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EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE

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Seite: 1, 2
Autor Beitrag
Megabjörnie

Beiträge: 5

New PostErstellt: 24.06.11, 13:04  Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE  drucken  weiterempfehlen

Meine Güte, da lese ich deinen Beitrag und sehe, dass du mich als bürgerlichen Ausbeuter siehst?
Du hast aber schon registriert, dass ich die Bildung persönlichen Territoriums für moralisch unbegründbar halte, oder? Das hatte ich im ersten Post herausgestellt.

Mir geht es nur darum, ein Problem zu erörtern, dem jede Gesellschaft, die einen kommunistischen Anspruch verfolgt, sich stellen muss:

Wie verteilt man die Besitztümer auf herrschaftsfreie Weise?

Eigentum hatte ich nicht als Rechtstitel diskutiert, sondern als "Advocatus Diaboli"-Annahme, dass es vielleicht eine moralische Kategorie sein könnte, damit man sie widerlegen kann.
In diesem Fall wäre Eigentum identisch mit einem Nutzungsrecht, das nur auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt ist.
Meinetwegen kannst du es dann "Besitz" nennen. Ich mache aber darauf aufmerksam, dass du den Eigentumsbegriff schon selbst moralisch angewandt hast: Es "kann" Landeigentum natürlich immer geben, wenn ein Herrscher es verordnet, nämlich als Rechtstitel. Deshalb dachte ich, du gehst von einer Gesellschaft ohne Herrscher aus, es der du Eigentum logisch begründen können musst.

Die Frage ist also: Kann ich in einer herrschaftsfreien Gesellschaft solchen Besitz beanspruchen, oder fehlt ihm jede Legitimität?
Und da ich weder die Würmer noch die Igel oder Vögel oder Frösche fragen kann, ob ich eine Fläche landwirtschaftlich nutzen darf, merke ich auch nicht, ob sie etwas dagegen haben.
Ich merke es nur bei den Menschen. In deren Gesellschaft will ich leben, deshalb muss ich mir die Frage stellen, ob ich in Frieden mit den anderen leben kann, wenn ich persönlichen Besitz habe.
Das Revier eines Wolfsrudels oder Bären interessiert mich nur, wenn ich mit ihm verhandeln kann. Denn dann kann ich auch Gesellschaftlichkeit herstellen. Der Tag, an dem ich herausfinde, wie das geht, ist der, an dem ich es tue. Ansonsten muss ich das Recht des Stärkeren anwenden.
Mal angenommen, ich muss das nicht: Dann sind die Wölfe und Bären eben genauso Personen wie die Menschen. Wenn ich also künftig das Wort "Personen" benutze, dann schließt das alle Wesen ein, mit denen ich verhandeln kann und deshalb moralisch muss.

Aber dann bleibt die Frage doch dieselbe: Kann ich "Revier" für mich beanspruchen, und wenn ja, wie?
Und wenn nein, was bedeutet das für die Eigenschaften einer herrschaftsfreien Gesellschaftsordnung?

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Peter Nowak
New PostErstellt: 02.05.11, 19:39  Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Megabjörnie
    Zunächst mal eine kleine Rechenaufgabe: Wenn du jeden meiner Sätze mit drei eigenen Sätzen kommentierst und ich dann jeden deiner Sätze mit drei von meinen, wie viele Posts braucht es, bis einer 1000 DIN A-4-Seiten lang wird?
Hm, kann es sein, dass Du da einem Trugschluss unterliegst? Da immer nur das letzte Posting kommentiert wird, baut sich die Seitenanzahl nicht auf.

    Zitat: Megabjörnie
    Mal im Ernst: Das geht so nicht. Ich versuche einen kohärenten Gedankengang aufzubauen, und dem kannst du kaum gerecht werden, wenn du dir jeden Satz einzeln rauspflückst.
Tja, erstens habe ich nicht einzelne Sätze von dir "herausgepflückt", sondern die Absätze, die einen gedanklichen Zusammenhang erkennen liessen und zwotens wird nunmal so diskutiert! Wobei es allerdings immer nur um Sätze geht, an denen man was "rumzumäkeln" hat. Das verlangen einfach die Regeln: Was nicht widerlegt wird, gilt!

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn ich zum Beispiel von „Gewalt“ rede, dann meine ich natürlich nur die, die einem Menschen wissentlich zugefügt wird. Du gebrauchst den Begriff „Gewalttäter“ auch in einem moralischen Sinn. Was soll dann also das Geschwafel um die Definition?
Warum redest Du eigentlich so drum rum? Du meinst die Gewalt gegenüber den Ausbeutern, aber ganz offensichtlich nicht die Gewalt der Ausbeuter! Wenn ich also von dieser Art Gewalt rede, meine ich die bewusste, kühle, rein politische Gewalt einer Klasse zum Sturz einer anderen, in diesem Fall also der Ausbeuterklasse, die ja selbst auch nur durch Gewalt, nämlich die bürgerliche Revolution, an die Macht kam.
Und ich zitier mal, was ich zu "Moral" gesagt hatte:
    Zitat: Peter Nowak
    Es ist ein einziger "moralischer Grundsatz" (wenn man es so nennen will, eigentlich lehne ich Moral in dieser Form ab: entweder jemand kann mir sagen, weshalb ich etwas tun oder lassen soll, oder er muss den Mund halten. Moral ist kein Argument, sondern nur ne Killerphrase).
Und das "Geschwafel" soll klarmachen, dass man den Begriff "Gewalt" nicht so einengen kann, wie Du es tust. Oder anders gesagt: Diese Verengung der Begriffsbedeutung ist willkürlich im Sinne von "sachlich unbegründet".

    Zitat: Megabjörnie
    Der Kontext geht bei deiner Antwort völlig verloren. Mir ging es zum Beispiel bei dem Mensch-Natur-Verhältnis darum, ob du den Unterschied zwischen einem moralischen Imperativ und einem persönlichen Verhaltenskodex anerkennst.
Ich dachte eigentlich, dass ich unmissverständlich klar gemacht hätte, dass ich keinen "moralischen Imperativ" anerkenne (oben extra nochmal wiederholt). Es geht nicht um Moral, sondern um richtig oder falsch also, auf die noch einfachere Ebene gebracht, um die Folgen von Handlungen und Unterlassungen. Wie wertlos "Moral" ist, haben 2000 Jahre Christentum hinlänglich bewiesen.

    Zitat: Megabjörnie
    Und in der Antwort erkenne ich dazu irgendwie keinen zusammenhängenden Gedankengang. Obwohl, eigentlich gilt das auch für die anderen Antwort-Bruchstücke. Und bei deiner Methodik könnte es auch gar nicht anders sein.
Dann versteh ich nicht, wie Du überhaupt mit irgendwem irgendwas diskutieren kannst. Das hier ist geschriebener Text, den Du nachlesen kannst, wie schaffst Du es denn, einer mündlichen Diskussion zu folgen?

    Zitat: Megabjörnie
    Und versetz dich mal in folgende Position: Du führst eine Gesellschafts-Diskussion mit jemandem, der dir die ganze Zeit nur Bibelzitate vor die Füße wirft nach dem Motto: „Ich habe deine Gedanken mit meinen Lehren abgeglichen und sie stimmen nicht überein. Also müssen sie wohl falsch sein.“
    Marxistische Lehrsätze zu servieren ist wohl kaum ein Ansatz für eine Diskussion, die auf Erkenntnisgewinn aus ist. Du kannst davon ausgehen, dass ich diese Lehrsätze selbst kenne.
Ja, eigentlich war ich auch davon ausgegangen und hatte sie nur zur Illustrierung meiner eigenen Aussagen angeführt, wie Du eigentlich unschwer nachlesen kannst. Dein Vorwurf trifft also nicht. Zumal: Kein Satz, egal von wem, stimmt oder stimmt nicht, weil er von diesem oder jenem stammt, sondern ausschliesslich weil er mit der Wirklichkeit übereinstimmt oder nicht.

    Zitat: Megabjörnie
    Ich würde auch nicht mit einem Kreationisten über die Evolutionstheorie diskutieren wollen. Eine Diskussion macht nur dann Sinn, wenn beide in der Lage sind, ihre eigenen Standpunkte von außen zu betrachten und zu analysieren, anstatt sich gegenseitig Lehrstunden in ihrem Dogmatismus zu geben.
Offenbar hast Du noch keinen Dogmatismus kennengelernt, sonst würdest Du das schwerlich behaupten können.

    Zitat: Megabjörnie
    Ich komme nicht umhin, etwas mehr geistigen Einsatz von dir zu fordern: Lies dir erst meinen Beitrag durch und filtere den zentralen Gedankengang heraus. Dann lass dir diesen Gedankengang durch den Kopf gehen und überlege dir eine Antwort mit einem eigenen kohärenten Gedankengang, die sich auf meinen Beitrag bezieht.
Gut, Du willst also keine Diskussion, sondern ein unverbindliches Gelaber, bei dem jeder auf seinem Steckenpferd bestehen kann, ohne Änderungen zumindest in Erwägung zu ziehen. Findest Du nicht, dass DAS in ziemlicher Nähe zum Dogmatismus steht? Freilich nicht zu dem von Marx, sondern dann zu deinem.

    Zitat: Megabjörnie
    Und dabei zählt für mich nur eines: Logische Beweisführung. Schwafelei kriegt ab jetzt keine Antwort mehr. ;)
Irgendwie habe ich andere Vorstellungen von Diskussionen, denn für mich ist das, was Du forderst, Geschwafel. Dazu passt natürlich, dass Du meine Haltung gegenüber "Moral" gar nicht und meinen Gebrauch der marx'schen Begriffe falsch verstanden hast.

    Zitat: Megabjörnie
    Schlüsselsätze oder nicht ganz verstandene Abschnitte zu zitieren ist erlaubt, solange es für deinen Gedankengang wichtig ist.

