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Hi Torsten!

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Gast
New PostErstellt: 22.11.05, 00:42  Betreff: Hi Torsten!  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Ich habe jetzt leider nicht sehr viel Zeit, hoffe mich morgen oder übermorgen abend intensiver damit beschäftigen zu können. Wie dir vielleicht aufgefallen ist, habe ich es bisher peinlich vermieden, mich in der LiPa-Forumsfrage mit dir zu solidarisieren. Um nicht das Gegenteil tun zu müssen, habe ich die Sperrung von dir unkommentiert gelassen. Aber auf Grund der Diskussion im LiPa-Forum habe ich mal auf deiner Homepage gestöbert und bei einigen Punkten ist mir doch die Kinnlade ein wenig heruntergefallen.
Ich hoffe mal, da ist einiges etwas kräftiger formuliert, als es in realitas gemeint ist. Grundsätzlich rege ich hiermit mal ganz praktisch einen Gedankenaustausch zwischen dir als kommunistischen Hardliner und mir als etwas mehr - nennen wir es - freiheitsliebenden Menschen an. Mehr von mir, wie gesagt später. Ich will es derzeit nur mal ankündigen.
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Gast
New PostErstellt: 22.11.05, 00:43  Betreff: Re: Hi Torsten!  drucken  weiterempfehlen

Mist, ich bin schon wieder Gast, immer dieses sändige ausgeloggt werden.

Ich war's soyfer.
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soyfer

Beiträge: 205

New PostErstellt: 22.11.05, 20:41  Betreff: Re: Hi Torsten!  drucken  weiterempfehlen

Ich habe, wie gesagt, mal auf deiner Homepage gestöbert und einiges gelesen. Mir geht es hier auch darum, zu erfahren, ob ich dich grob falsch interpretiere oder einiges von dir möglicherweise nur um einiges härter formuliert wurde, als du meintest. Ich will in der Folge vesuchen, deine Sicht der Welt zu analysieren und dann einen meiner Bedenken anzufügen.
Vieles hat mir gefallen, wie die Gedichte und Lieder, einiges fand ich - bitte verzeih - amüsant, aber bei einem Punkt, da läuft es mir doch eis-kalt den Rücken herunter.
Auch wenn ich vieles im weiteren Verlaufe wieder einschränken oder zurücknehmen muss, so kann man derzeit erst mal ganz generell festhalten, dass uns vieles verbindet. Die Ablehnung des bestehenden unmenschlichen Kapitalismus, die Einsicht, dass sich die Gesellschaftsform zu einer klassenlosen Gesellschaft ändern muss (ich nenne sie jetzt bewußt nicht kommunistische Gesellschaft, siehe dazu unten). Und nicht zuletzt die Tatsache, dass der Sozialismus nicht gescheitert ist, weil er noch nie versucht wurde. Ich z.B. trenne immer zwischen "real existierendem Sozialismus" und "der Idee des Sozialismus", denn beides hat nichts miteinander zu tun.

In dem Punkt, wo du Gott einführts trennen sich unsere Wege. Und zwar weniger, weil du Gott einführst. Denn ich realisiere und anerkenne, dass du mit deiner Gottesinterpretation dich auf dem Weg sozusagen zu den philosophischen Wurzeln von Marx begibst. Denn Marx hat viel von Hegel übernommen und Hegel viel von Spinoza. Spinoza aber legt in seinem nie fertiggestellten und postum veröffentlichten Wert Ethica dar, was Gott ist und wie er verstanden werden muss: deus sive natura, also Gott oder die Natur. Damit kommt er zwar nahe deinem: Gott oder das Gesetz. Bei Spinoza und dir handelt es sich somit um Theisten, d.h. Vertreter einer deterministische Weltsicht (und diese erst konnte zu einem Marx führen). Aber trotz dieser Ähnlichkeiten unterscheidet etwas dich von der Philosophie Spinozas grundlegend mit ganz weitreichenden Folgen. Anders als bei Spinoza kommst du nicht nur zu Handlungsratschlägen, wie ein Mensch im eigenen Intersse leben sollte, sondern bei dir gibt es konkrete Anweisungen, wie er leben muss. Anders ausgedrückt, bei dir gibt es eine Diskrepanz zwischen wohlverstandenem Eigennutzen und Kollektivnutzen, bei Spinoza gibt es diese Differenz nicht.

Und damit sind wir schon bei dem einen Punkt, der mich erschaudern läßt. Ich möchte hier nicht aus deinen Flugblättern zitieren, aber generell finde ich es erschreckend, Menschen und menschliches Leben mit einer Mücke zu vergleichen, die man erschlägt, wenn sie piekt. Es tut mir leid, nicht erst da, aber dort auf jeden Fall ist eine Grenze erreicht, die zu überschreiten und wo zu schweigen ich mich außer stande sehe.
Resultierend aus deinem ziemlich festen und starren Weltbild entsteht eine ganz konkrete wahre, gute und richtige Gesellschaftsform, die urchristliche, kommunistische, wie immer du sie nennst. Sie wird getragen von Menschen, die ihr Privatinteresse hintanstellen und das beste für das Gemeinschaftsinteresse herauszuholen (dein Landstreicherbeispiel). Dieses kontinuierliche sich-selbst-hintanstellen hinter die Gemeinschaftsinteressen fordert somit von jedem einzelnen Mitglied Opfer. Und wer dies Opfer nicht zu bringen bereit ist und sein Recht auf volles Privatinteresse fordert, der stellt sich gegen das Gemeinschaftsinteresse, gegen die Gesellschaft und damit gegen das göttliche Gesetz. Er wird - oder ist es schon zuvor - zum Parasiten und gehört vertrieben, wie eine Mücke, die um einen schwirrt und, sollte sie sich am Gemeinbesitz vergehen, wie die Mücke am menschlichen Blut, erschlagen.

