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New PostErstellt: 24.10.11, 19:21     Betreff: Libyen ist jetzt alles andere als ein befreites Land

Auszüge aus: http://www.hintergrund.de/201110211768/globales/kriege/zum-tod-muammar-al-gaddafis-libyen-ist-alles-andere-als-ein-befreites-land.html


Zum Tod Muammar al-Gaddafis:

Libyen ist alles andere als ein befreites Land


Von SEBASTIAN RANGE, 21. Oktober 2011


Einen Tag nach der verkündeten Tötung Muammar al-Gaddafis sind die genauen Umstände seines Ablebens nach wie vor umstritten. Er wurde lebend festgenommen und starb auf dem Weg zu seinem Bestimmungsort. Ob er an seinen Verletzungen starb oder gezielt hingerichtet wurde, wird sich wohl nie erfahren lassen. Das ist im Grunde genommen auch egal, schließlich hatte US-Außenministerin Hillary Clinton bei einem Überraschungsbesuch in Tripolis erst zwei Tage zuvor dazu aufgerufen, ihr Gaddafi tot oder lebendig zu präsentieren – praktisch ein Mordaufruf. Sicher konnte die NATO-Kriegsallianz kein Interesse daran haben, dass ein lebender Gaddafi vor dem Internationalen Strafgerichtshof sein Wissen ausplaudert – da dürften seine Einlassungen darüber, wie er seinem Ex-Freund Sarkozy den Wahlkampf schmierte, noch zu den harmloseren Geschichten gehören.

[ ... ] Dass Gaddafi es nicht vorzog, etwa Unterschlupf in Mali zu suchen, wo er über einen großen Rückhalt in der Bevölkerung verfügt und zudem die Unterstützung der Tuareg genießt, sondern stattdessen seine Worte, bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen, wahr werden ließ, wird ihn in den Augen vieler Libyer zu einem Märtyrer machen.

Erst recht, da seine Festnahme und anschließende Tötung offenbar auf das Konto der NATO geht. Das „Verteidigungsbündnis“ hat den aus Sirte flüchtenden Konvoi aus der Luft bombardiert, die daraufhin hinbeorderten „Rebellen“ haben dann die Überlebenden eliminiert und Gaddafi mitgenommen. Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge offenbar ein Zufallstreffer. Zumindest erklärte die NATO, dass sie es nicht gezielt auf Gaddafi abgesehen hatte.

Was nahe legt, dass die NATO auf alles schießt, was sich in und aus Sirte bewegt. In den letzten Monaten gab es wiederholt Berichte von Menschen, die aus der Stadt flüchten wollten, aber durch den Beschuss der NATO und ihrer Söldnertruppen am Boden aufgehalten wurden. Auch das Rote Kreuz beschwerte sich darüber, von den NTC-Kämpfern mit Gewalt davon abgehalten worden zu sein, verletzten Einwohnern Hilfe gewähren zu können. (2) Dass die NATO-Kämpfer das zentrale Krankenhaus mit schwerer Artillerie in Schutt und Asche geschossen haben, konnte selbst der Medien-Mainstream nicht mehr verbergen. (3)

[ ... ] Im Gegensatz zu dem Eindruck, der über die großen Medien transportiert wird, war der gestrige Tag für die meisten Libyer kein Tag der Freude. Während in den Nachrichtensendungen gezeigt wurde, wie Hunderte Menschen gestern in Tripolis jubelten – fast alles bewaffnete NTC-Kämpfer – bekam das deutsche Fernsehpublikum nie die Bilder von den Hunderttausenden zu Gesicht, die noch vor Monaten in Tripolis gegen die NATO und für Gaddafi demonstrierten. Wenn Libyer heute wegen des Todes des Mannes trauern, der ihr Land vierzig Jahre lang geführt hat, dann weniger wegen der Person Gaddafi, als vielmehr wegen des Symbols, das mit ihm verbunden wird – besonders im Kontrast zu dem, was der NTC repräsentiert.

