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Rede von Wolfgang Bittner, Schriftsteller, bei der Verleihung des Kölner Karls-Preises

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Autor Beitrag
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 22.08.10, 16:28  Betreff:  Rede von Wolfgang Bittner, Schriftsteller, bei der Verleihung des Kölner Karls-Preises  drucken  weiterempfehlen

gelesen in: http://www.neues-deutschland.de/artikel/177900.wie-wir-leben-und-was-wir-sind.html



 21.08.2010 / Forum

Wie wir leben und was wir sind

Aus der Rede des Schriftstellers Wolfgang Bittner zur Verleihung des Kölner Karls-Preises für engagierte Literatur und Publizistik


( ... ) Ich muss nicht hungern, ich habe ein Dach über dem Kopf, ich lebe nicht in einer kriegsgefährdeten Region, ich habe eine befriedigende Arbeit, mir geht es relativ gut. Dennoch spüre ich seit mehreren Jahren ein zunehmendes Unwohlsein, das mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in diesem Land, in dem ich lebe, und mit der Politik zu tun hat, die hier – aber auch anderswo in dieser globalisierten Welt – betrieben wird. Es ist ein Gefühl der Stagnation, der Ungewissheit, der Besorgnis, das Gefühl einer diffusen, schwer zu benennenden Beängstigung. SIE nehmen uns unsere Ruhe, SIE nehmen uns unsere Lebenssicherheit! SIE nehmen den Jüngeren ihre Arbeitsplätze, ihre Motivation und Lebensperspektive, den Älteren ihre Renten und Ersparnisse, uns allen unsere Lebensfreude.

Wer sind SIE? Es sind in ihrer großen Mehrheit die Führungskräfte in Politik und Wirtschaft, eine Pseudo-Elite, die durch Geburt oder Opportunismus, durch Vetternwirtschaft oder Schleimerei in Positionen gelangt ist, die sie überfordern, in Verantwortung, der sie nicht gewachsen sind, intellektuell nicht oder charakterlich nicht; oft trifft beides zusammen.

Bei nicht wenigen dieser Personen sind pathologische Verhaltensweisen festzustellen, die sich mit Gefühlskälte, Hartherzigkeit und Mitleidlosigkeit, ja sogar mit Brutalität und Unbarmherzigkeit durchaus treffend beschreiben lassen. Wenn ich mit solchen Leuten zu tun habe, stehen mir manchmal geschichtliche Gestalten wie Hernan Cortés, der Eroberer von Mexiko, oder Roland Freisler, der Präsident des Volksgerichtshofs, oder einer dieser schrecklichen Päpste des Mittelalters vor Augen. Psychopathen, die über Leichen gingen. Und ich finde in den Verhaltensweisen unserer sogenannten Eliten deutliche Parallelen zu ihren historischen Vorgängern, wenngleich heutzutage nicht mehr so offen betrogen, geraubt, gefoltert und gemordet wird, jedenfalls nicht in unseren Gegenden.

( ... ) Aber was ist das in Wirklichkeit für eine Welt, in der wir leben? Mehr als 500 Milliarden Euro umfasst die staatliche Hilfe für die Banken, die sich auf unverantwortliche Weise verspekuliert haben; 102 Milliarden fehlten allein bei der Hypo Real Estate Bank. Und 750 Milliarden Euro beträgt der europäische Rettungsschirm für die Gemeinschaftswährung, um überschuldete Mitgliedstaaten vor dem finanziellen Zusammenbruch zu retten. Welch ungeheure, unvorstellbare Summen!

Gleichzeitig werden den Kindern die Tagesstätten, Schwimmbäder und Spielplätze genommen; den Jugendlichen die Bildungschancen, die Kommunikationszentren und die Studienmöglichkeiten, der breiten Bevölkerung die Grundlagen für ein halbwegs zufriedenes Leben. Wer mutet den Bürgern so etwas zu? Was sind das für Vorstände, Aufsichtsräte und Manager, was sind das für Politiker, die nicht nur nichts dagegen tun, sondern diese Entwicklung noch mit zu verantworten haben? Geht es ihnen wirklich nur noch um die eigene Karriere, um Posten, gesellschaftliche Machtpositionen, Millioneneinkommen und beste Altersversorgung? Und ließe sich dem wirklich nicht entgegensteuern?

Sicher, man sollte nicht verallgemeinern, und es gibt in allen Bereichen auch ehrenwerte Persönlichkeiten. Aber im Überblick stellt sich die gesellschaftliche Entwicklung zur Zeit als Horrorszenarium dar. ( ... )

Was ist das für eine Welt, in der wir leben? Was sind das für Politiker und Wirtschaftsführer, die derartige Entwicklungen zu verantworten haben? In ihren öffentlichen Verlautbarungen werden wir mit lächerlichen und beschämenden Worthülsen wie »Wir sind gut aufgestellt« oder »Wir haben bisher über unsere Verhältnisse gelebt« oder »Wir alle müssen sparen« abgespeist. Und hinter den Kulissen werden für die Nieten und Laiendarsteller die Ämter und Posten ausgekungelt. Diese Leute haben keine Probleme mit der Inflationsrate, mit Mieterhöhungen, kommunalen Gebühren und Abgaben, mit ihrer Altersversorgung, schon gar nicht mit Heizkosten, Krankenversicherung oder Elterngeld. ( ... )

Nun wäre es ja einfach und auch legitim, sich zu wünschen, dass die Bevölkerung sich das alles nicht mehr bieten lässt, dass sie aufsteht und diese Marionetten, Larven, Zocker, Parasiten und das sonstige Gesindel davonjagt. Aber leider geht die Entwicklung zur Zeit in die entgegengesetzte Richtung, und solange die Leitmedien so sind, wie sie sind, wird die Mehrheit der Bevölkerung zwischen Fußballweltmeisterschaft, Lena-Geträller und Horror-, Sex- und Crime-TV weiterhin Unpersonen wie Berlusconi, Polit-Clowns wie Sarkozy oder Politikerdarsteller wie Frau Merkel und Herrn Westerwelle wählen, die dafür stehen, dass sich nichts Wesentliches ändert, jedenfalls nicht zum Positiven.

Fraglich, ob wir noch in einer Demokratie leben ( ... )

Trotz allem ist immer noch viel Geld da, zum Beispiel für die weltweiten deutschen Militäreinsätze. Doch darüber, über diese enormen Kosten, wird nicht gesprochen. Vielleicht deswegen nicht, weil uns solche Kriegseinsätze nach Artikel 26 des Grundgesetzes verboten und durch das Strafgesetzbuch (§§ 80 und 80a StGB) unter schwerste Strafe gestellt sind. Hier findet seit Jahren ein Verfassungsbruch statt, der von Winkeladvokaten mit Scheinargumenten wie »humanitärer Einsatz« oder »Verteidigungskrieg« bemäntelt wird. ( ... )


Weitere Informationen im Internet: http://www.wolfgangbittner.de; http://www.nrhz.de


den vollständigen Artikel lesen unter: http://www.neues-deutschland.de/artikel/177900.wie-wir-leben-und-was-wir-sind.html




... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson
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