Nun ich will es gleich ganz offen sagen, ich würde wohl der erste sein, der erschlagen werden müsste, weil ich sicher weder jetzt bereit bin, mich für eine Gesellschaft einzusetzen, in der ich mein ich hinter das wir stellen muss. Wenn ich mich engagiere, damit ich mein ich endlich und sehnlichst erwünscht aus dem wir heraustreten lassen kann, in dem derzeit alle Menschen verstrickt sind. Und man müsste mich sogleich erschlagen, weil ich auch in einer neuen anderen, aber immer noch Wir-Gesellschaft, nicht rasten würde, für mein ich zu kämpfen. Und wenn ich meine Privatinteressen meine, so stelle ich mir mich nicht als raffgierigen Kapitalisten vor, wie du möglicherweise die von dir so genannten "Parasiten", sondern ich sehe mich vielmehr ruhig in einer Hängematte baumeln (klassisches Anarchistenbild). Um es so zu formulieren: ich - wie jeder Mensch - habe ein Recht auf Faulheit, und das werde ich zu erstreiten versuchen. Kein Gemeininteresse und kein göttliches Gesetz steht für mich über mir. Und kein Gemeininteresse und kein göttliches Interesse steht über dir, und so bei allen Menschen. Niemand soll mir in mein Leben hineinreden und ich rede niemand anderem hinein. Man kann es auch mit den Worten Rosa Luxemburgs sagen: die Freiheit des einzelnen hört da auf, wo die Freiheit des anderen beginnt.
Diese Grundregel einer freien Gesellschaft, die zugegebenermaßen noch nie praktiziert wurde und daher diese freie Gesellschaft noch nie existiert hat, diese Grundregel wird in meinen Augen in deinem Weltbild nicht einmal ansatzweise erstrebt, ja geradezu das Gegenteil versucht: das Gemeinwohl ist für dich das Gefängnis der Freiheit des einzelnen. Und deine Kritik an der DDR ist nicht, dass die Bürger keine Freiheit hatten, deine Kritik ist, dass die politische Führung eine größere Freiheit hatte. Somit wäre die DDR gut gewesen, wenn alle dieselbe Knechtschaft gehabt hätten.

Dein obiges Beispiel und - wenn ich das richtig wiedergegeben haben sollte - dein Bild einer kommunistischen Gesellschaft als Ziel der Menschheit lehne ich zu meinem tiefsten Bedauern aus tiefstem Herzen ab.
(Ich hoffe auf eine gesalzene Antwort.)

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Gast
New PostErstellt: 22.11.05, 23:33  Betreff: Re: Hi Torsten!  drucken  weiterempfehlen

@Soyfer,

ich begrüße deinen selbständigen Erkenntnisprozess.

(eine Hofschranze von der PDS)
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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 23.11.05, 00:44  Betreff:  Re: Hi Torsten!  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Gast
    (eine Hofschranze von der PDS)
auch aus Hofschranzen können hier ja interessante DiskutantInnen werden
Gäste sind herzlich willkommen und eingeladen, hier mitzutun - aber bitte unsere Diskussionskultur beachten, sie ist mit Sicherheit angenehmer und konstruktiver als die von Hofschranzen im Ronald-Friedmann-Ghetto-Forum praktizierte

nix für ungut aber ich bleibe keine Spitze schuldig

bjk
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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 23.11.05, 00:50  Betreff:  Re: Hi Torsten!  drucken  weiterempfehlen



Hallo Torsten,
hallo soyfer,

gleich mal vorweg, dieser von soyfer angeregte Thread kann eine sehr spannende Sache werden! Darauf freue ich mich schon, denn alle die wir hier in diesem Forum diskutieren, geben uns große Mühe, bei noch so heißen Debatten mit noch so konträren Standpunkten die MitstreiterInnen niemals persönlich zu verletzen, jedenfalls nicht bewußt. Und - das halte ich für ganz wichtig - hier gibt's keine Hierarchien, selbst der Admini hier ist höchstens Primus inter Pares, also Erster (bzw. Gleicher mit besonderen Aufgaben und Pflichten) unter Gleichen, für mich gelten also ebenfalls die Moderationsregeln und die Netiquette! Wir sind hier eben nicht in einem bevormundenden Parteiforum. Diese Selbstbeweihräucherung einleitend vorausgeschickt hoffe ich nun auf möglichst interessante Beiträge nicht nur von uns Dreien zum Thema Kommunismus!



    Zitat: soyfer
    Vieles hat mir gefallen, wie die Gedichte und Lieder, [...

    so kann man derzeit erst mal ganz generell festhalten, dass uns vieles verbindet. Die Ablehnung des bestehenden unmenschlichen Kapitalismus, die Einsicht, dass sich die Gesellschaftsform zu einer klassenlosen Gesellschaft ändern muss (ich nenne sie jetzt bewußt nicht kommunistische Gesellschaft, [...]). Und nicht zuletzt die Tatsache, dass der Sozialismus nicht gescheitert ist, weil er noch nie versucht wurde. Ich z.B. trenne immer zwischen "real existierendem Sozialismus" und "der Idee des Sozialismus", [...]
bjk: Weitgehende Zustimmung bis auf eines, die Lieder haben mir nämlich nicht nur gefallen sondern ich finde sie klasse! Insbesondere die (klassen)kämpferischen Passagen, die ich als eindrucksvolles legitimes Stilmittel sehe und nicht etwa als Anleitung eventuell real zu auszuübender Gewalt. Anarchisten, auch hobbymäßige wie ich, lehnen physische Gewalt gegen Personen unbedingt ab! Animalische Ur-Instinkte können mit höchsten ekstasischen Wonnen die Liebe beiderseits beflügeln, was durchaus sehr angenehm ist - - aber diese Animalität hat nix aber auch gar nix mit Gewalt gegen Menschen zum Zwecke einer Gesellschaftsveränderung zu tun! Deshalb halte ich z. B. die russische Revulotion 1918 mit all den blutigen Massakern und Greueln für zutiefst verabscheuungswürdig, denn hier wurde nur die eine schlimme Macht durch eine andere schlimme ausgetauscht. Letztlich ist sie auch untergegangen und hat dafür gesorgt, daß heute der Sozialismus einen verächtlichen und erst recht die Anarchie einen schlimmen Zusammenhang gebracht werden. Über die Details und über Für und Wider werden wir ja hier noch hoffentlich mächtig miteinander streiten!


