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Das staatliche Gewaltmonopol hat zugeschlagen - aber wieeee!

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Baba Yaga


New PostErstellt: 23.02.04, 15:51  Betreff: Das staatliche Gewaltmonopol hat zugeschlagen - aber wieeee!  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Hier der Bericht über einen besonders erfolgreichen Einsatz unserer militärischen Gesetzeshüter:
Das läßt die Herzen all jener wieder höher schlagen, die nicht genug "Sicherheit" und "Schutz vor bösen Buben" bekommen können:

SPIEGEL ONLINE - 20. Februar 2004, 9:58
URL: http://www.spiegel.de/unispiegel/geld/0,1518,286921,00.html

Student unter Hochspannung


"Sie haben der Deutschen Bahn Strom entwendet"

Ein Trierer Student zog am Kasseler Bahnhof Saft für seinen Laptop aus der Steckdose - und den Ärger des Bundesgrenzschutzes auf sich.
Die Polizei ermittelte wegen "verbotener Stromentnahme". Der Schaden: weniger als ein Cent. AP

Studenten mit Klapprechnern: Ohne Strom nix los

Jan Michael Ihl hatte am 20. November letzten Jahres ein denkwürdiges Erlebnis, und das dicke Ende kam nach. Als der 23-jährige Student aus Trier am Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe ankam, war es schon spät: Um halb zwölf entstieg er mit seinem orange-blauen Trekkingrucksack dem ICE aus Frankfurt. Ihl war zu einer Tagung angemeldet und sehnte sich nach seinem Bett im Tagungshaus in Kassel-Niederkaufungen.
Auf dem Weg zur Straßenbahn fiel ihm ein, dass er die Zieladresse in seinem Laptop gespeichert hatte - nur war der Akku dummerweise leer. Die Rettung war in der Nähe des verwaisten Informationsschalters um eine Säule gewickelt: ein Verlängerungskabel samt frei zugänglicher Steckdose. Ihl stöpselte sein Gerät ein, fand flugs die ersehnte Adresse und machte sich auf den Weg zur Straßenbahn.

Bahnsinns-Einsatz in der Straßenbahn

Die erreichte er auch, sah sich aber kurz vor Abfahrt von drei uniformierten Beamten des Bundesgrenzschutzes umringt. Die Grenzschützer befahlen ihm, die Straßenbahn wieder zu verlassen: Er sei vorläufig festgenommen, weil er einen Rucksack gestohlen habe. Ihl wies das Gepäckstück als sein Eigentum aus, ebenso wie - inzwischen auf der BGS-Wache - sein Apple-Notebook und das passende Netzteil. DPA

Bhf, ICE, MfG vom BGS: "Verbotene Stromentnahme"

Die Beamten erklärten, sie hätten beobachtet, wie Ihl mit dem Rucksack an der Steckdose stand, sich immer wieder umdrehte und schließlich weglief.
Seine Erklärung: Er musste die Straßenbahn erwischen.

(Aber was so ein echter BGSler ist, der gibt nicht auf, die Erfolgsstatistik muß gefüttert werden - Einschub Baba)

"Sie haben der Deutschen Bahn Strom entwendet. Wir müssen ihre Personalien aufnehmen", konterten die Grenzschützer laut Ihl.
Nach einer halben Stunde konnte der Student die Wache verlassen, die letzte Straßenbahn war inzwischen abgefahren.
Ihl bezahlte 19 Euro für ein Taxi zum Tagungshaus, verfasste verärgert noch in der Nacht ein Gedächtnisprotokoll und hielt die ganze Sache damit für abgeschlossen.

Mitte Januar flatterte dem Selbstversorger jedoch ein Schreiben der Bundesgrenzschutzinspektion Kassel auf den Küchentisch: Es laufe ein Ermittlungsverfahren gegen ihn, nach § 242 und § 248c StGB wegen Diebstahl und "Entziehung elektrischer Energie (verbotene Stromentnahme)".

"Zwingend gebotenes Ermittlungsverfahren"?

"Der Polizist ist angehalten, Straftaten aufzuklären", erklärt der Pressesprecher des Bundesgrenzamtes in Frankfurt auf Nachfrage.
"Vielleicht hat ein Mitarbeiter da wirklich etwas ganz Gravierendes dahinter vermutet."
Bei der Bundesgrenzschutzinspektion in Kassel heißt es, der Kollege habe nur seine Pflicht getan und nach der Feststellung der Straftat das "zwingend gebotene Ermittlungsverfahren" eingeleitet.

(Da wiehert der Bürokratismus um seine Berechtigung und das staatliche Gewaltmonopol um seine "Reputation" - schööööööööön! - Einschub Baba)

Unterdessen betont die Deutsche Bahn, dass es auf Bahnhöfen normalerweise keine öffentlich zugänglichen Steckdosen gebe, sondern nur im Erste-Klasse-Bereich der DB-Lounges und in modernen Zügen.
Ihl sagt aber, sein Zug, ein ICE der ersten Generation, sei nicht mit solchen Tankstellen für Klapprechner ausgestattet gewesen.

(Das kann ich bestätigen, hatte gestern auch keinen Stromanschluß im ICE Hamburg-Westbahnhof Wien!!!! - Einschub Baba)

Inzwischen ist die Ermittlung abgeschlossen, der Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft. Sie muss entscheiden, ob das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt werden soll oder nicht.

(das wird sie auch, - Bußgeldbescheid von 15 Tagessätzen zu je 25€ - das ist so die Norm,
...statt den hirnlosen Bütteln ihre Dummheit und ihre Unverhältnismäßigkeit vorzuhalten - Einschub Baba)


Ihl, zufälligerweise auch Energie-Spezialist bei der Umweltorganisation Greenpeace, rechnete derweil schon einmal den von ihm verursachten Schaden aus.
Das Netzteil seines iBooks nimmt 100 Watt Leistung auf, die Deutsche Bahn bezahlt für den Saft höchstens 15 Cent -
"dafür kriegt man 1-A-Ökostrom" - pro Kilowattstunde.
Ergebnis unter dem Strich:
"Ich habe Strom im Wert von weniger als einem Cent gestohlen."

