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soyfer

Beiträge: 205

New PostErstellt: 27.01.06, 00:31     Betreff: Re: Anarchisten sind Demokraten!

Hi Ines, aber auch andere sind angesprochen!

Ich habe die beiden Links nur überfliegen können. Daher konzentriere ich mich wesentlich nur auf deinen Text.
Mit der Theorielastigkeit von mir meinte ich keinesfalls, dass deinen Ideen eine theoretische Grundlage fehlte. Es ist mir nur aufgefallen, dass du in deinen Begründungen hervorkehrst, dass es z.B. Klassen nicht gibt, weil sie nicht wahrgenommen werden, oder Kommunismus nicht zumindest Anarchieähnlich sein kann, weil die Kommunisten immer in Hierarchien denken und ähnliches an anderen Stellen auch. Ich interpretiere diesen Ansatz derzeit so: Man braucht keine Gedankenspiele um die hinter der Realität stehende mögliche anders geartete Theorie zu entdecken, wenn die Praxis der beste Gegenbeweis der Theorie ist. Hirnwichsen können andere, es gibt genug anderes wichtiges zu tun.
Hier habe ich halt einen ganz anderen Ansatz. Um eine Idee zu verstehen, muss man sich voll und ganz auf sie einlassen. Man darf nicht nach Sinn und Nutzen fragen, denn tut man das, beeinflusst man schon seine Sichtweise auf den Betrachtungsgegenstand. Notwendige Folge ist, dass man – in meinen Augen – eine schiefe Optik bekommt, man untersucht, was man für wichtig HÄLT, nicht aber das, was sich als wichtig HERAUSSTELLEN KÖNNTE. Wenn man sich auf eine Theorie (als sozusagen Untersuchungsgegenstand, nicht als gedankliche Übernahme der Idee) einlässt, ohne nach dem Nutzen zu fragen, sich sozusagen in seiner Erkenntnis ohne selbst in diesen Erkenntnisprozess einzugreifen, einfach nur treiben und leiten lässt, so führt das zu „ungewollten“ Aha-Effekten. Das hört sich sehr esoterisch an, ist es aber nicht. Denn mit Meditation oder Gedankenverschmelzung hat das herzlich wenig zu tun. Aber sehr wohl damit, was hat sich der Theoretiker eigentlich dabei gedacht? Und dann sieht man, er stand vor dem Dilemma und sagte, lösen wir es auf Weg soundso. Der Weg soundso aber hatte zur Folge xy und das xy führte zum Scheitern der Idee. Was ich sagen will, ich argumentiere über die Theorie und das kann dazu führen, dass ich dasselbe sage wie du, nur – wie eine Mathematiklehrerin von mir immer sagte – „von hinten quer durch die Brust geschossen und das Auge getroffen; das geht aber auch direkter“. Aber das ist bei mir halt so.

Zu deinem Beispiel mit der Erziehung. Erziehung würde ich hier raus lassen. Denn auch wenn ich diese sehr positive Darstellung sehr stark relativieren müsste, denke ich, wir beschränken uns auf „mündige“ Bürger, die nicht geben Bällen auf die Autobahn folgen würden. Denn zumindest der Theorie nach ist Kindererziehung zu deren eigenen Schutz, Erwachenenreglementierungen nicht. Das ist nur mehr Willenseinschränkung.

Nur kurz zum Kommunismus, denn den habe ich Torstens wegen aufgenommen:
Selbstverständlich will der Kommunist mit der Abschaffung der Klassen nicht automatisch die klassenlose (zu verstehen als hierarchielose) Gesellschaft einführen, denn zunächst kommt die sozialistische Umerziehung. Und erst danach, so rasch, wie für Christen das Himmelreich auf Erden kommt, danach ist der umerzogene Mensch kommunismusfähig.

