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soyfer

Beiträge: 205

New PostErstellt: 28.01.06, 00:46     Betreff: Re: Anarchisten sind Demokraten!

Zu unserem "Gast". Es tut mir furchtbar leid dir mitteilen zu müssen, dass du anscheinend ein falsches Forum geöffnet hast. Dies ist nicht das Forum: Millionen-Show, wer hat eine neue Frage?, nein hier geht es nicht um Rätselraten und du kannst nicht einmal einen Blumentopf gewinnen; hier geht es um Diskussion.

Zu Pejder: Anders als bjk stimme ich deiner Kritik über weite Teile zu (besonders, wenn ich sie mit der meinen an Ines identisch ansehe).

Und diese Kritik an ihr trifft zunächst mal ihr Festhalten an bestimmten Begriffen wie "(Basis-)Demokratie", Hierarchie, oder aber "Befugnisse" und ähnliches mehr. All das sind Worte, da denke ich an viel, nicht jedoch an Anarchie. Nun ist Chomsky ja eine Größe in der sogenannten Formallogik, dass heißt einer Philosophierichtng, die anhand von konstruierten logischen "Grammatiken" (inhaltsleere) das Wesen von Wahrheits- und Falschheitsausagen untersucht. Über Formallogiker sagt man: der einfache Mensch hält Mathematiker für Haarspalter, die Mathematiker denken das über Formallogiker. Wenn also Ines sich als Chomskyianerin versteht, und sie ihre Begrifflichkeiten von ihm übernommen hat (und das möglicherweise noch in deutscher Übersetzung, wahrscheinlich von einem Nichtanarchisten übersetzt), dann steht sicher hinter jedem Wort eine ganz gewichtige inhaltsgesättigte Bedeutung, die mir und anderen Nicht-Chomskyianern zunächst einmal verschlossen ist. Dies fiel mir auf, als Ines statt "Menschen" das Wort "Kategorie" verwendete. Wenn diese "Übersetzung" nicht der Inhalt mit sich gebacht hätte, mir wäre der Sinn vom Wort "Kategorie" verschlossen geblieben. Und ähnliche Wortumdeutungen können bei anderen Worten auch entstehen, wenn z.B. von Hierarchie (=Verzeichnisbaum) oder anderem die Rede ist. Möglicherweise klären sich die Inhalte, wenn die Begriffe verstanden werden.
Ein Beispiel aus der Philosophie, wie Worte Inhalte verdrehen können: Hegel verwendet das Wort "Zufall". Jeder von uns würde denken, er meint etwas plötzliches, unberechenbares usw. Aber nein, Hegel versteht unter dem Wort Zufall das "zu fallende", das mit unbedingter Notwendigkeit so und nicht anders, das dann und nicht zu einen anderen Zeitpunkt geschehen muss. Wenn das Wort "Basisdemokratie" bei Chomsky daher solch eine Hegelscher "Zufall" ist, so reden wir aneinander vorbei. Aber zuallermindest halte ich die Begrifflichkeiten von Ines in diesem Punkt für unglücklich, weil missverständlich.

Was ich anders sehe als Pejder ist 1., wie dies schon bjk gesagt hat, sein Allgemeinanspruch: Das und wer abweicht ist (wasauchimmer, aber) sicher kein Anarchist. Darauf muss ich antworten, ich stehe für Inhalte, und wenn die kein Anarchismus sind (was ich bisher dachte), dann bin ich eben kein Anarchist. Denn mir geht es nicht um meine Kategorisierung sondern meine Überzeugung. Wenn man mir beweist, ich irre in meiner Überzeugung, ändere ich die (aber das hat Pejder weder bei mir, noch Ines versucht), wenn man mir aber nur beweist, dass meine Überzeugung kein Anarchismus ist, dann nenne ich mich hinfort nicht mehr Anarchist. Ich bin nicht stolz auf nichts, auch nicht darauf.
Es stimmt zwar, dass nicht alles, was so mancher als Anarchismus versteht, das auch ist, der Begriff ist nicht beliebig (man denke an unsere Supernationalen, der meinte, Anarchismus sei Chovenismus). Aber innerhalb einer gewissen Spannbreite kann dieser Begriff verwendet werden und diese Breite ist doch recht groß. Ich jedenfalls würde es eher weiter, als enger fassen, was nicht heißt, dass ich allem, was in meinen Augen darunter fällt, auch meine Zustimmung erhält.