(na, dann Bravo - Einschub Baba)

Von Jan Friedmann

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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 24.02.04, 10:44  Betreff:  Re: Das staatliche Gewaltmonopol hat zugeschlagen - aber wieeee!  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://de.indymedia.org/2004/02/75514.shtml



Prozess zur "Sicherheitskonferenz" 2003

von Der Angeklagte - 24.02.2004 02:56

Letzten Mittwoch ging ein Prozess in München zuende, bei dem der Angeklagte auf 600 Euro Strafe verhängt wurde weil er angeblich 3 BGS-Polizisten des BGS als Terroristen, Arschlöcher und Spinner beleidgt haben soll. Ebenfalls wurde von den Polizisten im Protokoll vermerkt, daß einem von ihnen, vom Angeklagten mit Vorsatz an die Dienstwaffe gegriffen wurde. Da vom Angeklagten der zur Zeit erwerbslos ist aus Kostengründen nur Einspruch gegen den in Abwesenheit wegen Krankheit verhängten Strafbefehl eingelegt wurde, war es dem Angeklagten ebenso aus dem Grund von übermäßigen Kosten und fehlenden Zeugen nicht möglich die Sache aus seiner Sicht zu beleuchten und Strafanzeige zu stellen. Vor Gericht nahm der Angeklagte seine Chance dennoch war und verlaß ein 20 minütiges Schlußplädoyer. Aus Kostengründen erschien ebenso kein Verteidiger vor Gericht sondern der Beschuldigte erschien selbst mit STGB und Grundgesetzbuch. Beinahe wäre dem Angeklagten verwehrt geblieben zum Vorfall Stellung zu beziehen, da ihn der Richter darauf hinwies, das das Urteil schon gefällt sei und die Sichtweise des Angeklagten ebenso in 5-10 sätzen zu schildern sei. Der Angeklagte erklärte jedoch, daß er eine komplett andere Auffassung des erlebten Vorfalls hatte und fing an zu lesen:



Gedächtnisprotokoll und Gedankengänge zu einem Strafverfahren anläßlich der Sicherheitskonferenz 2003:


Ich möchte hiermit Stellung zum gegen mich laufendem Strafverfahren nehmen da ich mich bis jetzt noch nicht zum vorgeworfenen Tatbestand geäußert habe und den von mir verfassten Erlebnisbericht mit eingefügten Gedankengängen verlesen. Während des Vortrags werde ich mich auf die Bezeichnung der Polizisten mit Ausnahme auf den Beamten Mühlbauer beschränken, da die Polizisten nicht bereit waren ihre Namen mir gegenüber zu nennen. Ich habe versucht sie in meinem Erlebnisbericht zuzuteilen. Auf Nennung der Nummern beim Vorlesen werde ich jedoch verzichten und 2 Polizisten mit jeweils A und B bezeichnen. Dem Beamten dem ich an seine Dienstwaffe gegriffen haben soll und der mit mir die Vernehmung durchführte mit C.

Der Vorfall ereignete sich während der Münchner Sicherheitskonferenz welche am 07./08. Februar letzten Jahres im Bayerischen Hof tagte. Über 6000 Polizisten standen zu Sicherheitszwecken laut Presseangaben am gesamten Wochenende zur Verfügung. Am Samstag demonstrierenden 35.000 Menschen gegen den näher und näher rückenden Irakieg. Am 15. Februar dem Anti-Weltkriegstag demonstrierten weltweit über 15 Millionen Menschen gegen den Irakkrieg.

Bereits am Freitag Abend fand eine Jubel-Demonstration für den Krieg statt welche ich gemeinsam mit meiner Freundin besuchte. Über 2000 Münchner und Münchnerinnen besuchten diese Veranstaltung. Auf dieser Veranstaltung wurden unter Kriegsgeräuschen, die Bewachung der Sicherheitskonferenz ironischerweise aufgegriffen, der Polizei für ihre bürgernahen Dienste gedankt und die Demonstranten bezeichneten die Gegner der Sicherheitskonferenz als Terroristen. Die Sarkastische Demonstration am Freitag, im komödischen Stiel zog sich vom Marienplatz bis zum Karlsplatz-Stachus und endete dort etwa um 19.00.

Nach Ende der Veranstaltung gingen meine Freundin und ich über den Zubringer der Fußgängerzone zum Münchner Hauptbahnhof um dort Leute zu finden die Übernachtungsmöglichkeiten suchten, da wir zusammen über das Wochenende ein Pfadfinderheim leiteten, welches Schlafplätze für die Menschen zur Verfügung stellte. Wir liefen durch den Bahnhof und fanden eine Gruppe von etwa 10 Demonstranten, die noch keinen Schlafplatz hatten. Wir nahmen sie in Schlepptau und beschlossen zusammen zum Convergence Center fahren, da es draußen schneite und sehr kalt war und es dort erstmal etwas warmes zu Essen zu einem erschwinglichen Preis gab. Auf dem Weg zur Straßenbahn sah ich noch ein paar Menschen, die mit Schlafsack, Rucksack und ähnlichen Utensilien bewaffnet waren, die sich in Richtung der Rolltreppe zum Burger King Restaurant bewegten. Ich lief ihnen nach, während meine Freundin die anderen und das schwere Gepäck schon mal zur Straßenbahn brachte. Als ich mit ihnen ins Gespräch kam und ihnen einen Schlafplatz anbot verneinten diese und sagten mir, das sie bereits eine Unterkunftsmöglichkeit hätten. Also lief ich die Rolltreppen wieder hinunter um den anderen hinterherzukommen.

Der Bahnhof war zu diesen Zeitpunkt ungewöhnlich menschenleer und ausgestoben, er wurde außer ein paar wenigen Demonstranten fast außschließlich von Polizei, BSG und Bundesgrenzschutz bevölkert, es könnten zusammen an die hundert gewesen sein. Genauer Zeitpunkt des Geschehens war Freitag Abends, die Uhrzeit dürfte ungefähr bei 19.30 liegen. Euphorisiert von der Jubeldemonstration entfuhr es mir in halblautem Ton: ?Alles nur Terroristen hier".

Ich ging einige Schritte weiter. Plötzlich rief eine Stimme herausfordernd hinter mir: "Was war des grad mit den Terroristen ?!". Ich gab nicht viel darauf und ging weiter auf den Ausgang Richtung Arnulfstraße zu, da ich es eilig hatte. Ich war auch schon die Treppen hinunter gelaufen und wollte gerade über die Staße gehen, da kam Polizist A hinter mir her gelaufen und schrie. "He ! Bleiben sie stehen!" Ich blieb verwundert in einer leichten Vorahnung stehen und ging zu ihm hin. "Was war des grad mit den Terroristen ?", fragte er und ich erkannte die Stimme wieder. Ich sagte ihm, daß ich nicht ihn gemeint hatte und das nur so vor mich hin gesagt hätte und der Ausspruch an niemanden bestimmten gerichtet war. "Das hat ein Kollege gehört, daß sie mich einen Terroristen geheißen haben". Er sagte mir, daß er mich zur Personalienfeststellung bräuchte. Eine ganz normale Ausweiskontrolle dachte ich mir.