Zur Hierarchie und Anarchismus: du schreibst, Hierarchie sei nur eine Organisationsstruktur, die nur durch die Macht- und Ohnmachtsverhältnisse repressiv wird. Dem stimme ich nicht zu. Hierarchie heißt oben und unten, Oben beschließt und Unten führt aus. (Ich bleibe hier bei dieser vereinfachten Darstellung, wohl wissend, das du auf jeden Fall die von mir „Oben“ genannten auch zu denen zählst, die mit ausführen müssen.) Du sagst, der springende Punkt sei die „Machtverteilung“. Schafft sie Mächtige und Ohnmächtige, so ist sie repressiv, ist es einfach nur eine Organisationsform, wo zwar Leute „Mächtig“ sind aber diese „Mächtigkeit“ – anders als heute – nur aus denen ziehen, die sie entsandt haben, so gibt es die Ohnmächtigen faktisch nicht, weil zwar der einfache Mensch seine Macht auf jemanden überträgt, aber diese Macht vom „Geber“ jederzeit wieder entzogen werden kann, womit die Mächtigkeit einzelner (imperativen Mandatsträger) nur durch Machtverleih zustande kommt, die aber genauso schnell wieder entzogen werden kann. Ich hoffe, das einigermaßen korrekt wiedergegeben zu haben.
Da muss ich aber antworten, das ist der Versuch der Zähmung einer Bestie, der Macht. Und der Glaube, Macht zähmen zu können, ist eine vollkommene Unterschätzung von ihr. Es gab zwar historisch keine Zeit und keinen Ort, wo nicht die Macht das Leben der Menschen dominierte, daher lässt sich empirisch nicht sagen, ob es je eine Gesellschaft ohne Macht geben kann. Aber wenn man die Macht zulässt, dann ergreift sie von all und jedem Besitz und das nicht nur in Bezug auf Personen, sondern auch auf (fast) alle Bereiche des Lebens. Daher lässt sich sagen: Macht kann das Leben nur dann nicht bestimmen, wenn man sie gar nicht zulässt. Lässt man sie zu, dann gibt es wenig, was sie nicht bestimmt. Das hört sich so, abstrakt formuliert, wieder sehr esoterisch an (Herr-der-Ringe- oder Krieg-der-Sterne-mäßig). Daher werde ich das jetzt präziser ausführen. Anzumerken ist aber, dass DAS NICHT MEINE WÜNSCHE UND HOFFNUNGEN SIND, SONDERN LEDIGLICH EINE BESCHREIBUNG DER WELT IST (so wie ich es sehe). DIESE WELTLENHE ICH AB. Nicht dass es nachher heißt, das willst du? Nein, will ich nicht, ist aber so.
Hier muss als erstes festgehalten werden, dies ist eine logische Entwicklung, keine historische, nicht weil die logische der historischen widerspricht, sondern weil die menschliche Geschichte sozusagen nicht bei null beginnt und außerdem einige Prozesse keine kognitiven Ursprungs sind, aber zur logischen Herleitung als solche beschrieben werden müssen.
Macht ist ein bestimmtes Prinzip der Konfliktlösung, letztlich zurückzuführen wahrscheinlich auf die Güterverteilung. Im ersten Stadium ist es gleichbedeutend mit Stärke: ich gehe hin, hau dir auf die Nase, nehme mir deine Güter und schicke dich hinfort. Das kann ich immer wieder machen, denn ich weiß, ich bin der Stärkere (und wenn es umgekehrt sein sollte, dann läuft es eben andersrum). Der Schwächere ist daher gezwungen, diesen für ihn unhaltbar schlechten Zustand zu ändern und nimmt einen Knüppel und wenn der Stärkere das nächste mal kommt, kriegt der was mit dem Knüppel übergebraten und das mit dem Stärkeren hatte sich. Jetzt läuft es dann andersrum, bis sich der physisch Stärkere auch einen Knüppel besorgt und der Schwächere dann ein Schild, einen Stein usw. bis wir heute Atombomben haben. Wichtig an dieser Entwicklung ist, sie geht nicht zurück, sie geht immer nach vorn, zur effektiveren Waffe. Denn hat A den Knüppel, wird B auch einen Knüppel verwenden und A kann durch Weglegen seines Knüppels das ganze nicht mehr ungeschehen machen. Ja, beide können den Knüppel weglegen, aber das kann der Schwächer nur zulassen, wenn der Stärker auch auf die Verwendung seiner Fäuste verzichtet. Aber das ist der Macht entsagen. Gesamt nenne ich diesen Vorgang sozusagen die technische oder waffentechnische Entwicklung der Menschheit.
Daneben gibt es aber noch eine andere Parallelentwicklung: der Stärkere A holt sich vom Schwächeren B ständig dessen Güter. Als aber eines Tages kommt, da stehen zwei Bs A gegenüber, die sich dann die Beute teilen. Das zwingt A sich auch einen weiteren A zu holen, dann noch einen, mehr und viele, viele. Das ist die Entwicklung der Gemeinschaft.
Nun gibt es jedoch noch eine dritte Ebene der Entwicklung, wo die Macht mitspielt, möglicherweise die wichtigste Ebene, allemal aber die interessanteste:
Bei der ständigen Notwendigkeit der Vergrößerung der Macht wuchsen diese Gruppen immer mehr an. Aber, eine Gruppe ist nur so aktionsfähig, wie sie ihre Mitglieder dazu bringt, auf ein Ziel zu streben, es ist die Koordinierung der Gemeinschaft. Das mag bei zwei oder drei Personen unbedeutend sein, aber mit zehn, zwanzig oder hundert, da gibt es schon Schwierigkeiten der Einigung, besonders da die Interessen der Einzelnen immer unterschiedlicher werden. Effekt: es beginnen sich Strukturen der Gemeinschaftsmeinungsfindung herauszubilden. Und da immer größere Gruppen koordiniert werden müssen, werden diese Strukturen immer ausgefeilter. Das ist die Entwicklung der Gesellschaft.
