fortsetzung demnächst)



Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!
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