Wir gingen in die Bahnhofshalle zurück, da draußen wegen des Schneesturms der dort tobte ein Gespräch unmöglich war. "Kommen sie mal mit". Im Trockenen warteten 2 andere Polizisten auf mich. Die Stimmung war weder agressiv noch aufgeheizt. "Wir brauchen ihren Ausweis", sagte einer," um eine Anzeige wegen Beleidigung gegen sie zu machen". Ich sagte ihnen ebenfalls, daß ich nichts gesagt hätte was eine Anzeige rechtfertigen würde. Meinen Ausweis hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht dabei und ich teilte das den Beamten auch so mit. Sie sagten daß ich dann sofort auf die Wache mit müßte. Ich kannte dieses Vorgehen nicht und fühlte mich ein bißchen überrumpelt, da in meinen bisherigen Erlebnissen mit der Polizei meine persönliche Daten immer an Ort und Stelle mit dem Funkgerät überprüft werden konnten. Deswegen sagte ich, daß das nicht nötig sei, denn sie könnten doch meine Personalien genauso gut über Funk überprüfen lassen welche ich den Beamten bereitwillig geben wollte. So etwas mußte noch nie eine Polizeistreife mit mir machen, nur um meine Personalien festzustellen. "Das hätte ich mir früher überlegen sollen", hieß es von ihrer Seite und ?ich soll jetzt mitkommen".

Die Situatuion wurde immer agressiver und anstatt auf meine Worte einzugehen wurden die Polizisten plötzlich handgreiflich, ich konnte nicht glauben, was geschah. Von beiden Seiten nahm mich ein Polizist an der Schulter und sie schoben mich vorwärts, immer weiter vorwärts in Richtung der Züge. Ich sagte Dinge wie: "Moment mal, was soll das !" und "Das geht doch nicht so einfach !"Aber sie schoben mich nur weiter und ignorierten mich vollkommen.

Einem der mich zu grob anfasste, schob ich die Hand weg. Daraufhin schrie der Polizist C: "Fassen sie mir nicht noch einmal an die Pistole". Ich dachte ich höre nicht richtig und so etwas niemals meine Absicht gewesen war, sagte ich: "Das hab ich nicht getan." (Dazu möchte ich vermerken, daß es enorme Unterstellung ist, wenn man von jemandem behauptet jemand hätte ihm an die Schußwaffe gegriffen. Das hieße ja praktisch ich hätte versucht von ihr Besitz zu ergreifen und sie womöglich auch noch zu gebrauchen.) Polizist A vermerkt in seinem Bericht etwas von:..."POM C wollte den Beschuldigten greifen, in diesem Moment ging die Hand des Beschuldigten in Richtung der Dienstwaffe des POM C, dieser konnte jedoch den Arm zur Seite drücken". (Dafür schlug ich in seinem Bericht wild um mich) Polizist Mühlbauer schreibt:"...worauf die Person den Arm wegzog, sich drehte und in Richtung meiner Waffe griff". Polizist B schreibt wiederum: ?In diesem Augenblick stieß der Beschuldigte den POM C weg, so daß dieser versuchte den Beschuldigten zu greifen, der Beschuldigte drehte sich zur Seite und griff dem POM C an die Schusswaffe, dem sich dieser (wiederum) durch schnelles wegdrehen entzog".

Ein anderer Polizist packte mich grob am Arm und sagte ich solle sofort aufhören. Ich fragte ihn: ?mit was soll ich denn aufhören", da ich mich nicht in der Lage sah überhaupt irgendetwas gemacht zu haben."Darauf hin wurden alle drei nur noch gröber mit ihrem Geschubse und Gezerre. Ich wußte mir nicht mehr zu helfen aus dieser aussichtslosen Situation und sagte total frustriert: "Ihr spinnt."Daraufhin nahmen mich zwei Beamten an den Armen und drehten sie mir auf den Rücken. Während der dritte mir in die Beine trat und ich den Halt verlor, schubsten und zogen sie mich weiter vorwärts in Richtung Polizeirevier. "Drei Anzeigen sind es schon, wieviele willst du noch haben. Jetzt werden wir gleich sehen wer ein Terrorist ist !", schrie der Polizist A.

Der Ort der Festnahme war mitten auf dem Münchner Hauptbahnhof kurz vor der Zugplattform und zwar genau auf der Seite des Starnberger Flügelbahnhofs, wo man ins S-Bahn Untergeschoss mit der Rolltreppe gelangen kann. Es wurde mir weder mit einer Festnahme gedroht, noch eine vollzogene Festnahme erklärt, oder die Nähe des wenige Meter entfernten Polizeireviers mitgeteilt, wie das ja zum Teil in den Berichten der Polizisten zu lesen ist.

Ich war überascht von der Brutalität ihrer Vorgehensweise und schrie um Hilfe. Passanten die gerade aus einem angekommenen Zug stiegen und denen ich zurief schauten verdutzt auf das sich vor ihnen abspielende Szenario. Natürlich griff niemand ein. Ich muß gestehen ich hatte in diesem Moment große Angst. Da ich nicht wußte was jetzt mit mir passiert, wo ich denn nun hingebracht werde da mir das keiner sagte und die Polizisten abwechselnd auf mich ein schrien fühlte ich mich ausgeliefert. Dazu muß ich zu diversen Aussagen in den Polizeiberichten kurz vermerken daß ich erst um Hilfe geschrien habe als die Polizisten mich in den nach ihren Angaben beschriebenen ?Kreuzfesselgriff" nahmen. Ich hatte Angst deswegen habe ich Passanten um Hilfe gebeten. Die Aussage ich hätte in dieser Situation die Beamten beleidigt muß ich leider verneinen. (Außerdem war der Beamte C an der aktiven Festnahme beteiligt, da Polizist B neben uns herlief und nicht Polizist C wie fälschlicherweise in den Berichten der Polizisten vermerkt ist). Ich konnte meine Situation nicht begreifen und fragte den Polizisten B: "Warum macht ihr das hier denn mit mir ?" Er grinste nur und sagte in ironischem Ton: "Das ist reine Wilkür", während er locker neben mir in Begleitung lief und die anderen Beamten mich immer weiter Richtung Polizeirevier verfrachteten.

