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Autor Beitrag
Peter Nowak
New PostErstellt: 16.03.11, 14:50     Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE

    Zitat: Megabjörnie
      Zitat: Peter Nowak
      Das ist eine FRage der gesellschaftlichen Entwicklungsstufe. Da wir immer noch eine Klassengesellschaft haben, herrscht die ökonomisch stärkste Klasse und innerhalb derselben inzwischen die höchste Schicht, das Bankkapital und macht GEsetze in ihrem INteresse.
    Meine Frage hätte lauten sollen: Warum unterscheidet der Autor des obigen Textes zwischen abscheulichen und konstruierten Verbrechen? So war es eigentlich auch gemeint.
    Das hat dann erst mal nichts mit Entwicklungsstufen zu tun, sondern mit dem, was wir „moralisches Empfinden“ nennen.
Das hat sehr wohl was mit Entwicklungsstufen zu tun, denn sowohl das Empfinden als auch die Gesetze sind eben Ausdruck einer bestimmten Entwicklungsstufe der Gesellschaft. Moralische Wertungen sind nicht einfürallemal feststehend, sondern dem Wandel unterworfen.

    Zitat: Megabjörnie
    Gut, es gibt global zuweilen starke Unterschiede, worüber sich Menschen empören. Aber wir unterscheiden instinktiv zwischen Verstößen gegen die guten Sitten und unmoralischem Verhalten.
    Zu Letzterem gehört immer der körperliche Übergriff. Der kann in einer Kultur eine lange Tradition entwickeln ( Zwangsheirat, Klitorisbeschneidung etc. ), aber einer rationalen Auseinandersetzung hält die Tradition niemals lange stand.
    Bemerkenswert ist, dass der Übergriff auf fremden Besitz in allen Kulturen mit der gleichen Empörung quittiert wird wie ein körperlicher Angriff. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, warum das so sein könnte, obwohl jedes Territorium letztlich willkürlich zustande kommt. Aber dazu später mehr.
Zunächst: Traditionen fallen keineswegs durch "rationale Auseinandersetzung", sondern durch gesellschaftliche Entwicklung. Vor 100 Jahren war es noch gang und gäbe, dass der Familienvater für den Unterhalt der Familie sorgte und die Frau den Haushalt führte und die Blagen aufzog. Das hat sich nicht durch die sogenannte "sexuelle Revolution" geändert, sondern einfach dadurch, dass das Einkommen des Familienvaters nicht mehr zur Versorgung der Familie ausreichte, weshalb die Frau mitarbeiten musste und muss.
Weshalb der Angriff auf Besitz mit Empörung registriert wird, ist eigentlich ganz einfach: weil es eine gewaltsame Aneignung fremder Arbeit ist. Die Betonung liegt dabei auf "gewaltsam", denn die Aneignung fremder Arbeit wird ja nicht grundsätzlich abgelehnt, da diese GEsellschaft darauf beruht.

    Zitat: Peter Nowak
    Völlig richtig, aber nicht ausreichend. Was ist mit den MEnschen, die zu schwach sind, sich zu vertzeidigen (Kinder, Frauen, Greise)? Pech gehabt? Da der Mensch ein soziales Wesen ist, gehört es doch wohl auch zu den Aufgaben der GEsellschaft, ihre schwächsten Glieder vor Übergriffen zu schützen.
    Zitat: Megabjörnie
    Ich wollte die Diskussion nicht unnötig verkomplizieren, sondern erst mal stark abstrahieren. Später kann man immer noch erörtern, ob es mich zu einem bösen Menschen macht, wenn ich Hilfeleistung unterlasse. Das ist eigentlich schon ein Thema für sich.


Es macht dich natürlich nicht "zu einem bösen Menschen", sondern nur zu einem asozialen oder vielleicht bessrer unsozialen (obwohl beides dasselbe bedeutet).

    Zitat: Peter Nowak
    Die bürgerliche Gesellschaft ist eben eine mörderische Gesellschaft, deutet ja schon die BIbel in der Geschichte von Kain und Abel an.
    Zitat: Megabjörnie
    Kleine, leicht verwirrte Zwischenfrage ( aber erst mal von sekundärer Bedeutung ): Wie weit reicht denn die bürgerliche Gesellschaft für dich zurück?
Ja, eine gute Frage. Um sie konkret zu beantworten: Nach Aischylos "Die Eumeniden" gehen die Anfänge der bürgerlichen (das heisst hier: demokratischen) Gesellschaft bei den Griechen auf das Ende des 2.Trojanischen Krieges zurück, also etwa auf 1200 v.Chr.
Natürlich geht es bei der Geschichte von Kain und Abel vordergründig um ein Vorkommnis der Steinzeit, wo zwei Klassen (sesshafte Ackerbauern und nomadisierende Kleinviehhirten) um das gemeinsame Produktionsmittel Boden stritten, das zu der Zeit noch Gemeinbesitz war. Insofern geht es dabei natürlich nicht um die bürgerliche Gesellschaft, sondern um die Klassengesellschaft überhaupt, denn was da berichtet wird,. ist die Entstehung der Sklavenhaltergesellschaft. Andererseits zeigt aber die BEdeutung des Namens Kain = Besitz, Erwerb, Gewinn doch auch einen starken hinweis auf das Bürgertum. Und schliesslich: Genau dasselbe, was da in der Bibel berichtet wird, findet sich auch in der Geschichte Amerikas, aus den gleichen Gründen (Boden noch Gemeinbesitz) mit den selben tödlichen Folgen, aber ohne dass die Unterlegenen versklavt wurden.

    Zitat: Peter Nowak
    Menschenwürde ist ohnehin nur an würdiges Verhalten gekoppelt, ein würdeloses Verhalten lässt keine Menschenwürde zu. Verstümmelung ist aber ein Zeichen der Verrohung einer entwickelten Gesellschaft, da sie auf Methoden einer niedrigeren Kulturstufe zurückgreift.
    Zitat: Megabjörnie
    Menschliche Gesellschaften in „Kulturstufen“ zu denken halte ich für bedenklich. Denn dann müsste eine für alle verbindliche Messlatte existieren.
Die gibt's auch, und die Nennt sich "Zeit" oder auch "Entwicklung". Die ist natürlich für jedes Volk anders, aber die Tatsache der Entwicklung lässt sich doch wohl nicht gut bezweifeln. Oder meinst Du, es macht "Plopp" und plötzlich ist ein Volk mit entwickelter Industrieproduktion da? Bis dahin sind natürlich eine REihe von Entwicklungsstufen zu durchlaufen.

