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Gast
New PostErstellt: 10.03.04, 16:16     Betreff: Re: Wer zweifelt heute noch an diesen Worten Michael Bakunins ?

Hallo, Ihr Beiden!

Ich möchte mit diesem Beitrag dort weiter fahren, wo die Diskussion jetzt stehen geblieben ist, nachdem Bjk sich im Wesetnlichen, - und wie ich meine auch sehr anschaulich und kompetent - mit Udo´s Frage Nr. 1) und real installierten Demokratien auseinandersetzte.

Zitat Udo:
Und dieser Lackmustest sieht keinen Blutrabatt dafür vor, daß dem Revolutionär die Gewalt womöglich nur von der Gegenseite aufgezwungen wird und er selbst reinsten Herzens sein MG tuckern läßt

Die "Gegenseite",
...wer ist das für Dich?
...sind das "die im Licht und die andern sieht man nicht"?
hat nicht "womöglich nur" dem anarchistischen Revolutionär die Gewalt aufgezwungen, sondern ihn dazu herausgefordert, genötigt, erpresst,
...Ursache-Wirkung beachten!
Aber darauf ist Bjk schon eingegangen und ich habe mit dem Bibel-Zitat "von den beiden Backen " dagegen Stellung bezogen.

Zum "Gewehr Tuckern" ist mir Antonio Negri in den Sinn gekommen.
Bjk, möge es mir verzeihen, wenn ich es nun wie urania halte, und den letzten Artikel aus "Empire" beider Anarchisten und Kommunisten, Negri und Hardt , hier in voller Länge abschreibe.

Dieser Artikel artikuliert viel besser als ich es jemals auch nur annähernd ausdrücken könnte, wie Anarchisten und letztlich auch Kommunisten die Philosophie der Herrschaftsfreiheit unter Berücksichtigung der bestehenden, aktuellen politischen Kräfteverhältnisse weiterentwickelt haben und welchen Stellenwert heute "Gewalt" und "Militanz" einnehmen können/sollten!

MILITANT

Im zeitalter der Postmoderne, in dem sich die Gestalt des Volkes auflöst, ist der Militante wohl derjenige, der das Leben der Menge am besten zum Ausdruck bringt: der akteur biopolitischer Produktion und des Widerstands gegen das Empire.
Wenn wir vom Militanten sprechen, denken wir keineswegs an etwas wie den traurigen, asketischen Vertreter der Dritten Internationale, der tief durchdrungen war von sowjetischer Staatsräson, ähnlich wie bei den Rittern der Sozietas Jesu, die den Willen des Papstes in ihrem Inneren trugen.
Wir haben nichts dergleichen vor Augen und niemanden, der auf der Grundlage von Pflicht und Disziplin handelt, der behauptet, seine Handlungen leiteten sich aus einem idealen Plan her.
Im Gegenteil, wir beziehen uns hier eher auf die Kommunisten und die Befreiungskämpfer in den Revolutionen des 20.Jahrhunderts, auf die Intellektuellen, die im Zuge des Kampfes gegen den Fschismus verfolgt und außer Landes gejagt worden sind, auf die Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg und auf die europäischen Widerstandsbewegungen, auf die Freiheitskämpfer in allen antikolonialistischen und antiimperialistischen Kriegen.
Ein Prototyp dieser revolutionären Gestalt ist der militante Agitator der "Industrial workers of the World" (IWW). Der Wobbly
[Um Mißverständnisse auszuschalten hier Einschub Baba: so wurde der IWW, also der Chicagoer Gewerkschaftsbund von 1905 genannt, - es handelt sich also nicht um irgend ein Comic oder einen Kaugummi]
richtete Vereinigungen von arbeitenden Menschen "von unten" her ein, durch beharrliche Agitation und indem er diese Vereinigungen organisierte, bahnte er utopischem Denken und revolutionärer Erkenntnis den Weg [Einschub Baba an Udo: widerspricht natürlich der christlichen Sittenmoral, oder?].
Der Militante war der wichtigste Akteur auf dem "langen Marsch" der Arbeiteremanzipation vom 19. ins 20. Jahrhundert, er war die kreative Singularität dieser gigantischen, kollektiven Bewegung, die der kampf der Arbeiterklasse darstellte.

In diesem langen Zeitraum bestand die Tätigkeit des Militanten in erster Linie darin, in der Fabrik und in der Gesellschaft praktischen Widerstand gegen die kapitalistische Ausbeutung zu leisten. Sie bestand zudem, und über den Widerstand hinaus, in der kollektiven Errichtung und Ausübung einer Gegenmacht, die in der lage sein sollte, die Macht des Kapitalismus zu destrukturieren und ihr ein alternatives REgierungsprogramm entgegensetzen.
Der Miltante organisierte den Kampf in Opposition zum Zynismus des Bürgertums, zur monetären Entfremdung, zur Enteignung des Lebens, zur Ausbeutung von Arbeit, zur Kolonisierung der Affekte usw.
Dieser Militante wurde in der tragischen Geschichte kommunistischer Kämpfer wiederholt zum Märtyrer.
Manchmal, aber nicht zu oft, reichten für die repressiven Aufgaben aus, die nötig waren, um die Gegenmacht zu zerstören. Wenn sie jedoch nicht genügten, durften die Fschisten und die weißen Garden des Staatsterrors (oder genauer: die schwarze Mafia im Dienste des "demokratischen Kapitalismus") gerne dabei helfen, die legalen Unterdrückungsstrukturen mit Nachdruck zu versehen. [Einschub Baba: Nach vier Jahren in Sondergefängnissen wurde er 1983 als gewählter Parlamentsabgeordneter aus der Haft entlassen. Einer drohenden neuerlichen Festnahme entzog er sich durch die Flucht nach Frankreich. Im Gefängnis und im Exil in Paris arbeitete er in zahlreichen Schriften seine Kritik der herrschenden Politik weiter aus. 1997 Rückkehr nach Italien und erneute Verhaftung. Negri lebt heute, auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen, in Rom.]