2. sehe ich, für mich, das Raucherbeispiel ganz anders als ihr drei, Ines, Pejder und bjk. Ines sagt: ein Rauchverbot für das Wegschmeißen von Zigarettenkippen ist ein Blödsinn, weil das Wegschmeißen ja nicht dadurch besser wird, wenn man ganze Zigaretten wegschmeißt. Daher ist das Verbot so unlogisch, nicht nachvollziebar und somit willkührliche Gewalt. Wäre dieses "Ver-/Gebot" logisch, erklärbar, für jeden "nachfragbar" gefasst worden, so wäre das Ver-/Gebot keine Gewalt, sondern eine auch in der Anarchie mögliche Forderung.
Pejder antwortete darauf, dass das Beispiel für eine anarchistische Debatte absurd ist, weil Anarchie Rücksicht nehmen heißt, d.h. ein Anarchist wird eh nicht rauchen, wenn es die Rücksicht erfordert, auch wenn es erlaubt wäre. Andererseits würde er rauchen, wenn es zwar verboten wäre, aber Rücksichtnahme überflüssig ist (weil alleine im Raum oder alles Raucher oder so). Sprich, für einen Anarchisten sind Erlaubnis und Verbote hinfällig, weil er eh entsprechend der Rücksicht mit Verstand an die Sache geht, womit die ganze Frage der Formulierungen, weil der Ver-/Gebote gesamt "Schmarrn" sei.
Bjk reagierte hierauf mit a) (vermutlich) einer Missinterpretation Pejders und b) einem Frontalangriff gegen Raucher. bjk, da warst aber nicht sehr rücksichtsvoll gegen Raucher. Rauchen ist eine Sucht. Rücksichtnehmen heißt nicht nur Rücksichtnahme der Raucher auf Nichtraucher, sondern auch der Nichtraucher auf die Raucher. Wie weit müssen die Nichtraucher ihre Aggressivität gegen Raucher auf die Spitze teiben? Und die Raucher müssen nur buckeln? Hinzu kommt, dass Rauchen aller Voraussicht nach auch so ein Produkt unseres Stresses ist, dem wir in diesen Gesellschaften nicht entkommen können. Produziert der Mensch sich künstlich keinen Stress mehr, so werden auch die Raucher weniger werden, ganz ohne "Verbote" und "Rücksichtnahmen", weil einfach kein Bedarf sein wird. Aber ich bin kein Arzt, der über entsprechende Studien verfügt. Rein so eine Annahme von mir. Wie Raucher und Nichtraucher miteinander in der Anarchie umgehen, das muss man sich einfach miteinander aushandeln oder aber getrennte Wege gehen (nach dem Motto; wenn die U-Bahn verqualmt ist, fahre ich eben im Nichtrauchertaxi und das nach dem schönen Spruch: U-Bahn, S-Bahn, Achterbahn, Anarchos wollen Taxi fahrn). Also, nicht so viel Hirnschmalz auf das Lösen von Problemen der Realgesellschaften unter anarchischen Zuständen verwenden, Probelemen, die es dann gar nicht so geben kann, weil es durch das Wegfallen der Zwänge gar nicht so weit kommt. Wir brauchen weder das "logische" Verbot, noch die reine Rücksichtnahme, noch einen festgeschriebenen Rechthabschein für die Nichtraucher. Denn nicht nur wir heute werden denken und nach Lösungen suchen, in denen jeder seinen Platz findet (mir ist übrigends kein linkes Treffen begann, wo nicht der Qualm nach einer Stunde im ganzen Raum stand und die Sicht sich verfinsterte, aber das war vor acht Jahren).