    Zitat: Megabjörnie
    Wie verfallen nur allzu leicht in Denkmuster, nach denen frühere Gesellschaften „barbarischer“ waren als unsere.
Das ist ja nunmal auch der Fall, nämlich wenn man als Massstab die Produktion der Gesellschaft nimmt. Moralisch kann das natürlich anders aussehen und die alten Völker gingen auch von einer abnehmenden Qualität der aufeinander folgenden Gesellschaften aus.

    Zitat: Megabjörnie
    Beispiel Verstümmelung: Im Mittelalter oft angewandt, aber nicht in sadistischer Absicht. Nach dem aktuellen Forschungsstand galt körperlicher Schmerz als Mittel zur Reinigung der Seele. Einen Verbrecher schmerzhaft hinzurichten war also auch eine Chance zur Buße für den Betreffenden.
Ja, schon klar, die Bewegung der Geissler (Flagellanten, Einschub bjk) beruhte ja auf diesem Prinzip der Reinigung durch Schmerz. Dennoch ist das öffentliche Hinrichten, wie es in Frankreich nach 1789 praktiziert wurde oder das öffentliche Auspeitschen z.B., wie es in den USA praktiziert wurde, natürlich auch ein Zeichen öffentlicher Verrohung.

    Zitat: Megabjörnie
    Man kann eine Gesellschaft aber daran messen, wie souverän sie ihre Probleme löst und wie stark die Gewalt das Leben der Menschen beherrscht. Ein hoher Gewaltgrad könnte bedeuten, dass Probleme nicht souverän gelöst werden.


Das ist doch zumindest zweifelhaft. Die Art, wie in CHina etwa die Todesstrafe praktiziert wird, wirkt doch zumindest souveräner als die Art in den USA. Und das liegt nicht nur daran, dass das Urteil in China zeitnah vollstreckt wird. Das kann doch nicht das Kriterium sein.

    Zitat: Peter Nowak
    Das Ziel einer freien Gesellschaft kann nicht sein,
    dass jedem alles gehört, sondern nur, dass jeder alles haben kann, was er möchte. Realisieren lässt sich das nur in BEzug auf industrielle KOnsumgüter, bei landwirtschaftlichen Produkten geht das natürlich nicht (wenn keine Milch mehr da ist, kann er keine kriegen). Bei den industriellen KOnsumgütern geht das dann, wenn die Gesellschaft kommunal die MAschinen zur Verfügung stellt und die Rohmaterialbeschaffung organisiert, womit sich dann jeder seine KOnsumgüter produziert:
    • dann wenn er sie braucht,
    • da wo er sie braucht,
    • so wie er sie braucht
    (kommunale Subsistenzwirtschaft auf hohem technischem Niveau)
    Zitat: Megabjörnie
    Nun, in Bezug auf industrielle Güter ist das genauso wenig realisierbar. Die Produktion ist von Rohstoffen abhängig, deren Quellen erschöpft werden können. Für jede Produktionsanlage muss Platz eingeplant werden, der für andere Zwecke fehlt. Jede Produktion hat ökologische Nebenwirkungen, und Rücksichtnahme bedeutet auch mal Rücknahme der Produktion.
Es ist technisch realisierbar. Natürlich werden Rohstoffe gebraucht und erschöpft, aber der Prozess verlangsamt sich natürlich, wenn nur noch produziert wird, was unmittelbar gebraucht wird und nicht auf Teufel komm raus für den Markt. Weiter wäre natürlich dann auch ein gnadenloses Recycling (also möglichst verlustfrei) angesagt. Der für die Produktion nötige Platz würde sich auf ein Minimum dessen reduzieren, was derzeit gebraucht wird, weil ja riesige Industrien gänzlich verschwinden würden. Auch was Nebenwirkungen angeht so stimmt es zwar, dass jede Produktion ökologische Nebenwirkungen hat, aber diese werden erst durch die Zentralisierung zum Problem. Die Gülle von 10 Kühen ist noch kein Problem, die von ein paar hundert schon.

    Zitat: Megabjörnie
    Eine Gesellschaft muss also auswählen, was sie produzieren will, welche Bedürfnisse wichtiger als andere sind, welche vielleicht gar nicht erfüllt werden können oder dürfen.
Das ist das Kennzeichen der jetzigen Produktion. Hier kann zwar jeder Produzieren soviel er will, aber nur, wenn es um die Profiterzielung geht. Daher die Maxime: "Immer grösser, immer mehr", dem gesellschaftlichen Gegenstück zum Krebs.

    Zitat: Megabjörnie
    Ein solches System könnte nie frei von Herrschaft sein, und das aus mindestens zwei Gründen.

    Erstens: Entscheidungen über die generelle Struktur des Systems können nicht in den Kommunen getroffen werden. Die Zuteilung von Maschinen und Rohstoffen/Vorprodukten kann nur zentral erfolgen. Wenn eine asymmetrische Verteilung von Ressourcen zugelassen wird, entwickeln sich wieder kapitalistische Strukturen, nur mit Kommunen als Subjekten.
    Es muss also eine Zentrale geben, die Maschinen herstellt, die Maschinen herstellt, die jene Maschinen herstellt, die die Kommunen für die Endfertigung benötigen, und die sich um Rohstoffförderung und deren teilweiser Weiterverarbeitung kümmert.
    Und zwar solange die von dir beschriebene dezentrale Planungsökonomie existiert.
Doch ALLE Entscheidungen müssen auf der untersten Ebene gefällt werden, also in den kommunen, auch wenn sie die Regionen, die Länder oder das gesamte Gemeinwesen betreffen. Das unterscheidet die anarchistische von der kommunistischen Struktur, denn NUR DANN kann man von einer Abschaffung des Staates reden. Es muss also zwar höhere Ebenen geben, aber da geht es nicht um Herrschaft, sondern um die Organisation und Abstimmung von übergreifenden Projekten. Da diese Ebenen von weisungsgebundenen, jederzeit Rechenschaftspflichtigen, jederzeit abwählbaren und persönlich verantwortlichen Beauftragten und nicht von Vertretern gebildet werden, ist dabei schlicht keine Herrschaft mehr gegeben, das heisst: Es gibt dann UND NUR DANN keinen STaat mehr. Trotzdem ist das natürlich am Anfang noch keine Anarchie, denn selbst bei einer möglichen Arbeitszeitverkürzung werden Arbeiter aus dem Schichthaus kaum an den Entscheidungen der Kommune teilnehmen (können). Die Gesellschaft muss also erst so umgebaut werden, dass wirklich jeder, der an den Entscheidungen mitwirken will, auch daran mitwirken kann, sonst würde selbst das auf eine Klassengesellschaft hinauslaufen.

