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Autor Beitrag
Peter Nowak
New PostErstellt: 01.04.11, 20:56     Betreff: Re: EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE

    Zitat: Megabjörnie
    Ich möchte jetzt nur mal auf das Thema „Moral“ eingehen. Da gab es m. E. ein paar Missverständnisse.
    Wenn ich die Existenz von Entwicklungsstufen bestreite, bezieht sich das nicht auf die Entwicklung von Technik oder das Wachstum des Wissens, sondern auf die Begriffe Richtig und Falsch.
Die Ansichten darüber, was richtig und fasch ist, sind aber von der E§ntwicklungsstufe der Technik und des Wissens abhängig. Mit Marx: Auf der ökonomischen Basis erhebt sich ein gesellschaftlicher Überbau, der den ökonomischen Verhältnissen den entsprechenden gesellschaftlichen Rahmen gibt.

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn ich z. B. Verstümmelungen verurteile, die vor Jahrhunderten stattgefunden haben, aber damals hat sich keiner darüber beschwert, dann nehme ich eine überhistorische Warte für mich in Anspruch. Es muss irgendwie eine objektive, logisch nachweisbare Richtlinie geben, nach der bestimmte Verhaltensformen zu jedem Zeitpunkt und unabhängig vom subjektiven Urteil der sozialen Umgebung richtig oder falsch sind.
Eben, diese Warte ist die gesellschaftliche Entwicklungsstufe. Es wäre doch geradezu absurd, heute wieder Verstümmelungen als Bestrafung einzuführen, diese Entwicklungsstufe haben wir doch hinter uns, auch wenn einige Folter-Befürworter vielleicht ein wenig zurückgeblieben sind.

    Zitat: Megabjörnie
    Der Schlüssel ist, denke ich, das Eigentum am eigenen Körper. So kann man eben Zwangsheiraten/-verstümmelungen verurteilen, ohne dass der Vorwurf, man würde ja nur die Perspektive einer bestimmten Kultur einnehmen, verfangen würde. Gleichzeitig erkennt man schließlich auch, dass die eigene Gesellschaft in dieser Hinsicht ebenfalls nicht perfekt ist.
Erstens wäre das auf der gesellschaftlichen Entwicklungsstufe, wo Verstümmelung praktiziert wurde, absurd, weil das ja feudale Zeiten waren, wo der Körper eben nicht Eigentum des Menschen, sondern seines Feudalherrn waren.
Zweitens ist das auch die Perspektive unserer Gesellschaft auf die Vergangenheit übertragen.

    Zitat: Megabjörnie
    Aus dem Selbsteigentum folgt, dass eine Gesellschaft immer wissen kann, wonach sie streben muss. Wenn aufgrund bestimmter langfristiger Fehlentwicklungen das Bewusstsein des Selbsteigentums in Vergessenheit gerät, heißt das nicht, dass es nicht mehr existiert. Es braucht nur den Gedankengang: Gewalt ist etwas Schlechtes.
Das ist aber Unsinn! Gewalt ist ein Naturgesetz, das Gesetz der Entstehung! Erzähl mir mal, wie Du ohne Gewalt existieren willst. Wenn Du irgendwo sitzt, liegst, Stehst oder gehst, übst Du Gewalt über einen Ort aus. Wenn Du dich ernähren willst, musst Du Gewalt anwenden, oder meinst Du, Du brauchst nur in den Supermarkt zu gehen, dazu bräuchte es keine Gewalt? Das Geschwätz von der "bösen Gewalt" ist einfach dummes Zeug.

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn ich den Körper eines anderen in Besitz nehmen will, muss ich Gewalt anwenden. Jeder einzelne besitzt den eigenen Körper, ohne dass er dafür Gewalt anwenden musste. Und, ganz wichtig: Ich weiß, was Bestandteil des Körpers eines Menschen ist und was nicht.
    Ich denke schon, dass wir alle instinktiv um das Selbsteigentum wissen. Kulturen, die es missachten, kompensieren das, indem sie Wertigkeitsstufen für menschliche Existenzen konstruieren; Vertreter der eigenen Schicht/Klasse sind unantastbar und vollwertige Selbsteigentümer, die anderen nicht.
Du verwechselst Ursache und Wirkung: Nicht die Ablehnung des "Selbsteigentums" bringt die Klassen hervor, sondern die Existenz der Klassen bringt die Ablehnung des nSelbsteigentums hervor.

    Zitat: Megabjörnie
    Gesalbte Könige werden nicht umgebracht, die Untertanen sollte man nicht umbringen, aber wenn man es für nötig hält, Pech für sie. Sklaven, Frauen, Unberührbare, Leibeigene, alle haben das Pech, nicht als vollwertige Menschen zu gelten.
    Aber das ist eben auch ein Zeichen, dass es ein Grundbewusstsein für Selbsteigentum gibt, sonst müsste man solche Wertigkeiten gar nicht erfinden.
Auch das ist falsch. Man "erfindet" solche "Wertigkeiten" nicht, sie entstehen im Verlauf der gesellschaftlichen Entwicklung und zwar unabhängig vom Willen des Einzelnen.

