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zarathustra


New PostErstellt: 17.01.09, 13:14     Betreff: Re: Anarchistischer Feminismus

„... Dabei ist die Frage der sexuellen Befreiung ein wesentlicher Bestandteil der Frage der Befreiung der Frau, die wiederum notwendig für unsere soziale Befreiung ist.“
– ich würde das ergänzen: Die sexuelle Befreiung des Menschen ist notwendig für die soziale Befreiung der ganzen Gesellschaft! Das fängt nicht bei der Frau an, die natürlich durch patriarchale Unterdrückung unfrei ist; das fängt eben bei dem Menschen an sich an, denn die sexuelle Emanzipation des Menschen (auch Männer sind in gewissen Rollen gefangen) schafft in logischer Konsequenz auch alle patriarchalen Strukturen ab. Es geht hier um einen Kampf, den Männer und Frauen gemeinsam auszufechten haben. Um es deutlicher auszudrücken, das Beharren auf dem Unterschied von Mann und Frau und demzufolge unterschiedlichen Befreiungskämpfen, führt die Ungleichheit zwischen Mann und Frau nur fort und ermöglicht damit eben immer noch die gleichen Unterdrückunsmuster. Wir müssen uns einfach mehr als Menschen, denn als Mann oder Frau begreifen.

Erst zitierst du Marx: „Der Kommunismus aber schafft die ewigen Wahrheiten ab, er schafft die Religion ab, die Moral, statt sie neu zu gestalten, er widerspricht also allen bisherigen geschichtlichen Entwicklungen.“ und sagst dann: „Im Sozialismus, der Diktatur des Proletariats als Übergangsgesellschaft, ist eine sozialistische Moral natürlich nicht ausgeschlossen.“
der Kommunismus schließt eben doch eine sozialistische Moral aus, denn eine solche wäre nur eine Neugestaltung der gängigen Moral, hinter der noch immer die gleichen Prinzipien wirken. (wurde das göttliche Prinzip abgeschafft, indem sich der Mensch einfach nur an den Platz Gottes gesetzt hat, ohne den Platz Gottes selbst abzuschaffen?)

Zu dem Zitat von Wilhelm Reich: „|...| Man wird nun einwenden, es sei ein großer Unterschied, zwischen proletarischen und bürgerlichen Familien. |...| Wir müssen erst fragen, in welcher Hinsicht die proletarischen Familie proletarisch und in welcher sie gut bürgerlich ist. |...| Haben wir uns von der bürgerlichen Eigentumsideologie freigemacht? Ja, weitgehend, weil in den Besitzverhältnissen ein scharfer Unterschied ist zwischen Bürger- und Arbeiterfamilien.“
diese Betrachtungsweise ist veraltet und teilweise sogar falsch. Zum einen wüsste ich gerne mal wo nun heutzutage genau der Unterschied zwischen bürgerlichen und proletarischen Familien, bzw. einer bürgerlichen und proletarischen Klasse sein soll? In meiner Wahrnehmung sind diese beiden Klassen zu einer verschmolzen. Und zeig mir bitte den Menschen, der frei von bürgerlicher Eigentumsideologie ist... ersetze einfach jedes mal die Unterscheidungen von Bürgertum und Proletariat mit dem Wort Mensch und der Kern der Sache, kommt viel deutlicher ans Licht: der Mensch, der in der heutigen kapitalistischen Gesellschaft lebt, ist bis ins Mark geprägt von Eigentumsideologie, Religiösen/moralischen Werten, einer gewissen Auffassung von Familie/Beziehung und einer dementsprechenden unterdrückenden Sexualmoral. Das steckt in allen Menschen, also auch in Kommunisten und Anarchisten, die sich beide gleich schwer tun diese gesellschaftlich produzierte Sexualmoral zu überwinden, was hier zum Beispiel in dem Thread zur „wahren Beziehung“ ganz deutlich wird, in dem merkwürdigerweise niemand widersprochen hat (der gehört eigentlich fast schon in den Satire Thread).