    Ein Schlüsselsatz von dir in Bezug auf die Denkmuster in deinen Beiträgen ist, denke ich:

    „Die Ansichten darüber, was richtig und fasch ist, sind aber von der E§ntwicklungsstufe der Technik und des Wissens abhängig. Mit Marx: Auf der ökonomischen Basis erhebt sich ein gesellschaftlicher Überbau, der den ökonomischen Verhältnissen den entsprechenden gesellschaftlichen Rahmen gibt.“

    Na ja, nicht ganz. Marx bezog sich eher auf die Organisationsform des Wirtschaftens. Darum geht es mir aber überhaupt nicht. Es bilden sich viele Wertvorstellungen heraus, die das Gesellschaftssystem stabilisieren. Um ein modernes Beispiel zu nehmen, die „Arbeit“ ist erst im Laufe der Kapitalisierung unserer Gesellschaft zur moralischen Kategorie geworden. Folglich ist es „falsch“, faul herumzuhängen, und „richtig“, zu arbeiten, auch wenn man sich in der Fabrik totschuftet. Im Mittelalter hätte Faulheit kaum jemanden gestört, jedenfalls nicht in derselben Weise.
Gut, also hast Du Marx nicht verstanden. Bei ihm ging es genau darum, den Zusammenhang oder besser: die Abhängigkeit der geistigen Vorstellungen einer Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit von der Wirtschaftsorganisation Gesellschaft zu dieser Zeit aufzuzeigen. Insofern betrifft das genau das, was Du anführst, und so hatte ich es auch verstanden.
Und stammt nicht aus dem Mittelalter das pfäffische "ora et labora"? Ist das vielleicht was anderes? Und ich fasse es gar nicht, Du meinst ernsthaft, Faulheit hätte den Feudalherrn nicht gestört? Der hätte seinem Leibeigenen liebevoll die Wange getätschelt und gesagt: "Ruh dich erstmal aus"?

    Zitat: Megabjörnie
    Aber es ging mir nie um durch gesellschaftliche Prägung entwickelte subjektive Ansichten, sondern die Frage, ob es durch alle kulturelle Veränderungen hindurch eine Wahrheit existiert, die im Hintergrund immer bestehen bleibt. Du brauchst eine solche Wahrheit dringender, als du glaubst.
Ja, die gibt es, und ich hatte sie auch zumindest schon angedeutet: Absolute Wahrheit durch alle Zeiten ist, dass der Mensch ein Teil der Lebewesen dieses Planeten ist, dass er sich demnach nicht grundsätzlich etwa von einer Ameise unterscheidet, demnach auch keine Rechte über die Rechte aller anderen Lebewesen hinaus beanspruchen, also auch kein Eigentum baben kann, sondern nur Besitz!

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn du die Gesellschaft mit Gewalt verändern willst, schließt das Mord mit ein, sollte sich jemand zu heftig dagegen wehren. Willst du das so rechtfertigen wie der Inquisitor die Hexenverbrennungen, subjektiv, mit nichts als deinen Glaubensvorstellungen im Rücken? Wenn du damit leben kannst, okay, aber bedenke eines: Wenn du dir das Recht herausnimmst, jemanden umzubringen, der dich nicht körperlich angegriffen hat, darf der dich dann nicht auch in Notwehr töten?
Du stellst die Verhältnisse auf den Kopf. Es sind die Ausbeuter und ihre Schergen, die alle anderen Lebewesen dieses Planeten in ihrer Existenz bedrohen. Schonmal gehört, dass wir derzeit ein riesiges Artensterben haben? Ich bin Verteidiger, nicht Angreifer! Und wer hier Mörder ist, ist auch seit längerem bekannt, jedenfalls habe ich hier noch keinen umgebracht, die Schergen der Ausbeuter und deren Staates schon und nicht wenige!

    Zitat: Megabjörnie
    Du musst dich fragen: „Stehe ich für ein moralisches Ziel ein, und wenn ja, wie beweise ich, dass ich im Recht bin?“ Die Beweisführung ist das, was jemanden, der ein moralisches Ziel verfolgt, von einem ideologischen Schwätzer unterscheidet.
Ich sage es nochmal: dieses pfäffische Geschwätz von "Moral" interessiert mich nicht. Es geht mir um richtig oder falsch und um Folgen von Handeln oder Unterlassen, mehr nicht. Wenn Du dem Gedankengang nicht folgen kannst, tut es mir für dich leid.

    Zitat: Megabjörnie
    Der von „Entwicklungsstufen“ abhängige Moralbegriff verleitet zu zwei gefährlichen Fehlschlüssen.
    Erstens: „Das haben wir schon hinter uns, das kommt nicht wieder“. Praktiken, die wir als „Barbarei“ bezeichnen, können sehr wohl immer wiederkehren. Das letzte Jahrhundert war erfüllt von ziemlich grellen Beispielen.
    Mache dir mal über eine Frage Gedanken: Warum wurde die Verstümmelung abgeschafft, und was macht dich so sicher, dass sie nicht wieder eingeführt wird?
Ich bin mir da durchaus nicht sicher. Es stimmt, dass ein Rückfall in die katholische Form der Barbarei (gewöhnlich "Faschismus" genannt) immer möglich ist, solange es diese "Kirche" gibt. Das liegt aber daran, dass die selbst ja einen längst überwundenen Gesellschaftszustand darstellt (nämlich den Feudalismus). Aber z.B. die Kämpfe in den islamischen Staaten um demokratische Zustände zeigen nun mal, dass die Mehrheit der Menschen nicht unter barbarischen Zuständen leben will. Es sind die Reaktionäre, die das wollen, nicht die Revolutionäre, wie der Faschismus ja auch die Antwort der Ausbeuter auf die drohende Revolution ist. Oder willst Du vielleicht auch noch behaupten, dass der Faschismus ein Akt der Selbstverteidigung war (gegenüber wem? Vielleicht gegenüber den jüdischen MItbürgern?)? Schon in der Antikie ergänzte die Tyrannis die Demokratie.

    Zitat: Megabjörnie
    Zweitens: „Ich stehe auf der höchsten Stufe, die es zur Zeit gibt, und das macht mich allen überlegen, die noch nicht dort angekommen sind.“ Dieser arrogante Blick auf „weniger entwickelte“ Gesellschaften, dieses trügerische Überlegenheitsgefühl läuft jedem egalitären Anspruch zuwider.
Entschuldige, wenn ich Dir mit einem Sprichwort antworte: "Was ich denk und was ich tu, das trau ich allen andren zu." Ich geb Dir mal einen Satz von mir zum meditieren:
Wissen schafft Verantwortung!
Und als Tip: Diese Verantwortung ist eine vierfache.

    Zitat: Megabjörnie
    Ich widerspreche damit übrigens keineswegs dem materialistischen Denkansatz. Deine Antworten deuten alle darauf hin, dass du das Bedürfnis verspürst, diesen Ansatz verteidigen zu wollen. Das ist aber nicht nötig.
Na, offenbar gehen unsere Ansichten über materialistisches Denken auch auseinander.

    Zitat: Megabjörnie
    Ich selbst würde mir bei gesellschaftlichen Fehlentwicklungen immer die Bedingungen anschauen, die diese ausgelöst haben. Aber wenn ich frage: „Woher weiß ich, dass es sich um eine Fehlentwicklung handelt?“, dann nehme ich nicht die Warte meiner gesellschaftlichen „Entwicklungsstufe“ ein, sondern urteile nach Logik, und die ist wie die Mathematik unabhängig von Gesellschaftssystemen.
Tja, nur leider ist Logik individuell, jeder Mensch denkt und handelt logisch, nämlich im Sinne seiner eigenen Logik, die nicht mit der Logik anderer übereinstimmen muss. Das ist ein Teil unserer Individualität! Daher ist es besser, kausal zu denken, statt logisch, denn Logik kann durch die Länge logischer Schritte (ein logischer Schritt umfasst mehrere kausale Schritte) irren, Kausalität nicht! Auch darüber lohnt es sich nachzudenken.

    Zitat: Megabjörnie
    Eine Denkaufgabe zur Illustration: Wenn du moralisch von der Warte der Entwicklungsstufe urteilst, wie kannst du dann den Kapitalismus verurteilen, wo doch alle allgemein akzeptierten Wertvorstellungen auf das System zugeschnitten sind?
Du meinst also, weil der Kapitalismus sich seine Pfaffen und Schmierfinken hält, die ihn verteidigen, gäbe es keinen trifftigen GRund, ihn zu bekämpfen? Das ist eindeutig Ausbeuterlogik! Aber um dir die Antwort nicht schuldig zu bleiben:
Weil diese Gesellschaft keine andere als eine gewaltsame Änderung zulässt (muss ich das illustrieren?), das scheint mir einfach für den geistigen Entwicklungsstand und die Möglichkeiten der Weiterentwicklung unangemessen (wieder mit Marx: Stichwort "Fesselung der Produktivkräfte").

    Zitat: Megabjörnie
      Zitat: Peter Nowak
      „Dann müsstest Du zunächst mal den Begriff "Willkür" definieren, weil Du ihn offensichtlich in einem anderen Sinn verwendest, als ich ihn verstehe.“
    Stimmt, das ist ein wichtiger Punkt. Wobei du allerdings nicht gesagt hast, wie du ihn nun eigentlich verstehst. Sonst könnte ich den Unterschied in unseren Definitionen herausstellen.
    Willkür bedeutet für mich: Handeln ohne moralische Grundlage.
Das ist also deine individuelle Definition. Ich kenne zwei andere:
  • Die juristische, Willkür = ungesetzlich
  • die allgemein wissenschaftliche, Willkür = sachlich unbegründet.
Deine Definition würde ich am ehesten als "pfäffisch" bezeichnen, denn sie erhebt die Moralvorstellungen auf eine Höhe, die ihnen nicht zukommt. Aber nach deiner Definition wäre ich natürlich willkürlich.

    Zitat: Megabjörnie
    Ein Beispiel: Drei Revolutionäre haben sich verbündet, um den Kapitalismus zu stürzen. Der erste will einen computergestützten Staatssozialismus, in dem jeder so viel bekommt, wie seine Arbeitsstunden „wert“ sind, nach Berechnungen, wie sie nur mit modernster Technik angestellt werden können. Der zweite ist für die wertkritische Variante, dezentrale Planung, Subsistenzwirtschaft in großem Maßstab usw. Der dritte will auf jeden Fall eine radikale Öko-Zivilisation, auch wenn die Bedürfnisse der Menschen zugunsten „der Natur“ zurückgesteckt werden müssen.
    Die drei sind Konkurrenten, aber sie haben eines gemeinsam: Sie glauben, jeweils für das beste Modell einzustehen. Und wenn sie auf ihrem jeweiligen Standpunkt beharren und keine Kompromisse eingehen, setzt sich derjenige durch, der am meisten Gewalt mobilisieren kann.
    Warum ist das so? Ganz einfach, weil sich keines der Modelle zwingend logisch aus der moralischen Ablehnung des bestehenden Herrschaftssystems ergibt. Ich kann aus verschiedensten Gründen etwas gegen jedes dieser Modelle haben, und da sie nicht herrschaftsfrei durchgesetzt werden können, kann ich auch nur mit Gewalt etwas dagegen tun. Ich kann auch aus verschiedensten Gründen für eines von ihnen sein, aber wenn ich nicht akzeptieren kann, dass es auch andere Vorstellungen gibt, bleibt mir nur die Gewalt.
    Deshalb bleibt dem, wer immer sich durchsetzt, nur, ein Herrschaftssystem durch ein anderes zu ersetzen.
Nein, das ist ein Trugschluss. Es würde zutrffen, wenn es um das Erringen der Herrschaft ginge. Es geht aber um die Abschaffung der Herrschaft und das Erringen der Selbstbeherrschung zunächst der Gesellschaft und dann des Einzelnen. Wenn sich aber die Gesellschaft selbst beherrscht, dann bedeutet das, dass im Beschlussverfahren jeder seine Vorstellungen vertreten kann und soll, also auch die Ausbeuter, nur haben sie dann keine Maulhelden und Schlägerbanden mehr, die ihre Meinung zwangsweise durchsetzen.