    Zitat: soyfer
    In dem Punkt, wo du Gott einführts trennen sich unsere Wege. Und zwar weniger, weil du Gott einführst. Denn ich realisiere und anerkenne, [...]
bjk: Hmm, auch ich erkenne eine übergeordnete "Systematik", ein alldurchdringendes Reagenz, ob es als Gott oder sonstwie bezeichnet wird, als durchaus real an. Ich sympathisiere sehr stark mit pantheistischen Elementen und meine, diese kommen dem Anarchismus eigentlich am nächsten, weil sie Respekt vor jeden lebenden und sogenannten nichtlebenden Dingen in dieser Welt einfordern. Eine bessere Grundlage für ein wahrhaft humanistisches Weltbild gibt es m. E. nicht. Was ich hier als alldurchdringendes Reagenz bezeichnet habe, hat für mich die Funktion eines Primus inter Pares, nicht mehr und nicht weniger! - Das Christentum, auch das sogenannte Urchristentum, berücksichtigt wie alle anderen monotheistischen Religionen immer nur Teilaspekte und postulieren eine willkürliche Werteskala, an der Spitze ein grausamer Gott und gleich danach angeblich der Mensch, - beides lehne ich vehement ab! Hier werden sich durch Menschen willkürliche Vorrechte gewährt, die in der jahrtausendealten sogenannten Zivilisation stets nur Gewalt und Unterdrückung hervorgerufen haben. Ein Horror für jeden Anarchisten, der doch nur Mensch im Großen Ganzen sein will.


    Zitat: soyfer
    [...] aber generell finde ich es erschreckend, Menschen und menschliches Leben mit einer Mücke zu vergleichen, die man erschlägt, wenn sie piekt.
    [...] ziemlich festen und starren Weltbild entsteht eine ganz konkrete wahre, gute und richtige Gesellschaftsform, die urchristliche, kommunistische, wie immer du sie nennst. Sie wird getragen von Menschen, [...]
    Dieses kontinuierliche sich-selbst-hintanstellen hinter die Gemeinschaftsinteressen fordert somit von jedem einzelnen Mitglied Opfer. Und wer dies Opfer nicht zu bringen bereit ist und sein Recht auf volles Privatinteresse fordert, der stellt sich gegen das Gemeinschaftsinteresse, gegen die Gesellschaft und damit gegen das göttliche Gesetz. Er wird - oder ist es schon zuvor - zum Parasiten und gehört vertrieben, wie eine Mücke, die um einen schwirrt und, sollte sie sich am Gemeinbesitz vergehen, wie die Mücke am menschlichen Blut, erschlagen.
bjk: Genauso sehe ich das auch! Was der olle Paulus vor ca. 2000 Jahren da in einem seiner Briefe geschrieben hat, nämlich "wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" hat zur (schein)legitimierten schlimmsten Unterdrückung und Versklavung von Menschen geführt. Auch Lenin hat diese unselige Phrase zum Leitsatz erhoben, angeblich meinte er damit "nur" den faulen Adel und die ausbeuterischen Kapitalisten, in Wahrheit sind auf dieser schändlichen Grundlage z.B. Gulags in der Sowjetunion und KZ durch Nazideutschland errichtet und Abermillionen armer, nicht dem jeweiligen System angepaßter bzw. "nutzloser" Menschen viehisch ermordet worden. Von jahrhundertelangen Sklavengreueln durch christliche Kolonialmächte gar nicht zu reden! Komme mir also niemand mit Christenliebe!!!
KEIN PFAFF * KEIN STAAT * KEIN HERR * KEIN SKLAVE !


    Zitat: soyfer
    Nun ich will es gleich ganz offen sagen, ich würde wohl der erste sein, der erschlagen werden müsste, weil ich sicher weder jetzt bereit bin, mich für eine Gesellschaft einzusetzen, in der ich mein ich hinter das wir stellen muss. Wenn ich mich engagiere, damit ich mein ich endlich und sehnlichst erwünscht aus dem wir heraustreten lassen kann, in dem derzeit alle Menschen verstrickt sind. Und man müsste mich sogleich erschlagen, weil ich auch in einer neuen anderen, aber immer noch Wir-Gesellschaft, nicht rasten würde, für mein ich zu kämpfen. Und wenn ich meine Privatinteressen meine, so stelle ich mir mich nicht als raffgierigen Kapitalisten vor, wie du möglicherweise die von dir so genannten "Parasiten", sondern ich sehe mich vielmehr ruhig in einer Hängematte baumeln (klassisches Anarchistenbild). Um es so zu formulieren: ich - wie jeder Mensch - habe ein Recht auf Faulheit, und das werde ich zu erstreiten versuchen. Kein Gemeininteresse und kein göttliches Gesetz steht für mich über mir. Und kein Gemeininteresse und kein göttliches Interesse steht über dir, und so bei allen Menschen. Niemand soll mir in mein Leben hineinreden und ich rede niemand anderem hinein. Man kann es auch mit den Worten Rosa Luxemburgs sagen: die Freiheit des einzelnen hört da auf, wo die Freiheit des anderen beginnt.
bjk:Lieber soyfer, das hätte von mir sein können!