Dabei merken Einige, dass es eigentlich ganz praktisch wäre, wenn immer nur ihr Wille zur Ausführung käme, die Anderen daher ihren Interessen dienen. Um aber die Anderen dazu zu bringen ihnen zu dienen, werden Einige aus den Anderen herausgesucht, die zum Schutz der wenigen Einigen und zur Arbeitsantreibung der vielen Anderen dienen. Das ist die Geburtsstunde der Polizei (nicht dem Namen nach, aber der Aufgabe) und damit die der Herrschaft.
Nun ist es aber so, dass die Einigen heute Oben sind, aber morgen Andere kommen, und z.B. die den Schützern und Treibern mehr vom Kuchen bieten, womit die Einigen ihre Macht verlieren würden. Diese legen also fest, dass die Herrschaft der jetzt Herrschenden eine legitimierte Herrschaft sei, und jede andere illegitim. Das ist der Beginn des Rechtes und der Moral. Denn nachdem der Herrschende die Herrschaft und der Besitzende den Besitz an sich gerissen hat, legt er fest, dass Raub und willkürliche Gewalt schlecht und böse sei. Da haben wir schließlich auch noch die Religion dabei (10 Gebote und solcher Klimbim).
Und schließlich sei noch eines letzten Phänomens erwähnt. Diese Herrschaften sind zwar in sich geschlossene Systeme, aber auf der Ebene der Herrschaften (=Staaten) stehen sie im Konkurrenzkampf nebeneinander, wie die ersten Menschen. Wichtiges Ziel eines Staates ist es daher, möglichst viel seiner Kraft nach außen fließen zu lassen. Ist es aber ein System, in dem die arbeitende Bevölkerung höchst unzufrieden mit der Herrschaft ist, so benötigt diese sehr viele ihrer Kräfte, um die Ruhe im Inneren aufrechtzuerhalten. Und je mehr Kräfte sie im Inneren benötigt, desto weniger Kraft kann sie nach außen einsetzen. Je mehr es daher einem Staat gelingt, die Bevölkerung mit dem System zufriedenzustellen, desto effektiver kann dies System nach außen auftreten. Das ist die Entwicklung der gesellschaftlichen Grenzverwischungen (es gibt keine Klassen mehr, wir alle bestimmen die Entwicklung des Staates, weil er Demokratie ist, etc.).
Und wie bei der Technik und der Gruppenbildung gilt auch hier, es gibt kein zurück, in eine weniger effektive Herrschaftsausübung, das effektivste System muss der Staat besitzen, um im Konkurrenzkampf der Systeme mithalten zu können. Wer nicht mitzieht, geht gnadenlos unter.
Und eines hat sich nun als besonders effektiv herausgestellt. Verschiedene Entscheidungsebenen zu haben. Da gibt es die Staaten mit „nationalen“ Gesetzgebungen und da gibt es den Welthandel. D.h. produziert und verdient wird weltweit, die Staaten, die dazu dienen, die Bevölkerung zufriedenzustellen, haben aber nur regionale Wirkungsweite. So sind diejenigen, die das Geld besitzen, in der Lage, dort in die Produktion zu investieren, wo das Angebot am besten ist. So umgeht man staatliche Schutzeinrichtungen für die weniger besitzende Bevölkerung um sie zufriedenzustellen. Damit erreicht man, dass eine „Revolution“ in einem Staat für den Welthandel regional beschränkt bleibt und man diese in Ruhe unterdrücken kann.
Eine nächste Entwicklung ist die des Wirtschaftssystems, aber das ist dasselbe Prinzip. Überall geht es um die Konkurrenz der Effektivität. Und dabei setzt sich das Effektivere durch und das weniger Effektive bleibt auf der Strecke. Das ist Macht.
Und was schafft die Macht? In erster Linie schafft sie Ohnmacht.
Macht ist die Wurzel, alles andere aus ihr resultierende sind dessen Symptome, alles andere entspring ihr. Die Macht gibt es nicht wegen des Staates, den Staat gibt es wegen der Macht etc. Dasselbe gilt für das Recht. Es entspringt der Herrschaftslegitimation. Daher ist Recht auch nur so lange beständig, als es der Lage ist, den Anforderungen der Macht zu genügen. Letztlich ist Macht das, was Hegel den Weltgeist nannte, der in die „Nationen“ schlüpft.
Ich sagte, Macht ist ein Prinzip der Konfliktlösung. Solange man nicht einen ausnahmslosen Ersatz zur Konfliktlösung zur Macht benutzt (hört sich sehr technisch-hölzern an, mir fällt aber nichts anderes ein), solange ist man dem Prinzip Macht mit Haut und Haar unterworfen. Denn dann wird das System, auch ein basisdemokratisches, davon abhängig sein, effektiver zu sein, als Konkurrenzexistenzen. Und selbst bei nur einem einzigen System weltweit besteht die Gefahr, dass sich Menschen, die selbst in der Basisdemokratie übergangen fühlen, als Konkurrenz dazu bilden, was dann wieder Überwachungsorgane etc. notwendig macht.
Also: Mit „Recht“ kann man Macht nicht bändigen, weil das Recht nur so lange existent ist, wie es die Macht hat, sich zu halten.
Und genau in diese Falle der Macht tappt dein Entwurf.