    Zitat: Megabjörnie
    Deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass es einen riesigen Unterschied zwischen dem „Sinn“ einer politischen Idee und deren logischen Konsequenzen gibt.
    Gehen wir in der Diskussion noch mal ein paar Schritte zurück: Als ich den Gedanken der „Vergesellschaftung“ auseinander nahm und die logischen Konsequenzen analysierte ( „Alles gehört allen“ ), bezogen sich deine Antworten wirklich auf die Logik meiner Argumente und versuchten sie zu widerlegen, oder gingen sie vielleicht an der Sache vorbei?
Du hattest dazu folgendes geschrieben:
    Zitat: Megabjörnie
    Auf einen Nebenaspekt muss ich noch eingehen: Als eine Ursache für Verbrechen wird angegeben, dass es Privateigentum gibt und deshalb künstlich ein krimineller Tatbestand, der Diebstahl, geschaffen werde. Das ist aber eine unlogische Annahme.
    Ich stimme wohl zu, dass Privateigentum ein Produkt der herrschenden Institutionen ist, die die Regeln für die Güterverteilung festlegen.
    Dennoch würde es Diebstahl auch in einer Gesellschaft geben, die den Anspruch verfolgt, dass alles allen gehören soll.
Darauf hatte ich geantwortet:
    Zitat: Peter Nowak
    Das ist auch nicht das Ziel. Das Ziel einer freien Gesellschaft kann nicht sein,
    dass jedem alles gehört, sondern nur, dass jeder alles haben kann, was er möchte. Realisieren lässt sich das nur in Bezug auf industrielle Konsumgüter, bei landwirtschaftlichen Produkten geht das natürlich nicht (wenn keine Milch mehr da ist, kann er keine kriegen). Bei den industriellen Konsumgütern geht das dann, wenn die Gesellschaft kommunal die Maschinen zur Verfügung stellt und die Rohmaterialbeschaffung organisiert, womit sich dann jeder seine Konsumgüter produziert:
Ich entnehme aus deiner obigen Aussage, dass Du dem Gedankengang wieder nicht folgen konntest, also versuche ich nochmal, ihn dir zu verdeutlichen:
Deine Behauptung, dass Diebstahl auch in einer Gesellschaft vorkäme, in der alles allen gehört ist selbst nach deiner "Logik" Unsinn, denn wenn mir etwas gehört, kann ich es nicht stehlen!
Meine Argumentation war aber: Das Ziel ist gar nicht eine "Gesellschaft, in der alles allen gehört", sondern eine Gesellschaft, in der jeder alles werden und in Bezug auf Konsumgüter auch haben kann.
Selbst in einer solchen Gesellschaft wird es aber auch Diebstahl geben, zum einen, weil Kleptomanie eben ein zwanghaftes Handeln ist, das nicht logischen Erwägungen folgt, zum anderen weil ein kapitalistisches Umfeld natürlich alles tun wird, eine solche Gesellschaft zu zerstören, und da wäre Diebstahl noch das geringste der zu erwartenden Mittel.

    Zitat: Megabjörnie
      Zitat: Peter Nowak
      „Komm mal von deinem hohen Ross runter, die menschliche Gesellschaft ist nicht das Mass aller Dinge. Es geht allein darum, die Menschliche Gesellschaft in Einklang mit dem Rest der Natur zu bringen. Wenn wir denn intelligent sind, wie wir ja von uns behaupten, dann sollte das doch eigentlich kein Problem für uns sein.“
    Selbstverständlich ist das ein Problem. Was du hier anpeilst, ist ein allumfassender moralischer Bezug zur Natur.
Und wieder hast Du den Gedanken missverstanden. Ich argumentiere nicht moralisch, sondern juristisch. Wir sind Teil der Lebewesen dieses Planeten, darum sind wir mit ihnen gleichberechtigt, aber nicht bevorrechtet.

    Zitat: Megabjörnie
    Die Idee hat Charme. Man überwindet die Trennung zwischen Menschen und anderen Lebewesen. Nur geht das logisch nun einmal nicht.
Aha, dann geht das, was ich denke und fühle also gar nicht? Gibt es mich dann überhaupt????

    Zitat: Megabjörnie
    Moral basiert auf dem Selbsterhaltungstrieb. Der Selbsterhaltungstrieb bringt uns dazu, soziale Wesen zu sein, denn das erhöht die Überlebenschancen.
Also mal ehrlich, wer hat dir denn diesen UNsinn beigebracht? Wenn das so wäre, wären alle Raubrtiere moralisch handelnde Wesen, denn die folgen zweifellos dem Selbsterhaltungstrieb. Aber das passt natürlich zu meiner obigen Feststellung, dass Du die Ausbeuterlogik vertrittst, denn die Ausbeuter leben ja unter dem Raubtiergesetz der Konkurrenz ("fressen oder gefressen werden"). Ich lebe zwar in dieser Raubtiergesellschaft, aber da ich ja wählen kann, was ich sein will:
  • Raubtier sein,
  • Beute sein oder
  • Jäger sein,
habe ich mich für letzteres entschieden, weil ich nunmal Mensch bin und nicht Tier.

    Zitat: Megabjörnie
    Soziale Wesen definieren moralische Parameter: Wenn du diese Grenze überschreitest, reagiere ich mit Gewalt. Wenn du es nicht tust, bleibe ich friedlich. Das Minimum an Grenzen sind die Rechte, die ich logisch aus dem Selbsterhaltungstrieb ableiten kann.
Schon wieder abstraktes Gelaber. Ich ziehe die konkrete Sicht der Dinge vor: Deine "moralischen Parameter" müssten für alle gleich gelten, tun sie aber nicht. Sie verbieten mir, ein Haus zu besetzen, weil ich eine Wohnung brauche und mir kein Apartement leisten kann, aber sie verbieten dem "Eigentümer" des Hauses nicht, es unbewohnbar zu machen und die Leute rausschmeissen zu lassen, wenn es seine Profite erfordern. Das Profitinteresse des Einzelnen wird also höher bewertet als das gesellschaftliche Interesse nach Wohnraum oder schlicht: Diese Gesellschaft ist asozial! Das ganze Gewäsch von "gleichen Rechten" ist Lüge und Betrug und höchstens geeignet BLÖD-Zeitung-Leser zu beeindrucken.

    Zitat: Megabjörnie
    Die Natur an sich basiert nicht auf Moral. Der Hase muss sein Leben aushauchen, um dem Wolf als Nahrung zu dienen, und das läuft dem Selbsterhaltungstrieb zuwider. Kein einziges Lebewesen auf der Welt hat ein Interesse daran, harmonisch in einem System zu funktionieren, das auf Fressen und Gefressenwerden basiert. Es will selbst überleben, und dadurch entsteht durch Zufall und statistische Wahrscheinlichkeit ökologisches Gleichgewicht.
Eine sehr lächerliche Ansicht. Allein das Verhalten aller Steppentiere bei Bränden zeigt, dass es ein übergeordnetes Interesse gibt, denn da werden die Beutetiere in Ruhe gelassen. Selbst bei den menschlichen Raubtieren, den Ausbeutern, ist es ja so, dass sie den Ausgebeuteten Honig ums Maul schmieren, wenn sie sie brauchen oder Angst vor ihnen haben, siehe ihr Verhalten nach dem Krieg.

    Zitat: Megabjörnie
    Ergo habe ich auch keinen Ansatzpunkt, wie ich ein harmonisches Verhältnis zur Natur definieren kann. An welchem Punkt muss ich meine Bedürfnisse zurücknehmen, um der Natur keinen Schaden zuzufügen? Ich kann wohl versuchen, so rücksichtsvoll wie möglich vorzugehen, aber soll ich eine Missernte riskieren, indem ich auf Pflanzenschutzmittel gegen eine drohende Insektenplage verzichte?
    Ja, natürlich, du würdest es vielleicht, aber denke auch mal daran, dass die anderen das vielleicht nicht wollen. Du kannst keinen moralischen Imperativ formulieren, der dem Selbsterhaltungstrieb zuwiderläuft, weil das logisch keinen Sinn macht. Den könnte nämlich jeder ignorieren.
Ein harmonisches Verhältnis zur Natur beinhaltet ja wohl vor allem und zuallererst, dass ich nur das produziere, was auch tatsächlich gebraucht wird, und nicht für den Markt, wo sich dann erst zeigt, was gebraucht wird. Auf Pflanzenschutzmittel kann ich verzichten, wenn ich kleine Flächen und nicht in Monokultur, sondern in Kombination bepflanze, indem ich die Flächen für Wildwuchs nicht immer mehr durch Bebauung mit Privathäusern und Fabriken einenge usw. Und einen "moralischen Imperativ" lehne ich ab, mir reicht ein ganz normales technisches Denken zur Begründung.

    Zitat: Megabjörnie
    Demzufolge bleiben solche Dinge eine Sache persönlicher Entscheidung und haben in einer politischen Diskussion nichts verloren. Es ist in Ordnung, sein Leben nicht höher zu bewerten als das eines Insekts, aber du kannst wohl kaum mit extremer Gewalt einschreiten, wenn jemand eines totschlagen will. Es ist eben doch was anderes, als wenn ein Mensch angegriffen wird. Zwei Moralitäten, wie ich oben schon sagte.
Schon richtig, ein Insekt ist nützlich ...