    Zitat: soyfer
    Diese Grundregel einer freien Gesellschaft, die zugegebenermaßen noch nie praktiziert wurde und daher diese freie Gesellschaft noch nie existiert hat, diese Grundregel wird in meinen Augen in deinem Weltbild nicht einmal ansatzweise erstrebt, ja geradezu das Gegenteil versucht: das Gemeinwohl ist für dich das Gefängnis der Freiheit des einzelnen. Und deine Kritik an der DDR ist nicht, dass die Bürger keine Freiheit hatten, deine Kritik ist, dass die politische Führung eine größere Freiheit hatte. Somit wäre die DDR gut gewesen, wenn alle dieselbe Knechtschaft gehabt hätten.
Hmm, da bin ich gespannt, wie uns Torsten seine Argumente aufbereiten wird. Denn daß er klug ist, steht außer Zweifel - und daß er Mensch ist, ebenfalls! In diesem Sinne auf eine weitere spannende Diskussion

Gute Nacht
bjk


[editiert: 23.11.05, 10:16 von bjk]
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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 23.11.05, 14:03  Betreff: Re: Hi Torsten!  drucken  weiterempfehlen



Hmm, weil soyfer und ich hier Anarchie ins Spiel gebracht haben, hab ich mal für alle Interessierten einen interessanten Link ausgegraben und einen ebenso interessanten Text von dort hierher kopiert. Voilà ...






ahoi!

wollen die anarchistInnen die republik ins chaos stürzen ?

in tiefer nacht, wenn die lichter der laternen die dunklen winkel nicht mehr erreichen, und die fassaden lange schatten werfen, gehen mysteriøse, schreckliche dinge vor. durch die schlafende stadt huschen schwarzgekleidete gestalten mit tief in die fanatischen fratzen gezogenen schlapphüten und dämonischen sturmhauben. sie unterminieren das friedliche gemeinwesen, verstecken gefährliches material und schreiben ihr schwarzes menetekel an die mauern. weite umhänge und jacken verhüllen mühsam die waffenstarrende ausrüstung. sprengstoff beult die taschen der düsteren gestalten. manchmal hørt man verhalten laut rauhe kommandos oder leises signalisierendes zischen. wenn es nicht gerade von einer rennenden zündschnur kommt. im nikotingelben gebiß blitzt der dolch. von dem schäumend speichel tropft, bereit, seine schneide ins herz des arglos seine runde drehenden polizisten zu ermorden. stechende augen belauern die ausgestorbenen straßen. leise ächzend werden schwere kisten voll waffen und munition in geheime keller und schlupfwinkel geschleppt, in denen verschwørerInnen tag und nacht, aufgeputscht von drogen, finstere, subversive pläne schmieden und am sturz der regierung arbeiten.
sie bereiten ihn vor, den großen schlag, den tag X. an dem sie das feuer an die lunten legen. die zünder aktivieren und das teuflische werk zu vollenden trachten: die zerstørung jeder ordnung, den ausbruch des fürchterlichen gesetzlosen chaos', die willkürherrschaft der wirrkøpfe, plünderung, terror, mord und totschlag allenthalben ... diehiehiiiii grausamen, die wahnsinnigen anarchistInnen!

????????

... ja, so stellen sich viele "die anarchie" vor. in regierungserklärungen, presse, funk, fernsehen und literatur wird sie als schreckensbild an die wand gemalt wie der leibhaftige. aber ist das die wirklichkeit? kann denn jemand allen ernstes so etwas entsetzliches wollen?

anarchie ist ordnung ohne herrschaft.

anarchistInnen gibt es schon seit tausenden von jahren, ja wahrscheinlich so lange wie es menschen gibt, und den wunsch, frei von unterdrückung zu sein. die ersten überlieferten namen begegnen uns bei den philosophen der alten griechen; zeno, der geistige vater der stoiker, war einer von ihnen. sein wahlspruch: "jeder nach seinem kønnen, jeder nach seinen bedürfnissen", gilt uns heute noch immer. viele bekannte menschen: schriftstellerInnen, künstlerInnen und wissenschaftlerInnen zählten und zählen sich zu den anarchistInnen, deren ziel es ist:

eine herrschaftslose und gewaltfreie gesellschaft
auf der basis der freiwilligkeit und der gegenseitigen hilfe zu erreichen.

das sei vøøøllig "utopisch" høren wir die philister auf ihren rängen und emporen støhnen. lachend schütteln sie bauch und eierkøpfe über so viel unverstand und idealismus.
seit rund 150 jahren gibt es in europa und der welt menschen, die sich als anarchistInnen bezeichnen. das wort kommt aus dem griechischen von "an-archos", das heißt: "ohne herrschaft" - der franzøsische sozialist pierre-joseph proudhon bezeichnete sich als erster øffentlich und provokativ als "anarchist". obwohl der anarchismus schon frühere denkerInnen hatte, wurde er erst mitte des 19. jahrhunderts mit der aufkommenden arbeiterInnenbewegung zu einer politischen theorie und kraft. eine seiner bekanntesten figuren war der russische revolutionär michael bakunin, der als organisator große bedeutung erlangte. er bildete auf der sozialistischen ersten internationale den gegenpol zu karl marx. diese internationale zerbrach 1872 am widerspruch zwischen dem marxistisch-autoritären flügel (bis 1876) und dem ("bakuninistisch"-) antiautoritären, der zunächst noch der grøßere und langlebigere war. hier stoßen wir darauf, daß sich die anarchistInnen in der regel für den sozialismus (in der ursprünglichen bedeutung des wortes) einsetz(t)en. der grundwiderspruch der ersten internationale besteht allerdings noch heute:

die anarchistInnen wollen einen sich freiwillig entwickelnden sozialismus,
der sich von unten nach oben, also føderativ aufbaut.

das weist auch gleich darauf hin, daß die anarchistInnen nicht feindInnen jeglicher organisation sind, sondern vielmehr nur zentralistische, autoritäre organisationsformen ablehnen und somit in direktem gegensatz zu nahezu allen sogenannten "kommunistischen" oder sozialistischen parteien stehen. insbesondere zu den "real-existierenden" (bzw. existiert habenden!). rätekommunistische oder basisdemokratische orientierungen stehen den anarchistInnen somit am nächsten.