„Aufgrund der Verankerung der bürgerlichen Sexualmoral ist erklärlich, dass bis heute in der kommunistischen Bewegung Positionen Bestand haben können, die ganz im Widerspruch zu unserer sonstigen zukunftsgewandten Einstellung stehen. So gibt es die Position, die Ehe zwischen Revolutionären sei eine revolutionäre Ehe; oder die Monogamie sei legitim, wenn sie beiderseits gelebt wird und das sogenannte Fremdgehen sei Ausdruck der Unterdrückung der Frau; die „wahre Liebe“ (im Sinne von einer/m PartnerIn, die man nur finden müsse) wäre etwas, was wir für alle Menschen anstreben; oder auch die Position, dass die Liebe fester Bestandteil der Sexualität sein müsse bis hin zu der Einstellung, Homosexualität sei pathologisch usw. usf.“
da hast du meine volle Zustimmung, außer dass ich anstelle von „kommunistische Bewegung“ die Bezeichnung „die (radikale) Linke“ setzen würde, da gibt’s nämlich noch mehr außer Kommunisten...


„Das Geschlechtsleben der Menschen in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung wird mit solcher Strenge unterdrückt, weil es mit der Arbeitsordnung im Kapitalismus unvereinbar ist |...| die komplette Unterwerfung menschlicher Bedürfnisse unter den Profit des Kapitals |...| Der Arbeitsrhythmus im Kapitalismus gibt uns vor, wann wir unsere Bedürfnisse befriedigen dürfen und wann nicht.“
Da hat sich einiges gewandelt. Wie viele tausend Ratgeber gibt es zur sexuellen Befriedigung, oder zur richtigen Beziehung usw.? Wie Guy Debord in „die Gesellschaft des Spektakels“ oder Adorno in „die Dialektik der Aufklärung“ festgestellt haben, haben Beziehungen und Sexualität heute in erster Linie die Funktion eine Regenerationsmaschinerie zu sein, denn ein erholter Arbeiter ist ein besserer Arbeiter. Das gilt natürlich für die ganze Kulturindustrie selbst. Da wurde also ein Stück weit Platz gemacht. Letzten Endes gibt der Arbeitsrhythmus eben nur die Zeit vor, in der man seine sexuellen Bedürfnisse ausleben kann, mehr nicht! Den Rest übernimmt die Kulturindustrie... diese liberalisiert sich zumindest, da sie sämtliche revolutionären Positionen assimiliert und in einen unüberschaubaren Brei integriert, so dass die Schärfe revolutionärer Kritik genommen wird. Was ich meine ist, man kann sich so ziemlich jede Information beschaffen, die man will und in seinem privatem Kämmerlein kann man ungeniert allem nachgehen worauf man Lust hat. Es gibt ja durchaus auch Berichte Dokus usw. die ohne Vorwurf von selbstbewusster Sexualität von Frauen berichten, oder von homosexuellen, das ist inzwischen immer weniger anstößig. Ich sag nur Klaus Wowereit, Alfred Biolek usw. Je mehr es die älteren Generationen dahinrafft desto offener wird die ganze Sache scheinbar... (das ist aber ne Steilthese von mir, da lass ich mich auch gerne berichtigen)

„Mit Einführung der Monogamie kam die Prostitution auf.“ – das stimmt so nicht würde ich sagen, es heißt schließlich nicht umsonst, Prostitution sei das älteste Gewerbe der Welt. Prostitution hat definitiv auch immer in Zeiten und in Gesellschaften gegeben, die keine Monogamie praktizierten.

„Prostitution ist die Ergänzung der erzwungenen Monogamie und ihrer bürgerlichen Familienorganisation. Sie ist das institutionalisierte Mittel für die Männer, die es sich leisten können, ihre Bedürfnisse zumindest ansatzweise oder scheinbar zu befriedigen.“ – es gibt also keine Frauen, die von Prostitution gebrauch machen? (aber unbestritten ist natürlich, dass Prostitution überwiegend von Männern genutzt wird, ich will nur noch ergänzen, dass es auch Männerstriche gibt, dass sic also nicht nur Frauen prostituieren...

„Für Männer hat die erzwungene Monogamie nie wirklich existiert“ – das stimmt, aber sie existierte trotzdem auch für viele selbstbewußte Frauen nicht. Es gab da mal ne Studie in der GEO bei der rauskam, dass auch 70% der Frauen fremdgehen oder schonmal fremdgegangen sind. Wenn man vom heutigen Stand ausgeht, muss man feststellen, dass es vor allem auch in den jüngeren Generationen immer mehr offene Beziehungen gibt. Das Gegenstück in den jüngeren Generation ist aber tatsächlich die Gegenseitigkeit was die Monogamie angeht. Der Bruch der Monogamie ist ja inzwischen wohl auch der Hauptgrund, an dem die ganzen Zweierbeziehungen scheitern. (wiederum ne These von mir) Es trennen sich ja auch Frauen gerne mal von ihren Mackern.