    Zitat: Megabjörnie
    Zweitens: Die dezentrale Struktur bedeutet, es wird bestimmt, welche Kommune über welche Ressourcen verfügen darf. Welche Gemeinde bekommt das Brachland zwischen Neudorf und Altenhausen? Wird das Waldgebiet Gemeinde Freifelde oder Gammelingen zugeschlagen? Oder keiner von beiden, und es wird Naturschutzgebiet?
    Und das heißt, es muss eine Instanz geben, die Nutzungsrechte vergibt.
Nein, denn das ist alles längst geschehen. Was allerdings geschehen würde, wäre eine ungleiche Entwicklung der Gemeinden im Rahmen des gesellschaftlichen Entwicklungsplanes. Das Ziel ist es ja gerade, letztlich ein einziges zusammenhängendes "Naturschutzgebiet" ohne Zäune und dergleichen zu schaffen, in dem es wieder Spass macht, zu leben. Diese Ungleichentwicklung würde aber zu einer Erhöhung der Kapazitäten der benachbarten Gemeinden im Rahmen des Prinzips der gegenseitigen Hilfe führen.

    Zitat: Megabjörnie
    Im Grunde ist es das Gleiche wie Eigentumsrecht, nur dass die Eigentümer keine Individuen, sondern Gruppen von Individuen sind. Und dass vielleicht die zentrale Instanz der Eigentümer bleibt...
Nein. Zunächst mal: "Eigentum" ist ein gesetzlicher Titel, der vom Gewaltmonopol des Staates garantiert wird. Besitz ist dagegen ein zeitlich nicht limitiertes Nutzungsrecht. Also: Kein Staat - Kein Eigentum! Es ist deshalb unbedingt wichtig, Fabriken und dergleichen nicht zu "verstaatlichen", denn wenn der Staat Eigentümer wird, kann ich ihn nicht abschaffen. Ausserdem wird dann statt des Kapitalisten der Staat selbst Ausbeuter, und damit ist nichts gewonnen. Es kann demnach nur um eine Vergesellschaftlichung der Produktionsmittel gehen, wobei die Gesellschaft wieder selbst kollektiv das Nutzungsrecht zurück erhält (denn das war mal der ursprüngliche Zustand). Die Gesellschaft wird also nicht "Eigentümer", sondern nur "Besitzer" und ihre Organe von Beauftragten dienen dazu, im Auftrag und unter Kontrolle ihrer Wähler (deshalb darf es oberhalb der Basis keine geheimen Abstimmungen geben, denn dann ist keine Kontrolle mehr möglich!) die Gesellschaft im Rahmen des Entwicklungsplanes zu entwickeln.

    Zitat: Megabjörnie
    ... und Nutzungsrechte auch wieder entziehen kann. Das ist eine gefährliche Variante, da die Kommunen auf diese Weise machtlos sind.
Nein, Nutzungsrechte können nicht entzogen, sondern nur eingeschränkt werden. Da gilt eben der allgemeine Grundsatz: Die Rechte des Einzelnen finden ihre Grenze an den Rechten der anderen, nämlich auch der anderen Lebewesen. Ziel ist es ja gerade, eine Form des Zusammenlebens zu entwickeln, die ALLEN Lebewesen die Existenz und die Entwicklung im Rahmen ihrer Art ermöglicht. Vielleicht ist meine Konstriktion ja wirklich nicht gut, aber die Zielsetzung ist meines Erachtens richtig.

    Zitat: Megabjörnie
    Man kann also sagen: Eine Gesellschaft kann nicht kein Eigentumsrecht haben. Das war es, was ich mit dem Satz bezüglich „Alles gehört allen“ sagen wollte.
Doch, sie kann nicht nur kein Eigentumsrecht haben, sie darf gar kein solches haben oder sie ist eine Klassengesellschaft. Das ist aber nicht das, was ich will.

    Zitat: Megabjörnie
    Weder die Struktur der Produktion noch die Notwendigkeit, Nutzungsrechte zuzuweisen, würde eine herrschaftsfreie Gesellschaft zulassen.
    Vor dem Hintergrund solcher Überlegungen sollte man den Begriff „Raub“ nicht in Bezug auf das Eigentum benutzen. Dann wäre jede Gesellschaft eine Räuberbande.


Nein, wie ich mir oben schon dachte: Du kennst den Unterschied zwischen Eigentum und Besitz nicht. Eigentum ist ein Rechtstitel der durch die Staatsgewalt garantiert wird. Insofern ist es nicht einfach Diebstahl, wie Proudhon meint, sondern Raub, weil dabei Gewalt oder Drohung mit Gewalt eingesetzt wird. Eine auf Besitz beruhende Gesellschaft ist keine Räuberbande, eine auf Eigentum beruhende schon. Eigentum lässt sich weder aus der Natur noch aus der Logik ableiten, es ist eine willkürliche Konstruktion.

    Zitat: Peter Nowak
    Zunächst mal ist doch die Frage, warum darüber überhaupt nur die MEnschen zu entscheiden haben sollten, schliesslich wird das Land auch von anderen Lebewesen bewohnt (deshalb kann es kein Landeigentum geben).
    Zitat: Megabjörnie
    Nein. Landeigentum kann es deshalb nicht geben, weil es keine logischen Maßstäbe für die Verteilung von Grund und Boden gibt. Warum sollte bei der Besiedlung von Neuland Siedler A einen Hektar fruchtbare Wiese bekommen – und nicht zwei Hektar oder zehn Quadratkilometer? Während Siedler B mühsam ein Waldgebiet roden muss …
Weil Siedler A vielleicht eher da war! Das wäre ein logischer Massstab, aber trotzdem nicht anzuerkennen.

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn Tiere und Pflanzen jetzt moralische Subjekte werden, hast du ein Riesenproblem.
Ist mir noch nicht aufgefallen, welches denn?

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn einer Pflanze ein ( artspezifisches ) Schmerzempfinden attestiert wird, kannst du dann aufhören, sie zu essen?
Du ziehst die Grenze zu eng. Pflanzen dienen nicht nur den Menschen als Nahrung, sondern auch den Tieren. Es ist nunmal im Grossen und Ganzen so, dass das natürliche Verhältnis zwischen den Arten nicht das der Konkurrenz, sondern das der Ergänzung ist (die Natur duldet nichts Überflüssiges). Die Konkurrenz tritt erst ein, wenn sich eine Art auf Kosten aller anderen Arten ausdehnt. Daher kann ich problemlos Pflanzen essen, wobei ich ihnen dankbar bin, dass sie mir Nahrung geben. Aber ich bin gegen Genmanipulation zur Erzielung noch grösserer Gewinne der Agrarkonzerne, gegen Massentierhaltung usw., kurz: gegen die Ausbeutung der Natur durch den Menschen, egal ob das ein Demokrat, Kommunist, Anarchist oder was auch immer ist.

    Zitat: Megabjörnie
    Musst du nicht die Zikade bekämpfen, die deine Ernte zerstört?
Muss ich sie dazu Töten? Könnte es nicht reichen, ihr Nahrung zuzubilligen, also für sie mitzuproduzieren?