"sowas klappt doch nie!! das sind ja alles spinner, harmlos oder gefährlich, je nachdem!"

nun, anarchistische tendenzen oder realisierungsversuche im großen hat es schon mehrfach gegeben, nämlich z.b. in:
der PARISER COMMUNE von 1871,
im blut erstickt von den versailler generälen, die, eben von kaiserdeutschland besiegt,
mit dessen massiver unterstützung in paris das eigene volk abschlachteten;
der MEXIKANISCHEN REVOLUTION von 1912,
als die "zapatistas" mit dem ruf "tierra y libertad", "land und freiheit", die diktatur stürzten.
emiliano zapata wurde vom militär der neuen "demokratie" heimtückisch ermordet;
der (2.) MÜNCHENER RÄTEREPUBLIK von 1919
(sowie einigen anderen schwarz-roten räten z.b. im RUHRGEBIET 1920),
abgeschlachtet von spd-noske und -hoffmann und ihren reichswehr-, freikorps- und nazimarodeuren;
der MACHNOW-BEWEGUNG in der UKRAINE während der russischen oktoberrevolution,
heimtückisch niedergemacht von der "roten armee" moskaus, nachdem gemeinsam die
zaristisch-kapitalistischen invasionstruppen wrangels und denikins besiegt worden waren,
sowie andere anarchistische republiken zu beginn der sog. sowjetunion:
dem AUFSTAND von KRONSTADT
(insel und seefestung vor rußlands hauptstadt st. petersburg) 1921,
dessen beteiligte die bolschewisten lenin-trotzki "abschießen" ließen "wie rebhühner". (0-ton!);
dem AUFSTAND in PATAGONIEN (argentinien - 1921),
mit massenerschießungen niedergemetzelt vom militär;
in der sogenannten "COMMUNE von SHANGHAI" (1925),
der die machthabenden russischen bolschewisten die hilfe verweigerten: "laßt schanghai brennen!;
der SPANISCHEN REVOLUTION von 1936-1939,
der francos militär-putschisten. hitler, mussolini und der "verbündete" stalin in trauter eintracht
den garaus machten (1939 hitler-stalin-pakt!)
sowie unbekannteren ereignissen zu vielen anderen zeiten und an vielen anderen orten der erde.

die bürgerliche und die bolschewistisch-stalinistische geschichtsschreibung hat die libertären spuren oft verwischt oder bewußt ganz "bereinigt" und ausgeløscht. die wiedererstandene anarchistische literatur bietet hierzu ein weites informationsfeld. es gilt ein verschüttetes, freiheitliches menschenbild wieder zu beleben. denn

freiheit hat einen namen: anarchie!

freiheit - das ist ein viel benutztes und mißbrauchtes wort. alle nehmen es in anspruch, sogar nazis und stalinistInnen. wirkliche freiheit kann es aber nur da geben, wo es keine herrschaft von menschen über menschen gibt. das bedeutet also auch die abwesenheit von staat, kapital, geschlechterherrschaft (patriarchat), rassismus und imperialismus in jeder form.

frei ist nur, wer über sich selbst: sein leben, seinen kørper und denken, unbevormundet selber entscheiden kann.

dazu bedarf es des wohlstands für alle: guter kleidung, menschenwürdiger wohnverhältnisse, ausreichend gesunder nahrung, und das endes des zwangs zur arbeit. heute stehen wir zum ersten mal in der geschichte der menschheit an der schwelle eines zeitalters, das diesen alten traum møglich machen kønnte. ja schon heute bräuchte es keine hungerkatastrophen und kein individuelles elend auf grund von mangel mehr zu geben. statt dessen leben wir in einer welt, die schamlos von den herrschenden aller couleur ausgebeutet, zerstørt und der vernichtung anheimgegeben wird. die großen probleme unserer zeit wie umweltzerstørung, hochrüstung und kriegsgefahr, bildungsnotstand, arbeitslosigkeit und hungersnøte, immer perfektere soziale kontrolle, neuer nationaler grøßenwahn allenthalben und rabiate machtausübung, frauenunterdrückung, sexismus, vergewaltigung und mord, sprechen eine beredte sprache. die "freiheit der menschen" ist nicht zu verwechseln mit "der freiheit der männer", als die auch manche anarchisten ihre lehre einseitig verstanden zu haben scheinen.

wir leben nach wie vor in einer patriarchalisch organisierten und beherrschten gesellschaft und welt, in der die brutale unterdrückung und ausbeutung von frauen (und andersgesinnten männern) die regel darstellt.

eigentlich sollte es selbstverständlich sein, daß anarchistInnen sich an vorderster stelle gegen die patriarchale hierarchie auflehnen, die das stärkste und über die ganze welt verbreitete system der herrschaft ist. wir alle haben es tief verinnerlicht. männer und frauen stehen ihren "mann" in der hierarchischen pyramide und bewahren sie vor dem einsturz. in den reichen ländern, in denen wir leben, profilieren männer und frauen (in dieser reihenfolge) vom patriarchat. frauen ziehen auch in dieser gesellschaft in der regel den kürzeren, und werden zur økonomischen ausbeutung zusätzlich sexuell ausgebeutet und mißhandelt. das trifft in doppelter hinsicht auf ausländische frauen zu, die darüber hinaus noch opfer des allgegenwärtigen ausländerInnenhasses und rassismus sind. viele berührungspunkte zwischen feminismus und anarchismus liegen somit auf der hand. es kann aber auch nicht der sinn von befreiender gleichberechtigung sein, wenn (alibi) frauen vom typ thatcher, süßmuth, breuel, ciller etc. die plätze der macht einnehmen, die geschlechterrollen einfach umgetauscht werden. wir anarchistInnen wollen den gänzlich freien menschen, ohne wenn und aber, gleichberechtigt in jeder beziehung, und das hørt nicht beim sog. "privaten" auf, sondern gilt gerade und insbesondere da.