Das machte meine Verfassung natürlich nicht gerade besser und als sie die Tür zu einem im Bahnhof gelegenen Raum aufmachten und mich hineinschubsten, (Später stellte sich heraus, daß es die Tür zum BGS-Revier am Starnberger Flügelbahnhof war) schrie ich nun den am Empfang sitzenden Polizisten, der am Eingang saß zu: "Hilfe, bitte helfen sie mir." Doch der reagierte natürlich nicht. Unsanft und grob stießen sie mich den Gang entlang wobei ich immer wieder an die eine oder andere Seite vom Gang stieß. Ich schwitzte, meine Angst steigerte sich. Ich dachte daran, daß ich ihnen ja jetzt nun gänzlich ausgeliefert war, mir schossen einige Erzählungen durch den Kopf und die dazugehörigen Bilder "Hört auf, hört jetzt bitte auf, es reicht", sagte ich. Aber das trieb sie nur immer mehr an."Sei still, halt die Klappe !", schrien sie. Sie standen auf dem engen Gang nun hinter mir und versuchten mich in einen Raum hineinzuschubsen. Es wurde immer wilder.

Dabei fiel soviel ich von der chaotischen Situation mitbekam Polizist A am meisten auf. Plötzlich sagte ein Polizist zu dem anderen er solle ein bißchen langsamer machen, ich konnte beide allerdings nicht zuordnen, da ich mich mit dem Rücken zu ihnen befand, aber ich merkte die Eregung in seiner Stimme. Ich hatte Panik und dachte mir: Oh Gott, jetzt haben sie sich nicht mehr unter Kontrolle und wissen nicht mehr was sie tun. Angstschweiß lief mir den Rücken hinunter, ich merkte wie ich zitterte. Ich ging schließlich schweißgebadet von selbst in den leeren Raum und die Polizisten zogen die Tür hinter sich zu und standen nun allein mit mir im Raum.

Ich dachte mir: ?Jetzt bin ich verloren, niemand kann mich mehr hören. Ich nahm nochmal meinen ganzen Mut zusammen und fragte: "Jetzt gebt ihr mir den Rest ?" " Zieh deine Jacke aus und stell dich an die Wand !", befahl der Polizist mit der Nummer A. Ich drehte mich vorsichtig mit dem Rücken zur Wand und der Polizist schrie: ?Beine weiter auseinander !", und trat mit seinem Fuß meine Beine noch weiter auseinander. " Hast du was spitzes einstecken ?! Wenn ich mich bei dir steche, dann gnade dir Gott" !, ereiferte er sich während der grob durchgefühten Leibesvisitation.

Ich sagte jetzt nichts mehr, ich traute mich nicht. In dieser ganzen Zeit als ich dachte mein letztes Stündlein hätte geschlagen, war außer dem Polizisten am Eingang niemand zu sehen, der mir eventuell zu Hilfe kommen hätte können. Und obwohl der Raum 3 große geschlossene Fenster jeweils zum Eingangsraum, Nebenraum und Gang hatte, hätte der einzigste Polizist der sich zu dieser Zeit am Eingang befand nichts sehen können. Ich verneinte.

Plötzlich klingelte mein Handy, daß auf dem Schreibtisch lag. Instinktiv nahm ich es in die Hand, war aber zu eingeschüchtert um abzunehmen und legte wieder auf. Ich muß mich erst mal setzen, dachte ich mir. Nervös sank ich auf dem Stuhl zusammen und fühlte mich dann schon ein kleines bißchen sicherer, dachte vielleicht hat sich die Situation ja wieder beruhigt. Erst jetzt fühlte ich wie mein Herz raste.. Plötzlich schrie der Polizist A: "Ich habe nichts davon gesagt, daß du dich hinsetzen darfst !" Ich sprang erschrocken auf und stotterte: "Wieder an die Wand ?!" Er schrie: "Du bleibst da stehen !"

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich immer noch alle drei Polizisten im Raum und immer noch konnte ich niemanden im Revier um mich herum erblicken. Ich blieb also stehen. "Sie warten hier !", sagte einer. Plötzlich verließen alle drei den Raum. Ich hatte keine Ahnung was das sollte, aber ich blieb stehen. Sie ließen die Türe einfach offen stehen. Ich sah wie im Raum nebenan auf einmal ein paar andere Polizisten erschienen, da der Raum ja ein kleines Fenster hatte und wie "meine" Polizisten sich zu ihnen gesellten. Es sah so aus, als ob sie über meine Anzeigen beraten würden und sie zeigten auf mich und lachten zusammen.

So stand ich da bestimmt eine halbe Stunde und einem Polizisten der vorbei ging fragte ich, ob ich nicht mal telefonieren dürfte. Nachdem er ein zweites Mal hereinkam und ich ihn abermals ansprach, durfte ich den Ermittlungsausschuss verständigen. Die anderen Polizisten befanden sich immer noch im Raum nebenan und berieten lautstark zusammen. Da die Tür offen war, hörte ich wie der Polizist A laut und deutlich sagte: "Und Arschlöcher hat er uns auch genannt." Verzweifelt rief ich in halblauten Ton "Das stimmt nicht, ihr lügt !" Ich machte den andereren Polizisten Zeichen und schüttelte heftig den Kopf.

Als eine junge Polizistin herübergeschickt wurde um die Tür zuzumachen sagte ich zu ihr daß sie mir helfen müsse, da das alles nicht stimmt was hier von ihren Kollegen erzählt wird. Doch sie beachtete mich nicht weiter. Ich rechnete damit in Sicherheitsgewahrsam zu kommen, wie das die Polizei letztes Jahr schon mit den Demonstranten hielt. Während der ganzen Zeit stand ich an einer Stelle im Raum herum unter ständiger Beobachtung der Polizisten. Dann kamen 2 andere Polizisten herein, die irgendetwas auf dem Drucker der sich in meinem Zimmer befand ausdrucken wollte. Ich hielt beide an und fragte sie, ob es denn nicht möglich wäre, mit einem neutralen Polizisten zu reden und daß ich das gerne tun würde. Einer der beiden blieb im Raum und ich schilderte ihm meine Lage.

Ich brach wegen der großen Anspannung die ich dabei empfand ungewollt in Tränen aus. Ich hörte schallendes Gelächter, schaute zum Fenster und blickte in die belustigten Gesichter einiger Polizisten die mir amüsiert durchs Fenster zusahen. Ich fühlte mich gedemütigt. Ich sagte dem Polizisten, daß ich einfach keine Chance gehabt hätte und vor Gericht ebenfalls keine haben werde. Er hörte mir aufmerksam zu und man sah ihm an, daß es ihn etwas traf. Er versuchte mich mit Worten zu beruhigen und sagt vor Gericht würde sich das schon klären lassen. Dann meinte er, er könne da nichts machen und ging dann schnell aus der Tür heraus.