    Zitat: Megabjörnie
    Musst du keine Monokulturen anlegen, weil alles andere zuviel Platz wegnimmt?
Das ist die Frage. Ich hab mal einen Filmbericht über ein Entwicklungshilfeprojekt gesehen, bei dem Pflanzen in verschiedenen Höhen zusammengepflanzt waren, wodurch der Boden effektiv genutzt wurde, die Erosion begrenzt wurde usw. Das ist natürlich für maschinelle Bearbeitung ungeeignet, wäre aber für mich interessant.

    Zitat: Megabjörnie
    Kannst du es immer vermeiden, Gebäude auf eine Wiese zu setzen?
Ja, ich will ja, wenn die Fabriken soweit abgebaut sind, den Wohnbereich unter die Erde verlegen, damit der Lebensraum für Pflanzen und Tiere erhalten bleibt. Städte wären dann nur noch Bildungs- und Freizeitzentren. Dazu muss ich aber keine neuen Flächen plattmachen, sondern die vorhandenen anders nutzen. Dabei würde aber sehr wahrscheinlich neuer Raum für die Natur dazu gewonnen werden, denn ich glaube nicht, dass die Städte die Flächenausdehnung haben müssten, die sie derzeit haben.

    Zitat: Megabjörnie
    Und überhaupt: Würde ein Tier das Konzept des Rechts verstehen?
Ich glaube schon, denn das Verhältnis von Zuneigung und Abneigung des Tieres zum Menschen ist vom Verhalten des Menschen gegenüber dem Tier abhängig. Aber das ist gar nicht die Frage, sondern da wir uns als "intelligent" ansehen, ist es an uns, unser VErhältnis zu allen anderen Lebewesen zu definieren.

    Zitat: Megabjörnie
    Kann es sein Verhalten dir gegenüber aus moralischer Rücksichtnahme ändern?
Ja. Aus dem einfachen Grund, weil wir Lebewesen, also gleichwertig sind. Ich habe schon mehrfach erlebt, dass Hunde, die mich beissen wollten, sofort aufgehört haben, wenn ich ihnen gesagt habe, dass ich weder ihnen noch ihrem Herrchen was getan habe, sie also keinen GRund haben, mich zu beissen. In Indien hat sich eine Schlange, die schon aufgerichtet und bereit zum Zustossen war, sofort beruhigt, als ich mich bei ihr entschuldigt habe, sie erschreckt zu haben. Alles in allem einfach zuviele übereinstimmende Erfahrungen für "Zufälle".

    Zitat: Megabjörnie
    Verspeist dich ein Grizzly nicht mehr, wenn er Hunger hat, weil er dir „Rechte“ zugestehen muss?
Weiss ich nicht, habe ich noch nicht erlebt, aber grundsätzlich würde ich ihm natürlich zubilligen, mich zu verspeisen, um zu überleben.

    Zitat: Megabjörnie
    Ökologisch verantwortungsvolle Lebensweise ist ein hochmoralischer Anspruch, und Respekt vor dem Leben hat auch für mich einen hohen Stellenwert.
    Aber wir müssen immer im Hinterkopf behalten, dass dies nicht in einen gesamtgesellschaftlichen Anspruch übersetzt werden kann, sondern eine Sache persönlichen Ermessens bleibt. Es fehlen die objektiven, logischen Maßstäbe, nach denen man vorgehen könnte. Deshalb hätte, auch wenn die Erkenntnis schmerzt, eine Öko-Zivilisation immer den Makel des Autoritären: Irgend jemand muss verordnen, wie stark wir Rücksicht auf die Natur zu üben haben, genauso wie er verordnen muss, welche Produktion als „unnötig“ gelten soll. Diskussionen hätten keinen Zweck, da jeder Einzelne die Grenzen anders zieht.
Natürlich lässt sich das gesellschaftlich umsetzen, das ist "nur" eine Frage der Intelligenz. Der Massstab dafür ist auch allgemein anerkannt, wenn auch nur in Bezug auf Menschen, nämlich dass die Grenze der eigenen Rechte in den Rechten der anderen besteht. Es ist halt nur so, dass uns diese Gesellschaft ihre Denkweise aufzwingt, und das ist nunmal Raubtierlogik: Fressen oder gefressen werden, das Gesetz des Dschungels, ein Raubtiergesetz! Das ist aber nur der derzeitige Bewusstseinsstand (soweit man das schon so nennen kann) der Gesellschaft, keineswegs aber das Ende der geistigen Entwicklung der Menschheit.

    Zitat: Megabjörnie
    Die anderen Lebewesen hätten hierbei sowieso nichts zu melden; sie haben einfach Glück, wenn man Rücksicht auf sie nimmt, und Pech, wenn die Gesellschaft zu dem Schluss kommt, dass das leider nicht geht. Das ändert sich erst, wenn sie einen Grad an Intelligenz entwickeln, der moralische Diskussionen zulässt, sodass man miteinander verhandeln kann.


Entschuldige bitte, aber damit stellst Du dir doch selbst ein Armutszeugnis aus, denn deine DEnkweise unterscheidet sich dann durch nichts (ausser vielleicht durch eine noch grössere Rücksichtslosigkeit) von der von Dir den Tieren unterstellten Denkweise. Das hat meines Erachtens nicht sehr viel mit Intelligenz zu tun, denn diese führt nunmal zur Erkenntnis der prinzipiellen Gleichwertigkeit aller Lebewesen. Es ist völlig gleich, wie sich die LEbewesen dazu stellen, entscheidend ist dabei, wie WIR es sehen und mit ihnen umgehen.

    Zitat: Peter Nowak
    Wenn die Menschen sich selbst beherrschen sollen (und zwar im Einklang mit der Natur, weil wir keine besonderen REchte vor den anderen Lebewesen haben), kann das nur regional oder vielmehr: lokal, das heisst: kommunal geschehen.

    Du wohnst, wie jeder andere auch, in einer KOmmune, das ist der TEil der Menschheit, dem Du angehörst.
    Zitat: Megabjörnie
    Also, wie wir oben schon festgestellt haben: Die Kommunen werden so zu Rechtssubjekten. Man kann hier übrigens durchaus den Vorwurf der Willkür erheben.
    Erstens: Wodurch wird eigentlich bestimmt, welcher Kommune ich angehöre? Sind Kommunen nicht bloße Verwaltungsdistrikte des bürgerlichen Staates?
Erstens: Rechtssubjekte sind die MENSCHEN, die Kommunen sind nur eine ihrer Organisationseinheiten. Daher ist das auch nicht "willkürlich", sondern pragmatisch, nämlich von den Gegebenheiten ausgehend. Welcher Kommune ich angehöre wird daher logischerweise durch meinen Wohnort bestimmt.

