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Stammheim, der Staat und die RAF

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bjk

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New PostErstellt: 28.11.08, 08:14  Betreff:  Re: Stammheim, der Staat und die RAF  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2008/11-27/015.php


Ihre Moral und unsere Anmerkungen

zur Freilassung von Christian Klar


Von Hans Schulz


Es gibt nur zwei Situationen, in denen politische Gefangene freigelassen werden. Entweder sind die Kräfte der Revolution so stark, daß der Staat gezwungen ist, seine Geiseln freizugeben oder der Staat ist so stark, daß er einen Gnadenakt erweisen kann. Die erste Situation gab es in Deutschland so gut wie nie. Tausende haben über Jahrzehnte versucht, die Haftbedingungen der politischen Gefangenen in den BRD-Knästen zu verbessern, haben auf den Straßen ihre Freilassung gefordert. Aus humanitären Gründen, aus Solidarität. Genützt hat das nichts. Der bewaffnete Kampf war längst Geschichte.

Aber auch das neue, große Deutschland wollte keinen Schlußstrich ziehen. Niemand soll es in noch einmal wagen, jene Herrschenden persönlich zur Rechenschaft zu ziehen, die verantwortlich sind für millionenfache Ausbeutung, Massenverarmung, Elend, Krieg und Tod. Das war die Botschaft dieser 26 Jahre Haft – mit Isolationshaft und weißer Folter. Dafür wurde das Recht gebeugt, gab es Sondergesetze und eine nie dagewesene Hatz auf Sympathisanten. Christian Klar hat das alles jetzt hinter sich, ungebrochen. Dafür sind ihm in diesem Land mehr Menschen dankbar, als es der herrschenden Bande recht sein kann. Die Gefangenen aus der RAF haben in den Verfahren gegen sie nie juristisch agiert – revolutionäre Politik ist nicht justitiabel. Dafür haben sie die härtesten und fragwürdigsten Urteile kassiert. Die Justiz wußte nie, wer für was verantwortlich war. Man hat das Recht gebeugt und die Kollektivschuld eingeführt. Christian Klar konnte nichts bewiesen werden. Weder kennt das deutsche Strafrecht Reue oder Buße noch Aussagebereitschaft als Voraussetzung für eine Haftentlassung. Praktiziert wurde pure Rache. Eigentlich ein Fall für die UNO-Menschenrechtskommission.

Der Co-Pilot der 1977 entführten Lufthansamaschine, Jürgen Vitor, kündigt in der Bild an, er werde wegen der Freilassung sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben. Die Witwe des ebenfalls 1977 erschossenen Jürgen Ponto hat ihres bereits zurückgegeben. Warum auch nicht? Die Trauer der Angehörigen der Opfer dieser Auseinandersetzung wurde nicht nur von Christian Klar respektiert und verstanden. Tote gab es auf beiden Seiten.

Die Lumpenjournaille kann nicht fassen, daß ein Revolutionär so einfach nach 26 Jahren freikommt – nach deutscher Tradition gehören die alle an die Wand. So wie 1918/19 die roten Matrosen, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, so wie 1920 die Räte der Münchner Republik, 1929 die Arbeiter im Berliner Wedding und ab 1933 Zehntausende von Kommunisten und Antifaschisten.

Eine Tradition und Moral, die nicht die unsere sein kann. Am 15. Mai gab der letzte Ankläger im »Auschwitz-Prozeß« Mitte der 60er Jahre in Frankfurt am Main, Oberstaatsanwalt Hans Eberhard Klein, dieser Zeitung ein Interview: »Eines dieser Verfahren hatte die sogenannte Skelettesammlung in Auschwitz zum Gegenstand. Seinerzeit war da ein Befehl aus Berlin gekommen, man soll 30 jüdische Häftlinge töten und die Skelette der Universität Straßburg zuführen. Zu medizinischen Experimenten. Der verantwortliche Mediziner ist dann extra nach Auschwitz gekommen, um die Häftlinge auszusuchen. (…) Drei der Beteiligten dieses Verbrechens standen dann bei uns als Angeklagte vor Gericht: Derjenige, der selektiert hat, derjenige, der die 30 getötet hat, und derjenige, der die Auswertung der Leichen vorgenommen hatte. Der letzte der drei hat sich darauf berufen, nur auf Weisung gehandelt zu haben. Er wurde sogar freigesprochen. Die anderen beiden wurden zu lächerlichen Strafen von drei bzw. dreieinhalb Jahren verurteilt. Und das, obwohl die Tat zweifelsfrei feststand: Es war Mord.«

Daß seinerzeit irgendjemand sein Bundesverdienstkreuz zurückgegeben hat, ist nicht bekannt.

Trotz alledem: Willkommen in der Freiheit, Genosse Christian Klar.


weitere Links unter: http://www.jungewelt.de/themen/index.php?tcid=56



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[editiert: 28.11.08, 08:15 von bjk]
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bjk

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New PostErstellt: 21.03.08, 16:57  Betreff: Re: Stammheim, der Staat und die RAF  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.rote-hilfe.de/news/18_maerz_tag_der_politischen_gefangenen


18. März: Tag der politischen Gefangenen


Vorwort des Bundesvorstandes zur diesjährigen 18. März - Zeitung:

Die Rote Hilfe wurde und wird in der Öffentlichkeit immer wieder als „Gefangenenhilfsorganisation“ wahrgenommen. Tatsächlich wandelt sich der Schwerpunkt der Roten Hilfe beständig sowohl mit der Situation der linken Bewegung als auch mit dem aktuellen Stand der Repression. Ein Großteil der Arbeit, den die Rote Hilfe heute zu leisten hat, ist nicht direkt mit Knast und Inhaftierung verbunden. Dennoch bleibt die Solidarität mit Menschen, die wegen ihrer politischen Überzeugungen und Aktivitäten im Gefängnis sitzen, ein zentrales Anliegen der Roten Hilfe: Knast ist immer noch der augenfälligste Höhepunkt staatlicher Repression. Das Wegsperren politischer Menschen, der Versuch, sie aller Handlungsmöglichkeiten zu berauben und aus allen gesellschaftlichen Zusammenhängen zu reißen – das ist auch heute noch die letzte Konsequenz politischer Unterdrückung. Die GenossInnen im Knast sollen nicht nur körperlich weggesperrt werden, sie sollen auch geächtet und aus der gesellschaftlichen Diskussion ausgeschlossen werden.

Die Menschenwürde ist für sie bis auf weiteres suspendiert. Jeder und jede, der schon einmal einen Freund oder eine Genossin im Gefängnis besucht hat, kennt die Stimmung, die dem oder der BesucherIn entgegenschlägt: „Mit so jemandem haben Sie zu tun?“

Wir beharren darauf, dass die Menschen in den Knästen zu uns gehören und dass sie dieselben Rechte haben wie andere Menschen auch.

Wir haben in den vergangenen Monaten erlebt, dass lange Haftstrafen als staatliche Waffe gegen die Linke auch in der BRD keineswegs der Vergangenheit angehören. Für GenossInnen „nichtdeutscher“ Herkunft haben Verfahren wegen der Terrorparagraphen 129a und neuerdings 129b noch nie ihre Bedrohlichkeit verloren – viele von ihnen sitzen auch heute noch wegen ihrer angeblichen oder tatsächlichen Mitgliedschaft in linken Organisationen, die BRD und EU als „terroristisch“ eingestuft haben, in deutschen Knästen. Die Forderung nach Freilassung der verbliebenen Gefangenen aus der RAF, Christian Klar und Birgit Hogefeld, bleibt ein wichtiges Anliegen der Roten Hilfe, auch wenn sie uns vor Augen führt, dass unser Einfluss viel zu gering ist, um zentrale und berechtigte Ziele beim gegenwärtigen Stand der Kräfteverhältnisse durchsetzen zu können. Falsch werden die Forderungen deshalb keineswegs. In den vergangenen Monaten ist gegen Christian Klar sogar das Mittel der Beugehaft in Stellung gebracht worden, weil er sich weigert, sich oder andere zu belasten und sich von der eigenen Geschichte zu distanzieren. Nach mehr als 25 Jahren Knast unter zum Teil härtesten Bedingungen wird der Zweck seiner Inhaftierung überdeutlich: Es geht einerseits schlicht um Rache, andererseits darum, einen Menschen in seiner politischen Identität zu brechen und an ihm zu demonstrieren, dass radikale Rebellion zum Scheitern verurteilt sei. Dass Christian bis heute nicht bereit ist, den Kapitalismus zur besten aller möglichen Gesellschaftsformen zu erklären ist der eigentliche Grund, der ihm den Weg aus dem Gefängnis bis heute versperrt.

Im letzten Jahr wurde mit den Verfahren gegen G8-GegnerInnen und antifaschistische Zusammenhänge, aber auch mit dem Verfahren gegen angebliche Mitglieder der „militanten gruppe“ deutlich, dass auch „deutsche“ politische Zusammenhänge nach wie vor von Gefängnisstrafen bedroht sind, wenn der Staat die Eskalationsschraube anzieht. Vielen Linken wurde plötzlich sehr plastisch bewusst, dass Knast nicht nur eine ferne Drohung am Horizont ist, die einen selbst nicht betrifft, sondern sehr schnell eine konkrete Gefahr für Menschen darstellen kann, die sich in der Linken politisch organisieren
.
Das Jahr 2008 wird auch ein entscheidendes Jahr im Kampf für das Leben und die Freiheit von Mumia Abu-Jamal sein, der seit 1982 in den USA in der Todeszelle sitzt. Die Rote Hilfe ruft dazu auf, solidarisch zu sein und alles dafür zu tun, Mumias Leben zu retten und seine Freiheit zu erkämpfen. Die Forderung nach der Freilassung der politischen Gefangenen ist eine Forderung, die sich nicht auf einen Nationalstaat beschränkt. Deshalb ist für uns der 18.03. auch ein Tag, an dem wir die politischen Gefangenen in aller Welt ins Bewusstsein rufen wollen.
Im vergangenen Jahr jährte sich der Justizmord an den beiden anarchistischen Arbeiteraktivisten Niccola Sacco und Bartolomeo Vanzetti zum 80. Mal. Die Rote Hilfe Deutschlands erklärte damals die Kampagne für die Freilassung der beiden zu einem Schwerpunkt ihrer Aktivität. Damit setzte sie nicht nur ein deutliches Zeichen für internationale Solidarität, sondern verdeutlichte auch ihren Anspruch, strömungsübergreifende Solidaritätsorganisation für alle von der staatlichen Repression betroffenen Linken unabhängig von ihrer ideologischen Ausrichtung und ihrer Organisationszugehörigkeit zu sein – ein Anspruch, dem sie als KPD-nahe Organisation im Verlauf ihrer Geschichte leider all zu oft nicht gerecht wurde.