Ich weiß zwar, dass dein Entwurf – wie du schreibst – auf Freiwilligkeit und Akzeptanz basiert, dennoch meinst du, eine Gemeinschaft kann nur normiert und reglementiert funktionieren. Da frage ich zurück, wieso? Da die Gemeinschaft auf Freiwilligkeit basiert, so ist auch ein Interesse vorhanden, dass sie funktioniert. Was die Gemeinschaft an Regeln benötigt, das wird man ihr geben, ohne Hierarchie, ohne Normen und Reglementierungen, weil man sich genauso freiwillig dran hält. Es wird Diskussionen geben, wie das aussieht und es wird hier so und da anders sein, aber alles, wie es die Menschen wollen. Mit Telefon und Internet kann man auch eine schnelle Kommunikation weltweit aufrechterhalten.
Und was mir bei deinen „Tagtraum“ fehlt, ist die Antwort auf: was, wenn ich nachfrage(n darf), weil ich Zweifel habe, und es Argumente und Diskussion gibt, diese mich aber nicht von meiner konträren Meinung abbringt, was dann? Wenn du jetzt sagst, dann wird es auch ohne dich gehen, dann sehe ich keinen Unterschied zu dem, was ich mir vorstelle, nur das ich Hierarchie, Normierung und Reglementierung vehement ablehne. Was bedeutet das dann bei dir, was macht dann bei dir Hierarchie für einen Sinn, wenn eh nur die mitmachen müssen, die wollen(0nicht zu überzeugen sind) und die nicht, die gehen halt ihrer anderen Wege?
Und wenn die Antwort auf obige Frage lautet, wenn ich selbst nach Argument und Diskussion das noch nicht einsehe, dann muss ich halt doch angehalten werden, mitzuwirken, dann ist die Freiwilligkeit aber in meinen Augen ein leeres Lippenbekenntnis.