„Die Prostitution ist eine notwendige Institution im Kapitalismus“ – sie ist aber auch im Kommunismus denkbar oder in irgendeiner Form von Anarchie!

„Die Männer können zum Teil diese Tabuisierung und Hemmung ihrer sexuellen Bedürfnisse durch Ventile wie die Prostitution zumindest scheinbar entkommen“ – das können Frauen aber auch! Und nochmal, im privaten Kämmerlein können dennoch sämtliche Perversionen ausgelebt werden, man muss nur die richtigen Menschen treffen, was durch Internet usw nicht mehr sonderlich schwer ist...

„Dem können wir nur noch hinzufügen, dass wir selbstverständlich nicht nur die Frauen-, sondern auch die Männergemeinschaft einführen wollen.“ – Also ich will eine Menschengemeinschaft, scheiß auf Gender!

„Die bürgerliche Sexualmoral ist die wesentliche Stütze der Unterdrückung der Frau in dieser Gesellschaftsordnung. Der Kampf für die sexuelle Befreiung ist damit ein wichtiger Bestandteil im Kampf um die Befreiung der Frau und diese ist wiederum eine wichtige und notwendige Voraussetzung für den erfolgreichen Kampf für den Sozialismus.“ – das klingt eigentlich gar nicht mehr so revulutionär, eher reformistisch, so in kleinen Schritten zum Sozialismus kommen und so... auch hier kann ich nur Wiederholen, dass das eigentliche Problem in der Genderkonstruktion steckt. Es gibt rein Biologisch 6 Indikatoren die das Geschlecht definieren und von diesen 6 Indikatoren gibt es wiederum mehrere Varianten, damit kann man nach dem heutigen Wissensstand über 100 verschiedene Geschlechter konstatieren! Wo ist der Unterschied, ob ich meinen Penis in den Po einer Frau stecke oder in den eines Mannes? Wo ist der unterschied ob ich meinen Penis in den Mund einer Frau oder eines Mannes stecke? Oder ob ich einen Penis in den Mund nehme oder ne Klitoris usw.?

„Wir Frauen sind weit stärkerem moralischem Druck als die Männer unterworfen. Denn für uns ist die erzwungene Monogamie schließlich entstanden. Gehen wir sogenannt fremd, lassen uns scheiden, sind wir großem sozialem und moralischem Druck ausgesetzt. Was bei Männern Recht ist, ist bei den Frauen Unrecht, Unmoralität und Verbrechen.“ – auch das wandelt sich. Wenn eine Frau eine Beziehung beendet oder sich scheiden läßt, weil ihr Mann fremdgegangen ist, wird sie nicht mehr so merkwürdig angeschaut, wie früher.

Insgesamt fällt mir negativ auf, dass du die Rolle der Frau hervorhebst (aber heißt ja auch Feminismus) und die Befreiung der Gesellschaft scheinbar einzig und allein von der Befreiung der Frau abhängig machst. Ich habe hier oft von Wandel gesprochen und da ist natürlich nicht zu bestreiten, dass dieser Wandel erst durch den feministischen Kampf ermöglicht wurde. In diesem Sinne ist Feminismus durchaus berechtigt. Aber wie gesagt, das eigentliche Problem liegt in der Konstruktion des sozialen Geschlechts und da fällt Feminismus als revolutionäre Bewegung hinter die Anti-Gender Bewegung zurück und erscheint fast schon reformistisch und überholt. Es geht mir klipp und klar darum Feminismus als reaktionär zu entlarven, weil er eben nicht an den Grundfesten der Gesellschaft rüttelt, sondern lediglich Erscheinungsformen kritisiert und in gewisser Weise verkürzte Denkmuster verwendet. Es geht schließlich um Menschen, nicht um Mann oder Frau! Wir leben zwar in einer Gesellschaft, die auf der Konstruktion der sozialen Geschlechter Mann und Frau aufbaut, aber gerade darum gilt es diese Konstrukte an sich anzugreifen und das macht der Feminismus nicht...

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