Auch heute noch gilt für uns, dass wir keineswegs mit allem übereinstimmen müssen, was Menschen gesagt oder getan haben, die wegen ihres linken politischen Engagements im Gefängnis sitzen. Unsere Solidarität wird dadurch nicht geschmälert. Sie erweist sich als strömungsübergreifende Solidarität auch und gerade da, wo es nicht nur Übereinstimmung zwischen uns und den GenossInnen im Knast gibt.

Der Tag der politischen Gefangenen am 18.März, von der Roten Hilfe im Jahr 1922 ins Leben gerufen, erinnert an den Aufstand der Pariser Commune im Jahr 1871, aber auch an ihre Zerschlagung und die folgende Repression. Die Reaktion übte nach ihrem Sieg an den KommunardInnen blutige Rache. Mehr als 20000 Männer und Frauen wurden getötet, mehr als 13000 zu meist lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt.

Und doch bleibt im kollektiven Gedächtnis der sozialistischen, kommunistischen und anarchistischen Bewegungen die Geschichte der Commune nicht in erster Linie als eine Niederlage haften, sondern als die Geschichte eines Aufbruchs, der bis heute andauert und noch nicht an sein Ende gelangt ist.

Bei allen Brüchen und mit allen Widersprüchen: Wir wissen uns in einer Tradition, deren Kernpunkt der Kampf um Befreiung ist. Dieser Kampf kann heute an ganz verschiedenen Orten und mit verschieden Mitteln geführt werden. Das Bild von Befreiung wird immer auch geprägt sein vom Bild der brechenden Kerkermauern, vom Ausbruch aus Verhältnissen, die uns daran hindern, freie Menschen im freien Austausch mit anderen zu sein. Auch deshalb bleibt eine unserer wichtigsten Forderungen:
Freiheit für alle politischen Gefangenen – hier und überall auf der Welt!

Rote Hilfe e.V., Bundesvorstand



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New PostErstellt: 26.10.07, 10:23  Betreff: Re: Stammheim, der Staat und die RAF  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2007/10-26/062.php



Die Freiheit ist stärker

Vom Kampftag der Deutschen Wirtschaft und ihrer Bundesregierung zum Gedenken an das RAF-Opfer Hanns Martin Schleyer

Von Otto Köhler



Wir haben nach 43 Tagen Hanns Martin Schleyers klägliche und korrupte Existenz beendet«, verlautbarte vor 30 Jahren die RAF. Es war ein Mord, wie er selbst in einem Krieg, den die RAF zu führen glaubte, so nicht begangen werden durfte. Sie knallten den Gefangenen ab, wie es einst bei dessen SS-Kameraden der Brauch war. Das war nicht nur ein Verbrechen. Es war eine Dummheit, die den SS-Führer von Prag zum Blutzeugen der schwarzbraunen Seilschaften machte, die nach 1945 die Bundesrepublik beherrschten.

Hanns Martin Schleyer lebt im Gedächtnis der deutschen Nation weiter. So jedenfalls am Mittwoch in Berlin. Es war ein Kampftag, zu dem die deutsche Wirtschaft aufrief: der Bundesverband der Deutschen Industrie, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitergeberverbände, der Bundesverband Deutscher Banken, sowie die Alfred Herrhausen Gesellschaft (Deutsche Bank), die Jürgen-Ponto-Stiftung (Dresdner Bank), die Karl-Heinz-Beckurts-Stiftung (Siemens). Sie alle veranstalteten dort, wo leider immer noch nicht ihr Ort ist, im Deutschen Historischen Museum, mit Unterstützung der Bundesregierung und unter Führung der Hanns-Martin-Schleyer-Stiftung ein Gedenken an alle Opfer des Terrorismus der RAF.

»Die Freiheit ist stärker«, rief Günther Fleig aus, der Vorstandsvorsitzende der Schleyer-Stiftung und Schleyers Nachfolger als Personalvorstand der Daimler AG. Brigitte Zypries, die Justizministerin freute sich, daß hier aller Opfer des Terrorismus gedacht werde. Fast aller. An die nach Auschwitz abtransportierten jüdischen Besitzer der Villa, die der SS-Führer Schleyer mit seiner Familie in Prag bezog, wurde keiner genötigt zu denken. Frau Zypries freute sich auch, daß »unser Staat« nicht »zum Überwachungsstaat« geworden sei. Vor ihr saß Innenminister Schäuble im Publikum, der später das Wort ergriff, und – das formulierte er wahrheitsgetreu – dem Terrorismus gern »auf Augenhöhe« begegnen möchte. Dazu müsse er alles nutzen, was »den Terroristen technisch und medial zur Verfügung« stehe. Es müsse die Möglichkeit geben, auch deren Mittel einzusetzen.

Dann durften Berliner Schüler einzeln vortreten und die Namen der 36 Opfer – jeden für sich – sprechen. Die Phoenix-Übertragung wahrte die Hierarchie und zeigte – wie es sich gehört – während der Gedenkminute ganz groß und allein das Bild von Hanns Martin Schleyer. Als nächster sprach der Präsident des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert, und zitierte zustimmend Bettina Röhl: Die Bundesrepublik stünde ohne 1968 besser da.

Das war wie eine Empfehlung für den Film, den Phoenix in der darauffolgenden Kaffepause einspielte. Die »Dokumentation« sollte nachvollziehen, was damals geschah. Wie der »aus Protest gewachsene« Terror begann. Im Bundestag, nach der Neuwahl des Bundeskanzlers: »Herr Abgeordneter Brandt nehmen Sie die Wahl an?« – »Ja, Herr Präsident, ich nehme die Wahl an.« So geht es weiter. Eine nackte Frauenbrust wippend zur Rockmusik. Ein Transparent »Für den Sieg der vietnamesischen Revolution«. Dutschke schreit, Demonstranten stürmen durch die Straßen. Hochhäuser gehen in Flammen auf.