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn du etwas dagegen einzuwenden hast, verlange ich logische Beweisführung, keine Schlangenbeschwörer- und Hundeflüsterergeschichten. Das heißt, du musst die logische Möglichkeit nachweisen, den Menschen zur Harmonie mit allen Wesen zu verpflichten, anstatt es ihm nur nahe zu legen.
Wenn Du schon einer einfachen juristischen Argumentation nicht folgen kannst, wird wohl auch mit Deiner "Logik" nicht viel los sein, denn juristische Grundsätze sind eigentlich von jedem Menschjen, mit halbwegs klarem Verstand zu verstehen. Aber eben von Menschen, nicht von Ausbeutern, deren Sache Du ja hier vertrittst.

    Zitat: Megabjörnie
    Der einzige Grund, warum ich überhaupt darauf eingegangen bin, war deine Behauptung, es könne kein Landeigentum geben, weil die ganzen anderen Lebewesen ja auch da seien. Mal davon abgesehen, aus welchen Gründen du einen Eigentümer enteignen willst ( witzig, sich vorzustellen, wie du ihm sagst: „Sorry, die Igel und Würmer haben auch ein Recht drauf, und nur deswegen nehme ich es dir weg – ganz ehrlich.“ ),

    Tja, das ist eben dein Unvermögen, einer Argumentation zu folgen, da musst Du dich aber bei deinen Eltern und Lehrern beklagen, nicht bei mir. Meine Argumentation war nämlich: Landeigentum kann es nicht geben, weil es den Gleichheitsgrundsatz unter den Lebewesen verletzt. Auch hier vertrittst Du wieder die Ausbeuterlogik: Gleichheit ist nur die Gleichheit der Ausbeuter!

    [quote:Megabjörnie]überlege mal Folgendes: Angenommen, wir klammern den Öko-Faktor aus – könnte ich dann ein exklusives, persönliches Nutzungsrecht ( also Eigentum ) auf ein Stück Land beanspruchen, das ich besiedeln will? Du hast selbst gesagt, ich könnte es, wenn ich als Erster da war.
Tja, Du diskutierst über Dinge, von denen Du offenbar nicht die blasseste Ahnung hast! Ein "exklusives persönliches Nutzungsrecht" ist eben kein Eigentum, sondern BESITZ, wie ich, glaube ich, schon mal ausgeführt hatte. Auch als Erstbesiedler kannst Du kein "Eigentum" geltend machen, sondern nur Besitz. "Eigentum" geht in dem Fall sowieso nicht, weil das ein Titel ist, der vom Gewaltmonopol des Staates garantiert wird. Kein Staat = kein Eigentum, so einfach kann das Leben sein.

[quote:Megabjörnie]Bist du sicher, dass du diese Ansicht vertreten willst?/quote]

Ja!
Peter
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Megabjörnie

Beiträge: 5

New PostErstellt: 02.05.11, 00:55  Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE  drucken  weiterempfehlen

Zunächst mal eine kleine Rechenaufgabe: Wenn du jeden meiner Sätze mit drei eigenen Sätzen kommentierst und ich dann jeden deiner Sätze mit drei von meinen, wie viele Posts braucht es, bis einer 1000 DIN A-4-Seiten lang wird?

Mal im Ernst: Das geht so nicht. Ich versuche einen kohärenten Gedankengang aufzubauen, und dem kannst du kaum gerecht werden, wenn du dir jeden Satz einzeln rauspflückst.
Wenn ich zum Beispiel von „Gewalt“ rede, dann meine ich natürlich nur die, die einem Menschen wissentlich zugefügt wird. Du gebrauchst den Begriff „Gewalttäter“ auch in einem moralischen Sinn. Was soll dann also das Geschwafel um die Definition?
Der Kontext geht bei deiner Antwort völlig verloren. Mir ging es zum Beispiel bei dem Mensch-Natur-Verhältnis darum, ob du den Unterschied zwischen einem moralischen Imperativ und einem persönlichen Verhaltenskodex anerkennst. Und in der Antwort erkenne ich dazu irgendwie keinen zusammenhängenden Gedankengang. Obwohl, eigentlich gilt das auch für die anderen Antwort-Bruchstücke. Und bei deiner Methodik könnte es auch gar nicht anders sein.

Und versetz dich mal in folgende Position: Du führst eine Gesellschafts-Diskussion mit jemandem, der dir die ganze Zeit nur Bibelzitate vor die Füße wirft nach dem Motto: „Ich habe deine Gedanken mit meinen Lehren abgeglichen und sie stimmen nicht überein. Also müssen sie wohl falsch sein.“
Marxistische Lehrsätze zu servieren ist wohl kaum ein Ansatz für eine Diskussion, die auf Erkenntnisgewinn aus ist. Du kannst davon ausgehen, dass ich diese Lehrsätze selbst kenne.
Ich würde auch nicht mit einem Kreationisten über die Evolutionstheorie diskutieren wollen. Eine Diskussion macht nur dann Sinn, wenn beide in der Lage sind, ihre eigenen Standpunkte von außen zu betrachten und zu analysieren, anstatt sich gegenseitig Lehrstunden in ihrem Dogmatismus zu geben.

Ich komme nicht umhin, etwas mehr geistigen Einsatz von dir zu fordern: Lies dir erst meinen Beitrag durch und filtere den zentralen Gedankengang heraus. Dann lass dir diesen Gedankengang durch den Kopf gehen und überlege dir eine Antwort mit einem eigenen kohärenten Gedankengang, die sich auf meinen Beitrag bezieht.
Und dabei zählt für mich nur eines: Logische Beweisführung. Schwafelei kriegt ab jetzt keine Antwort mehr.
Schlüsselsätze oder nicht ganz verstandene Abschnitte zu zitieren ist erlaubt, solange es für deinen Gedankengang wichtig ist.

Ein Schlüsselsatz von dir in Bezug auf die Denkmuster in deinen Beiträgen ist, denke ich:

„Die Ansichten darüber, was richtig und fasch ist, sind aber von der E§ntwicklungsstufe der Technik und des Wissens abhängig. Mit Marx: Auf der ökonomischen Basis erhebt sich ein gesellschaftlicher Überbau, der den ökonomischen Verhältnissen den entsprechenden gesellschaftlichen Rahmen gibt.“

Na ja, nicht ganz. Marx bezog sich eher auf die Organisationsform des Wirtschaftens. Darum geht es mir aber überhaupt nicht. Es bilden sich viele Wertvorstellungen heraus, die das Gesellschaftssystem stabilisieren. Um ein modernes Beispiel zu nehmen, die „Arbeit“ ist erst im Laufe der Kapitalisierung unserer Gesellschaft zur moralischen Kategorie geworden. Folglich ist es „falsch“, faul herumzuhängen, und „richtig“, zu arbeiten, auch wenn man sich in der Fabrik totschuftet. Im Mittelalter hätte Faulheit kaum jemanden gestört, jedenfalls nicht in derselben Weise.
Aber es ging mir nie um durch gesellschaftliche Prägung entwickelte subjektive Ansichten, sondern die Frage, ob es durch alle kulturelle Veränderungen hindurch eine Wahrheit existiert, die im Hintergrund immer bestehen bleibt. Du brauchst eine solche Wahrheit dringender, als du glaubst. Wenn du die Gesellschaft mit Gewalt verändern willst, schließt das Mord mit ein, sollte sich jemand zu heftig dagegen wehren. Willst du das so rechtfertigen wie der Inquisitor die Hexenverbrennungen, subjektiv, mit nichts als deinen Glaubensvorstellungen im Rücken? Wenn du damit leben kannst, okay, aber bedenke eines: Wenn du dir das Recht herausnimmst, jemanden umzubringen, der dich nicht körperlich angegriffen hat, darf der dich dann nicht auch in Notwehr töten?
Du musst dich fragen: „Stehe ich für ein moralisches Ziel ein, und wenn ja, wie beweise ich, dass ich im Recht bin?“ Die Beweisführung ist das, was jemanden, der ein moralisches Ziel verfolgt, von einem ideologischen Schwätzer unterscheidet.

Der von „Entwicklungsstufen“ abhängige Moralbegriff verleitet zu zwei gefährlichen Fehlschlüssen.
Erstens: „Das haben wir schon hinter uns, das kommt nicht wieder“. Praktiken, die wir als „Barbarei“ bezeichnen, können sehr wohl immer wiederkehren. Das letzte Jahrhundert war erfüllt von ziemlich grellen Beispielen.
Mache dir mal über eine Frage Gedanken: Warum wurde die Verstümmelung abgeschafft, und was macht dich so sicher, dass sie nicht wieder eingeführt wird?
Zweitens: „Ich stehe auf der höchsten Stufe, die es zur Zeit gibt, und das macht mich allen überlegen, die noch nicht dort angekommen sind.“ Dieser arrogante Blick auf „weniger entwickelte“ Gesellschaften, dieses trügerische Überlegenheitsgefühl läuft jedem egalitären Anspruch zuwider.
Ich widerspreche damit übrigens keineswegs dem materialistischen Denkansatz. Deine Antworten deuten alle darauf hin, dass du das Bedürfnis verspürst, diesen Ansatz verteidigen zu wollen. Das ist aber nicht nötig. Ich selbst würde mir bei gesellschaftlichen Fehlentwicklungen immer die Bedingungen anschauen, die diese ausgelöst haben. Aber wenn ich frage: „Woher weiß ich, dass es sich um eine Fehlentwicklung handelt?“, dann nehme ich nicht die Warte meiner gesellschaftlichen „Entwicklungsstufe“ ein, sondern urteile nach Logik, und die ist wie die Mathematik unabhängig von Gesellschaftssystemen.
Eine Denkaufgabe zur Illustration: Wenn du moralisch von der Warte der Entwicklungsstufe urteilst, wie kannst du dann den Kapitalismus verurteilen, wo doch alle allgemein akzeptierten Wertvorstellungen auf das System zugeschnitten sind?