anarchie ist ohne die freiheit der frauen nicht denkbar,
schon gar nicht "machbar", (herr nachbar...)!

anarchie heißt auch nicht "freiheit der erwachsenen".

kinder sind in dieser gesellschaft als schwächstes glied der willkürherrschaft der familien und erzieherInnen ausgesetzt. weltweit sind kinder als spielball ihrer eltern und als opfer verfehlter erwachsenenmachtpolitik die leidtragenden einer autoritären und ausbeuterischen gesellschaft. das gipfelt in vergewaltigung, folter, sklaverei und mord. anarchie verwirklichen bedeutet vor allem, eine zukunft für kinder zu schaffen, die befreit ist von autoritärer unterdrückung und manipulation. kinder sollen frei von angst und benachteiligung als kleine, ernstzunehmende menschen aufwachsen und sich entfalten kønnen. für sie haben wir zwar sorge zu tragen und ihnen auf grund unserer grøßeren erfahrung, kørperkraft und unserer materiellen møglichkeiten unsere førderung, schutz und hilfe zukommen zu lassen. aber deshalb gibt es keinerlei "besitzrechte" an ihnen. es sind nicht unsere kinder, sondern zu allererst frei geborene und gleichberechtigte menschenwesen, die ein recht auf persønliche freiheit, unversehrtheit und das erbe einer intakten um-welt haben.

unserem selbstverständnis gemäß sind wir natürliche gegnerInnen jedes rassismus und nationalismus. freiheit hat kein vaterland und niemand ist berechtigt, sich wegen seiner herkunft oder abstammung über andere zu stellen.
von religionen halten wir ebenfalls herzlich wenig, auch wenn wir sie als privatangelegenheit tolerieren. sie vernebeln die hirne und machen die menschen in erwartung eines "besseren jenseits" regierbar. autoritäre pfaffenbonzokratien, mit ihrer in der politischen machtentfaltung nur allzu sehr "weltlichen" geistlichkeit, bekämpfen wir ebenso wie jeden staat. kapital und staat versklaven den kørper, die kirchen den geist. und wie wir sehen, gehen beide in form der "gottesstaaten" die verderblichste symbiose ein (herrschaft "von gottes gnaden" , inquisition, "heilige" kriege, scharia).

wir setzen gegen herrschaft und unterdrückung uns selbst, das individuum mit dem revolutionären bewußt-sein, die welt ändern zu wollen und zu müssen. wir setzen dagegen die selbstorganisation aller freiheitlich denkenden menschen und unser eintreten für unsere eigenen belange und bedürfnisse, ohne sie auf kosten anderer menschen durchsetzen zu wollen. wir setzen dagegen die direkte aktion als subjektive und objektive veränderung unseres lebens im großen und kleinen, ohne institutionelle umwege. wir tun das machbare. wir versuchen das "unmøgliche" wir setzen gegen das verherrschte jetzt den willen jedes einzelnen menschen zur grøßtmøglichen freiheit.

wir brauchen keine anderen herren, sondern keine! (bert brecht)

es gibt keine patentrezepte, deshalb kann es bei uns auch keine perfekten programme, keine führerinnen, dogmen und vorbeterinnen geben. die selbstorganisation ist nur møglich durch die weitestgehende entfaltung, mitarbeit und selbstverantwortlichkeit der einzelnen zusammen mit anderen, und ihren willen, zu handeln.

parlamentarismus in jeder form ist im geringsten fall die ständige unterdrückung von minderheiten durch die etablierte mehrheit. darum lehnen wir auch diese form der oberherrschaft ab. es gibt kaum ein verbrechen, das noch nicht von sogenannten demokratischen regierungen im namen von "demokratie" und "freiheit" begangen worden wäre, mensch denke nur an die usa. sogar hitlers nsdap (ca. 30% wählerinnen) ist von den (konservativen) weimarer demokraten 1933 ohne not die macht übergeben worden!
wir wollen die kompetenzen für uns behalten, die andere allzu bereitwillig weggeben und in die hände derer legen, die sie schändlichst mißbrauchen. ein ausgeklügeltes system von gesetzen und verordnungen sorgt dafür, daß hier und anderswo die ehrlich revolutionärste partei innerhalb kürzester zeit zum polster wird, auf dem die mächtigen komfortabel ruhen. selbstbestimmung jedoch gibt der korruption keine chance, denn wer bescheißt schon sich selbst?!

noch etwas zum guten schluß: wir haben keine lobby und kochen auch nur mit wasser. freiheit ist auch nicht bequem und ungefährlich. es liegt in der natur der sache, daß du dich schon selber aufraffen mußt, etwas zu tun, etwas in bewegung zu bringen.

du kannst es!

wenn du also von jemand etwas erwartest, dann erwarte es am besten erstmal von dir selber. das ist ein guter weg zu gemeinsamer stärke und vielfalt.

wenn dir das hier vorgetragene gefällt, dir zu denken gibt, dich neugierig gemacht hat: wir sind gut erreichbar und geben gerne weitere auskünfte und informationen!

DIE ANARCHISTISCHE BEWEGUNG...

anti©opy®ight!
der text ist als arbeitsgrundlage und zur selbstdarstellung der bewegung und der anarchistischen gedankenwelt und praxis von uns gedacht, beredet und ins netz gestellt.