Später kam der Polizist C herein und fragte mich in ruhigem Ton nach meinen Personalien. Ich gab sie ihm. Er lief wieder hinaus und ließ abermals die Tür offen. Dann hörte von draußen Sprüche wie: "Da hamma ja schon den richtigen". Ich fragte ihn wie lange das hier denn voraussichtlich dauert. Er antwortete: "Das dauert solange wie es dauern muß". Ich sagte zu ihm, daß ich nicht wollte, daß die ganze Sache so eskaliert und. Er sagte, daß das nicht er sondern der beleidigte Kolege klären müßte.

Später stellte sich dann heraus, das jeder der drei eine Anzeige wegen Beleidigung gestellt hat und sich vor allem der Polizist C persönlich angsprochen fand, während A das genau gesehen zu glauben hat wie ich Sichtkontakt aufnahm und den Ausspruch getätigt haben soll. B ist sich im Bericht nicht sicher und schreibt lieber: ?Er sagte es in unsere Richtung". Der vernehmende Polizist C machte sich dann von jedem Flyer der auf der Demonstration verteilt wurde eine Kopie. Ich unterschrieb nichts von dem was der Polizist am Computer verfasste.

Unterdessen schoß der Polizist mit der Nummer A herein und fing wieder mit der ganzen Sache von neuem an. "Es sieht ganz schlecht aus für sie Herr Fiedler !", ließ er siegessicher verlauten "Warum nenen sie uns Terroristen ?!", fragte er in lautem Ton. Ich versuchte es nocheinmal und nahm meinen ganzen Mut zusammen. "Ich habe euch nicht gemeint mit dem Auspruch den ich tat, ich wollte euch nicht beleidigen!" Doch der Polizist A sagte er ?hätte es doch genau gehört", daß ich ihn angeschaut und bewußt beleidigt hätte. Ich sagte, daß ich niemanden direkt beleidigt habe und fragte ihn warum sie mich denn einfach so mitgenommen haben. Er sagte, daß mit mir nicht zu reden gewesen wäre und das dem ja jetzt noch immer nicht so wäre, weil ich die Tat nicht zugeben würde.

Ich versicherte ihm, daß wenn es ihn in irgendeiner Form gekränkt hätte, es mir sehr leid täte. Der Polizist meinte daß alles vor Gericht kommen wird, er zeigt mich an. Ich sagte ihm, daß ich dann genauso gut eine Anzeige machen könnte. Er sagte, damit hätte er kein Problem, denn das sei in seiner ganzen Laufbahn schon unzählige Male vorgekommen. Er schrie noch ein paar Dinge, zeigte beim rausrennen auf seine Uniform. Tobend und mit rotem Kopf warf er mir vor daß ich ein Problem damit hätte (er meinte wohl die Uniform) und daß ich ihm vorwerfen würde daß er seit über 16 Jahren seinen Polizeidienst nicht richtig machen würde.

Ich sah ein, daß es aussichtslos war noch weitere Worte an ihn zu verlieren. Der Polizist C kam dann wieder herein und fragte ob denn jemand bei mir daheim sei. Ich fragte ihn ob es denn nötig wäre eine Hausdurchsuchung zu machen. Er meinte, daß es keine Hausdurchsuchung wäre, sondern sie würden nur jemanden hinschicken der den Ausweis holt. ?Wenn wir da vorbeischauen, finden wir schon was", meinte er. Ich sagte ihm, daß das nichts bringen würde, da der Ausweis sich im Convergence Center befindet. Er sagte: "Wir haben zwar ihre Personalien, aber wer bestätigt uns auch, daß sie es wirklich sind". Ich sagte ihm daß ich schonmal erkennungsdienstlich erfasst worden bin, aber er meinte daß das keine Rolle spielen würde und es einen Unterschied zwischen Landes-und Bundespolizei gäbe.

Ich sagte ihm daß der Ausweis bei meiner Freundin wäre Er ging dann und nach einiger Zeit kam er wieder und meinte, daß ich meine Freundin anrufen soll und wenn ich sie nicht erreiche, würden jetzt Fingerabdrücke und Fotos von mir gemacht. Er machte zur Sicherheit gleich einen Alkoholtest mit mir und tat erstaunt über das Ergebnis von 0,00 Promille. Dann durfte ich versuchen meine Freundin anzurufen und erreichte sie glücklicherweise. Sie war derweil schon ins Convergence Center gefahren nach dem sie mich nicht mehr gefunden hatte. Sie versprach mir mit dem Ausweis so schnell wie möglich herzukommen.

Nach dem Telefonat zeigte sich der Beamte C zufrieden, er sagte wenn alle Daten mit dem Ausweis übereinstimmen dürfte ich gehen und er ging wieder zu seinen beiden Kollegen nach nebenan um gemeinsam mit ihnen einen Bericht fertig zu schreiben. Das war das erste Mal, daß mir jemand sagte, daß es nur noch um meinen Ausweis ginge und das ich dann voraussichtlich rausdürfte. Allerdings gab mir der Beamte eine Fehlinformation. Er war der Meinung ich würde nur eine Anzeige in Sachen Beleidigung (Auf dem Revier war immer die Rede von einem Beamten der sich beleidigt gefühlt hat und zwar Polizist A) und eine Anzeige wegen Wiederstands gegen Polizisten. Es war weder die Rede von Spinnern noch von Arschlöchern. Wobei er selbst im nach hinein eine Anzeigen verfasst hat.

Ich wartete, wieder allein im Raum, während ich zusehen durfte, wie im Raum nebenan drei Polizisten an einem (oder mehreren) Bericht/en schrieben. Nach ca. einer weiteren halben Stunde kam dann meine Freundin mit dem Ausweis, nach einer weiteren Viertelstunde konnten wir dann gehen. Wir fragten Polizist C nach den Namen der beteiligten Polizisten bekamen allerdings nur von jedem beteiligten Polizisten die Nummern.

3 1/2 Stundem Angst auf dem Polizeirevier wegen einer solchen Lapalie. Mit einem bitteren Beigeschmack muß ich allerdings sagen, hatten wir Glück. Meine Freundin und ich mußten den Sturm mehrerer Hundertschaften des USK-Unterstützungskommandos auf das Convergence-Center nicht miterleben, welcher im nachhinein vom Gericht als illegal erklärt wurde. Auch bei den diesjährigen Protestaktionen gegen die Sicherheitskonferenz am 6./7. Februar wurde von der Polizei abermals gegen die Grundrechte verstossen, wie vom Polizeipräsident Hr. Schmidtbauer im vorhinein sogar angekündigt. Eine Person wurde bewußtlos geschlagen und sitzt zur Zeit noch im Gefängnis. Ich verließ um ca. 23.00 ich das Polizeirevier wieder. Der Schlußsatz im Bericht einer der beteiligten Polizisten klingt geradezu zynisch: ?Durch das aufmerksame Verhalten seitens der Beamten, wurde niemand verletzt."