„Dann müsstest Du zunächst mal den Begriff "Willkür" definieren, weil Du ihn offensichtlich in einem anderen Sinn verwendest, als ich ihn verstehe.“

Stimmt, das ist ein wichtiger Punkt. Wobei du allerdings nicht gesagt hast, wie du ihn nun eigentlich verstehst. Sonst könnte ich den Unterschied in unseren Definitionen herausstellen.
Willkür bedeutet für mich: Handeln ohne moralische Grundlage.
Ein Beispiel: Drei Revolutionäre haben sich verbündet, um den Kapitalismus zu stürzen. Der erste will einen computergestützten Staatssozialismus, in dem jeder so viel bekommt, wie seine Arbeitsstunden „wert“ sind, nach Berechnungen, wie sie nur mit modernster Technik angestellt werden können. Der zweite ist für die wertkritische Variante, dezentrale Planung, Subsistenzwirtschaft in großem Maßstab usw. Der dritte will auf jeden Fall eine radikale Öko-Zivilisation, auch wenn die Bedürfnisse der Menschen zugunsten „der Natur“ zurückgesteckt werden müssen.
Die drei sind Konkurrenten, aber sie haben eines gemeinsam: Sie glauben, jeweils für das beste Modell einzustehen. Und wenn sie auf ihrem jeweiligen Standpunkt beharren und keine Kompromisse eingehen, setzt sich derjenige durch, der am meisten Gewalt mobilisieren kann.
Warum ist das so? Ganz einfach, weil sich keines der Modelle zwingend logisch aus der moralischen Ablehnung des bestehenden Herrschaftssystems ergibt. Ich kann aus verschiedensten Gründen etwas gegen jedes dieser Modelle haben, und da sie nicht herrschaftsfrei durchgesetzt werden können, kann ich auch nur mit Gewalt etwas dagegen tun. Ich kann auch aus verschiedensten Gründen für eines von ihnen sein, aber wenn ich nicht akzeptieren kann, dass es auch andere Vorstellungen gibt, bleibt mir nur die Gewalt.
Deshalb bleibt dem, wer immer sich durchsetzt, nur, ein Herrschaftssystem durch ein anderes zu ersetzen.
Deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass es einen riesigen Unterschied zwischen dem „Sinn“ einer politischen Idee und deren logischen Konsequenzen gibt.
Gehen wir in der Diskussion noch mal ein paar Schritte zurück: Als ich den Gedanken der „Vergesellschaftung“ auseinander nahm und die logischen Konsequenzen analysierte ( „Alles gehört allen“ ), bezogen sich deine Antworten wirklich auf die Logik meiner Argumente und versuchten sie zu widerlegen, oder gingen sie vielleicht an der Sache vorbei?


„Komm mal von deinem hohen Ross runter, die menschliche Gesellschaft ist nicht das Mass aller Dinge. Es geht allein darum, die Menschliche Gesellschaft in Einklang mit dem Rest der Natur zu bringen. Wenn wir denn intelligent sind, wie wir ja von uns behaupten, dann sollte das doch eigentlich kein Problem für uns sein.“

Selbstverständlich ist das ein Problem. Was du hier anpeilst, ist ein allumfassender moralischer Bezug zur Natur.
Die Idee hat Charme. Man überwindet die Trennung zwischen Menschen und anderen Lebewesen. Nur geht das logisch nun einmal nicht.
Moral basiert auf dem Selbsterhaltungstrieb. Der Selbsterhaltungstrieb bringt uns dazu, soziale Wesen zu sein, denn das erhöht die Überlebenschancen. Soziale Wesen definieren moralische Parameter: Wenn du diese Grenze überschreitest, reagiere ich mit Gewalt. Wenn du es nicht tust, bleibe ich friedlich. Das Minimum an Grenzen sind die Rechte, die ich logisch aus dem Selbsterhaltungstrieb ableiten kann.
Die Natur an sich basiert nicht auf Moral. Der Hase muss sein Leben aushauchen, um dem Wolf als Nahrung zu dienen, und das läuft dem Selbsterhaltungstrieb zuwider. Kein einziges Lebewesen auf der Welt hat ein Interesse daran, harmonisch in einem System zu funktionieren, das auf Fressen und Gefressenwerden basiert. Es will selbst überleben, und dadurch entsteht durch Zufall und statistische Wahrscheinlichkeit ökologisches Gleichgewicht.
Ergo habe ich auch keinen Ansatzpunkt, wie ich ein harmonisches Verhältnis zur Natur definieren kann. An welchem Punkt muss ich meine Bedürfnisse zurücknehmen, um der Natur keinen Schaden zuzufügen? Ich kann wohl versuchen, so rücksichtsvoll wie möglich vorzugehen, aber soll ich eine Missernte riskieren, indem ich auf Pflanzenschutzmittel gegen eine drohende Insektenplage verzichte?
Ja, natürlich, du würdest es vielleicht, aber denke auch mal daran, dass die anderen das vielleicht nicht wollen. Du kannst keinen moralischen Imperativ formulieren, der dem Selbsterhaltungstrieb zuwiderläuft, weil das logisch keinen Sinn macht. Den könnte nämlich jeder ignorieren.
Demzufolge bleiben solche Dinge eine Sache persönlicher Entscheidung und haben in einer politischen Diskussion nichts verloren. Es ist in Ordnung, sein Leben nicht höher zu bewerten als das eines Insekts, aber du kannst wohl kaum mit extremer Gewalt einschreiten, wenn jemand eines totschlagen will. Es ist eben doch was anderes, als wenn ein Mensch angegriffen wird. Zwei Moralitäten, wie ich oben schon sagte.

Wenn du etwas dagegen einzuwenden hast, verlange ich logische Beweisführung, keine Schlangenbeschwörer- und Hundeflüsterergeschichten. Das heißt, du musst die logische Möglichkeit nachweisen, den Menschen zur Harmonie mit allen Wesen zu verpflichten, anstatt es ihm nur nahe zu legen.

Der einzige Grund, warum ich überhaupt darauf eingegangen bin, war deine Behauptung, es könne kein Landeigentum geben, weil die ganzen anderen Lebewesen ja auch da seien. Mal davon abgesehen, aus welchen Gründen du einen Eigentümer enteignen willst ( witzig, sich vorzustellen, wie du ihm sagst: „Sorry, die Igel und Würmer haben auch ein Recht drauf, und nur deswegen nehme ich es dir weg – ganz ehrlich.“ ), überlege mal Folgendes: Angenommen, wir klammern den Öko-Faktor aus – könnte ich dann ein exklusives, persönliches Nutzungsrecht ( also Eigentum ) auf ein Stück Land beanspruchen, das ich besiedeln will? Du hast selbst gesagt, ich könnte es, wenn ich als Erster da war.
Bist du sicher, dass du diese Ansicht vertreten willst?

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Peter Nowak
New PostErstellt: 01.04.11, 20:56  Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Megabjörnie
    Ich möchte jetzt nur mal auf das Thema „Moral“ eingehen. Da gab es m. E. ein paar Missverständnisse.
    Wenn ich die Existenz von Entwicklungsstufen bestreite, bezieht sich das nicht auf die Entwicklung von Technik oder das Wachstum des Wissens, sondern auf die Begriffe Richtig und Falsch.
Die Ansichten darüber, was richtig und fasch ist, sind aber von der E§ntwicklungsstufe der Technik und des Wissens abhängig. Mit Marx: Auf der ökonomischen Basis erhebt sich ein gesellschaftlicher Überbau, der den ökonomischen Verhältnissen den entsprechenden gesellschaftlichen Rahmen gibt.

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn ich z. B. Verstümmelungen verurteile, die vor Jahrhunderten stattgefunden haben, aber damals hat sich keiner darüber beschwert, dann nehme ich eine überhistorische Warte für mich in Anspruch. Es muss irgendwie eine objektive, logisch nachweisbare Richtlinie geben, nach der bestimmte Verhaltensformen zu jedem Zeitpunkt und unabhängig vom subjektiven Urteil der sozialen Umgebung richtig oder falsch sind.
Eben, diese Warte ist die gesellschaftliche Entwicklungsstufe. Es wäre doch geradezu absurd, heute wieder Verstümmelungen als Bestrafung einzuführen, diese Entwicklungsstufe haben wir doch hinter uns, auch wenn einige Folter-Befürworter vielleicht ein wenig zurückgeblieben sind.

    Zitat: Megabjörnie
    Der Schlüssel ist, denke ich, das Eigentum am eigenen Körper. So kann man eben Zwangsheiraten/-verstümmelungen verurteilen, ohne dass der Vorwurf, man würde ja nur die Perspektive einer bestimmten Kultur einnehmen, verfangen würde. Gleichzeitig erkennt man schließlich auch, dass die eigene Gesellschaft in dieser Hinsicht ebenfalls nicht perfekt ist.
Erstens wäre das auf der gesellschaftlichen Entwicklungsstufe, wo Verstümmelung praktiziert wurde, absurd, weil das ja feudale Zeiten waren, wo der Körper eben nicht Eigentum des Menschen, sondern seines Feudalherrn waren.
Zweitens ist das auch die Perspektive unserer Gesellschaft auf die Vergangenheit übertragen.

    Zitat: Megabjörnie
    Aus dem Selbsteigentum folgt, dass eine Gesellschaft immer wissen kann, wonach sie streben muss. Wenn aufgrund bestimmter langfristiger Fehlentwicklungen das Bewusstsein des Selbsteigentums in Vergessenheit gerät, heißt das nicht, dass es nicht mehr existiert. Es braucht nur den Gedankengang: Gewalt ist etwas Schlechtes.
Das ist aber Unsinn! Gewalt ist ein Naturgesetz, das Gesetz der Entstehung! Erzähl mir mal, wie Du ohne Gewalt existieren willst. Wenn Du irgendwo sitzt, liegst, Stehst oder gehst, übst Du Gewalt über einen Ort aus. Wenn Du dich ernähren willst, musst Du Gewalt anwenden, oder meinst Du, Du brauchst nur in den Supermarkt zu gehen, dazu bräuchte es keine Gewalt? Das Geschwätz von der "bösen Gewalt" ist einfach dummes Zeug.

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn ich den Körper eines anderen in Besitz nehmen will, muss ich Gewalt anwenden. Jeder einzelne besitzt den eigenen Körper, ohne dass er dafür Gewalt anwenden musste. Und, ganz wichtig: Ich weiß, was Bestandteil des Körpers eines Menschen ist und was nicht.
    Ich denke schon, dass wir alle instinktiv um das Selbsteigentum wissen. Kulturen, die es missachten, kompensieren das, indem sie Wertigkeitsstufen für menschliche Existenzen konstruieren; Vertreter der eigenen Schicht/Klasse sind unantastbar und vollwertige Selbsteigentümer, die anderen nicht.
Du verwechselst Ursache und Wirkung: Nicht die Ablehnung des "Selbsteigentums" bringt die Klassen hervor, sondern die Existenz der Klassen bringt die Ablehnung des nSelbsteigentums hervor.

