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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 06.10.09, 11:01     Betreff:  Sarrazins faschistoides Gedankengut - und die BLÖD-Zeitung jubelt wie einst "Der Stürmer"!

kopiert aus: http://ad-sinistram.blogspot.com/2009/10/de-dicto.html


De dicto

Dienstag, 6. Oktober 2009

    "Lieber Sarrazin, sind Sie verrückt? [...] „Die Probleme der Hauptstadt sind komplex.“ Und dann hätten Sie etwas Vorgekautes sagen müssen, das schon durch viele Mäuler ging. [...]
    Sie haben Klartext gesprochen – aber Ihre Sprache ist nicht political correct.
    [...] Für mich sind Sie ein wunderbarer Rüpel. Hoffentlich überleben Sie.“
    - BILD-Zeitung, Franz Josef Wagner am 4. Oktober 2009 -

Zum Gesagten sei angemerkt: Man weiß nicht, was trauriger ist. Die ausländerfeindlichen, rassistischen, sozialdarwinistischen und reaktionären Ausdünstungen des Sarrazin oder der tosende Applaus dieser traurigen Gestalt des Boulevard. Wenn ein Mann, der durch Fingerschnippen zehn Journalisten bei der Hand hat, dies ausnutzt und in deren Gegenwart seinen elitären und menschenverachtenden Brei anrührt, dann ist das sicherlich mehr als bedenklich. Denn auch wenn es einem in der Seele schmerzt, man es sich nicht eingestehen will: Sarrazin nimmt sicherlich viel Einfluss auf eine ganze Reihe von Menschen in diesem Land, bestätigt ihre Vorurteile, verfestigt ihre Eindimensionalität, füttert ihre Ausländerfeindlichkeit. Aber wenn dann zu allem Überfluss auch noch ein journalistischer Kasper die Szenerie betritt, der dieser desolaten Vorstellung überdies noch großartige Haltungsnoten ausstellt, dann ist das ebenso gefährlich - weitaus gefährlicher!

Wagner erinnert in fataler Weise an jene Herren, die vor weniger als achtzig Jahren applaudierten, wenn mal wieder aus den diesigen Bierkellern des Reiches Wahrheiten heraufwehten, die nur Wahrheiten zwischen beißenden Rauchschwaden, klebrigen Maßkrügen und fettigen Brotzeiten sein konnten, die keinen Anspruch auf Objektivität und Toleranz besaßen, nur durch die schwummerige Berauschung zur Entfaltung kamen. Jene Herren waren keine Parteigänger des Schnauzbärtigen, hatten kein Parteiabzeichen. Sie hätten es sich verbeten, als Genossen des "gestiefelten Messias" (Camus) eingereiht zu werden. Himmelherrgott, wenn er aber doch mal wieder zur Höchstform aufgelaufen ist und besonders treffend über die personifizierten Mißstände herfiel, verbal in Stücke riss, was ihm vor die tollwütige Schnauze lief, soll man da etwa nicht loben dürfen? Nein, dann standen diese bürgerlichen Herren im Stehkragen auf, reckten ihren dicken, wohlgenährten Hintern empor und begannen frenetisch zu klatschen. Sie seien alle keine Anhänger dieses Bierkeller-Agitators - neinnein! -, haben sie verkündet, mit dem hätten sie nichts gemein - woher denn auch! -, aber wenn er doch mal Wahres ausspricht, dann müsse man das doch honorieren. Dazu ist man in aller Objektivität und im Namen der Wahrheit verpflichtet. Wagner benimmt sich ganz ähnlich, er richtet sich den Stehkragen auf, motzt über alles, was nur sozialdemokratisch riecht, wenn es denn innerhalb der namentlichen Sozialdemokratie überhaupt noch mal wirklich so riecht, kuschelt sich aber an den schielenden Trommler aus dem muffigen Lager. Wenn er doch Klartext redet, dieser "wunderbare Rüpel", dann macht man sich mit einem solchen Hosentaschen-Faschisten auch gerne gemein. Da ist Wagner gerne ganz objektiv.

