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Beiträge: 7353


New PostErstellt: 10.10.07, 12:30     Betreff:  Re: Stammheim, der Staat und die RAF

kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2007/10-10/035.php



Stammheim, der Staat und die RAF (3)
Von Wolfgang Hänisch


In diesem Monat jährt sich zum 30. Mal die Nacht von Stammheim. Am Morgen des 18.10.1977 wurden die Gefangenen aus der RAF Andreas Baader und Gudrun Ensslin tot, Jan-Carl Raspe und Irmgard Möller schwer verletzt in ihren Zellen im Hochsicherheitsgefängnis von Stuttgart-Stammheim gefunden. Bis heute ist unklar, was damals genau geschah. Zum besseren Verständnis veröffentlichen wir historische Details, die offiziell keine Rolle spielen sollen. (jW)


Edgar H. Schein, Leiter der Sozialpsychologischen Abteilung des Walter Reed Army Institute of Research in Washington, DC legt 1961 seine »an Kriegsgefangenen im Koreakrieg gesammelten Erfahrungen für die erfolgreiche Anwendung von Verhaltensänderung und Gehirnwäsche« dem Federal Bureau of Prisoners vor. Auszug: »Verlegung der Gefangenen in Bereiche, die ausreichend isoliert sind, damit emotionale Beziehungen erfolgreich abgebrochen oder ernsthaft geschwächt werden können. Verbot von Gruppenaktivitäten, die nicht im Einklang mit den Zielen der Gehirnwäsche stehen. Bespitzelung von Gefangenen und Weitergabe von persönlichem Datenmaterial. Systematisch die Post vorenthalten. Den Kontakt zu all denen verhindern, die nicht mit den Behandlungsmethoden und der Kontrolle über die Gefangenen übereinstimmen. Techniken zur Charakterschwächung wie: Erniedrigung, Verunglimpfung, Schreien anwenden, um Gefühle der Schuld, Angst und Beeinflußbarkeit, in Verbindung mit Schlafentzug, strengem Knastregime und regelmäßig wiederkehrenden Verhören auszulösen.«

Anschließend macht Edgar H. Schein am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge eine steile akademische Karriere. Er wird zu einem der »Päpste« der Unternehmensberatung auf den Gebieten der Unternehmenskultur und Organi­sations- und Prozeßentwicklung. Er berät internationale Großkonzerne wie Procter+Gamble, Exxon, Shell, BP, Motorola, Saab, Apple, Citibank etc.

Am 16.9.1975 wird vom Arzt Folker Stöwsand ein Gutachten über die Haft- und Verhandlungsfähigkeit von Irmgard Möller vorgelegt. Auszug: »Die Patientin befindet sich seit dem 8.7.1972, also seit mehr als drei Jahren, in ununterbrochener Isolationshaft. In den einzelnen Anstalten fanden sich folgende Haftbedingungen:

  1. Bühl. Dauer: 6 Monate. Die Zellen, die die Zelle der Patientin umgaben, waren nicht belegt. Es befand sich ein Lautsprecher in der Zelle, der lediglich laut-leise verstellbar war. Hofgang einzeln. Einzelbad. Einkauf nach Bestellzettel. 1mal Teilnahme am Gottesdienst, dabei von mehreren Beamten von den anderen Gefangenen isoliert. In den 6 Monaten zweimal Besuch von Mutter und Schwester, dabei immer Kriminalbeamte anwesend. Nach 4 Monaten zum ersten Mal Bücher erhalten.

  2. Nürnberg. Dauer: 6 Wochen. Zelle in der völlig geräumten obersten Etage, die Etage darunter war ebenfalls geräumt. Das Fenster war aus Milchglas und mit einem Spalt versehen. Es bestand Sprechverbot mit den Wärtern. Die Tür war nur zum Einzelhofgang geöffnet. Nachts wurde die Patientin ständig durch mehrfaches kurzes Lichtanschalten geweckt. Die Patientin hatte ein Radio ohne Lautsprecher, lediglich Kopfhörer. Besuch von Angehörigen zweimal. Besuch vom Anwalt einmal in mehreren Wochen. Nachts kein einziger akustischer Reiz, außer den Geräuschen der Sprechfunkgeräte und dem Bellen der Schäferhunde. Jedes dieser Geräusche verursachte ein Herzjagen. Die Patientin wurde dadurch in einen ständigen Angstzustand versetzt. In diese Zeit fällt der erste Hungerstreik (Januar 1973). Der Patientin wurde Trink- und Toilettenwasser abgestellt. Sie mußte den Hungerstreik nach einer Woche abbrechen.

  3. Rastatt. Dauer: 2 ½ Monate. Die Zelle ist sehr klein. Vor dem Fenster eine Eisensichtblende. Geräusche nur von der Straße her. Da hier eine stark befahrene Kreuzung liegt, starker Verkehrslärm. Nach der Auffassung der Patientin befanden sich in den Nachbarzellen ausgesuchte Häftlinge, die die Aufgabe hatten, bei der gleichzeitigen Essensausgabe Kontakt zu ihr aufzunehmen, um ihr Informationen zu entlocken. Unter den Bedingungen der Isolationshaft ist die Patientin weder haft- noch verhandlungsfähig.«

Gegen diese Haftbedingungen treten die betroffenen Gefangenen mehrmals in den Hungerstreik. In der JVA Wittlich ist Holger Meins seit dem 13.9.74 im Hungerstreik und wird seit 30.9.1974 zwangsernährt. Am 9.11.1974 stirbt Holger Meins. Am 10.11.74 sagt Rechtsanwältin Marie-Luise Becker auf einer Pressekonferenz: »Ich möchte noch auf folgende Tatsache hinweisen, nämlich daß Herr Meins zu keinem Zeitpunkt während der Zwangsernährung die ausreichende Menge an Kalorien erhalten hat, die garantieren könnte, daß er nicht langsam verhungert.Das heißt also klar, daß der Arzt, der die Zwangsernährung durchgeführt hat – ohne die Person auch nur anzusehen –, wissen mußte, daß er verhungert.«



Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!
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