Grundlos? Aber ja. Nichts über den Schahbesuch. Nichts über die polizeiliche Hinrichtung von Benno Ohnesorg. Nichts über die Lynchhetze (»Störenfriede ausmerzen«) der Springerpresse gegen die Studenten. Eine öffentlichrechtliche Geschichtsfälschung wie geschaffen für diese Schleyer-Stiftung, die Leuten wie dem Geschichtsverdreher Ernst Nolte (Auschwitz war Stalins Erfindung) ihren Hanns-Martin-Schleyer-Preis verlieh.

Nach der Kaffeepause die Podiumsdiskussion. Der in der Einladung vorgesehene Podiumsgast Bernhard Schlink, ein westdeutscher Rechtswissenschaftler von der Humboldt-Universität, ward gar nicht mehr erwähnt, verständlich – er war als Romancier hervorgetreten, der die Liebe zu einer KZ-Wächterin beschrieb. Der gleichfalls angekündigte Spiegel-Chef Stefan Aust wurde dagegen als »erkrankt« entschuldigt. Er fand aus den Beständen des Historischen Museums guten Ersatz in Arnulf Baring, dem Barrikadenkämpfer der besseren Lumpenbourgeoisie. Er befindet sich in höchster Not: »Wir haben einen nationalen Sozialisten im Land und der heißt Oskar Lafontaine.« Die in PDS umbenannte SED sei hoffähig geworden. Das Land rutsche ständig nach links. Die Bevölkerung sei massiv bedroht. Rechts ist nichts zu fürchten. Aber links ist eine Gefahr. Er hebt den Zeigefinger und sieht eine »ganz bedrohliche Entwicklung innerhalb der SPD, die sich nach links anzumeiern versucht«. Und: Die Linken fackeln Autos ab, während die Rechten nur Flugblätter verteilen.

Für den kongenialen Klaus von Dohnanyi ist der RAF-Terror aufs neue ausgebrochen. Zweimal sei er in letzter Zeit an der Hamburger Universität niedergeschrieen worden. Die beteiligten Studenten müssen relegiert werden, verlangt er. Nicht nur in Hamburg, sondern an allen deutschen Universitäten.

Wie die anderen legte Schäuble auch in der Podiumsdiskussion ein klares Bekenntnis gegen die Sympathisanten des Terrors und für die Sicherheitsorgane ab. Doch das Unionsmitglied Schäuble steckt – im Kabinett und in der Union – mitten im tiefsten Sympathisantensumpf für gerichtlich anerkannte Massenmörder. Am Mittwoch veröffentlichte die junge Welt ein Foto vom diesjährigen Pfingsttreffen der Gebirgsjäger in Mittenwald. Es zeigt den Kriegsverbrecher Josef Scheungraber, der in Italien wegen 14- fachen Mordes an Zivilisten in Falzano zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Umringt von Bundeswehrsoldaten, die ihn nicht etwa festhalten, um ihn der Polizei auszuliefern. Sie schützen ihn vor Demonstranten, die – wie wir schon immer wissen – von der Polizei zusammengeprügelt werden.

Der Massenmörder ist ein Unionsparteifreund von Wolfgang Schäuble. Scheungraber hat im Gegensatz zu den RAF-Terroristen nie ein Gefängnis von innen gesehen. Die Bundesregierung weigert sich, ihn nach Italien auszuliefern. CSU-Mitglied Scheungraber darf Beifall klatschen für den Festredner, den Kabinettskollegen und Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt (CSU), der auch nichts zur Festnahme des Massenmörders unternahm.

Wie sagte in Berlin der Vorstandsvorsitzende der Schleyer-Stiftung zu Beginn ihrer Kampf- und Gedenkkundgebung: »Die Freiheit ist stärker



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New PostErstellt: 25.10.07, 16:12  Betreff: Re: Stammheim, der Staat und die RAF  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Nicki
    Die Raf war eine streng hierarchische Gruppe die im wesentlichen von Andreas Baader bestimmt war.Er galt als"Tatmensch" ,brachte aber keine Vorstellung wie eine zukünftige Gesellschaft aussehen soll. Die RAF setzte auf Terror(Bombenanschlägen) und Entführungen mit Geiselnahmen wobei sie ohne Vorwarnung(Meinhof;"natürlich darf geschossen werden!")ihre Waffen einsetzte.Sie scheute sich nicht davor mit der antisemitisch orientierten palestinensischen El-Fatah-Bewegung zusammenzuarbeiten um sich in Waffengebrauch ect. ausbilden zu lassen.Um ihre Führung in Stammheim freizupressen war sie auch an der Entführung der" Landshut"beteiligt.Die RAF war somit mitschuldig an den Tod eines Piloten und dem Martyrium der Geiseln(Quellen;Butz Peters-Tödlicher Irrtum-Die Geschichte der RAF,sowie Wikipedia).
... die "herrschende Meinung" ist zunächst vor allem die Meinung der Herrschenden
... die von Dir angeführten Quellen sind nicht einmal pseudowissenschaftlich sondern lediglich tendenziös (siehe den Satz von eben), lies mal hier diese Zitate:

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.04.2005

Überaus hart geht Rezensent Rainer Stephan mit Butz Peters Versuch einer historischen Aufarbeitung der Geschichte der RAF ins Gericht. Dass Peters den umfangreichen Band als selbständiges Werk ausgibt, wo es sich in Wahrheit nur um eine erweiterte Neuauflage seines Buch "RAF -Terrorismus in Deutschland" von 1991 handelt, stimmt Stephan gleich zu Anfang ungnädig. Davon abgesehen gelingt es Peters nach Ansicht des Rezensenten trotz der Fülle von Daten und Fakten, die der Autor präsentiert, nicht, "etwas zur Erhellung auch nur einer einzigen der zahlreichen noch ungeklärten Aspekte seines Themas beizutragen." Den Mangel an neuen Erkenntnissen findet Stephan kompensiert durch einen "um Aufmerksamkeit buhlenden Erzählton", den er als "schlechtem Journalismus" voller Klischees brandmarkt. Wer schon beim Vorwart aufhöre zu lesen, resümiert der Rezensent mit unverhohlenem Hohn, "hat nichts versäumt."


und

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.01.2005

Recht kritisch geht Oliver Tolmein mit Butz Peters' Buch "Tödlicher Irrtum - Die Geschichte der RAF" ins Gericht. Darin erzähle der Autor die Geschichte der RAF nach, beginnend mit der Kaufhausbrandstiftung in Frankfurt am Main, endend mit der Festnahme von Andrea Klump. Zwar habe Peters sehr viele Seiten über die RAF zusammengetragen. Ein differenziertes Bild kommt nach Ansicht Tolmeins dennoch nicht heraus. Das liegt seines Erachtens einmal daran, dass Peters kaum an Ursachenforschung interessiert ist - analytische Passagen würden den Fluss seines in "Aust-Manier flockig formulierten" Buches nur stören. Zum anderen daran, dass die Auswahl dessen, was Peters berichte, überwiegend tendenziös sei. Tolmein hebt hervor, dass der Autor entgegen seiner Ankündigung im Vorwort die Anschläge, Geiselnahmen, Fahndungsaktionen und Hungerstreiks nicht rekonstruiere: "Er schreibt wie Heinrich Breloer filmt: Dokufiktion." Fragwürdig findet Tolmein auch den Umgang des promovierten Juristen mit Quellennachweisen. Zudem hält er ihm Auslassungen und Verkürzungen vor. Das "Celler Loch" etwa, mit dem der Verfassungsschutz eine Gefangenenbefreiungsaktion vorspiegeln wollte, erwähne er nur beiläufig als "merkwürdige Aktion".



    Zitat: Nicki
    Verschwörungs-und Mordtheorien sind wohl nicht aus der Welt zu schaffen.Sie sind dazu da um zu suggerieren daß die Vorbilder so"gut",dem Staat also so gefährlich waren daß die es nötig fand sie zu ermorden.Ausserdem bestätigt es eigene Überzeugung(Und eigenes Handeln)je schlimmer der Staat erscheint,und schafft größeren Zusammenhalt.
... umgekehrt wird ein Schuh daraus
... warum wohl werden derzeit in den Bertelsmann- und Springerjournaillen zusammen mit den staatsmachtlichen Zwangsrundfunkanstalten wieder volle Breitseiten auf die RAF, die Kommunisten sowieso und auf die 68er "Gutmenschen"-Ära abgefeuert?
... hingegen werden die Greuel der Nazizeit verharmlost, kleingeschrieben, relativiert, durch Geschichtsklitterung geradezu verklärt, die millionenfachen Morde nur einer bestenfalls minimalen irregeleiteten Verbecher-Clique um einen größenwahnsinnigen österreichischen Gefreiten zugeschrieben, und und und
... bewußt wird dann die ach so grauenhafte DDR ins Spiel gebracht - einmal darfste raten warum!
... selbst der Lamputzer-Revoluzzer von Mühsam würde da richtig raten.

bjk
ALG II-Unterschichtler



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Nicki

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New PostErstellt: 24.10.07, 11:51  Betreff: Re: Stammheim, der Staat und die RAF  drucken  weiterempfehlen

Die Raf war eine streng hierarchische Gruppe die im wesentlichen von Andreas Baader bestimmt war.Er galt als"Tatmensch" ,brachte aber keine Vorstellung wie eine zukünftige Gesellschaft aussehen soll.Die RAF setzte auf Terror(Bombenanschlägen) und Entführungen mit Geiselnahmen wobei sie ohne Vorwarnung(Meinhof;"natürlich darf geschossen werden!")ihre Waffen einsetzte.Sie scheute sich nicht davor mit der antisemitisch orientierten palestinensischen El-Fatah-Bewegung zusammenzuarbeiten um sich in Waffengebrauch ect. ausbilden zu lassen.Um ihre Führung in Stammheim freizupressen war sie auch an der Entführung der" Landshut"beteiligt.Die RAF war somit mitschuldig an den Tod eines Piloten und dem Martyrium der Geiseln(Quellen;Butz Peters-Tödlicher Irrtum-Die Geschichte der RAF,sowie Wikipedia).Verschwörungs-und Mordtheorien sind wohl nicht aus der Welt zu schaffen.Sie sind dazu da um zu suggerieren daß die Vorbilder so"gut",dem Staat also so gefährlich waren daß die es nötig fand sie zu ermorden.Ausserdem bestätigt es eigene Überzeugung(Und eigenes Handeln)je schlimmer der Staat erscheint,und schafft größeren Zusammenhalt.