Was Wagner Ehrlichkeit nennt, was er als solche feiert, ist gebündelte Inhumanität, die sich innerhalb dieser Gesellschaft immer breitere Bahnen reißt. Beängstigend ist es, wenn offensichtliche Menschenfeinde öffentlich Bekenntnis ablegen und ihre sophistische Diarrhö bräunlich durch und auf den Blätterwald sprenkeln. Wenn sich aber wieder einmal die feinen Bürgersleut' erheben, dem Durchfallpatienten Ehrungen zuteil werden lassen, weil er der mutige Desperado allein auf weiter Flur sei, dem die Wahrheit nur so aus dem Mund sprudelt, der Schmerzhaftes ausspricht, mit dem Ziel Linderung zu erreichen, wenn man einem solchen Gauner also wieder Applaus spendet, dann sind wir wieder dort, wo wir nicht mehr zu sein glauben wollten. Erst beklatscht man den unliebsamen Verkünder angeblicher Wahrheiten, dann hofiert man diejenigen, die sich der unliebsamen Aufgabe widmen, die Unliebsamen durch unliebsame Spezialbehandlungen abzufertigen.

Franz Josef Wagner wandelt (wieder einmal) auf Spuren, die geradewegs ins Verderben führen. Er klatscht und johlt, wie weiland unsere (Ur-)Großväter, wie die (Ur-)Großväter des heutigen deutschen Bürgertums. Der eine ist ein Faschist der Tat, der eigene Gedanken, windige und hanebüchene Gedanken zwar, aber doch Gedanken, in den Raum wirft. Der andere ist ein mitläuferischer Faschist, der akklamiert, zustimmt, "Hoch soll er leben!" ruft. Faschisten sind sie am Ende beide. Man möchte es weniger drastisch sagen, möchte wenigstens dem Boulevard-Schmierfink ob seiner intellektuellen Nichtigkeit nicht zu nahe treten - alleine es gelingt nicht, sie sind beim Namen zu nennen.

Geschrieben von Roberto J. De Lapuente


Nachtrag:

Roberto J. De Lapuente 6. Oktober 2009 08:08  

    Die BILD bringt heute "Prominente", die Sarrazin in Schutz nehmen (den Link spare ich mir). Aufgereiht werden Baring, Giordano und Broder. Letzterer sagt: "Seien wir doch froh über einen, der Sinnvolles und Richtiges in provokanter Form ausspricht!“ Dem will ich mich anschließen, ich will auch etwas Provokantes sagen, und wenn es nur die Wahrheit ist. Etwas Provokantes, das mich in den Ruch des Antisemitismus bringen wird, diesem ewigen Beißreflex der Kritisierten.

    Es ist nämlich mehr als erstaunlich, dass zwei Menschen jüdischer Religion daran teilnehmen, auf Minderheiten zu dreschen. Es ist unglaublich, dass sie jemanden die Stange halten, der behauptet, bestimmte Menschen hätten hierzulande keine ökonomische Funktion. Und das, obwohl die eigenen Vorfahren (im Falle Giordanos er selbst) betroffen waren von einer Bewegung, die in gleichen Maßstäben dachte. Carl Amery hat das in 
"Hitler als Vorläufer" erläutert.

    Aber nicht nur das, er hat auch etwas erläutert, was Giordano zur Sprache brachte: "Eingebrockt haben uns diese Verhältnisse Multikulti-Illusionisten, professionelle Gutmenschen, Umarmer vom Dienst, Sozialromantiker und Beschwichtigungsapostel." Amery weist darauf hin, dass dies die Hauptmotivation Hitlers war, die Juden zu vernichten. Der jüdische Geist, der Humanität und Nächstenliebe praktizierte, der auch in der weltweiten Diaspora aktiv aufkeimte, sei angeblich gegen das Naturgesetz. Und wer wider die Natur steht, der muß getilgt werden.

    Oh ja, es ist mehr als unglaublich, dass man nun auf der "richtigen Seite" stehen will, wenn es los geht mit den Hetzereien, wenn man dazu übergeht, verbal zunächst, nur als Vorstufe, den Menschen in ökonomischen Wert und Unwert zu unterteilen.

    Aber nein, das bedeutet nicht, "schon wieder die Juden!", es bedeutet, dass es gerade diese beiden Herrschaften sind, die gerne das Andenken an damals wachhalten - zurecht! - und die andererseits andere Randgruppen bedrängen. Baring steht da nicht außen vor, auch wenn er nicht jüdisch ist. Er trägt die gleiche Verantwortung - das heißt, er trüge sie, wenn er sie denn tragen wollte.

    Kurzum, nach Broder habe ich nun etwas Provokantes verlauten lassen. Er sollte froh sein, dass es Menschen gibt, die sich das noch trauen. Auch wenn das Provokante meinerseits, nicht provokant war, nur ehrlich. Sarrazin hat ebensowenig Provokantes verkündet, er verkündete die wortgewordene Dummheit, zündelt schon mal herum, damit er gut gerüstet steht, wenn wieder Häuser abgefackelt werden.




Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!
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