Zum Klassenkampf: Du sagst, Klassenbewusstsein ist die Basis des Klassenkampfes. Aber es gibt doch ein Klassenbewusstsein. Aber nur eines bei der einen Klasse, den „Produktionsmittelbesitzern“. Und diese führen den Klassenkampf, während die andere Seite kein Klassenbewusstsein hat und sich nicht wehrt. Nun kannst du sagen, wenn da Einer den Anderen ständig verdrischt und der wehrt sich nicht mal, so ist das kein Kampf, sondern ein Dreschen. Gut, akzeptiert, es gibt derzeit ein Klassendreschen, wobei die Klasse der Produktionsmittelbesitzer die Klasse der nicht-Produktionsmittelbesitzer verdrischt.
Zum Weg zum Ziel. Das ist die Agitation, wie auch immer das dann genau aussieht. Ich bin nach jahrelanger aktiver Beteiligung am Infotisch und beim Flugzettelverteilen schon längere Zeit inaktiv (weil ziemlich ausgebrannt) und seit neustem zumindest Internetaktiv. Aber eines kann ich dir sagen, ich habe den Wahlkampf der WASG in der Endphase miterlebt. Natürlich, zumindest vom ganzen Auftreten sind die natürlich Reformisten. Kapitalismus mit menschlichem Gesicht. Aber wenn ich an die Mitt-90er-Jahre denke. Da wurde laute Kritik an der Ausbeutung nicht akzeptiert. Nicht das da gesagt wurde, ok, so ist das, aber sonst überlebt die Firma nicht oder so. Nein, das System war gerecht und Arbeit macht frei (wurde des Öfteren gesagt). Jetzt, bei diesen Bundestagswahlen, da wäre einer, der am Infotisch seine Chefs so verteidigt hätte, von anderen Passanten angegriffen worden. Selbst Münti sprach auf einmal von Heuschrecken und wurde nicht aus der SPD wegen Linksabweichlertum ausgeschlossen. Nicht dass da eine politisch-linke Gehirnzelle bei ihm aktiv wäre, aber gesamt wird das Vokabular wesentlich klassenkämpferischer. Wenn man da reinstoßen könnte, dann könnte man die jetzige Wut nutzen und fördern. Dazu ist man aber auf größere Organisationen angewiesen. Aber diese (Linkspartei und WASG-Bundesspitze) wollen par tout der SPD in den Arsch kriechen. Tja, diese Chance ist wohl vergeben, wenn da nicht eine innerparteiliche Revolution die WASG-Spitze davonjagt (denkbar, immerhin ist die Parteitagsverschiebung die berechtigte Angst der Spitze vor der Basis).
Also, jetzt sind die Chancen für Agitation sicher so gut, wie schon lange nicht. Weil jetzt offensichtlich wird, was die Linken schon seit langen sagen: der Kapitalismus ist nicht zum beiderseitigen Vorteil, nein, der gibt den Armen, so viel wie er muss und nimmt als Reicher so viel er kann.