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New PostErstellt: 17.10.07, 16:17  Betreff:  Re: Stammheim, der Staat und die RAF  drucken  weiterempfehlen

[kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2007/10-16/027.php



Stammheim, der Staat und die RAF (8 und Schluß)
Von Wolfgang Hänisch


In diesem Monat jährt sich zum 30. Mal die Nacht von Stammheim. Bis heute ist unklar, was damals genau geschah. Zum besseren Verständnis veröffentlichen wir historische Details, die offiziell keine Rolle spielen sollen. (jW)


Mogadischu, 18.10.1977. Um 0.05 Uhr MEZ stürmt ein GSG-9-Kommando die vom palästinensischen Kommando »Martyr Halimeh« entführte Maschine der Luft-hansa. Drei der vier Geiselnehmer werden dabei getötet. Im Hochsicherheitsgefängnis von Stuttgart-Stammheim werden am Morgen die Gefangenen aus der RAF Andreas Baader und Gudrun Ensslin tot, Jan-Carl Raspe und Irmgard Möller schwer verletzt in ihren Zellen gefunden. Am 19.10. gibt die RAF bekannt, Hanns Martin Schleyer umgebracht zu haben. Seine Leiche findet sich im Kofferraum eines geparkten Autos im französischen Mulhouse.

Weder auf den beiden Pistolen noch auf dem Kabel, mit dem Gudrun Ensslin zu Tode kam, befinden sich Fingerabdrücke der Gefangenen. Das kriminaltechnische Gutachten dazu fehlt. Auf demselben Flur findet die Kripo in Zelle 712, die ab dem 25.6.1977 nicht belegt war, bzw. nicht von Gefangenen der RAF belegt war, neben zahlreichen Kabelteilen vier tragbare Monitore, vier Batteriestangen mit 12 Monozellen und weitere elektronische Geräte. Die vier tragbaren Monitore werden vom BKA sichergestellt, die Kripo kündigt einen ausführlichen Untersuchungsbericht an (Akten des Todesermittlungsverfahrens XII, S. 40), der nie eintrifft. Im November 1977 ordnet Generalbundesanwalt Kurt Rebmann den Abbruch der Zellen im Sicherheitsbereich an. Dadurch werden alle eventuell noch vorhandenen Spuren beseitigt.



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New PostErstellt: 17.10.07, 16:13  Betreff:  Re: Stammheim, der Staat und die RAF  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2007/10-15/050.php



Stammheim, der Staat und die RAF (7)
Von Wolfgang Hänisch


In diesem Monat jährt sich zum 30. Mal die Nacht von Stammheim. Am Morgen des 18.10.1977 wurden die Gefangenen aus der RAF Andreas Baader und Gudrun Ensslin tot, Jan-Carl Raspe und Irmgard Möller schwer verletzt in ihren Zellen im Hochsicherheitsgefängnis von Stuttgart-Stammheim gefunden. Bis heute ist unklar, was damals genau geschah. Zum besseren Verständnis veröffentlichen wir historische Details, die offiziell keine Rolle spielen sollen. (jW)


Auf die Geiselnahme von Hanns Martin Schleyer durch die RAF im September 1977 antwortet der Staat mit einer Gegengeiselnahme. Über alle Gefangenen, die nach Paragraph §129 a angeklagt oder verurteilt sind, wird eine »Kontaktsperre« verhängt, d.h. sie werden untereinander und von jedem Kontakt mit der Außenwelt vollständig isoliert.

Darunter fällt auch der Kontakt mit ihren Verteidigern. So finden z.B. mündliche Haftprüfungstermine ohne Verteidiger statt, bei der Verkündung des Haftbefehls hat der Rechtsanwalt kein Recht auf Anwesenheit, Vernehmungen und Ermittlungsverhandlungen werden nur durchgeführt, wenn der Rechtsanwalt auf seine Anwesenheit verzichtet. Für dieses Vorgehen gibt es keinerlei gesetzliche Grundlage, auch wenn die Justizminister sich auf Paragraph 34 StGB, der einen übergesetzlichen rechtfertigenden Notstand vorsieht, berufen. Paragraph 34 StGB ist jedoch eine Ergänzung der reformierten Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch. Er war zum Zeitpunkt der Kontaktsperre nicht zur Legitima-tion staatlichen Handelns gedacht.

Und so wird innerhalb von drei Tagen das bisher am schnellsten verabschiedete Gesetz in der Geschichte der BRD installiert: das Kontaktsperregesetz. Sowohl die Kontaktsperre wie auch in der Folge eine Nachrichtensperre über die Ereignisse um die Schleyer Entführung werden von einem Großen Krisenstab in Bonn angeordnet. Eine solche Einrichtung ist in der Verfassung, auch in der Notstandsgesetzgebung, nicht vorgesehen. Die Gewaltenteilung wird aufgehoben, das Parlament hat keinerlei Kontrolle über die Aktivitäten des Krisenstabs.

8.9.1977, Krisenstab. Innenstaatssekretär Siegfried Fröhlich war von Bundeskanzler Schmidt beauftragt, mit einem Beamten seines Hauses und Geheimdienstexperten »exotische Vorschläge« zur Lösung des Terrorproblems zu erarbeiten. Er berichtet über verschiedene »Modelle«: Drohung gegenüber Terroristen mit »Repressalien« auch gegen nahe Angehörige, wenn Schleyer nicht freigegeben werde. Der Bundestag ändert unverzüglich Artikel 102 des Grundgesetzes, der lautet: »Die Todesstrafe ist abgeschafft«. Statt dessen können solche Personen erschossen werden, die von Terroristen durch menschenerpresserische Geiselnahme befreit werden sollen. . Keine Rechtsmittel möglich. Für Terroristen wird ein erweitertes Haftrecht geschaffen. Sie werden in einem »„Internierungslager« festgehalten.