    Zitat: Megabjörnie
    Wer gibt ihnen das Recht, plötzlich alle herrschaftlichen Funktionen gegenüber den Individuen zu übernehmen ( Bestrafung )? Gibt man ihnen diese Funktionen überhaupt?
Nein, dieses Recht nimmt sich die Gesellschaft und MUSS ES SICH NEHMEN, weil sie nur so ein friedliches Zusammenleben garantieren kann. Die Frage der Bestrafung ist nicht für sich genommen eine Frage von Herrschaft. Dazu wird es erst, wenn dies von dem Willen der einzelnen unabhängig wird, wenn also andere für und über den Einzelnen entscheiden, ohne dass er bei dieser Entscheidung beteiligt wäre. Jede Gesellschaft muss aber Regeln ihres Zusammenlebens definieren und diese auch durchsetzen, sonst wird sie als Gesellschaft absurd. Wenn dies aber nach dem Willen und unter Kontrolle der Gesellschaft, also der Menschen in den Kommunen abläuft, ist das keine Herrschaft über die Menschen, sondern die Selbstbeherrschung der Gesellschaft. Dabei geht es also nicht um Herrschaft, sondern um die Aufrechterhaltung der Rechte des Einzelnen. Alles andere liefe sonst auf das Recht des Stärkeren hinaus, was zwar das derzeit herrschende Prinzip ist, aber eben nicht so bleiben soll.

    Zitat: Megabjörnie
    Was geschieht mit jenen, die keinen Anschluss an eine Kommune haben?
Den Nichtsesshaften? Auch die müssen sich ja von einer Komune zur anderen bewegen, sind also immer zeitweilig Mitglieder einer Komune. Ebenso alle "Ausländer" (sind ja in Wahrheit auch "Inländer"), die selbstverständlich auch dieselben Rechte haben müssen.

    Zitat: Megabjörnie
    Wie groß muss eine Gruppe von Individuen bzw. Haushalten werden, damit sie sich Kommune nennen kann und Anspruch auf Selbstverwaltung und Zuteilung von Produktionsmitteln erheben kann?
Das ist eine total abstrakte Betrachtung. Ich glaube nicht, dass hier noch Komunen gegründet werden, die wachsen oder schrumpfen nur.

    Zitat: Megabjörnie
    Und schließlich: Warum dürfen Kommunen Produktionsmittel besitzen, Individuen aber nicht? Allen vernünftigen Gründen zum Trotz wird diese Frage immer im Raum stehen.
Weil es keine Ausbeutung mehr geben soll. Es geht nur darum, ausschliesslich das zu produzieren, was die Gesellschaft unmittelbar braucht. Daher gibt es dann keinen Markt, Geld soll ja als Prozess abgeschafft werden. Das führt aber dazu, dass eigene Produkte im Ausland teuer werden, eingeführte aber spottbillig. Unter solchen Umständen würde sich private Produktion nicht mehr lohnen. Dazu kommt, dass private Produktion ja den Nachteil hat, dass man sozusagen lebenslang daran gebunden ist, sich also nicht weiterentwickelt. Da ich aber der ganzen Gesellschaft die Möglichkeit eines rotierenden System von Zeiten der Arbeit und Zeiten des freiwilligen, selbstgewählten Studiums eröffnen will, würde private Produktion dann dazu führen, dass diese Menschen relativ verblöden, d.h., auf ihrem einmal erreichten NIveau stehenbleiben würden. Das würde dann aber wieder zu einer Klassengesellschaft führen. Genau deshalb würde ich ja die Bauern auch zu Lehrern der Landwirtschaft machen, weil sie nur so daran teilhaben könnten. Es geht eben auch um die Lösung der Gegensätze von Hand- und Kopfarbeit, Stadt und Land und des Klassengegensatzes. Wenn Du ne bessere Idee hast, wie das zu bewerkstelligen ist, ich bin ganz Ohr.

    Zitat: Megabjörnie
    Es kann durchaus sinnvoll sein, dass der Einzelne sich Ressourcen erwirtschaftet, die er dann für Projekte aufwenden muss, von deren Wert er die Gesellschaft erst noch überzeugen muss.
Nein, so geht das nicht. Die Gesellschaft, also die Komune, muss darüber entscheiden, denn da wird es ja immer um die Benutzung von Rescourcen gehen, die sie zur Verfügung stellen muss. Wenn aber Verschwendung vermieden werden soll, kann man das nicht im Ermessen des Einzelnen liegen. Abgesehen davon, wäre das sowieso etwas, was in den normalen Alltag der Universitäten gehören würde, denn da soll es ja in den technischen Fakultäten um die Entwicklung der Produktionsmittel gehen. Insofern sehe ich den Sinn einer privaten Forschung gar nicht ein, weil die Unis ja genau diese Möglichkeiten der Forschung im Rahmen von Projekten, an denen sich jeder, der Bock hat, beteiligen können soll, bieten sollen.

    Zitat: Megabjörnie
    Das ist ja auch der Grund, weshalb der Kapitalismus so dominant ist: Nie haben menschliche Gesellschaften ihre Individuen so sehr mobilisiert wie in diesem System.
    Diese Dynamik wird einer reinen Planungsökonomie fehlen, und viele werden sich im Kommunenwesen eingeengt fühlen und nach Auswegen aus der Beengtheit suchen.
Kann schon sein, dass der eine oder andere Intellektuelle dann den Zeiten hinterher trauert, wo er noch Teil einer "Elite" war und für das Wohl seines Ausbeuters knechten durfte, aber für die Mehrheit des Volkes wird es wohl eher eine Befreiung und Ausdehnung der eigenen Möglichkeiten sein. Schliesslich soll ja jeder aus seinem Leben wirklich das machen können, was er draus machen will und Zeit seines Lebens Anspruch auf ein Höchstmass an Bildung haben. Ziel ist eben nicht eine engstirnige Kaste von Apparatschiks, sondern selbstarbeitende Techniker, Ingenieure und Künstler.