Heute, nach so vielen Siegen des Kapitalismus, nach so vielen desillusionierten sozialistischen Hoffnungen und nachdem die kapitalistische Gewalt gegen Arbeiter unter dem Namen des Ultra-Liberalismus gefestigt zu sein scheint
- warum kommt es dennoch immer wieder zu Beispielen für Militanz, warum haben sich die widerstände vertieft und warum taucht der Kampf immer wieder mit neuer Kraft auf?
Wir sollten gleich vorweg darauf hinweisen, dass diese neue Militanz nicht einfach die organisationsformeln der alten revolutionären Arbeiterklasse wiederholt. Heute kann der Militante nicht mehr für sich in Anspruch nehmen, repräsentativ zu handeln, nicht einmal für die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse der Ausgebeuteten.
Revolutionäre politische Militanz muss heute im Gegenteil das wiederentdecken, was schon seit jeher die ihr eigene Form war:
nicht repräsentative, sondern konstitutierende Tätigkeit
Militanz ist heute eine positive, konstruktive und innovtive Tätigkeit. In dieser Form erkennen wir und alle, die gegen die Herrschaft des Kapitals aufbegehren, sich als Militante.
Miltante leisten kreativen Widerstand gegen die imperiale Befehlsgewalt [Einschub Baba: Das war immer auch das Ziel des WAA-Widerstandes, des Widerstandes gegen die Atom-Mafia, gegen Nachrüstung und gegen die bundesdeutsche Aufrüstung und Machtpolitik]. Anders ausgedrückt: Widerstand ist unmittelbar mit einer konstitutiven Investition im biopolitischen Bereich und zur Formierung eines kooperativen Apparates in Produktion und Gemeinschaft verbunden.
Darin liegt die bedeutsamste Neuerung heutiger Militanz:
Sie greift die tugenden aufrührerischen Handelns aus zwei Jahrhunderten subversiver Erfahrung auf, ist aber gleichzeitig an eine neue Welt geknüpft, eine Welt, die kein Außen mehr kennt. Sie kennt nur noch ein Innen, eine lebendige und unvermeidliche Beteiligung an den gesellschaftlichen Strukturen, die sich nicht mehr transzendentieren lassen.
Dieses Innen ist eine produktive Kooperation der Massenintelligenz und affektiver Netzwerke, die Produktivität postmoderner Biopolitik.
Diese Militanz verwandelt Widerstand in Gegenmacht und Rebellion in ein Projekt der Liebe.......
[Einschub Baba: Der Artikel endet mit einem Beispiel zum vorher Ausgeführten und mit Bezug auf den christlichen Heiligen Franz von Assisi, - bei Interesse werde ich den Schluß gerne einstellen, auch wenn keine weiteren prinzipiellen Aussagen darin gemacht werden ]

In diesem Sinne:
Gestern war bei uns der Kaminkehrer, auch Schlotfeger genannt.
Ich hatte "small talk" mit ihm und erkundigte mich nach den neuesten Auswirkungen des Wegfalls des Meisterprinzip und über die noch bestehenden "Zunft-Relikte".
Er war da nicht sonderlich mitteilsam, - ist er eigentlich sonst auch nicht -, aber im Laufe der Jahre war mir klar, daß er ein konservatives Leitbild pflegt.
Dann, bevor er mir einen schönen Tag wünschte und den üblichen Gang in den Hof zu den Mülltonnen antrat, um den Ruß aus seiner Kanne dort zu deponieren, drehte er sich nochmals um sah mich fest an und stellte zwei spontane Fragen:
a) "Was kann man überhaupt noch dagegen tun, daß wir so abkassiert und ausgenommen werden?"
b) "Wo kann man gegen dieses Unrecht demonstrieren?"

Ich schluckte und er meinte "Sie kennen sich doch da besser aus"!
Da erzählte ich ihm, daß am 3.4.04 in Berlin, Köln und Stuttgart Großdemos gegen gegen Sozial-, Bildungs- und Lohnabbau stattfinden würden und daß dies eine wichtige Gelegenheit sei den Herrschaften in Mores zu lehren.

Er nickte und ich hoffe, er meldet sich nochmals zurück, wenn er das "verdaut" hat, um Termine und evtl. Mitfahrgelegenheit zu erkundigen!

Gruß
Baba Yaga


[editiert: 10.03.04, 16:26 von Baba Yaga]
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