Friedrich Zimmermann, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag und Mitglied im Krisenstab zu dessen Tätigkeit: »Der Leutnant Zimmermann, der Oberleutnant Schmidt und der Oberleutnant Strauß wußten, was Krieg war.« Am 17.10. sagt der Publizist Golo Mann in der ARD-Sendung »Panorama«: »Der Moment kann kommen, in dem man jene wegen Mordes verurteilte Terroristen, die man in sicherem Gewahrsam hat, in Geiseln wird verwandeln müssen, indem man sie den Gesetzen des Friedens entzieht und unter Kriegsrecht stellt.



Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!


[editiert: 17.10.07, 16:15 von bjk]
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New PostErstellt: 13.10.07, 08:46  Betreff:  Re: Stammheim, der Staat und die RAF  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2007/10-13/010.php



Stammheim, der Staat und die RAF (6)
Von Wolfgang Hänisch


In diesem Monat jährt sich zum 30. Mal die Nacht von Stammheim. Am Morgen des 18.10.1977 wurden die Gefangenen aus der RAF Andreas Baader und Gudrun Ensslin tot, Jan-Carl Raspe und Irmgard Möller schwer verletzt in ihren Zellen im Hochsicherheitsgefängnis von Stuttgart-Stammheim gefunden. Bis heute ist unklar, was damals genau geschah. Zum besseren Verständnis veröffentlichen wir historische Details, die offiziell keine Rolle spielen sollen. (jW)


Köln, 5. September 1977. Ein 450er Mercedes fährt gegen 17.25 Uhr die Friedrich-Schmidt-Straße entlang. In dem Wagen sitzen der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Hanns Martin Schleyer, und sein Fahrer Heinz Marcisz. In einem zivilen Polizeifahrzeug folgen die Personenschützer Reinhold Brändle, Roland Pieter und Helmut Ulmer. Ein blauer Kinderwagen, der auf der Straße steht, zwingt Marcisz zu einer Vollbremsung. In diesem Moment eröffnen fünf Maskierte das Feuer. Alle außer Schleyer sterben im Kugelhagel. Schleyer wird aus dem Wagen gezogen und in einen VW-Bus geschleppt. Er wird Geisel des RAF-Kommandos Siegfried Hausner.

Prag, 5. Mai 1945, Aufstand gegen die Nazi-Besatzungsmacht. Im Schulgebäude des 4. Bezirks hat sich eine SS-Einheit verschanzt, die zwanzig Geiseln, Beschäftigte der Firma Janeceln, in ihrer Gewalt hat. Die tschechischen Aufständischen verhandeln mit dem SS-Kommandanten über die Freilassung der Geiseln. Dieser verlangt dafür im Gegenzug, daß seine Frau und sein Kind herbeigebracht werden sollen. Um Mitternacht wird die Frau, die ein kleines Kind auf dem Arm trägt, mit einem Auto zum Schulgebäude gebracht und gegen die Geiseln ausgetauscht. Die Aufständischen ziehen sich zurück. Einen Tag später richtet die SS in unmittelbarer Nähe des Schulgebäudes ein Massaker unter der Zivilbevölkerung an: Im Keller des Hauses 253 und im Garten des Hauses 254 werden 41 Menschen erschossen aufgefunden: unbewaffnete ältere Männer, Frauen und Kinder.

Am 8. Mai 1945, dem Tag der deutschen Kapitulation, bringt eine SS-Einheit Geiseln aus der Prager Zivilbevölkerung in ihre Gewalt, setzt sich aus Prag ab und erreicht abends die amerikanischen Linien, wo sie sich gefangennehmen läßt. Der Führer dieser SS-Einheit wird als gedrungener, breitgesichtiger Mann mit dicken Lippen und Mensurnarben auf der Wange beschrieben, dessen Namen auf »Meier oder so ähnlich« endet. Der einzige SS-Führer in Prag, auf den die Beschreibung passen könnte, ist Hanns Martin Schleyer. Er ist zu diesem Zeitpunkt 30 Jahre alt, seine Frau hatte ihm am 1. November 1944 einen Sohn geboren.

Seit 1931 Mitglied der HJ, dann der SS und der NSDAP. Jurastudium in Heidelberg, dort »Amtsleiter« des NS-Reichsstudentenwerks, einer Tarnorganisation des Sicherheitsdienstes (SD); Mitunterzeichner eines Denunziantenberichts an das badische Ministerium für Kultur und Unterricht; 1938 Leiter des NS-Reichsstudentenwerks in Innsbruck, ab 1941 in Prag, dort als SS-Führer und Leiter des Präsidialbüros im Zentralverband der Industrie für Böhmen und Mähren in Prag tätig.