Zum Egoismus: Hier gehen wird von unterschiedlichen Wollensansätzen aus. Du sieht das Streben nach jedem Wollen als Egoismus an, ich nicht. Warum mache ich das nicht. Weil, wenn ich einem Menschen durch Erziehung (Eltern, Schule, Berufsausbildung und, und, und) erst den „kindlichen Egoismus“ abtrainiere, sich nach sich selbst zu fragen, sondern ihm Disziplin (und das ist das absolute und unhinterfragte Unterdrücken des Ichs) und Gehorsam antrainiere (z.B.: wozu beginnt die Schule wohl immer in aller Herrgottsfrühe, doch nicht, weil die Lehrer Morgens so fitt sind?), dann kann ich nicht mehr sehen, was denn der Wille dieses Menschen als ein Ich wirklich ist. Das Ich ist auf dem bisherigen Lebensweg verkommen.
Keiner Exkurs über Schule: warum in unserer Gesellschaft bricht der kindliche Lerndrang durchschnittlich wohl mit Schuleintritt so abrupt ab? Weil die Natur eingerichtet hat, das Kinder nur bis 6 gerne und freiwillig lernen? Weil es dann sinnvoll war, mit Ende der Lernfreudigkeit die Schule beginnen zu lassen?
Gut, zurück zum Thema: Nachdem man nun dem Individuum den eigenen Willen ab- und den Gehorsam anerzogen hat, dann kommt die Industrie, die auf dem Keynianismus basiert. Da hatten viele Leute mehr Geld, als sie für das tägliche Überleben brauchten. Das musste ausgegeben werden, aus zwei Gründen: 1. damit die Arbeiter keine Schätze horten und so das Geldsystem ad absurdum führen und 2. damit das Geld wieder zu denen kommt, denen des zusteht, den Produktionsmittelbesitzern. Diese Industrie bewirkt, dass man nun den Leuten wieder einzureden beginnt, was sie wollen müssen. neues Sofa, Reise dahin, Wellness hier. Tut mir leid, diese Wünsche sind zwar in einer Anarchie unhinterfragt zu akzeptieren, aber das sehe ich nicht als das Wollen des Egos an. Das ist das Wollen eines ferngelenkten Bürgerleinchens.
Und die Reichen, wissen sie, was sie ALS MENSCH wollen? Als Chef, der den Mitarbeiter trifft, als Repräsentant der Firma, als jemand, der unter Freunden was darstellen muss, als was weiß ich, kurz als repräsentierende Maske ja, da wissen sie, welche Rolle sie spielen müssen. Ihr Mensch-sein, das haben aber auch sie weit hinter sich gelassen. Und die, die für Wohltätigkeiten spenden? Denen ist ein schlechtes Gewissen geblieben. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe ist die Gruppe der Börsespekulanten die, die am häufigsten am Herzinfarkt stirbt. Ständig und zunehmend suchen Manager und Unternehmensleiter diverse psychologische Hilfe, weil sie mit ihrer Arbeit als Ausbeuter psychisch nicht fertig werden. Also, auch oben würde ich mir ein angenehmeres Leben vorstellen. Die Oben sind nicht solche Bestien, weil sie Bestien sind, sondern weil die Gesellschaft sie in diese Rollen zwingt. Auch hier fehlt das Ich. Es ist nämlich ein himmelweiter Unterschied zwischen Leben und Überleben. Heute geht es bei allen nur um das Überleben: erzeugen von Stress und dann das irgendwie bei Psychiater, am überfüllten Sandstrand oder im Erschlagen des Nachbarn abzubauen. Das hat nun wirklich gar nichts mit dem zu tun, was das verschüttete Ego gerne hätte oder tun würde.
Nein, das Ego abtrainieren und dann irgendwelches Wollen innerhalb der Zwangsgesellschaft zum Abbau von Frust als Egoismus zu bezeichnen, dass ist eine Verdrehung des Begriffes Ego, oder Ich. Denn wenn TUI besser weiß, was ich will, dann ist das sicher nicht mehr mein Ich. Egoismus hat als Grundvoraussetzung, dass man das Spektakelhafte der Welt erkennt und die Masken, mit denen man meist auch selbst ständig durch die Welt rennt. Man ist Maske (mal die, mal jene) aber ohne Maske, als Ich, da fühlt man sich nackt und hilflos. Das Ich wiederzubeleben und zu fördern, das ist Egoismusförderung.
Dass man als einzelner Mensch das Schicksal von anderen Menschen teilt und sozusagen im hier und jetzt in eine Schicksalsgemeinschaft der Schützen Arsch geschmissen ist, tut dem keinen Abbruch, dass die entscheidende Gemeinschaft für mich die ist, in der jeder nur als einzelner und freiwillig mit mir und den anderen (auch denen aus anderen Schicksalsgemeinschaften) am Ziel einer freien Gesellschaft arbeite. Die Schicksalsgemeinschaft ist belanglos. Erst die freiwillige politische Gemeinschaft ist interessant. Aber auch nicht als Gemeinschaft, sondern als Gruppe interessanter Einzelmenschen.

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