Nach 4 Wochen bekam ich einen Brief vom BGS-Revier in München, doch dort noch einmal persönlich vorbeizukommen um mich zum Vorfall zuäußern. In Betracht auf die geschehenen Vorkommnisse machte ich von meinem Recht gebrauch und verzichtete. Das Gericht hat mich in Abwesenheit per Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (2700 Euro) verurteilt. Ich war am ersten Verhandlungstag an einer Gastritis erkrankt. Der Einspruch gegen den Betrag des Strafbefehls wurde vom Rechtsanwalt form und fristgerecht gestellt.

Danke für´s zuhören.


Nachwort:

Der Richter ging auf den Text ein, indem er es ebenso für unwahr hielt, daß der Angeklagte mit Absicht an die Waffe griff. Die Polizisten meinte er hätten den Angeklagten wohl nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst und würden im Eifer des Gefechts vielleicht auch nicht immer alles richtig machen, das stünde hier allerdings nicht zur Debatte. Sie stünden durch die große Aufgabe die Sicherheitskonferenz zu schützen unter hoher Anspannung. Außerdem gehören zu so einer Sache immer zwei dazu (Anm.: Die Theorie der Opferrolle ?!).

Es war der selbe Richter, der im letzten Jahr auch schon Martin Löwenberg und Siggi Benker verurteilt hatte wegen aberwitzigen Vorwürfen. Diese hatten lediglich gesagt das man die (durch ihre geplanten Attentate schon vor dem Gerichtsverfahren festgenommenen und bekanntgewordenen) Nazis nicht ungestört marschieren lassen sollte. Die Staatsanwältin warf dem Angeklagten vor nicht gerade großen Respekt vor Vollzugsbeamten zu haben, da das ja schon seine zweite Anklage in dieser Hinsicht wäre. Der Prozess wurde einige Male vom lauten Staunen oder plötzlichen loslachen der anwesenden Zuhörer gestört. Der Richter ermahnte eine Zuhörerin die ihm bei der Erklärung seines Urteils zu laut lachte, diese wiederum schlug ihm vor sich den Jahresbericht von Amnesty International zu durchzulesen. Worauf ihr die Staatsanwältin ein "mangelhaftes Benehmen" ankreidete.

Danke nochmal an alle für eure Unterstützung!!!


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Bakunins Erkenntnis über Beamte ist,

wenn man Babas Beitrag und den obigen Bericht liest,

offensichtlich zeitlos aktuell, zumindest bei Justiz und grünen ORK's !!!




"Aber kaum haben sie den Dienst angetreten, so fordern eherne Logik der Position und Sachzwänge, die charakteristisch sind für gewisse hierarchische und politisch günstige Beziehungen, das Ihre, und die jungen Patrioten werden von Kopf bis Fuß Beamte, wobei sie womöglich weiterhin Patrioten und Liberale bleiben. Aber man weiß ja, was das ist, ein liberaler Beamter,

- er ist unvergleichlich schlimmer als ein einfacher und offener Knüppel-Beamter."


(zitiert aus "Staatlichkeit und Anarchie" von Michael Bakunin)



°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Macht Stimmzettel zu Denkzetteln!
Bei Unschlüssigkeit nicht das "kleinere Übel" oder gar nicht wählen
sondern ungültig wählen!


[editiert: 24.02.04, 11:06 von bjk]
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New PostErstellt: 13.03.04, 11:58  Betreff:  Re: Das staatliche Gewaltmonopol hat zugeschlagen - aber wieeee!  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://de.indymedia.org/2004/03/76868.shtml



Polizei sucht - zehn Euro

von MD - 12.03.2004 23:58

Eigentlich ein alberner Anlass für Repression: einE AktivistIn wollte ein Bußgeld von 10 Euro nicht zahlen. Die Polizei trieb daraufhin einen unverhältnismäßigen Aufwand, die Person zu finden und dingfest zu machen. Schaffte es aber nicht. Inzwischen war die AktivistIn (von sich aus) im Knast und hat ihre Erzwingungshaft abgesessen.



JVA Magdeburg...



Willkommens-Botschaft an der Haustür


Seit einigen Tagen war die Magdeburger Polizei ständig bei eineR MagdeburgerIn zu Gast. Naja, nicht direkt bei ihr, aber sie schauten immer mal in ihrer WG vorbei. Sie sind nämlich auf der Suche nach zehn Euro, die sie gern hätten, aber nicht kriegen.

Zuerst kamen sie an einem Freitag Abend in ein alternativ-Café in dem Haus, in dem die BetroffenE wohnt. Fragten nach ihr, erkannten sie nicht und kontrollierten die Personalien eineR Anderen.

Am Morgen danach (Samstag), standen sie um 8.00 Uhr in der Wohnung und erzwangen sich Zutritt in alle Räume - auch die anderer BewohnerInnen, was sie nicht so ohne weiteres dürften - um sich mit der AktivistIn zu "unterhalten". Denn "es geht doch nur um zehn Euro und sie könnte sich viel Ärger sparen". Doch die BetreffendE war nicht da.

In der folgenden Woche waren die Herrschaften wiederholt zu verschiedenen Zeiten da und verschafften sich Zutritt zum Haus (soll heißen, sie waren drin, obwohl ihnen niemand aufmachte; Schloss war aber nicht kaputt). Mal um 9.00, mal um 2.00, mal um 5.45. Ein Nachbar informierte die HausbewohnerInnen darüber, dass zwei Polizeibeamte an einem Morgen wild gegen die Haustür gehämmert hätten; später waren sie auch drin und machten an einigen Türen Radau. Da hatten sie aber dann gar keinen Erfolg, weil schlicht niemand reagierte (das hätte ja wer weiß wer sein können).

Samstag vor zwei Wochen tauchten sie wieder mal auf und wurden von einer größeren Gruppe Menschen fröhlich begrüßt, die zufällig grad da waren und abwechselnd von verschiedenen Leuten so belabert, dass sie am Ende ohne Personalienkontrollen wieder gegangen sind. Am Nachmittag schauten sie dann nochmal vorbei und hinterließen zum x-ten Mal die Nachricht, dass sie sich doch melden sollte, denn die ganzen Besuche würden für sie die Sache auch teurer machen.