3. Koordination und Konsens sind nicht deckungsgleich. Es muss keineswegs ständig, möglicherweise überhaupt keinen Konsens geben. Warum sollen alle einen Weg gehen, warum nicht unterschiedliche? Wie das mit der Notwendigkeit des Konsenses sein wird, das wird sich zeigen. Derzeit glaube ich, die Notwendigkeit des Konsenses wird die ganz große Ausnahme sein. Nur die Menschen, bei denen in bestimmten Fragen und unerzwungen Konsens herrscht, die können sich doch koordinieren, oder?
Aber die Kritik am "unbedingten Konsens" teile ich vollkommen und stimme aus eigenen Erfahrungen den deinen zu. Die Notwendigkeit zum Konsenz führt zu - nicht physischen aber - psychischen unter-Druck-setzen. Und das ist Herrschaft auf einer anderen Ebene und damit aber genauso Herrschaft.

4. Egozentren: eine Gesellschaft, in der kein Platz für mein Ego ist und ich aus reiner Rücksichtnahme zu bestehen habe (um mich so missverstehend deiner Position gegenüber auszudrücken, wie du dich der von Ines mit dem Lagerfeuerbeispiel), die gleicht eher einer Bescheibung der Ziele von Jesus Nächstenliebe, denn dem, was ich unter Anarchie verstehe. Verkappter Christ, was?

5. Ideologie: Also ernsthaft, an deiner Rücksichtnahmescheiße klebt mehr Ideologie, als an dieser Diskussion. So kann ich dazu nur sagen, hoffentlich fallen wir, ob der Menge verspeister Scheiße nicht ins Ideologiengrab.

Zu Ines: Ich habe es oben angedeutet. Inzwischen verstehe ich so einiges deiner Überlegungen nicht mehr. In meinem Kopf laufen zwei Wortverwendungen ständig gegeneinander und ergeben kein vernünftiges Bild. Einerseits heißt es bei dir, dass alles auf Freiwilligkeit basiert, andererseits, dass es Reglementierung (mit der entsprechenden Hierarchie) geben muss? Also, eine der beiden Aussagen passt da logisch so nicht hin.
Ich sehe drei Auslegungsmöglichkeiten: 1) Freiwilligkeit heißt das "ja" zur Deklarierung einer bestimmten "basisdemokratischen" Struktur und das "ja" zu Entscheidungen, die gegen meinen Willen zustandekamen, wenn eine Mehrheit dafür war, und darauf setzt sich diese Struktur in Bewegung. Das politische Leben sieht - aus meiner Sicht - letztlich ähnlich aus wie heute, nur ist das "Volk" weit mehr in die Abläufe integriert und daher wird es nicht (so) beherrscht, sondern kontrolliert (mehr) das politische Getue.
2) mit den unterschiedlichen Begriffen sind tatsächlich bestimmte Chomsky- (oder andere) Interpretationen verbunden, die ich einfach nicht verstehe, weil ich das Vokabular anders verwende. Dann würde ich dringend um eine Art "Wörterbuch" bitten.
3) Es entsteht eine basisdemokratische Struktur, die aber sozusagen eine flukturierende Volksbasis hat. All die Entscheidungen, denen ich zustimme, an deren Ausführung beteilige ich mich, aber die, die ich nicht gutheiße oder unlogisch finde, die tangieren mich einfach nicht.

Wenn es sich hierbei um die Auslegung 1) handelt, so frage ich mich tatsächlich, warum wollst du dich Anarchistin nennen. Das ist letztlich ein herkömmlicher Staat mit sehr freien Strukturen. Aber eben ein Staat (auch wenn er das Weltstaat verstanden würde) und daher keine Anarchie. Es gibt doch kein Dogma, dass man mit seiner Weltsicht Anarchist sein muss; ist ja genauso(wenig?) strafbar Basisdemokrat zu sein. Ich rede auch mit nicht-Anarchisten.
Bei 2) warte ich deine Antwort ab.
Bei 3) frage ich, was dann die ganze Strukturfrage soll? Die braucht man dann ja nicht. Ich meine, sie stört keinen, wie, wenn ich mir eine Oberanarchuniform mit rotem Federbusch stricken würde. Genauso könnte ich im Nadelsteifenanzug oder wie auch immer herumlaufen. Es stört keinen. Und so kann man einen zum Obermandatar und andere zu Untermandataren machen, einem zur Wahloberaufsichtswachtmann und einen zum Wähler Arsch mit Wiederrufsrecht deklarieren. Stimmt, niemand legt fest, dass der Faschingshöhepunkt nur im Februar sein darf.
Aber ob man diese Struktur nun hat oder nicht, das läuft auf ganz das gleiche hinaus, man braucht sie (im Fall 3) einfach nicht.