    Zitat: Megabjörnie
    Das heißt alles nicht, dass ein solches System schlecht wäre. Aber wir müssen einen nüchternen Blick darauf bewahren: Es ist mit Vor- und Nachteilen behaftet wie jedes andere, es taugt nicht zur Utopie und bereitet sie auch nicht vor, sondern steht immer unter Vorbehalt.
Selbstverständlich. Es ist zwar eine Konstruktion die versucht, alle Probleme der jetzigen Gesellschaft zu lösen, aber ich behaupte nicht, dass es da keine Probleme geben wird, im Gegenteil: Was da an Problemen zu lösen sein wird, übersteigt eigentlich das noch als machbar denkbare Mass. Das fängt an bei der Reorganisation des gesamten Bildungswesens, das überhaupt erst ein effektives Studium ermöglichen muss, dem Erstellen von Enzyklopädien des Fachwissens und der Fachgeschichte (was praktisch die Sichtung der gesamten Fachliteratur voraussetzt!) in jedem Fachbereich, der Entwicklung leistungsfähiger Transportsysteme, die einen Verzicht auf Autos, Flugzeuge, Bahnen ermöglichen usw. usf., kurz: da gibt es eine schier unendliche Anzahl von Detailproblemen zu lösen, die man teilweise schon voraussehen, teilweise aber erst in der Praxis erfahren wird. Man kann eine Gesellschaft nicht bis ins allerletzte Detail planen und wenn man es könnte, wäre sie bestimmt nicht wünschenswert. Aber man kann Grundzüge kennzeichnen, Lösungsansätze für konkrete Probleme bieten und eine Zielsetzung darstellen, die diskutabel ist.

    Zitat: Peter Nowak
    Das ist eine Frage der Entwicklungsstufe der Gesellschaft. Es wird sicher eine WEile dauern, bis eine Generation heranwächst, die auf jede Art von Herrschaftsinstrumenten verzichten kann. Alles, was wir tun können, ist, dafür zu sorgen, dass es dieser Generation dann problemlos (das heisst: ohne dass wieder eine Revolution nötig ist) zu einem wirklich anarchistischen Zustand übergehen kann. Dazu müssen natürlich die oben schon hier und da angesprochenen Bedingungen erfüllt sein
    Zitat: Megabjörnie
    Noch einmal: Entwicklungsstufen gibt es nicht, denn dafür fehlt die verbindliche Messlatte.
Diese Messlatte ist die Zeit und eine Entwicklung findet statt!

    Zitat: Megabjörnie
    Und ein neues Gesellschaftssystem kann, sofern es logisch möglich ist, auch ohne langen Generationenwechsel funktionieren.
Natürlich, im Kopf geht alles, allein, grau ist alle Theorie. Die Frage ist hier ganz konkret: Wie soll Anarchie möglich sein, solange es Schichthäuser gibt? Abschaffung des Staates geht, das ist aber erst die halbe Miete. Dann muss die Gesellschaft die Möglichkeiten schaffen, dass auch wirklich jeder an den Entscheidungen zur gesellschaftlichen Entwicklung teilnehmen kann. Solange nur eine Minderheit die Möglichkeit dazu hat, ist das keine Anarchie, sondern immer noch ein gefährlicher Zustand, der jederzeit wieder in eine Klassengesellschaft kippen kann. Auch in der Beziehung ist aber das rotierende System wichtig, weil es zumindest zeitweilig für alle Teilnehmer diese Möglichkeit eröffnet. Wenn man die Dinge praktisch betrachtet (und nicht vom Standpunkt von Gedankenschrullen, wie Friedrich Engels mal schrieb), ist das schon etwas komplizierter.

    Zitat: Megabjörnie
    Entscheidend ist vor allem, auf welche Weise es funktioniert bzw. zum Funktionieren gebracht wird. Gäbe es eine Möglichkeit, die Herrschaft aus der Gleichung zu nehmen, könnte man das genauso gut heute tun wie in hundert Jahren. Oder besser, man hätte es vor Jahrtausenden schon tun können.
Du vergisst, dass ersteinmal ein Lernprozess stattfinden musste, um überhaupt soweit zu kommen. Die Versuche dazu sind auch schon Jahrtausende alt und eine Menge Menschen haben ihr Leben dafür gegeben, die Sache der Freiheit zu entwickeln und weiterzugeben, denn jedes Scheitern war für die Nachfolgenden ein Gewinn, weil sie daraus ersehen konnten, wie es NICHT geht.

    Zitat: Megabjörnie
    Es gibt also keine Ausrede, sollte der Versuch fehlschlagen. Kein „Eigentlich müsste es funktionieren, aber die Menschen sind so von der alten Gesellschaft geprägt, dass es noch nicht klappt.“
Das ist aber nunmal der Fall. Ich halte es für ausgeschlossen, auf der jetzigen Grundlage sofort eine anarchistische Gesellschaft zu bilden. Dazu ist ein ganz anderes Bewusstsein notwendig, das wir nicht besitzen, weil es dieser bestehenden Gesellschaft widerspricht, aber durchaus verstehen und anstreben können. Abgesehen davon lassen die vorhandenen Strukturen das gar nicht zu. Solange es Schichthäuser gibt, gibt es keine Anarchie.

    Zitat: Peter Nowak
    Natürlich: einem Räuber kann man seinen Raub auch nur mit GEwalt abnehmen. Das sogenannte "Eigentumsrecht" beruht nur auf Gewalt und muss selbstverständlich gewaltsam gebrochen werden. Nicht nur im Interesse der Menschen, sondern im Interesse aller Lebewesen dieses Planeten, damit dieses verfluchte System der Ausbeutung und Unterdrückung einfürallemal vernichtet wird. Das und nur das das schafft überhaupt die Veraussetzungen, sich auf den WEg zu einer freien Gesellschaft zu machen.
    Zitat: Megabjörnie
    Gut, also halten wir mal fest: Enteignung von unten ( Besetzung ) geht nicht. Wenn es einer macht, dann von oben, jemand, der Gewalt im Namen der ganzen Gesellschaft ausübt …
Nein, das habe ich NICHT gesagt! Selbstverständlich muss die Enteignung ein Akt von unten sein, denn Revolution ist nunmal keine Sache von Dekreten oder dergleichen, sondern von Aktionen, nämlich der Mehrheit der Menschen. Aber die Enteignung darf nicht zu Nutzen der Kollektive geschehen, weil dann an die Stelle der Konkurrenz der Ausbeuter die Konkurrenz der Kollektive tritt. Das wäre das Ende jeder weiteren Entwicklung zur Anarchie, denn die Kollektive hätten ein Interesse daran, ihren Betrieb aufrecht zu erhalten, die Konkurrenz würde aber die Solidarität ersetzen und wir hätten wieder Klassenverhältnisse mit geänderten Klassenstrukturen (etwa wie die Politie von Aristoteles oder die asiatische Produktionsweise von Bachofen).