Hanns Martin Schleyer 1975 bei einem Empfang des BDA-Präsidiums zu seinem 60. Geburtstag: »Es kam die Zeit des Dritten Reichs, bei dessen Ausbruch ich 17 Jahre alt war, und ich scheue mich gar nicht zu erklären, daß für uns Jugendliche damals ein Auftrieb sichtbar wurde, dem wir uns zur Verfügung stellten: Ich trat sofort in den freiwilligen Arbeitsdienst ein und freute mich in Wirklichkeit auch darüber, daß der Klassenkampf, der sich in den furchtbarsten Formen auf den Straßen abgespielt hatte, nun ein Ende nehmen konnte.«



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Stammheim, der Staat und die RAF (5)
Von Wolfgang Hänisch


n diesem Monat jährt sich zum 30. Mal die Nacht von Stammheim. Am Morgen des 18.10.1977 wurden die Gefangenen aus der RAF Andreas Baader und Gudrun Ensslin tot, Jan-Carl Raspe und Irmgard Möller schwer verletzt in ihren Zellen im Hochsicherheitsgefängnis von Stuttgart-Stammheim gefunden. Bis heute ist unklar, was damals genau geschah. Zum besseren Verständnis veröffentlichen wir historische Details, die offiziell keine Rolle spielen sollen.
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Das Trainingszentrum der CIA in Williamsburg, USA, heißt Camp Peary. Es wird auch »The Farm« genannt. Dort bekommen alle CIA-Mitarbeiter ihre militärische Grundausbildung, und Angehörige der Spezialeinheiten wie Delta Force, SEAL Six, Marine Recon erhalten hier eine Zusatzausbildung. Zur Standardbewaffnung der Agenten gehört die Pistole Walther PPK, die Walther P-38 mit Zusatzschalldämpfer oder das amerikanische Scharfschützengewehr M1903A4 Springfield. Der Leiter des Office of Technical Services (OTS), Dr. Sidney Gottlieb, sagt: »Im Rahmen des Programms MK Ultra haben wir hochgiftige Biotoxine hergestellt, die in geringsten Mengen tödlich sind und von Gerichtspathologen nicht nachgewiesen werden können.«‚

Das Institute for the Study of Conflict legt 1975 in London eine Studie zur Terrorismusbekämpfung vor. Sie bezieht sich auf das Gebiet der NATO-Staaten. Der Zentrale Schlußfolgerungen sind: »Infiltration der Guerilla-Gruppen, Ausschaltung der Kader, international abgestimmtes Vorgehen.« Hans Langemann, BND-Mitarbeiter und im bayrischen Innenministerium zuständig für den Verfassungsschutz: »Es ist an eine verdeckte Operation gedacht, die im wesentlichen in drei Phasen ablaufen soll: a) Erfassung der Planungen, b) Eliminierung des europäischen Führungskaders, c) Eindringen in den Kern der Guerillaeinheit und deren Liquidierung. Der Herr Staatsminister Dr. Alfred Seidl ist davon in Kenntnis gesetzt.«



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Stammheim, der Staat und die RAF (4)
Von Wolfgang Hänisch


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Ab dem 21.5.1975 verhandelt der 2. Strafsenat des Stuttgarter Oberlandesgerichts gegen die RAF-Mitglieder Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan Carl Raspe und Gudrun Ensslin. Vorsitzender Richter ist Dr. Theodor Prinzing. Der dritte Strafsenat beim Bundesgerichtshof ist Beschwerde- und Revisionsinstanz für diesen RAF-Prozeß. Sein Vorsitzender ist der Bundesrichter Albert Mayer.

Dr. Herbert Kremp ist Chefredakteur der Tageszeitung Die Welt und war in derselben Studentenvereinigung wie Alfred Mayer. Am 20.7.76 schreibt Alfred Mayer einen Brief an seinen »Lieben Cartellbruder Kremp«. Darin bittet Herr Mayer Herrn Kremp unter hilfenahme von Kopien der kriminalpolizeilichen Vernehmung von Gerhard Müller, die ihm Herr Prinzing privat hat zukommen lassen, einen Artikel in der Welt zu plazieren, der geeignet ist, die Glaubwürdigkeit von Otto Schily, Verteidiger im RAF-Prozeß, zu erschüttern. »Es wäre mir lieb, wenn die übersandten Unterlagen (...) nach Gebrauch vernichtet würden«, heißt es am Schluß des Briefes.

Gerhard Müller ist Kronzeuge im RAF-Prozeß. Eine gesetzliche Kronzeugenregelung wird erst 1987 eingeführt. Von Müllers Vernehmung im Ermittlungsverfahren existieren Protokolle, die nicht in der Strafakte enthalten waren, die Akte 3 ARP 74/75 I. Als die Verteidigung die Herausgabe der Akte verlangt, macht sie Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel (SPD) per Sperrvermerk zur Geheimakte. Bis heute sind zwölf bis 15 Seiten dieser Akte unter Verschluß.

Gerhard Müller zu seiner eigenen Glaubwürdigkeit: »Ich kann über die (die Angeklagten) erzählen, was ich will, man wird mir alles glauben, weil man auf so einen Zeugen ja sicherlich gewartet hat.« Gerhard Müller ist heute offiziell »unauffindbar«, unbestätigten Berichten zufolge soll er mit Hilfe der CIA mit einer neuen Identität und 500000 DM (250000 Euro) ausgestattet in den USA leben. Die Bundesanwaltschaft bestreitet vehement, daß dem Kronzeugen irgendwelche Vergünstigungen gewährt wurden. So wie Volker Speitel, der mit personeller und finanzieller Unterstützung des Bundeskriminalamtes in Brasilien eine Werbeagentur aufbaut, die bald Broschüren für VW do Brasil produziert. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wird Speitel 1985 Presse- und Werbechef des Wohnmobilherstellers Westfalia, der eng mit der Volkswagen AG kooperiert. Nach Bekanntwerden seiner wahren Identität verschwindet Speitel wieder mit Hilfe des BKA und ist bis heute untergetaucht. Der damalige Generalbundesanwalt Rebmann meinte anschließend: »Ja, die Kronzeugen von damals bekamen Vergünstigungen, sie erhielten eine neue Identität, auch Geld und wurden dann ins Ausland gebracht.«



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