Am Tag danach telefonierte offensichtlich jemand unter Angabe ihres Namen mit den FreundInnen und HelferInnen und gab zu erkennen, dass sie grad da sei. Verraten wollte der Uniformierte am anderen Ende der Leitung aber gar nicht, worum es eigentlich geht, sondern gleich vorbeikommen und sich persönlich unterhalten. Als sie dann kamen, waren wieder nur etliche ChaotInnen da, die mit ihnen diskutierten. Am Ende fuhren sie weg und ihr Auto war wohl auch bunter...

Da sie grad unterwegs war und die armen FreundhelferInnen sich ja nicht umsonst Mühen sollen, schrieb sie ein Postkärtchen an ihr zuständiges Revier:

"Liebe Polizei! Wie ich gehört habe, seid ihr um mein Wohl besorgt und versucht fast täglich ein nettes Kaffe-Plausch-Treffen bei mir zu Hause zu arrangieren. Leider hat das bisher nicht geklappt.
Damit ihr euch nicht zuviel Aufwand macht, wollte ich euch kurz informieren, dass ich grad im Urlaub bin und ihr euch deswegen keine Mühe zu geben braucht. Aber irgendwann wirds schon noch mal klappen...
Fröhliche Grüße sendet ..."

Danach tauchte die Polizei noch ein- oder zweimal auf. Mit dem gleichen Erfolg wie zuvor: null.

Dass sie die BetroffenE bei ihren "Besuchen" gleich mitnehmen wollten, wird klar, wenn der juristische Hintergrund bekannt ist: es geht um ein Bußgeld von zehn Euro, dass sie seit zwei Jahren schon nicht bezahlt. Es gab dann den üblichen Rechtsweg bis vors Landgericht, in dem aber (natürlich) das Bußgeld bestätigt wurde. Inklusive einen Beschluss über einen Tag Erzwingungshaft, den sie anzutreten hätte, wenn sie das Geld nicht zahlen würde. Das Landgericht formulierte das freundlich mit "um Sie zur Zahlung zu überzeugen".

Seit dem ersten Auftauchen der Polizei gab es nun wohl einen Haftbefehl für die Vollstreckung der Erzwingungshaft. Die Polizei gibt sich auch alle Mühe, ist aber nicht sehr einfaltsreich (naja, auch gut so). Da hätte erst ein Zufallstreffer Erfolg gebracht. Dem kam die AktivistIn aber zuvor (der Termin passte grade und ein zufälliger Treffer einige Tage später wäre unschön gewesen) und spazierte selbst bei der JVA Magdeburg ein.

Hier als Einschub der Erlebnisbericht aus dem Knast:
"Am Einlass: habe nach Namen und Telefonnr. des Direktors zwecks Interview zu Vollzugssystem gefragt; Beamter verwirrt, gibt aber nur Telefonnummer der Pressesprecherin raus. Daraufhin: "Und dann hab ich hier noch einen Termin". Übergabe der Ladung zur Erzwingungshaft an den irritierten Beamten. Zeit: ca. 9.30 Uhr.
Eine Weile telefoniert der Beamte am Einlass, dann werde ich eingelassen. Handy und CS-Gas darf ich gleich abgeben.
Wir gehen zunächst durch eine enge Gasse zu einem Fenster, das eine Beamte aufschließt, eine Kopie der Ladung macht und uns weiterziehen lässt. Weiter gehts.

Der mich begleitende Justizvollzugsbeamte ist verwundert darüber, dass ich wegen 10 Euro in den Knast gehe und meint, er würde das bezahlen. Macht er aber nicht.
Er führt mich zu einem Kollegen, der scheinbar für Neuzugänge zuständig ist und gibt mich dort ab. "Das CS-Gas muss extra verwahrt werden." Wird es aber nicht. Sowieso ist es nicht strafbar sowas mitzubringen. Ich muss es nur für die Dauer der Haft abgeben...

Der Beamte verlässt mich und ich darf dem für den Neuzugang zuständigem JVA-Angestellten meine Taschen ausleeren: Mütze, Handschuhe, Halstuch, Taschenlampe, Hassi, Spuckis, Edding, Taschentücher, Portemonnaie, ... Die Springerstiefel soll ich ausziehen, dann werde ich gebeten durch einen Detektor zu laufen.
Danach wird mein Beutel mit meinen mitgebrachten Knastutensilien - Bücher, Justizvollzugsgesetz, Schreibzeug, Zahnputzzeug, Schokolade, Medikamenten - begutachtet.
Ich darf alles, bis auf CS-Gas, Lampe, Stiefel, Personalausweis, Geld, Presseausweis und Handy mitnehmen. Weil es nur ein Tag ist, wollen sich die Beamten nicht zuviel Mühe machen.

Nun werde ich in einen kleinen Raum mit Tisch und einen Stuhl geführt, mit Blick auf den leeren Hof. Dort muss ich warten bis es weitergeht. Ich lese an einem Buch und schreibe ein wenig.
Dann kommt ein ärztlicher Assistent zur Besprechung. Ich erkläre kurz wozu ich die Medikamente brauche, und dass ich mich vegan ernähre. Wegen des Essens soll ich einen Antrag stellen.
Das war dann auch schon das Eingangsgespräch mit dem Arzt. Auf meine Nachfrage, ob das immer so kurz sei, wird geargwöhnt, ich wollte ihn aushorchen - es schien sich unter den Beamten schnell herumgesprochen zu haben, dass ich journalistisch tätig bin. Dann erklärt er jedoch, dass die Eingangsuntersuchungen sonst intensiver seien, das lohne aber wegen der Haftkürze nicht.
Ich werde wieder zurück zur Eingangskontrolle begleitet, wo mein Beutel nochmal geröntgt wird. Was ziemlich unsinnig ist, da der Beamte bei der Inaugenscheinnahme mehr sehen konnte als auf dem Röntgenbild. Und so lustige Sachen wie Sekundenkleber, Edding, Spuckis, Hassi waren eh nicht im Beutel...