    Zitat: Megabjörnie
    Gesalbte Könige werden nicht umgebracht, die Untertanen sollte man nicht umbringen, aber wenn man es für nötig hält, Pech für sie. Sklaven, Frauen, Unberührbare, Leibeigene, alle haben das Pech, nicht als vollwertige Menschen zu gelten.
    Aber das ist eben auch ein Zeichen, dass es ein Grundbewusstsein für Selbsteigentum gibt, sonst müsste man solche Wertigkeiten gar nicht erfinden.
Auch das ist falsch. Man "erfindet" solche "Wertigkeiten" nicht, sie entstehen im Verlauf der gesellschaftlichen Entwicklung und zwar unabhängig vom Willen des Einzelnen.

    Zitat: Megabjörnie
    Eine Gesellschaft kann sich in moralischer Hinsicht nach vorn, aber auch wieder zurück entwickeln. Deshalb würde ich hier nie von Entwicklungsstufen sprechen. Das suggeriert nämlich, wir stünden irgendwie auf einer höheren Stufe. Dem Threadersteller gebe ich insofern auch Recht: Eine solche Sichtweise ist irreführend.
Nein, sie geht nur von der Tatsache aus, dass bestimmte Vorstellungen und damit auch Verhaltensweisen an bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse, Produktionsverhältnisse, wie Marx sagt, gebunden sind, und das dürfte ziemlich unwiderlegbar sein.

    Zitat: Megabjörnie
    Wobei ich gleichzeitig glaube, dass zwei Aspekte der Willkür immer unsere Begleiter sein werden und die Gefahr moralischer Degeneration mit sich bringen: die Bestrafung und die Verteilung von Besitztümern.
Dann müsstest Du zunächst mal den Begriff "Willkür" definieren, weil Du ihn offensichtlich in einem anderen Sinn verwendest, als ich ihn verstehe. Sodann aber: Ja, Bestrafung wird es zumindest als Androhung immer geben müssen, weil ansonsten die Gesellschaft absurd wird. Was aber die Besitztümer angeht, so ist das eben keine Frage der Verteilung, sondern der Organisation der Produktion oder genauer: der Produktionsweise.

    Zitat: Megabjörnie
    Die Abstufung zwischen Menschen und anderen Wesen erscheint tatsächlich erst mal willkürlich, aber gesellschaftlich ist sie schwer zu umgehen.
    Nehmen wir ein Beispiel: Ich schlage keine Fliegen tot und hänge keine Fliegenfänger auf. Aber ich stelle fest, dass die meisten anderen Menschen in dieser Hinsicht keine Bedenken haben. Mein Grundrespekt vor dem Leben fehlt ihnen und ist schwer zu vermitteln.
    Dennoch komme ich mit ihnen klar und kann sogar positive soziale Beziehungen zu ihnen aufbauen.
    Dadurch wurde mir klar, dass es zwei Ebenen der Moralität gibt: Eine gesellschaftliche und eine spirituelle.
Du bringst das auf eine religiöse Ebene, die es auch wirklich hat, aber eben nicht nur. Das sind doch keine getrennten Aspekte, sondern nur einer: weil DU (und dabei geht es um den Einzelnen) Respekt vor dem Leben hast, lehnst Du das Töten von Lebewesen ab UND kommst mit allen Menschen aus. Es ist ein einziger "moralischer Grundsatz" (wenn man es so nennen will, eigentlich lehne ich Moral in dieser Form ab: entweder jemand kann mir sagen, weshalb ich etwas tun oder lassen soll, oder er muss den Mund halten. Moral ist kein Argument, sondern nur ne Killerphrase).

    Zitat: Megabjörnie
    Die gesellschaftliche Moralität bezieht sich auf Fehlverhalten, das des Korrektivs bedarf, weil die Gesellschaft anders nicht funktionieren kann. Ich definiere meine Beziehung zu anderen Menschen.
Ja, solange man es so abstrakt betrachtet, scheint es richtig, es verliert aber seinen Schein, wenn wir die Dinge konkret betrachten. In dieser Gesellschaft wird ein Korrektiv verwandt, um diese Gesellschaft und ihre Grundlage, die Ausbeutung der einen durch die anderen, also die Klassengesellschaft, aufrecht zu erhalten. Es geht also gar nicht um DIE Gesellschaft (nämlich mit ALLEN!), sondern in Wahrheit nur um einen Teil der Gesellschaft, der dieses Korrektiv braucht, um sein Mitesserdasein aufrechtzuerhalten. Es ist demnach eine Lüge, dass dieses Korrektiv zur Aufrechterhaltung DER Gesellschaft notwendig ist, denn es dient nur zur Aufrechterhaltung DIESER Gesellschaft.

    Zitat: Megabjörnie
    Mit der spirituellen Moralität definiere ich meine Beziehung zum Universum im Allgemeinen. Die Fliegen schlage ich nicht deshalb nicht tot, weil ich mein Selbst in ihnen gespiegelt sehen würde, nicht mal, weil ich keine Abneigung gegen die Drecksviecher hätte.
    Sondern weil ich will, dass mein Leben vor dem Universum irgendwie einen Wert haben möge. Sympathie ist in dem Zusammenhang nicht relevant.
Eben, also ist es einfach der Gedanke der Gleichheit, der dahinter steht, nichts religiöses.

    Zitat: Megabjörnie
    Spirituell kannst du dich dafür entscheiden, dass der Grizzly dich fressen darf, weil er so großen Hunger hat. Aber du würdest kaum jemanden, der von einem angegriffen wird, auffordern, sein Gewehr fallen zu lassen, damit er gefressen wird.
Das wäre auch dumm, schliesslich kommt politische Macht aus den Gewehrläufen, wie Mao Zedong richtig sagt. Es wäre also zwecklos, ihn mit Worten überzeugen zu wollen, aber es wäre zu überlegen, ihm das Gewehr aus der Hand zu schlagen, denn da er eins trägt, war er von vornherein auf Töten aus und also wäre sein Tod gerecht.

    Zitat: Megabjörnie
    Noch weniger könntest du ihn zwingen, denn dann setzt du dich gesellschaftlich ins Unrecht.
Hä? Wenn ich als Unbewaffneter einen Bewaffneten zwinge, setze ich mich ins Unrecht? Da solltest Du vielleicht nochmal deine Logik überprüfen.

    Zitat: Megabjörnie
    Und mit dem Menschen kann ich Gesellschaftlichkeit herstellen, mit dem hungrigen Grizzly nicht. Übertrage ich die Rechte eines Menschen auf ihn, dann stehe ich vor der kuriosen Situation, dass zwei moralische Subjekte sich gegenseitig töten dürfen, und keiner begeht ein Unrecht, denn wer andere fressen muss, um zu leben, der muss es eben.
Richtig, aber Du stellst die Verhältnisse falsch dar. Du hast nichts auf den Grizzly zu übertragen, denn es gibt keine "Menschenrechte". Niemand kann sich hinstellen und sagen: Ich habe folgende Rechte, 1., 2., 3. ... Das ist einfach lächerlich, beziehungsweise, wie in diesem Fall, ein Akt der Gewalt. Also sind die Menschen gegenüber der Natur Gewalttäter und gehören bestraft. Wenn, dann kannst also nur Du als Mensch die gleichen Rechte wie der Rest der Natur, denn die Pflanzen gehören dazu, erlangen, niemals aber umgekehrt.

    Zitat: Megabjörnie
    Die Funktionsweise von Ökosystemen, die zumindest zum Teil auf Fressen und Gefressenwerden basieren, macht es unmöglich, gesellschaftliche Moral auf alle Lebewesen zu übertragen.
Das ist auch gar nicht der Sinn. Komm mal von deinem hohen Ross runter, die menschliche Gesellschaft ist nicht das Mass aller Dinge. Es geht allein darum, die Menschliche Gesellschaft in Einklang mit dem Rest der Natur zu bringen. Wenn wir denn intelligent sind, wie wir ja von uns behaupten, dann sollte das doch eigentlich kein Problem für uns sein.

    Zitat: Megabjörnie
    Da braucht die Evolution noch ein paar Millionen/Milliarden Jahre.
    Vielleicht können wir einen bewussten Schritt in diese Richtung versuchen – müssen aber nicht.
Natürlich nicht. Wenn man muss, muss man aufs Klo, alles andere kann man entscheiden. Aber man muss natürlich auch die Konsequenzen der eigenen Entscheidungen tragen. Das nennt sich Kausalität.

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn z. B. die anderen Bewohner deiner Kommune sich dafür entscheiden, weiterhin Tiere als Schlachtvieh zu halten und Pflanzen mit Gift einzusprühen, dann bist du eben überstimmt. Sie praktizieren Dinge, die du für inakzeptabel hältst, aber es liegt an dir, ob dadurch eine unüberwindbare Kluft entsteht. Und selbst wenn: Du kannst dir eine andere Kommune suchen, deine alte wird als Gesellschaft weiterhin funktionieren.
Ich könnte aber auch die Natur zum Krieg gegen sie aufrufen;-)

    Zitat: Megabjörnie
    Die Äußerung, andere Wesen hätten bei diesen Entscheidungen „nichts zu melden“, war nicht geringschätzig gemeint, sondern die Feststellung einer unliebsamen Tatsache: Die Machtverhältnisse sind halt extrem asymmetrisch, und die Entscheidung, in welchen Wesen wir unser Selbst gespiegelt sehen wollen, liegt allein bei uns, ebenso der Grad des Respekts, den wir ihnen entgegenbringen. So wie du ja auch über deinen Speiseplan entscheidest: Andere Wesen können nur dann ein Wörtchen mitreden, wenn sie sich zur Wehr setzen, z. B. indem sie Stacheln ausbilden wie der Kaktus oder Gifte produzieren wie die Tollkirsche.[/qauote]

    Vielleicht haben sie doch noch ein paar mehr Möglichkeiten, zumal es ja nichtmal nur um die Natur auf unserem Planeten geht.