ANARCHISTISCHE ZUSAMMENHÄNGE in und um berlin






hier noch ein interessanter Link: http://projekte.free.de/schwarze-katze/links.html

bjk
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Torsten

Beiträge: 163
Ort: Dresden


New PostErstellt: 23.11.05, 16:04  Betreff: Re: Hi Torsten!  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: soyfer
    Ich z.B. trenne immer zwischen "real existierendem Sozialismus" und "der Idee des Sozialismus", denn beides hat nichts miteinander zu tun.
Der Sozialismus ist definitionsgemäß eine Gesellschaftsordnung, deren ökonomische Grundlage das gesellschaftliche Eigentum an gesellschaftlichen Produktionsmitteln ist. Ist dies erfüllt, ist der Sozialismus real - gleichgültig, welche Form er annimmt. Die hängt von den historischen und aktuellen inneren und äußeren Bedingungen ab, kann außerdem von egoistischen Heuchlern und Revisionisten in die falsche Richtung gesteuert werden.

Der Sozialismus ist bekanntlich die Übergangsgesellschaft zwischen Kapitalismus und Kommunismus (wie wir leider lernen mußten, leider manchmal auch zwischen Kapitalismus und Kapitalismus), KANN also keinem bestimmten Idealbild entsprechend. Und selbst der Kommunismus wird eine dynamische Gesellschaftsordnung bleiben. Die Begriffe bezeichnen NUR die Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse, auch wenn sich daraus einige Grundzüge ableiten lassen.

Der Begriff "real existierender Sozialismus" ist somit unsinnig, selbst wenn er, wie ich weiß, z.B. von der revisionistischen DDR-Führung verwendet wurde. Ich hatte erst letzte Woche wieder das zweifelhafte Vergnügen, mich persönlich mit dem ehemaligen Rektor der Parteihochschule anzulegen, wenn auch zu einem anderen Thema – mich wundert da langsam nichts mehr.

    Zitat: soyfer
    Anders als bei Spinoza kommst du nicht nur zu Handlungsratschlägen, wie ein Mensch im eigenen Intersse leben sollte, sondern bei dir gibt es konkrete Anweisungen, wie er leben muss. Anders ausgedrückt, bei dir gibt es eine Diskrepanz zwischen wohlverstandenem Eigennutzen und Kollektivnutzen, bei Spinoza gibt es diese Differenz nicht.
Bei mir gibt es keine Diskrepanz zwischen Kollektivnutzen und Eigennutzen, sondern zwischen Kollektivnutzen und RÜCKSICHTSLOSEM Eigennutzen, der zwecks eigenem Nutzen zum Schaden Anderer führt. Der größtmögliche Eigennutzen wird NUR über den Kollektivnutzen erreicht (siehe Spieltheorie). Wer das aus Dummheit und damit gekoppeltem niederem (egoistischem) Motiv nicht verstehen will und zum Schaden der Gemeinschaft handelt, muß gezwungen werden. Das meine ich genauso, wie ich es schreibe.

Allerdings ist die Form der anwendbaren Gewalt vielgestaltig; ihre übliche Form sind Gesetze und die sie umsetzenden staatlichen Instrumente, wie heute Finanzamt, Ordnungsamt, Arbeitsamt, Gerichte und Polizei, welche uns zwingen, den Egoismus der Bourgeoisie zu bedienen. Aber das Thema kommt gleich:

    Zitat: soyfer
    Und damit sind wir schon bei dem einen Punkt, der mich erschaudern läßt. Ich möchte hier nicht aus deinen Flugblättern zitieren, aber generell finde ich es erschreckend, Menschen und menschliches Leben mit einer Mücke zu vergleichen, die man erschlägt, wenn sie piekt.
Die menschlichen Schmarotzer pieken leider nicht nur, sondern sind verantwortlich für den Tod zigtausender Hunger- und Kriegsopfer TÄGLICH. Dennoch gehen meine Vorstellung mitnichten dahin, sie zu erschlagen (in Revolutionen geht die Gewalt bekanntlich überwiegend von der reaktionären herrschenden Klasse aus, nicht von den Revolutionären), sondern durch geeignete Mittel der Möglichkeit des Schmarotzens zu berauben. Z.B. durch Ausgrenzung. Was ihnen sehr angenehm sein müßte, denn dadurch sind sie endlich allein unter sich in den „elitären“ Kreisen, innerhalb derer sie sich ohnehin vom einfachen Volk abgrenzen. Siehe: http://www.weltformel.gmxhome.de/weltformel/texte/SOZO.HTML .

    Zitat: soyfer
    Wenn ich mich engagiere, damit ich mein ich endlich und sehnlichst erwünscht aus dem wir heraustreten lassen kann, in dem derzeit alle Menschen verstrickt sind.
Null Problemo. Du scheinst den bürgerlichen Ideologen über die Bestrebung der „Gleichmacherei“ durch uns zu glauben. Ganz im Gegenteil werden aber gerade Selbstverwirklichung und damit Nutzung unterschiedlicher Fähigkeiten und Bestrebungen den Kommunismus bestimmen, was schon im Sozialismus immer stärker verwirklicht wird.

Wenn ich die armselige, profitorientierte Sport- und Kulturlanschaft der BRD, besonders auch die für Kinder und Jugendliche, ansehe und mit den Betriebs- und Schulsportgemeinschaften, AG's, Zirkeln, Clubs, GST, Wettbewerben usw. in der DDR vergleiche, weiß ich, in welcher Gesellschaft der Einzelne aus der Masse heraustreten kann.