Kindererziehung: Gewalt ist Gewalt, gegen Kinder wie gegen Erwachsene. Nur ist die Erklärung bei Kindern ungemein komplizierter, weil mehr Faktoren hinzukommen. Daher wollte ich das weglassen und nicht, weil das Prinzipell etwas anderes ist. Es ist alles dasselbe und das allerschlimmste, es wird unterschiedliches in einen Topf geworfen, verquirlt und dann ein Schluss daraus gezogen. Diese Kritik richtet sich weniger gegen dich, als die vielen "Vor-"Denker, die die Notwendigkeit von Herrschaft legitimieren wollen. Man kommt immer mit dem Kind und der Strasse und schon sieht man ein, stimmt, da muss ein "Herrscher" her (überspitzt formuliert).

Über einen Satz bin ich bei dir da gleich gestolpert: "Wenn ich sie so groß bekomme, wie ICH es für richtig halte, ..." Moment mal, deine Töchter sollen nicht so groß werden, wie sie das für richtig halten, sondern wie du, nach dem Motto: und bist du nicht politisch links, dann brauch' ich Gewalt? Das nur mal als Einstimmung in meine Kritik.

Wenn man über die Notwendigkeit von Herrschaft spricht, so kommt, wie gesagt, mit Sicherheit das Beispiel Kind und Strasse. Aber noch nie habe ich gehört, wenn ein blinder Mensch über eine stark befahrene Strasse gehen will, dann halte ich ihn auf, damit er nicht überfahren wird. Warum wird das Beispiel nicht genommen? Weil der bilnde Mensch, nachdem ihm die Situation schnell klar würde, mir sofort in meinem Eingriff in seine Entscheidung recht geben würde, das Kind nicht. Das Kind nicht? Doch, sobald es weiß, worum es geht, ja. Das ist nur nicht sofort der Fall.
Ich denke, den Bilden zieht man nicht heran, weil die Unvergleichbarkeit von "Blinder und Strasse" und "Sehender und Strasse" offensichtlich ist und der Blinde zur Rechtfertigung von Hierarchie nichts taugt. Doch gehört "das Kind und die Strasse" zu "der Blinde und die Strasse". Denn beide sind in ihrer freien Entscheidung gehindert: der Blinde durch die fehlende Sehfähigkeit, das Kind durch die fehlende Erfahrung. Könnte der Bilnde sehen und hätte das Kind Erfahrung, müssten andere nicht eingreifen.
Diesen Teil der Kindererziehung, der auf Basis der fehlenden Erfahrung beruht, würde ich daher auch gar nicht zu dem Bereich der eigentlichen Erziehung rechnen. Erziehung ist, gesellschaftliche Denk-Normen auf das Kind zu übertragen, sozusagen das Kind in seinem Denken der Gesellschaft anpassen. Und in dieser Kritik stimmen wir grosso modo überein.

Zum Unterschied von Kindererziehung und Erwachsenenreglementierung: Erziehung des Kindes verfolgt das Ziel, das Kind einmal aus der (Erziehungs-)Reglementierung zu entlassen, die Regelmentierung des Erwachsenen ist aber lebenslänglich, ohne Ende, nicht einmal mit dem theoretischen Ziel einer Entlasung in die Freiheit.

Schließlich, Erziehung gelingt nicht immer, wie man an uns sieht. ABER das hat nichts mit dem System zu tun, denn misslungene Erziehung - und das ist es strenggenommen, wir sind Fehlprodukte/Ausschußware der Erziehung - gab es immer. So brachte die Schule des wilhelminischen Deutschlands einen Erich Mühsam hervor. Das macht das wilhelminische Schulsystem weder gut, noch besser. Man kann natürlich dem Erziehungsdruck und der Erziehungsrichtung der Gesellschaft als Elternteil entgegenwirken, aber doch nur in sehr beschränkten Ausmaß. Über die Erfolgschancen kann man nur spekulieren. Wenn's bei dir klappt, großartig. Eine Garantie, freiheitsliebende Eltern haben freiheitsliebende Kinder, gibt es aber vermutlich nicht.

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