    Zitat: Megabjörnie
    Das wäre eigentlich der Staat. Oder einer, der ihn stürzt und an seiner Stelle die herrschaftlichen Funktionen ausübt. Letzteres geht über wer weiß wie viele Tausend Leichen ( im günstigsten Fall ), und Ersteres bedeutet, die Institutionen zu benutzen, die man eigentlich abschaffen will.
Beides falsch. Es wäre kein Staat, weil keine Herrschaft über die Köpfe von Betroffenen hinweg stattfände, sondern Selbstorganisation der Betroffenen. Die Institutionen würden nicht benutzt, sondern abgeschafft. Ein Parlament gäbe es nicht mehr, sondern nur Gremien von Beauftragten, die ihre Aufträge koordinieren. Alle Entscheidungen werden an der Basis getroffen. Allerdings: der Umbau der Gesellschaft hin zu einer wirklich anarchistischen wäre ein zentrales Ziel. Aber dieses Ziel wäre bereits die GRundlage der Revolution, das heisst, bevor man es angeht, muss man eben erstmal klären, was man genau will und WESHALB bestimmte Dinge in einer bestimmten Weise gelöst werden müssen, nur so lassen sich doch auch Menschen dafür gewinnen.

    Zitat: Megabjörnie
    Ich denke, einen Denkfehler dürfen wir uns niemals leisten: Den Utopismus.
    Warum sind alle sozialistischen Staaten Diktaturen geworden? Teils wegen des willkürlich-gewaltsamen Charakters der Umgestaltung, die man der Gesellschaft verordnen wollte. Dabei war fast ausnahmslos die Rede von Räterepubliken mit dezentralisierter Planungsökonomie, und die Gesellschaft stand daneben und musste sich gefallen lassen, dass man mit ihr experimentierte.
Es würde zu weit führen, das jetzt im DEtail zu erörtern und ich hab nicht soviel Zeit hier. Deine Darstellung ist jedenfalls falsch. ES war eben nicht von vornherein klar, wie es laufen sollte, die Ökonomie war überhaupt nicht klar usw. usf. Das hat nichts mit Utopie zu tun, sondern mit wissenschaftlicher akribischer Analyse der Probleme und erarbeiten der technischen Lösungen dafür. Natürlich sieht das dann so aus, als wenn man der Sache damit eine Zwangsjacke verpasst, aber diese Zwangsjacke besteht gar nicht in der Konstruktion, sondern in den zugrunde liegenden Problemen und den Möglichkeiten zu ihrer Lösung. Im konkreten Fall ist die Anzahl der Möglichkeiten eben sehr begrenzt, auch wenn sie theoretisch unendlich ist.

    Zitat: Megabjörnie
    Zum Teil aber lag es auch daran, dass die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit niemals eingestanden wurde. Die Realität sollte sich der Ideologie fügen, nicht umgekehrt. Da musste man entweder reale Veränderungen übers Knie brechen oder das Denken der Menschen.
    Aber auch die Rechtfertigung, man müsse sich mit Demokratie nicht aufhalten, wenn man sowieso irgendwann eine freie Gesellschaft habe, wird eine Rolle gespielt haben.
    Die „Revolution“ darf nicht im Namen gesellschaftlicher „Entwicklungsstufen“ erfolgen. Mir ist auch nicht klar, warum es so pathetisch zugehen muss.
Die Revolution erfolgt nicht "im Namen" gesellschaftlicher Entwicklungsstufen, sondern auf ihrer Grundlage. Das ist ein wesentlicher Punkt, weil es nicht "zurück in die Steinzeit" gehen soll, sondern vorwärts zu einer anarchistischen Gesellschaft. Nur unter der Berücksichtigung ist es möglich, mit der Revolution unmittelbar ZUstände zu schaffen, die der absoluten Mehrheit der BEvölkerung sofort die praktische ERFAHRUNG einer Besserung gegenüber der bestehenden Gesellschaft bringen. Gelingt dies nicht, ist die SAche von vornherein gescheitert. Man kann den Menschen nicht in die Tasche reinlügen, was nicht drin ist!

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn die Gesellschaft offen reflektiert, dass es mit dem gegenwärtigen System bergab geht, gibt es sicherlich auch friedvollere Möglichkeiten.
Ich fürchte, das liegt nicht im Ermessen der Gesellschaft. Darüber entscheiden diejenigen, die dabei was zu verlieren haben und denen ist jedes Mittel recht, die bestehenden Zustände aufrecht zu erhalten. Wer meint, das sei nur Ideologie, der soll mir doch mal erklären, wie das Verhalten der Polizei hier anders gedeutet werden soll. Es ist doch nicht so, dass hier noch nie getötet wurde, sondern die töten uns jetzt schon!

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn Wege aus dem Kapitalismus gesucht und plausible Modelle entwickelt werden, macht irgendwann auch die Politik mit, weil es Wählerstimmen bringt.
Verstehe, Du glaubst ernsthaft, die Politiker entscheiden, was geschieht? Dann hast Du keine Ahnung von Demokratie.

    Zitat: Megabjörnie
    Und unter anderen Bedingungen als der Unterstützung wenigstens der Mehrheit macht auch eine gewaltsame Revolution keinen Sinn, zumindest nicht moralisch. Ganz zu schweigen davon, dass eine Gesellschaft, die ihre Ordnung umstürzt, dann aber nicht von vornherein weiß, wie sie vorgehen will, wohl kaum ohne eine weitere „Bürgerkriegsphase“ auskommen wird. Dafür kennt die Geschichte zu viele Beispiele, um davon auszugehen, dass es „diesmal nicht dazu kommt“.
RICHTIG

    Zitat: Megabjörnie
    Das adornosche „Bilderverbot“ ( wenn es einen anderen Ursprung hat, möge man mich korrigieren, ich bin kein Experte in marxistischer Literatur ) ist schon allein deswegen kompletter Unsinn, weil es eine überschaubare Anzahl an Prinzipien gibt, wie sich eine Gesellschaft organisieren kann, vor allem in punkto Güterverteilung. Man muss sich die Prinzipien nur vornehmen und sehen, ob sie einer logischen Betrachtung standhalten.
Ja, die Anzahl der Möglichkeiten im Universum ist begrenzt. Sie verengt sich im konkreten Fall immer mehr, je mehr Parameter ("Zielvorstellungen" ins Spiel kommen, sodass speziell bei gesellschaftlichen Prozessen die Bandbreite von Entscheidungsfreiheit bei konkreten ZIelvorstellungen sehr gering ist. Zumindest viel geringer als etwa bei technischen Problemen.