    [quote:Megabjörnie]Deshalb wäre es sinnvoll, unsere Ethikdiskussion nicht zu kompliziert zu machen. Das Threadthema zielt ja auch auf Moral zwischen Menschen ab. Ich schlage vor, es auch darauf zu beschränken.
Selbst wenn wir das täten, würde immer noch die Frage stehen bleiben, wie WIR Menschen unser Verhältnis zum Rest der Natur gestalten wollen.
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Megabjörnie

Beiträge: 5

New PostErstellt: 28.03.11, 16:58  Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE  drucken  weiterempfehlen

Ich möchte jetzt nur mal auf das Thema „Moral“ eingehen. Da gab es m. E. ein paar Missverständnisse.
Wenn ich die Existenz von Entwicklungsstufen bestreite, bezieht sich das nicht auf die Entwicklung von Technik oder das Wachstum des Wissens, sondern auf die Begriffe Richtig und Falsch. Wenn ich z. B. Verstümmelungen verurteile, die vor Jahrhunderten stattgefunden haben, aber damals hat sich keiner darüber beschwert, dann nehme ich eine überhistorische Warte für mich in Anspruch. Es muss irgendwie eine objektive, logisch nachweisbare Richtlinie geben, nach der bestimmte Verhaltensformen zu jedem Zeitpunkt und unabhängig vom subjektiven Urteil der sozialen Umgebung richtig oder falsch sind.
Der Schlüssel ist, denke ich, das Eigentum am eigenen Körper. So kann man eben Zwangsheiraten/-verstümmelungen verurteilen, ohne dass der Vorwurf, man würde ja nur die Perspektive einer bestimmten Kultur einnehmen, verfangen würde. Gleichzeitig erkennt man schließlich auch, dass die eigene Gesellschaft in dieser Hinsicht ebenfalls nicht perfekt ist.
Aus dem Selbsteigentum folgt, dass eine Gesellschaft immer wissen kann, wonach sie streben muss. Wenn aufgrund bestimmter langfristiger Fehlentwicklungen das Bewusstsein des Selbsteigentums in Vergessenheit gerät, heißt das nicht, dass es nicht mehr existiert. Es braucht nur den Gedankengang: Gewalt ist etwas Schlechtes. Wenn ich den Körper eines anderen in Besitz nehmen will, muss ich Gewalt anwenden. Jeder einzelne besitzt den eigenen Körper, ohne dass er dafür Gewalt anwenden musste. Und, ganz wichtig: Ich weiß, was Bestandteil des Körpers eines Menschen ist und was nicht.
Ich denke schon, dass wir alle instinktiv um das Selbsteigentum wissen. Kulturen, die es missachten, kompensieren das, indem sie Wertigkeitsstufen für menschliche Existenzen konstruieren; Vertreter der eigenen Schicht/Klasse sind unantastbar und vollwertige Selbsteigentümer, die anderen nicht. Gesalbte Könige werden nicht umgebracht, die Untertanen sollte man nicht umbringen, aber wenn man es für nötig hält, Pech für sie. Sklaven, Frauen, Unberührbare, Leibeigene, alle haben das Pech, nicht als vollwertige Menschen zu gelten.
Aber das ist eben auch ein Zeichen, dass es ein Grundbewusstsein für Selbsteigentum gibt, sonst müsste man solche Wertigkeiten gar nicht erfinden.
Eine Gesellschaft kann sich in moralischer Hinsicht nach vorn, aber auch wieder zurück entwickeln. Deshalb würde ich hier nie von Entwicklungsstufen sprechen. Das suggeriert nämlich, wir stünden irgendwie auf einer höheren Stufe. Dem Threadersteller gebe ich insofern auch Recht: Eine solche Sichtweise ist irreführend.
Wobei ich gleichzeitig glaube, dass zwei Aspekte der Willkür immer unsere Begleiter sein werden und die Gefahr moralischer Degeneration mit sich bringen: die Bestrafung und die Verteilung von Besitztümern.

Die Abstufung zwischen Menschen und anderen Wesen erscheint tatsächlich erst mal willkürlich, aber gesellschaftlich ist sie schwer zu umgehen.
Nehmen wir ein Beispiel: Ich schlage keine Fliegen tot und hänge keine Fliegenfänger auf. Aber ich stelle fest, dass die meisten anderen Menschen in dieser Hinsicht keine Bedenken haben. Mein Grundrespekt vor dem Leben fehlt ihnen und ist schwer zu vermitteln.
Dennoch komme ich mit ihnen klar und kann sogar positive soziale Beziehungen zu ihnen aufbauen.
Dadurch wurde mir klar, dass es zwei Ebenen der Moralität gibt: Eine gesellschaftliche und eine spirituelle.
Die gesellschaftliche Moralität bezieht sich auf Fehlverhalten, das des Korrektivs bedarf, weil die Gesellschaft anders nicht funktionieren kann. Ich definiere meine Beziehung zu anderen Menschen.
Mit der spirituellen Moralität definiere ich meine Beziehung zum Universum im Allgemeinen. Die Fliegen schlage ich nicht deshalb nicht tot, weil ich mein Selbst in ihnen gespiegelt sehen würde, nicht mal, weil ich keine Abneigung gegen die Drecksviecher hätte.
Sondern weil ich will, dass mein Leben vor dem Universum irgendwie einen Wert haben möge. Sympathie ist in dem Zusammenhang nicht relevant.
Spirituell kannst du dich dafür entscheiden, dass der Grizzly dich fressen darf, weil er so großen Hunger hat. Aber du würdest kaum jemanden, der von einem angegriffen wird, auffordern, sein Gewehr fallen zu lassen, damit er gefressen wird.
Noch weniger könntest du ihn zwingen, denn dann setzt du dich gesellschaftlich ins Unrecht.
Und mit dem Menschen kann ich Gesellschaftlichkeit herstellen, mit dem hungrigen Grizzly nicht. Übertrage ich die Rechte eines Menschen auf ihn, dann stehe ich vor der kuriosen Situation, dass zwei moralische Subjekte sich gegenseitig töten dürfen, und keiner begeht ein Unrecht, denn wer andere fressen muss, um zu leben, der muss es eben.
Die Funktionsweise von Ökosystemen, die zumindest zum Teil auf Fressen und Gefressenwerden basieren, macht es unmöglich, gesellschaftliche Moral auf alle Lebewesen zu übertragen. Da braucht die Evolution noch ein paar Millionen/Milliarden Jahre.
Vielleicht können wir einen bewussten Schritt in diese Richtung versuchen – müssen aber nicht.
Wenn z. B. die anderen Bewohner deiner Kommune sich dafür entscheiden, weiterhin Tiere als Schlachtvieh zu halten und Pflanzen mit Gift einzusprühen, dann bist du eben überstimmt. Sie praktizieren Dinge, die du für inakzeptabel hältst, aber es liegt an dir, ob dadurch eine unüberwindbare Kluft entsteht. Und selbst wenn: Du kannst dir eine andere Kommune suchen, deine alte wird als Gesellschaft weiterhin funktionieren.
Die Äußerung, andere Wesen hätten bei diesen Entscheidungen „nichts zu melden“, war nicht geringschätzig gemeint, sondern die Feststellung einer unliebsamen Tatsache: Die Machtverhältnisse sind halt extrem asymmetrisch, und die Entscheidung, in welchen Wesen wir unser Selbst gespiegelt sehen wollen, liegt allein bei uns, ebenso der Grad des Respekts, den wir ihnen entgegenbringen. So wie du ja auch über deinen Speiseplan entscheidest: Andere Wesen können nur dann ein Wörtchen mitreden, wenn sie sich zur Wehr setzen, z. B. indem sie Stacheln ausbilden wie der Kaktus oder Gifte produzieren wie die Tollkirsche.

Deshalb wäre es sinnvoll, unsere Ethikdiskussion nicht zu kompliziert zu machen. Das Threadthema zielt ja auch auf Moral zwischen Menschen ab. Ich schlage vor, es auch darauf zu beschränken.

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Peter Nowak
New PostErstellt: 25.03.11, 13:05  Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Andre
    Danke, Bernd, für diesen Beitrag, der ein weiteres mal zeigt, dass USA mit Freiheit soviel zu tun haben wie die katholische Kirche mit Liebe ...
Wieso? Die Freiheit, von der die schwatzen, ist die Freiheit der Strassenräuber, ihren Opfern die Börse abzunehmen. Das ist doch der Grund, weshalb sie nie sagen, was sie denn unter ihrer Freiheit verstehen.
Peter Nowak
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Andre

Beiträge: 84

New PostErstellt: 23.03.11, 14:10  Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE  drucken  weiterempfehlen

"Wer humanitäre Kriegseinsätzen die Maske herunterreisst, unter der die menschenverachtende Kriegsfratze des Weltimperialismus zum Vorschein kommt, und dies einer breiten Masse zugänglich macht, wird mit Folter bis zum Tode bestraft."

so oder so ähnlich dürfte ein ungeschriebene Gesetz "unserer" Hüter der Menschenrechte lauten ...

... ich bin fast geneigt zu sagen "diese Schweine" ... doch warum sollte ich Schweinen, diesen besonders intelligenten, possierlichen Geschöpfen, die selbst vom Menschen bestialisch behandelt werden, so etwas antun ...

Da passt der Satz von Arthur Schopenhauer schon viel besser:
"Seitdem ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere." ...

Danke, Bernd, für diesen Beitrag, der ein weiteres mal zeigt, dass USA mit Freiheit soviel zu tun haben wie die katholische Kirche mit Liebe ...

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bjk

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New PostErstellt: 20.03.11, 11:10  Betreff:  Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE  drucken  weiterempfehlen


... passend zum Threadthema!



gelesen in: http://de.indymedia.org/2011/03/302947.shtml

Das neue Gefangenen Info ist erschienen!

Redaktion des Gefangenen Infos 20.03.2011 10:20


- Das neue Gefangenen Info ist pünktlich zum 18.03 - dem Tag der politischen Gefangenen - erschienen! Ihr bekommt das Gefangenen Info in den meisten Infoläden.

Siehe  http://gefangenen.info/index.php/verkaufsstellen

www.gefangenen.info


Aus dem Inhalt:
* Solidarität mit den 10 ehemaligen Militanten aus der RAF
* Aufruf zum 18. März 2011 und Beitrag zu 40 Jahren Attica
* Vor 30 Jahren starb Sigurd Debus
* Interview mit dem Buchladen OH21
* Zensus 2010
* Solidarität mit den Gefangenen L'Aquila
* Krebsverdacht bei Leonard Peltier
* Der Whistleblower Bradley Manning
* Freiheit für Jack Palfreeman
* Briefe aus den Knästen

Under Pressure and Torture - Der Whistleblower Bradley Manning



Während alle Welt über den Wikileaks-Leader Julian Assange debattiert und es mittlerweile Tausende von Unterstützungsplattformen gibt, die ihn gegen die Repressionskampagnen aus den USA schützen wollen, sitzt einer derjenigen, denen konkret die Weitergabe von Informationen über die Enthüllungsplattform Wikileaks vorgeworfen wird, unter verschärften Isolationshaftbedingungen auf der Marine Corps Base Quantico in der Nähe von Fredericksburg (Virginia) inhaftiert.