Nun gehts weiter. Ich werde in den U-Haft-Trakt begleitet. Dort laufen ein paar junge Leute in Freizeitbekleidung rum. Es sieht aus wie im Film: Mehretagig, mit Maschendraht-Netzen in den Zwischenetagen und vielen Stahltüren. Eine Metalltreppe führt nach oben.
Die Ladung, die mir wiedergegeben wurde, wird nun wieder mitgenommen, damit sich die Abteilungsleiterin das mal durchlesen kann und mir einführende Erklärungen geben kann. Tut sie dann aber nicht, sondern ein JVA-Beamter im Trainingsanzug... Mir wird eine Einzelzelle zugewiesen - wohl weil ich angegeben hatte, NichtraucherIn zu sein. Auf Nachfrage wurde mir gesagt, bis Morgen würde nun nichts mehr passieren.
Der Hofgang war schon vorbei, andere "Freizeit"-Möglichkeiten gab es für mich nicht. Um 11.30 sollte das Mittagessen kommen und bis dahin sollten meine Essenswünsche geklärt werden. Vor dem Einschluss in die Zelle gab mir ein Gefangener einen Packen mit Handtüchern, Bettzeug und Waschsachen aus einer Kammer. Er und ein anderer älterer Gefangener amüsieren sich darüber, dass ich nur mal kurz reinschaue. So schnell hat sich das rumgesprochen. Der Beamte, der mich herführte meinte noch grinsend, wenn es mir gefällt, dürfte ich einen Antrag auf bis zu 5 Tage Haftverlängerung stellen...

Dann sitze ich in der warmen, nein überhitzten, Einzelzelle. Etwa 3 x 4,5 Meter groß. Die Heizung hat keinen Regler. Ein Bett, ein Waschbecken mit Spiegel, eine Toilette, Steckdosen, Wandregale, Handtuchhalter, Spind, Pinnboard. Dazu gibt es noch einen Mülleimer, nen Stuhl und nen Tisch. Das Licht kann ich selbst betätigen - keine Selbstverständlichkeit.
Meine erste Zeit verbringe ich mit dem Schreiben an diesem Text. Zwischendurch überlege ich, mit welchem Gefühl ich wohl Morgen wieder rausgehen werde. Bisher alles ganz erträglich, abgesehen davon dass ich hier eingesperrt bin. Aber im Gegensatz zu den meisten hier kann ich jederzeit durch Zahlung des Bußgelds wieder raus. Das Glück haben die wenigsten. In dieser Hinsicht ist dieser Knastaufenthalt unrealistisch, kein Maß für längeres Einsitzen. Aber es ist eine Erfahrung, vor der "Normalbürgis" gern die Augen verschließen und hoffen, nie da rein zu müssen.

Mein Fenster hat Blick zum Hof. Und ich kann es sogar selbst öffnen. Die Fenster im "Warteraum" waren abgeschlossen. So kann ich wenigstens die Überhitzung des Raumes ausgleichen. Absurdes Bild, der Blick nach draußen durch rostende Gitter: eine Außenmauer mit Natodraht, Scheinwerfer, Kameras. Noch ein paar Jahre, und außerhalb dieser Mauern ist es ähnlich. Kameras haben ja großen Zuwachs...

Dann werde ich doch noch einmal abgeholt. Einführungsgespräch. Meine Daten in den Computer gegeben, ein paar Worte zum Ablauf, ein Telefonat mit dem Rechtsanwalt. Rückfragemöglichkeit.
Zurück in der Zelle kommt schon das Mittagessen. Ich habe Glück, ausgerechnet heute gibt es Sojaburger mit Reis (vegan)... Nun noch eine Karte geschrieben, die ich eigentlich morgen selbst in einen öffentlichen Briefkasten werfen könnte; werde sie aber in der JVA abgeben, um zu testen, wie das hier abläuft und wie lange die Post braucht.
Zwischenzeitlich lese ich das Strafvollzugsgesetz und entdecke verschiedene juristische Ecken, mit denen ich nerven könnte (weil ich alles möglich beantragen kann), was aber für diesen kurzen Aufenthalt nicht lohnt. Bis über einen Antrag entschieden würde, wäre ich längst wieder raus. Beispielsweise könnte ich Entlassungsbeihilfe beantragen. Schließlich muss ich wieder nach Hause kommen. Hab aber dummerweise genug Geld dabei, um den Fahrschein selbst zu bezahlen.

Danach passiert nichts bemerkenswertes mehr. Ich lese zwei Bücher, schreibe an einer Rezension, schlafe viel und schon werde ich abgeholt zur Entlassung. Im Rückblick kann ich nicht sagen, dass die Erzwingungshaft mich zur Zahlung "überzeugen" konnte. Vielmehr denke ich jetzt, dass ich es zumindest in kleinem Rahmen zukünftig mit weniger Bedenken auf bestimmte Repressionen ankommen lassen kann. Jedoch immer abhängig davon, wie locker ich damit umgehen kann..."

Die AktivistIn hatte sich schon vor zwei jahren entschieden, dass sie es auf diese Erzwingungshaft anlegen will. Einerseits um deutlich zu machen, dass sie nicht bereit ist, irgendein Bußgeld zu zahlen und zum anderen, um Erzwingungshaft auch mal zu "testen". Denn ein Tag ist ja wohl auszuhalten und es schadet gewiss nicht, zu wissen, worauf mensch sich im politischen Alltag so einlässt...
Allerdings widerstrebt es ihr, einfach zum Haftantrittstermin hinzutrippeln und "freiwillig" den Freiheitsentzug hinzunehmen. Da sollen sie sie schon holen. Aber so, wie die Polizei das anstellte, hätte es noch ein weilchen gedauert, bis sie mal zufällig jemanden antreffen oder sie bei einer zufälligen Personalienkontrolle bei irgendeiner Demo oder so mitgegangen wäre.

Inzwischen hat dieses Verfahren die Behörden wohl schon einige tausend Euro gekostet, von denen nur ein Bruchteil der AktivistIn tatsächlich in Rechnung gestellt werden könnte. Aber abgesehen von den zehn Euro sind die restlichen Gebühren ja eh die Sache des Gerichtsvollziehers. Der kann wiederrum nicht mehr holen als da ist. Es wird spannend, wie es nun weitergeht...


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ERGÆNZUNGEN
...
ra0105 13.03.2004 02:12




Du hast den heutigen Tag gerettet!
Tutnix 13.03.2004 07:10

...Und Leute wie du retten die Zukunft!

Prima!
Grüße von Tutnix



eine lustige geschichte
knastibasti 13.03.2004 08:57

hhahahahahahahaha. Was es nicht alles gibt. Vieleicht findet das ja nachamer?



Sehr gute kreative Antirepression!
Peter Lustig 13.03.2004 10:04

Mich würde mal interessieren, wie man zu so einem geringen Bußgeld kommt. Ansonsten sehr gute Aktion mit Außenwirkung. Das, was als Repression gedacht war, richtet sich jetzt gegen den Staat selber. Mehr davon.


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bjk

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Macht Stimmzettel zu Denkzetteln!
Bei Unschlüssigkeit nicht das "kleinere Übel" oder gar nicht wählen
sondern ungültig wählen!
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