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Achse des Friedens - Druck auf Berlin machen!

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Autor Beitrag
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 15.09.06, 09:55  Betreff:  Achse des Friedens - Druck auf Berlin machen!  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,


die Bundesregierung schickt sich an, das letzte Tabu der deutschen
Außenpolitik zu brechen, indem sie Militär in den Nahen Osten schickt.
Der Bundestag wird am kommenden Dienstag in erster Lesung über den
Antrag der Bundesregierung (siehe:
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Libanon/antrag-bundesregierung.pdf)
debattieren und am Mittwoch darüber abstimmen. Die große Koalition und
große Teile der Grünen werden den Antrag durchwinken.

Ich persönlich halte den Militäreinsatz nicht nur für einen politischen
Offenbarungseid (die Politik verabschiedet sich und legt ihr Geschick in
die Hände des Militärs), sondern auch für brandgefährlich. Aus einem
harmlos aussehenden Marineausflug (der aber sehr martialisch mit
Fregatten daher kommt) kann sich ein großer Krieg entwickeln, dann
nämlich wenn der US-Krieg gegen den Iran beginnen sollte.

Es gibt viele Gründe, die gegen diesen Bundeswehreinsatz sprechen. Der
Bundesausschuss Friedensratschlag hat sie in einer Erklärung von heute
veröffentlicht: siehe
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Libanon/baf-presse2.html
Sie befindet sich auch unten im Anhang.

Unsere dringende Bitte lautet: Verstärkt in den nächsten Tagen noch
einmal euer Engagement. Geht "eure" Bundestagsabgeordneten direkt an:
Schreibt Ihnen, geht hin, rennt ihnen die Bude ein und schont sie nicht.
Nutzt die Argumente in unserer Erklärung - wir machen keine
Urheberrechte geltend! Es geht in Berlin um mehr als nur das Abnicken
einer Dosenpfandverordnung. Am kommenden Dienstag, 19. September,
sollten möglichst viele Aktionen (Mahnwachen, Infostände) stattfinden.
Und: Teilt uns bitte kurz mit, wenn ihr vor Ort etwas macht.

Mit besten Grüßen
Peter Strutynski, Bundesausschuss Friedensratschlag

P.S.:
Das nächste Treffen des Bundesausschusses Friedensratschlag findet statt
am Sonntag, den 24. September, von 12 bis 17 Uhr in Kassel,
Gewerkschaftshaus (Spohrstr. 6)



Anhang: Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Die Politik dankt ab und die Marine läuft aus

Sechs Gründe gegen den Marschbefehl nach Libanon:
  • Deutschland nicht neutral
  • Bundesregierung mit selektivem Völkerrechtsverständnis
  • Einsatz verfehlt vorgebliches Ziel
  • Alle Waffenlieferungen in den Nahen Osten beenden
  • Einsatz kann gefährlich werden
  • Marine zu Hause lassen - Zur Politik zurückkehren

Kassel, 14. September 2006
- Der Beschluss des Bundeskabinetts, einen
größeren Marineverband für UNIFIL ins östliche Mittelmeer zu schicken
stößt in der Friedensbewegung auf strikte Ablehnung. Für den
Bundesausschuss Friedensratschlag erklärte dessen Sprecher Peter Strutynski:

Wie zu erwarten war, entschied sich das Kabinett der großen Koalition
zur Entsendung eines großen Marineverbands an die libanesische Küste.
Wie gleichfalls zu erwarten ist, wird der Bundestag in der kommenden
Woche mit großer Mehrheit dem Marschbefehl zustimmen. Sogar die Fraktion
von Bündnis 90/Die Grünen hat mehrheitlich Zustimmung signalisiert,
sodass nur die FDP und die Fraktion DIE LINKE ihrer Oppositionsrolle
entsprechend dagegen votieren werden.

Damit entsteht zum wiederholten Mal eine Situation, in der die gewählten
"Vertreter des deutschen Volks" in eklatanter Weise gegen den
Mehrheitswillen der Bevölkerung entscheiden werden. Laut einer gestern
veröffentlichten Emnid-Umfrage im Auftrag des Nachrichtensenders N24
lehnen 64 Prozent der Befragten die Libanon-Mission ab, nur 32 Prozent
sprechen sich dafür aus. Der Bundestag wird diese Verhältnisse mehr als
auf den Kopf stellen. "Politikverdrossenheit", über die sich die
Parlamentarier immer so gern beklagen, wird weiter ihren Lauf nehmen.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag lehnt den Einsatz der Marine
entschieden ab und macht sechs Gründe dafür geltend:

1) Deutschland ist im Nahostkonflikt nicht neutral sondern Verbündeter
Israels.
Die UN-Resolution 1701 stellt ein Mandat für einen typischen
Blauhelmeinsatz dar. Die von 2.000 auf bis zu 15.000 Soldaten
aufzustockende UNIFIL soll in erster Linie die "blaue Grenze", d.h. die
international vereinbarte Grenze zwischen Israel und Libanon sichern -
gegen Grenzverletzungen von beiden Seiten! Diesem Zweck ist die
Entwaffnung der Hisbollah im Süden Libanons und deren Ersetzung durch
die libanesische Armee dienlich. Die Entwaffnung selbst ist
ausschließlich Angelegenheit der libanesischen Armee.
Berlin hat von Anfang an, noch bevor es eine UN-Resolution gab, darauf
bestanden, Militär in die Konfliktregion zu entsenden. "Man könne sich
nicht heraushalten", so Frau Merkel, wenn es um die Existenz Israels
geht. Entsprechend einseitig wird aus der UN-Resolution nur der Auftrag
heraus gelesen, den Waffenschmuggel an die Hisbollah zu unterbinden. Und
das Kabinett war erst bereit, sich militärisch zu engagieren, als auch
ein "robustes" Mandat zugesichert wurde. Die deutsche Marine kann und
wird also bei Bedarf ihre Waffen einsetzen - und zwar ausschließlich
gegen die "Feinde Israels". Faktisch wird Deutschland damit zum
Verbündeten der israelischen Armee.

2) Deutschland hat ein selektives Völkerrechtsverständnis.
Diese Parteinahme (die nichts mit unserer historisch wohlbegründeten
Parteinahme für das Existenzrecht Israel und der Juden in aller Welt zu
tun hat) resultiert aus einer sehr selektiven Wahrnehmung
völkerrechtlicher Gegebenheiten im Nahen Osten. Wenn die Raketenangriffe
der Hisbollah auf zivile Einrichtungen und Siedlungen in Israel gegen
das humanitäre Kriegsvölkerrecht (Genfer Konventionen) verstoßen, dann
trifft dies auch auf die fast täglichen Übergriffe und Grenzverletzungen
Israels an der Grenze zum Libanon zu. Z.B. spricht der offizielle
Bericht des UN-Generalsekretärs über die Tätigkeit von UNIFIL im ersten
Halbjahr 2006 von "permanenten provokativen Grenzverletzungen"
("persistent and provocative Israeli air incursions"; S/2006/560 - 21
July 2006) der israelischen Luftwaffe. Z.B. beharrt Israel immer noch
auf dem Standpunkt, die (syrischen) Golan-Höhen behalten und weiter
besiedeln zu können und die Besetzung der (libanesischen) Shebaa-Farmen
aufrecht zu erhalten. Auch der massive israelische Einsatz von
Streubomben, ganz offenkundig ein Verstoß gegen Regeln des
Kriegsvölkerrechts, wird in Berlin hingenommen. Nachdem
Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul diesbezüglich Kritik an Israel
geäußert hatte, wurde das von der Kanzlerin als ihre "Privatmeinung"
hingestellt, was nichts anderes heißt, als dass das Kabinett sich auch
in dieser Frage hinter die israelische Kriegführung gestellt hat.

3) Der "robuste" Einsatz zur Bekämpfung des Waffenschmuggels wird sein
Ziel verfehlen.
2.400 Soldaten will das Kabinett ins Mittelmeer schicken. Das würde
theoretisch die Entsendung eines großen Marineverbandes erlauben.
Denkbar wären zwei Fregatten, ein paar Schnellboote sowie Minenjagdboote
und Versorgungsschiffe, vielleicht auch noch ein schwimmendes Lazarett.
Da Deutschlands ultimativer Forderung, ein "robustes Mandat" zu erhalten
und auch
küstennah (innerhalb der 7-Meilen-Zone vor Libanons Küste) zu operieren,
von Beirut entsprochen wurde, ist zu erwarten, dass der
"Waffenschmuggel" nun gar nicht mehr über das Meer, sondern nur noch
über Landwege erfolgen wird. Diese Transportwege lassen sich nicht
schließen. In diesem Fall (d.h. im besten Fall!) wird der Marineeinsatz
eine Menge Geld (zunächst 193 Mio EUR), aber wenigstens keine
Menschenleben kosten. Die Marine könnte also genauso gut zu Hause bleiben.

4) Wer Waffenlieferungen unterbinden will, darf selbst keine Waffen liefern.
Ein Ende der Hochrüstung im Nahen Osten ist viel leichter (und billiger)
zu erreichen, wenn sich die Staaten, die sich jetzt an der UN-Mission
beteiligen, verpflichten würden, ihre legalen Waffenlieferungen in die
Region einzustellen. Der Nahe Osten zählt zu den waffenstarrendsten und
damit explosivsten Regionen der Erde. Verantwortlich dafür sind die
großen Waffen exportierenden Staaten, zu denen neben Russland und den
USA auch Frankreich, Deutschland und Großbritannien gehören.
Demgegenüber ist die Bewaffnung der Hisbollah durch Iran und Syrien
sogar marginal. Dem letzten Rüstungsexportbericht der Bundesregierung
und dem Jahresbericht von SIPRI (Stockholmer Friedensforschungsinstitut)
ist z.B. zu entnehmen, dass Israel, Ägypten, Saudi-Arabien und weitere
Staaten der Golfregion zu den bevorzugten Importeuren von Waffen aus den
USA gehören. Und auch Deutschland liefert - entgegen der eigenen
Rüstungsexportrichtlinien - bevorzugt in Spannungsgebiete: Jemen,
Jordanien, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten
Arabischen Emirate befinden sich alle auf der Liste der Empfängerländer
deutscher Rüstungsgüter.
Wer einen Kampfeinsatz gegen Waffenschmuggel an die Hisbollah beschließt
und munter fortfährt, atomwaffentaugliche U-Boote oder gepanzerte
Fahrzeuge vom Typ "Dingo" an Israel zu liefern, sollte nicht vom Frieden
im Nahen Osten reden. Vielmehr beteiligt er sich an der weiteren
Hochrüstung der Region.