    Zitat: Megabjörnie
    Eine Gesellschaft kann sich in moralischer Hinsicht nach vorn, aber auch wieder zurück entwickeln. Deshalb würde ich hier nie von Entwicklungsstufen sprechen. Das suggeriert nämlich, wir stünden irgendwie auf einer höheren Stufe. Dem Threadersteller gebe ich insofern auch Recht: Eine solche Sichtweise ist irreführend.
Nein, sie geht nur von der Tatsache aus, dass bestimmte Vorstellungen und damit auch Verhaltensweisen an bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse, Produktionsverhältnisse, wie Marx sagt, gebunden sind, und das dürfte ziemlich unwiderlegbar sein.

    Zitat: Megabjörnie
    Wobei ich gleichzeitig glaube, dass zwei Aspekte der Willkür immer unsere Begleiter sein werden und die Gefahr moralischer Degeneration mit sich bringen: die Bestrafung und die Verteilung von Besitztümern.
Dann müsstest Du zunächst mal den Begriff "Willkür" definieren, weil Du ihn offensichtlich in einem anderen Sinn verwendest, als ich ihn verstehe. Sodann aber: Ja, Bestrafung wird es zumindest als Androhung immer geben müssen, weil ansonsten die Gesellschaft absurd wird. Was aber die Besitztümer angeht, so ist das eben keine Frage der Verteilung, sondern der Organisation der Produktion oder genauer: der Produktionsweise.

    Zitat: Megabjörnie
    Die Abstufung zwischen Menschen und anderen Wesen erscheint tatsächlich erst mal willkürlich, aber gesellschaftlich ist sie schwer zu umgehen.
    Nehmen wir ein Beispiel: Ich schlage keine Fliegen tot und hänge keine Fliegenfänger auf. Aber ich stelle fest, dass die meisten anderen Menschen in dieser Hinsicht keine Bedenken haben. Mein Grundrespekt vor dem Leben fehlt ihnen und ist schwer zu vermitteln.
    Dennoch komme ich mit ihnen klar und kann sogar positive soziale Beziehungen zu ihnen aufbauen.
    Dadurch wurde mir klar, dass es zwei Ebenen der Moralität gibt: Eine gesellschaftliche und eine spirituelle.
Du bringst das auf eine religiöse Ebene, die es auch wirklich hat, aber eben nicht nur. Das sind doch keine getrennten Aspekte, sondern nur einer: weil DU (und dabei geht es um den Einzelnen) Respekt vor dem Leben hast, lehnst Du das Töten von Lebewesen ab UND kommst mit allen Menschen aus. Es ist ein einziger "moralischer Grundsatz" (wenn man es so nennen will, eigentlich lehne ich Moral in dieser Form ab: entweder jemand kann mir sagen, weshalb ich etwas tun oder lassen soll, oder er muss den Mund halten. Moral ist kein Argument, sondern nur ne Killerphrase).

    Zitat: Megabjörnie
    Die gesellschaftliche Moralität bezieht sich auf Fehlverhalten, das des Korrektivs bedarf, weil die Gesellschaft anders nicht funktionieren kann. Ich definiere meine Beziehung zu anderen Menschen.
Ja, solange man es so abstrakt betrachtet, scheint es richtig, es verliert aber seinen Schein, wenn wir die Dinge konkret betrachten. In dieser Gesellschaft wird ein Korrektiv verwandt, um diese Gesellschaft und ihre Grundlage, die Ausbeutung der einen durch die anderen, also die Klassengesellschaft, aufrecht zu erhalten. Es geht also gar nicht um DIE Gesellschaft (nämlich mit ALLEN!), sondern in Wahrheit nur um einen Teil der Gesellschaft, der dieses Korrektiv braucht, um sein Mitesserdasein aufrechtzuerhalten. Es ist demnach eine Lüge, dass dieses Korrektiv zur Aufrechterhaltung DER Gesellschaft notwendig ist, denn es dient nur zur Aufrechterhaltung DIESER Gesellschaft.

    Zitat: Megabjörnie
    Mit der spirituellen Moralität definiere ich meine Beziehung zum Universum im Allgemeinen. Die Fliegen schlage ich nicht deshalb nicht tot, weil ich mein Selbst in ihnen gespiegelt sehen würde, nicht mal, weil ich keine Abneigung gegen die Drecksviecher hätte.
    Sondern weil ich will, dass mein Leben vor dem Universum irgendwie einen Wert haben möge. Sympathie ist in dem Zusammenhang nicht relevant.
Eben, also ist es einfach der Gedanke der Gleichheit, der dahinter steht, nichts religiöses.