    Zitat: Megabjörnie
    Auf eine Sache sei noch hingewiesen: Der Anarchismus spaltet sich in zwei gegensätzliche Denkrichtungen auf: Die eine Seite ( meinem Eindruck nach die Mehrheit ) ist radikal staatsfeindlich und antikapitalistisch.
    Die andere Seite ist radikal staatsfeindlich und – Überraschung – prokapitalistisch. Denn Eigentum gilt ihnen nicht als Raub, sondern als moralischer Kern der Gesellschaft. Und der Staat nimmt uns ja ständig etwas vom Eigentum weg.
    Die Schuld an den negativen Erscheinungen des Kapitalismus wird dem Staat zugeschoben, Armut eher dem Mangel an Kapitalismus als dem Kapitalismus selbst.
    An die Argumentation von Vertretern dieser Richtung ist sehr schwer heranzukommen. Mit doktrinären Parolen vom Ausbeutersystem und herrschaftsfreien Räterepubliken ist es jedenfalls nicht getan.
    Gut, den moralphilosophischen Kern kann man leicht widerlegen, denn alles materielle Eigentum basiert auf dem Besitz von Boden, und wie oben schon ausgeführt, gibt es dafür keine logischen Kriterien.
    Dennoch scheinen sich solche Ansichten im Moment stärker zu verbreiten als Neuaufgüsse linker Theorien.
JA, ich weiss, ist eigentlich nicht neu. Das sind Neoliberalisten die den Staat am liebsten ganz abschaffen würden, damit sie so richtig wilde Sau spielen können. Es ist leider so, dass sich dieses Gesindel unter dem DEckmantel des Anarchismus breit macht, aber jeder der die historischen Wurzeln des Anarchismus kennt, sollte eigentlich in der Lage sein, diesem Pack entgegen zu treten.

    Zitat: Megabjörnie
    Zum Teil liegt es daran, dass mit diesen nicht so gute praktische Erfahrungen gemacht wurden, zum Teil aber auch, dass der morbide Aspekt sozialistischer Revolutionen ( das Über-Leichen-Gehen, das kein Marxist oder Anarchist sich einzugestehen scheint ) in den liberalistisch-anarchistischen Gedankengängen fehlt. Relative Besitzarmut kann zerstören und im Extremfall töten, aber es gibt zumindest theoretisch die Chance, gewaltfrei etwas daran zu ändern. Und der Extremfall ist in den Kernländern des Kapitalismus so gut wie nie gegeben, egal wie es früher mal gewesen sein mag.
Natürlich ist eine Revolution ein gewaltsamer AKt, aber sie ist kein SElbstzweck. Sie ist nötig, weil unsere Feinde uns bewaffnet gegenübertreten und bereit sind, uns zu töten, aus keinem anderen GRund. Und mal ehrlich: Man kann sich doch wohl darüber streiten, ob irgend eine andere Gesellschaftsordnung auch nur annähernd soviele Menschenleben auf dem Gewissen hat, wie diese.

    Zitat: Megabjörnie
    Im moralischen Empfinden aller Kulturen ist der Respekt vor Besitz tief verwurzelt, soweit nicht bekannt ist, dass für die Aneignung direkte Gewalt angewandt wurde. Es weiß eben jeder instinktiv, dass es nicht ohne Gewalt abgehen kann, wenn man sich willkürlich etwas wegnimmt. Nur beim Inhaber der Herrschaft scheint man, je nach dem Grad der Zustimmung, eine Ausnahme zu machen.
    Wer der Ansicht ist, dass der Zugang zu lebenswichtigen Gütern für alle Menschen gleichberechtigt sein sollte, der muss auf zwei Ebenen deren Richtigkeit nachweisen:
    Einmal auf der moralischen; du musst so prinzipiell wie irgend möglich begründen, warum das Eigentumsrecht falsch ist.
Das ist keine moralische, sondern eine juristische Argumentation.

    Zitat: Megabjörnie
    Dabei ist es nicht hilfreich, den Menschen etwas von „Entwicklungsstufen“ zu erzählen. Sollen jetzt Regionen, in denen noch Subsistenzwirtschaft vorherrscht, erst mal durch den Kapitalismus hindurchgehen, damit sie für den Kommunismus bereit sind? Sorry, da müsst ihr durch, geht nicht anders, rebellieren könnt ihr in fünfzig Jahren immer noch?
Ich glaube, das verstehst Du einfach nicht. Eine Subsistenzwirtschaft hat einen relativ schnellen Zutritt zu einer anderen Organisation der Gesellschaft, weil es für sie relativ leichjt zu verstehen ist, dass es nur um eine andere Organisation geht. Je höher die Entwicklungsstufe aber ist, umso komplizierter wird die Sache, weil dabei immer komplexere Probleme zu bewältigen sind. Ganz platt gesagt: Eine Subsistenzwirtschaft kann sich immer selbst ernähren, unsere Gesellschaft nicht! Wer davon absieht, betrügt sich selbst und/oder andere.

    Zitat: Megabjörnie
    Und was soll ein Nichtmarxist mit einem Stufenmodell anfangen?
Das Warum verstehen wäre nicht schlecht

    Zitat: Megabjörnie
    Die andere Ebene ist schwieriger: Du musst auch nachweisen, dass es mit dem gegenwärtigen System bergab geht.
    Die Armut in weiten Teilen der Welt, die Krise Arbeitsgesellschaft hierzulande, das musst du zwingend mit dem Kapitalismus und nicht mit dem Mangel an Kapitalismus verbinden können. Das erfordert komplexe Diskussionen und auch die Bereitschaft zuzugeben, dass der BWL/VWL-Student, mit dem du einen Disput austrägst, auch mal Recht haben könnte, wenn er positive Ergebnisse des Kapitalismus anführt. Sonst brauchst du die Diskussion schließlich nicht anzufangen. Du hast es fast nie mit einem gedankenlosen Nachplapperer zu tun, der der Aufklärung bedarf, sondern mit einem Denker, der nur andere mentale Voraussetzungen, andere Grundannahmen, andere Denkmuster mitbringt.
Die Möglichkeiten der Argumentation sind da manigfaltig, aber die einfachste ist immer noch die: dieses Wirtschaftssystem widerspricht den Naturgesetzen, denn in einem geschlossenen System kann es kein permanentes Wachstum geben! (Man kann aus dem Hut nicht mehr rauszaubern als drin ist!)

    Zitat: Megabjörnie
    Übrigens: Vielleicht sollten wir uns darauf einigen, erst mal in jedem Post nur einen Punkt abzuhandeln, bevor die Antworten so lang werden, dass sie sonst keiner mehr liest.
Zu spät. Hättest Du oben schreiben sollen. Ich antworte immer sofort und lese nicht erst das ganze Posting. Würde zu lange dauern.

    Zitat: Megabjörnie
    Und kann mir mal einer sagen, wo hier die Quotefunktion ist?
Natürlich: Sie befindet sich oben rechts über dem Posting (der entsprechende Button nennt sich "Zitat", Einschub bjk)
Ich hoffe, ich habe alle Quotings richtig beschriftet, ich hab keine Zeit mehr, sie nochmal zu kontrollieren.
Peter Nowak


(hallo Peter, habe bis auf zwei blau gekennzeichnete Einschübe nichts an deinem Posting verändert sondern nur die Quotings "richtig" beschriftet  Gruß bjk)


[editiert: 16.03.11, 16:43 von bjk]
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