Zur Vorgeschichte:
Manning war in der Forward Operating Base Hammer, etwa 60 Kilometer östlich von ,Bagdad stationiert. Während seiner Stationierung im Irak von Mitte 2009 bis Mai 2010 soll er Zugang zu geheimen Informationen gehabt haben, weil er in einem Aufklärungs- und Abwehrbataillon eingesetzt war. Im Mai 2010 wurde Manning unter dem Verdacht verhaftet, Videos und Dokumente kopiert und als Whistleblower der Website Wikileaks zugespielt zu haben. Am 6. Juni 2010 wurde er unter Militärgerichtsbarkeit angeklagt, Ihm werden Straftaten gemäß des US Soldatengesetzes und vier weitere Verstöße gegen Armeeregeln zur Last gelegt.

Zu dem weitergereichten Material gehört auch der vielfach in den Medien ausgestrahlte „Collateral Murder - Video“ über ein Kriegsverbrechen an Zivilisten im Irak. Am 4. April 2010 veröffentlichte Wikileaks eine geheime Aufzeichnung aus einem Apache Kampf-Hubschrauber, der 2007 auf eine Gruppe von Zivilisten in Bagdad feuerte. Das Video zeigt wie Amerikaner auf elf Menschen, die sich nicht verteidigen, schießen und sie töten. Zwei der Getöteten waren Reuters-Mitarbeiter, darunter der 22 jährige Reuters Fotojournalist Namir Nur-Eldin und sein Fahrer, der 40 Jahre alte Said Chmar. Das Video enthält außerdem Audioaufzeichnungen der Gespräche der US-Soldaten im Hubschrauber vor, während und nach dem Beschuß. Die Soldaten bitten wiederholt um Feuererlaubnis, bekommen diese auch, bestärken sich gegenseitig und witzeln über die Toten und sterbenden Zivilisten. Insgesamt wurden elf Erwachsene getötet. Zwei Kinder, die in einem Kleinbus saßen, der ankam nachdem der erste Feuerangriff beendet war, wurden schwer verletzt, als der Apache-Hubschrauber das Feuer auf ihren Wagen eröffnete.

Über den Hintergrund der Verhaftung gibt es unterschiedliche Darstellungen: Einmal soll sich Manning einem Sicherheitsspezialisten der US-Regierung, Adrian Lamo, in einem Chat anvertraut haben. Drei Tage später informierte Lamo US-Staatsschützer, die den Chat mitverfolgten. Manning offenbarte, dass er die Daten auf eine CD gebrannt und als Musik-Videos von Lady Gaga beschriftet habe. Daraufhin nahmen die US-Behörden Manning am 26. Mai fest. Nach anderer Ansicht soll Lamo als Mitarbeiter des geheimen „Projects Vigilant“, einem Selbstschutzprojekt unterstützt mit Spenden aus der freien Wirtschaft, über das Surfverhalten auf Manning aufmerksam geworden sein. Er habe nachweisen können, dass Manning das Video „Collateral Murder“ an Wikileaks gesendet habe. Entweder Lamo oder der Leiter des Projekts, Chet Uber, sollen die Behörden informiert haben.

Manning wurde zunächst im Camp Arifjan in Kuwait festgehalten und dann Ende Juli 2010 in ein Gefängnis auf der Marine Corps Base Quantico verlegt.

Die Haftbedingungen:
Seine knapp zwei mal vier Meter messende Zelle enthält nur ein Bett, ein Trinkbecken (drinking fountain) und eine Toilette. Ein Stuhl und ein Tisch werden ihm vorenthalten, ebenso Kissen und Bettlaken, er hat nur zwei Decken. Seine Mahlzeiten muß er in der Zelle einnehmen, offensichtlich entweder stehend oder auf dem Bett sitzend.

Momentan alleine in seinem Trakt, kann er Mitgefangene nicht einmal hören.

Bis auf die Überprüfung, ob er OK sei, die alle fünf Minuten (!) erfolgt und die er dann bestätigen muss, sprechen die Wächter nicht mit ihm. Ist er nachts nicht klar erkennbar, weil er sich zur Wand gedreht oder ein Bettlaken über den Kopf gezogen hat, so wird er für eine Überprüfung geweckt. Zwischenzeitlich ging die Gefängnisleitung soweit ihn wg. Selbstmordgefahr unter ständige Kontrolle zu setzen. Diese Maßnahme der intensiven Beobachtung beinhaltet die Verwahrung in einer Zelle rund um die Uhr. Dem Gefangenen wird alle Kleidung außer der Unterwäsche weggenommen und angeblich zu seiner eigenen Sicherheit wird ihm auch die Brille abgenommen.

Morgens um fünf (an Wochenenden um sieben) wird er geweckt und bis abends um acht an weiterem Schlaf gehindert. Aus einer Liste von fünfzehn Büchern oder Magazinen, deren Auswahl geprüft und künstlich verkompliziert wird, darf er eines zum Lesen anfordern. In seiner Zelle darf immer nur eines sein; dieses wird ihm über Nacht weggenommen, ebenso wie seine Kleidung (die Unterhose darf er anbehalten). Generell sind keine persönlichen Gegenstände zugelassen. Ein bis drei Stunden täglich (an Wochenenden drei bis sechs) darf er Lokalfernsehen schauen.

Abends darf er von 19 bis 21h20 Briefe verfassen, aber nur an Familie, Freunde und Anwälte. Briefe empfangen darf er nur von einer Liste genehmigter Empfänger. Seine Zelle darf er nur eine Stunde täglich verlassen. Dann wird er in einen leeren Raum geführt, in dem er herumlaufen darf. Sobald er damit innehält, wird er zurück in seine Zelle geführt. Darüberhinaus wird ihm jegliche sportliche Betätigung gezielt und seien es nur Liegestütz oder Rumpfbeugen verwehrt.
Der Zustand von Bradley Manning scheint sich den Haftbedingungen entsprechend stetig zu verschlechtern. Wie der britische Guardian einen regelmäßigen Besucher Mannings, David House, zitiert, beginnt dieser körperlich und geistig zu verfallen. House führt dies auf Isolationshaft und Trainingsverbot zurück. Neben dem Entzug menschlicher, intellektueller, sensorischer und körperlicher Stimuli soll Manning offenbar gezielt die Menschenwürde genommen werden. Es gibt Grund zur Annahme, dass er auch deshalb längerer Einzelhaft und Schlafentzug unterzogen wird, um ihn psychisch zu brechen und ihn dazu zu bewegen, gegen Wikileaks bzw. Julian Assange auszusagen.

Es sieht so aus als wollen US-Militärs und Regierung an Bradley Manning ein Exempel statuieren. Schließlich wird ihm vorgeworfen mit seinen Informationen Hochverrat begangen zu haben. Dafür steht eine Strafandrohung von 52 Jahren Haft. Hochverrat heißt in seinem Fall, dass er stellvertretend für alle Whistleblower, dafür angeklagt wird, die verlogene Kriegspolitik der USA vom heldenhaften Krieg für Menschenrechte, Freiheit etc. öffentlich bloßgestellt zu haben. An ihm soll gezeigt werden, was Verrätern von militärischen und politischen Geheimnissen erwartet. Der Kampf gegen die Enthüllungsplattform Wikileaks wird nicht nur virtuell und mit viel Support aus der „freien“ Wirtschaft geführt, sondern auch physisch. Unter Haftbedingungen, ähnlich denen in Guantanamo Bay oder eines der ausgelagerten Folterzentren in Afghanistan, Irak oder anderswo zerstört die US-Regierung mit voller Absicht und unter Anwendung von Foltermethoden die Persönlichkeit und die physische Gesundheit von Bradley Manning. Obwohl in den USA wahrscheinlich über 25000 Gefangene unter Isolationshaftbedingungen einsitzen (Datenstand: 2006) gibt es bisher keinen Präzedenzfall für die unbeschränkte Einzelhaft eines Gefangenen, der auf seinen Prozess wartet und vorher noch wegen keiner Straftat verurteilt wurde oder in der Vergangenheit nicht gewalttätig war.

Leider ist ein Großteil des Materials zu Bradley Manning nur in englischer Sprache verfügbar, trotzdem tut sich auch in der Unterstützer_innenszene etwas. Zumindest im Internet gibt es weitere Informationen unter  http://www.bradleymanning.org/de/. Dort kann mensch auch eine Petition finden und unterschreiben.

Außerdem kann mensch über Umwege Bradley Manning schreiben:
Bradley Manning
c/o Courage to Resist
484 Lake Park Ave #41
Oakland CA 94610 / USA

Die Briefe werden bei „Courage to Resist“ geöffnet und dann über den Anwalt od. Leute die Briefverkehr mit ihm haben dürfen, weitergereicht.

Quellen:  http://www.bradleymanning.org/de,  http://blog.emmerich-consulting.net/ (Martin Emmerich),

 http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2011/manning101.html



Kaufmöglichkeit und weitere Informationen zum Gefangenen Info unter www.gefangenen.info
 [email protected]   http://www.gefangenen.info




... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson


[editiert: 20.03.11, 11:11 von bjk]
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bjk

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Ort: Berlin


New PostErstellt: 18.03.11, 12:43  Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE  drucken  weiterempfehlen



Hallo Peter,

der Fehler war, daß du auch  beim Abschlußquoting immer den Namen gesetzt hast, dort gehört aber zwischen die eckigen Klammern immer nur das /quote hin. Muß jetzt zur Botschaft des KÖNIGREICHS!!! Bahrain.




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Peter Nowak
New PostErstellt: 18.03.11, 12:25  Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: bjk
    Hallo Peter, nee, leider haste die Quotings nicht korrekt beschriftet. Hier mal das grundsätzliche Schema bei carookee: beginnen mußte mit (eckige Klammer auf) quote:Name (eckige Klammer zu) und abschließen mit (eckige Klammer auf, /quote:Name, eckige Klammer zu). Werde gleich mal versuchen, das in Deiner Antwort auf Megabjörnie zu korrigieren.
Hallo Bernd,
aber wo lag der Fehler? Ich hab natürlich nach dem Hochschicken gesehen, dass es nicht geklappt hatte, konnte aber nicht feststellen, weshalb. Falsche Klammerart? Ich hatte doch Alt Gr und 8 bzw. 9 genommen.
Peter Nowak
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