    Zitat: Megabjörnie
    Spirituell kannst du dich dafür entscheiden, dass der Grizzly dich fressen darf, weil er so großen Hunger hat. Aber du würdest kaum jemanden, der von einem angegriffen wird, auffordern, sein Gewehr fallen zu lassen, damit er gefressen wird.
Das wäre auch dumm, schliesslich kommt politische Macht aus den Gewehrläufen, wie Mao Zedong richtig sagt. Es wäre also zwecklos, ihn mit Worten überzeugen zu wollen, aber es wäre zu überlegen, ihm das Gewehr aus der Hand zu schlagen, denn da er eins trägt, war er von vornherein auf Töten aus und also wäre sein Tod gerecht.

    Zitat: Megabjörnie
    Noch weniger könntest du ihn zwingen, denn dann setzt du dich gesellschaftlich ins Unrecht.
Hä? Wenn ich als Unbewaffneter einen Bewaffneten zwinge, setze ich mich ins Unrecht? Da solltest Du vielleicht nochmal deine Logik überprüfen.

    Zitat: Megabjörnie
    Und mit dem Menschen kann ich Gesellschaftlichkeit herstellen, mit dem hungrigen Grizzly nicht. Übertrage ich die Rechte eines Menschen auf ihn, dann stehe ich vor der kuriosen Situation, dass zwei moralische Subjekte sich gegenseitig töten dürfen, und keiner begeht ein Unrecht, denn wer andere fressen muss, um zu leben, der muss es eben.
Richtig, aber Du stellst die Verhältnisse falsch dar. Du hast nichts auf den Grizzly zu übertragen, denn es gibt keine "Menschenrechte". Niemand kann sich hinstellen und sagen: Ich habe folgende Rechte, 1., 2., 3. ... Das ist einfach lächerlich, beziehungsweise, wie in diesem Fall, ein Akt der Gewalt. Also sind die Menschen gegenüber der Natur Gewalttäter und gehören bestraft. Wenn, dann kannst also nur Du als Mensch die gleichen Rechte wie der Rest der Natur, denn die Pflanzen gehören dazu, erlangen, niemals aber umgekehrt.

    Zitat: Megabjörnie
    Die Funktionsweise von Ökosystemen, die zumindest zum Teil auf Fressen und Gefressenwerden basieren, macht es unmöglich, gesellschaftliche Moral auf alle Lebewesen zu übertragen.
Das ist auch gar nicht der Sinn. Komm mal von deinem hohen Ross runter, die menschliche Gesellschaft ist nicht das Mass aller Dinge. Es geht allein darum, die Menschliche Gesellschaft in Einklang mit dem Rest der Natur zu bringen. Wenn wir denn intelligent sind, wie wir ja von uns behaupten, dann sollte das doch eigentlich kein Problem für uns sein.

    Zitat: Megabjörnie
    Da braucht die Evolution noch ein paar Millionen/Milliarden Jahre.
    Vielleicht können wir einen bewussten Schritt in diese Richtung versuchen – müssen aber nicht.
Natürlich nicht. Wenn man muss, muss man aufs Klo, alles andere kann man entscheiden. Aber man muss natürlich auch die Konsequenzen der eigenen Entscheidungen tragen. Das nennt sich Kausalität.

    Zitat: Megabjörnie
    Wenn z. B. die anderen Bewohner deiner Kommune sich dafür entscheiden, weiterhin Tiere als Schlachtvieh zu halten und Pflanzen mit Gift einzusprühen, dann bist du eben überstimmt. Sie praktizieren Dinge, die du für inakzeptabel hältst, aber es liegt an dir, ob dadurch eine unüberwindbare Kluft entsteht. Und selbst wenn: Du kannst dir eine andere Kommune suchen, deine alte wird als Gesellschaft weiterhin funktionieren.
Ich könnte aber auch die Natur zum Krieg gegen sie aufrufen;-)

    Zitat: Megabjörnie
    Die Äußerung, andere Wesen hätten bei diesen Entscheidungen „nichts zu melden“, war nicht geringschätzig gemeint, sondern die Feststellung einer unliebsamen Tatsache: Die Machtverhältnisse sind halt extrem asymmetrisch, und die Entscheidung, in welchen Wesen wir unser Selbst gespiegelt sehen wollen, liegt allein bei uns, ebenso der Grad des Respekts, den wir ihnen entgegenbringen. So wie du ja auch über deinen Speiseplan entscheidest: Andere Wesen können nur dann ein Wörtchen mitreden, wenn sie sich zur Wehr setzen, z. B. indem sie Stacheln ausbilden wie der Kaktus oder Gifte produzieren wie die Tollkirsche.[/qauote]

    Vielleicht haben sie doch noch ein paar mehr Möglichkeiten, zumal es ja nichtmal nur um die Natur auf unserem Planeten geht.

    [quote:Megabjörnie]Deshalb wäre es sinnvoll, unsere Ethikdiskussion nicht zu kompliziert zu machen. Das Threadthema zielt ja auch auf Moral zwischen Menschen ab. Ich schlage vor, es auch darauf zu beschränken.
Selbst wenn wir das täten, würde immer noch die Frage stehen bleiben, wie WIR Menschen unser Verhältnis zum Rest der Natur gestalten wollen.
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