    Zitat: soyfer
    Um es so zu formulieren: ich - wie jeder Mensch - habe ein Recht auf Faulheit, und das werde ich zu erstreiten versuchen.
Und wer soll Dir die materielle Grundlage Deiner Faulheit schaffen? Wir Lohnarbeiter vielleicht? Tja, da kannste lange warten und / oder streiten. Wer arbeitet, soll auch essen – und umgekehrt. Wir werden Dir gar nichts tun. Wir werden Dir sogar eine Tätigkeit bereitstellen – oder Du kannst Dir selbst eine suchen. Für Arbeit gibt's Geld, ohne Arbeit nicht. Wenn Du's dann kriminell versuchen willst, reagieren wir entsprechend.

    Zitat: soyfer
    Dein obiges Beispiel und - wenn ich das richtig wiedergegeben haben sollte - dein Bild einer kommunistischen Gesellschaft als Ziel der Menschheit lehne ich zu meinem tiefsten Bedauern aus tiefstem Herzen ab.
Das klingt aber nicht nach Bedauern.



Friede sei mit Euch

Torsten
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bjk

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New PostErstellt: 23.11.05, 16:38  Betreff: Re: Hi Torsten!  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Torsten
    Wenn ich die armselige, profitorientierte Sport- und Kulturlanschaft der BRD, besonders auch die für Kinder und Jugendliche, ansehe und mit den Betriebs- und Schulsportgemeinschaften, AG's, Zirkeln, Clubs, GST, Wettbewerben usw. in der DDR vergleiche, weiß ich, in welcher Gesellschaft der Einzelne aus der Masse heraustreten kann.

      Zitat: soyfer
      Um es so zu formulieren: ich - wie jeder Mensch - habe ein Recht auf Faulheit, und das werde ich zu erstreiten versuchen.
    Und wer soll Dir die materielle Grundlage Deiner Faulheit schaffen? Wir Lohnarbeiter vielleicht? Tja, da kannste lange warten und / oder streiten. Wer arbeitet, soll auch essen – und umgekehrt. Wir werden Dir gar nichts tun. Wir werden Dir sogar eine Tätigkeit bereitstellen – oder Du kannst Dir selbst eine suchen. Für Arbeit gibt's Geld, ohne Arbeit nicht. Wenn Du's dann kriminell versuchen willst, reagieren wir entsprechend.

Hmm, muß gleich wech zu einem Arbeitstreffen, deshalb nur ein ganz kurzer spontaner Kommentar zu obigem Zitat von Torsten:

auch Nazideutschland hatte "Betriebs- und Schulsportgemeinschaften, AG's, Zirkeln, Clubs, GST, Wettbewerben usw." und auch dort war Arbeitszwang und sogenannte Faulheit wurde als kriminell geahndet.

Provo-Frage an Torsten: Gleiche Entlohnung für alle Tätigkeiten oder sind einige Tätigkeiten gleicher?

So, hab jetzt keine Zeit mehr, melde mich später ausführlich zu Torstens Ausführungen.

bjk


[editiert: 23.11.05, 16:38 von bjk]
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Torsten

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New PostErstellt: 23.11.05, 18:02  Betreff: Re: Hi Torsten!  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: bjk
    auch Nazideutschland hatte "Betriebs- und Schulsportgemeinschaften, AG's, Zirkeln, Clubs, GST, Wettbewerben usw." und auch dort war Arbeitszwang und sogenannte Faulheit wurde als kriminell geahndet.
Nein. Die der Bourgeoisie, welche den Arbeitszwang, wurde nicht geahndet. Und zwischen den Maßnahmen zur "Gleichschaltung" durch die Faschisten und zur allseitigen Entwicklung der Persönlichkeit in der DDR besteht ein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht. Wenn Du Dich z.B. mit den Kinder- und Jugendorganisationen beschäftigen würdest, wüßtest Du, was der Unterschied zwischen sozialistischem Wettbewerb und kapitalistischer Konkurrenz ist.

Ich weiß zwar, daß bürgerliche Ideologen über Jahrzehnte versuchten, auch in "linke" Gruppen solche Ideen wie die der Ähnlichkeit zwischen Faschismus (als Herrschaftsform im Kapitalismus) und Sozialismus (als Gesellschaftsordnung) zu säen - sie jedoch zu glauben, ist eine andere Sache. Man muß seinen Herren nicht jede Parole nachplappern, sondern darf getrost selbst denken.

    Zitat: bjk
    Gleiche Entlohnung für alle Tätigkeiten ...?
Selbstverständlich. Was nämlich geschieht, wenn Funktionäre sich und ihren Günstlingen mehr genehmigen, haben wir in letzter Konsequenz 1989 gesehen. Im Gegenteil (von meiner Seite http://www.weltformel.gmxhome.de/weltformel/texte/GK.HTML ):

    Zitat: http://www.weltformel.gmxhome.de/weltformel/texte/GK.HTML
    11. Der dritte Schritt

    Wie so oft versuche ich, den dritten Schritt vor dem ersten zu machen. Dennoch will ich mein Modell vorstellen:

    Die Angehörigen der führenden Kraft sollten ein (von der Gemeinschaft bereitgestelltes) Einkommen in Höhe eines festgelegten Mindesteinkommens der an der gesellschaftlichen Wertschöpfung Teilnehmenden haben. Dieses muß auch Allen zugestanden werden, welche aus objektiven Gründen (Erkrankung, Alter, Arbeitslosigkeit trotz Arbeitswille in der Übergangsphase) an der gesellschaftlichen Wertschöpfung nicht teilnehmen können. Nur so ist zu verhindern, daß die führende Rolle zum Machtmißbrauch führt. Die führende Kraft muß unmittelbar am Wohlergehen der Gemeinschaft und derer schwächsten Glieder interessiert sein.

    Aber das ist im Angesicht der kapitalistischen, inzwischen imperialistischen und zunehmend faschistischen Gesellschaftsordnung Zukunftsmusik und soll nur ein Denkansatz der praktischen Kontrollausübung sein.


[editiert: 23.11.05, 18:05 von Torsten]
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