5) Der Einsatz der deutschen Marine kann gefährlich werden.
Nicht vergessen darf man schließlich den größeren Zusammenhang, in dem
der deutsche Militäreinsatz steht. Sind deutsche Kriegsschiffe erst
einmal vor Libanon, verstärken sie auch die US-amerikanische Drohkulisse
gegen den Iran. Sollten die USA den Iran angreifen, könnte sich die
deutsche Marine der Forderung nach "Flankenschutz" kaum entziehen.
Die Ausstattung des Auftrags ist auf einen solchen "Flankenschutz"
geradezu zugeschnitten. Ein Beispiel:
Korvetten des Typs K130: Anfang September wurde in Bremen die zweite von
insgesamt fünf neuen Korvetten des Typs K130 getauft. Die neuen
Korvetten sind besonders geeignet zum Einsatz "vor fremden
Küstengewässern" zum Landbeschuss. Zur Ausrüstung gehören pro Schiff 4
Marschflugkörper mit 200 Kilometer Reichweite. Diese Korvetten werden
aber erst ab dem kommenden Jahr in Dienst gestellt. Da der
Libanoneinsatz vermutlich auf längere Zeit angelegt ist, können diese
nagelneuen Kriegsschiffe schon zum Einsatz kommen.
Die USA halten nach wie vor an ihrer Drohkulisse gegen Iran fest und
schließen einen Krieg nicht aus - der israelische Minister Jacob Edri
ist von der Notwendigkeit dieses Krieges sogar überzeugt (Thüringer
Allgemeine vom 05.09.06). Eine deutsche Truppenpräsenz vor Libanons
Küste könnte Deutschland auch "nolens" in einen größeren Krieg hinein
ziehen. Frau Merkel wäre, als sie noch nicht Kanzlerin war, gern beim
US-Krieg gegen Irak mitmarschiert. Ob ihr damaliger Traum sich nun gegen
Iran erfüllt? Er geriete zum Alptraum - für alle Beteiligte.

6) Chance zur Politik ergreifen!
Wenn der Bundesausschuss Friedensratschlag fordert, die Marine zu Hause
zu lassen, heißt das nicht, auf eine gestaltende Rolle im Nahost zu
verzichten. Im Gegenteil. Es eröffnet sogar erst den Weg, politisch auf
die Parteien einzuwirken und in einen umfassenden Friedensprozess
einzutreten. Genau dies verlangt auch die Resolution 1701. In Ziffer 18
heißt es unmissverständlich, dass der Waffenstillstand genutzt werden
solle, um einen "umfassenden, gerechten und anhaltenden Frieden im Nahen
Osten" auf der Grundlage aller "relevanten UN-Resolutionen"
herbeizuführen. Aufgeführt werden namentlich die Resolutionen 242 (1967)
und 338 (1973), in denen der Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten
auf die Grenzen von 1967 verlangt und ein Rückkehrrecht der Flüchtlinge
anerkannt wird. Und genau hierin liegt auch der Schlüssel für die Lösung
so mancher Probleme im Nahen Osten.
Wem es wirklich ernst ist um die Sicherheit Israels, muss endlich auch
die Sicherheitsinteressen der anderen Seite(n) anerkennen. Dies
erfordert von der Bundesregierung eine vollkommene Neuorientierung ihrer
Nahost-Politik. Der Focus "Solidarität mit Israel" ist zu eng. Denkbar
wäre eine ständige Konferenz der Nahost-Staaten nach dem Muster der
europäischen KSZE - unter Beteiligung aller Parteien. Und dringend
notwendig ist schnelle humanitäre Hilfe für den Libanon und den
Gazastreifen. Ein Verzicht auf den Marineeinsatz würde ein Mehrfaches an
Geld frei machen, als die Bundesrepublik für den zivilen Wiederaufbau
zugesagt hat.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag ruft alle Friedensinitiativen im
Land auf, in den nächsten Tagen ihre Aufklärungsarbeit in der
Öffentlichkeit und ihren Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen. Vor
der Abstimmung im Bundestag - vermutlich am kommenden Mittwoch, 20.
September, muss jedem Abgeordneten der Standpunkt der Friedensbewegung
und der Mehrheitswille der Bevölkerung auf vielfältige Weise deutlich
gemacht werden.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)



Mensch bleiben muß der Mensch ...
von Tegtmeier
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