Die „Rebellen“ tragen die Fahne von König Idris vor sich her, der 1969 von Gaddafi in einem unblutigen Staatsstreich gestürzt wurde. Unter der Diktatur des völlig korrupten Königs war das Land eine de-facto Kolonie, das Bettelhaus Afrikas, in der die Mehrheit in Armut lebte und das Lesen und Schreiben nicht beherrschte. Unter Gaddafi erlebte das Land einen für afrikanische Verhältnisse beispiellosen Aufstieg. Wenn Libyer um Gaddafi trauern, dann, weil sie um ein vorbildliches Gesundheits- und Bildungssystem trauern, zu dem jeder Libyer unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe und Stammesherkunft Zugang hatte. Auch mit subventionierten Lebensmittel- und Benzinpreisen dürfte es ebenso vorbei sein wie mit kostenlosem Wohnraum. Insbesondere die Frauen müssen darum fürchten, aus gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen zunehmend ausgegrenzt zu werden, zumal die neuen Machthaber angekündigt haben, die Scharia einzuführen. (7)

[ ... ] Ob Libyer den Tod Gaddafis nun mit Freude oder Trauer zur Kenntnis nehmen, eine gewisse Erleichterung dürfte sich selbst aufseiten seiner Anhänger breitgemacht haben. Denn nun steht die NATO unter Zugzwang, ihre täglichen Bombardierungen einzustellen und den Krieg für beendet zu erklären. Ob sie das wirklich will, sei dahingestellt. Denn die Tötung Gaddafis birgt auch Gefahren für die Menschenrechtskrieger. Ohne das einende Feindbild droht das völlige Auseinanderbrechen der NTC-Koalition, die sich bereits in der Vergangenheit als äußerst brüchig erwiesen hat. Besonders die islamistischen Kräfte, die einen Großteil der Kämpfe ausgetragen haben und unter den NTC-Fraktionen als Einzige über eine wirklich ernst zu nehmende militärische Ausbildung und Erfahrung verfügen, haben bereits angekündigt, in einer zukünftigen Regierung eine entscheidende Rolle zu spielen.

Außerdem könnte das Aussetzen der NATO-Bomben dem Gaddafi-loyalen Widerstand eine Atempause verschaffen, um sich neu zu gruppieren. Es wird von niemandem mehr ernsthaft bezweifelt, dass ohne das NATO-Engagement die Rebellion unter monarchistischer Flagge von der libyschen Armee relativ schnell beendet worden wäre – schon gar nicht hätten die NTC-Kämpfer es ohne NATO geschafft, die Hauptstadt einzunehmen.

[ ... ] Und auch die Verkündung der NATO, dass ihr Einsatz nun mit der totalen „Befreiung“ Libyens beendet sei, ist mit Vorsicht zu genießen. Nachdem – nach der Übernahme der Hauptstadt vor zwei Monaten – bereits praktisch der Endsieg verkündet worden war, bombte die NATO in der Folge täglich mit derselben Vehemenz wie seit Monaten weiter.  

Auch nachdem vor einer Woche die komplette Befreiung Bani Walids vermeldet wurde, warf die NATO weiter ihre Bomben auf die Kleinstadt ab. Dabei setzte die das Militärbündnis laut Augenzeugen auch Cluster-Bomben und weißen Phosphor ein.

Offizielle Bestätigungen für den Einsatz dieser Waffen, die hohe Verluste unter Zivilisten verursachen, gibt es jedoch nicht – und es würde sie selbst im Falle einer eindeutigen Beweislage nicht geben. Die NATO hat in Libyen offenbar neue „Wunderwaffen“ eingesetzt, die Zivilisten nicht töten können. Zumindest behauptete NATO-Chef Rasmussen vor gut einem Monat ernsthaft, das Kriegsbündnis habe nicht einen einzigen Zivilisten getötet. (9) Und dass, obwohl sie ganze Straßenzüge mit Wohnblöcken dem Erdboden gleichgemacht hat. Man muss sich nur Bilder von Sirte oder Bani Walid anschauen, um zu sehen, dass die NATO und ihre Hilfstruppen tatsächlich keinerlei Rücksicht auf Zivilisten genommen hat. (10) Die Aussage von Rasmussen ist angesichts zahlreicher Beweise für zivile Opfer von NATO-Bombardierungen, bei denen ganze Großfamilien ausgelöscht wurden und die auch durch internationale Medien dokumentiert wurden, nur als Ausgeburt eines menschenverachtenden Zynismus zu werten. Dass die NATO zuvor bereits die Tötung einiger Zivilisten eingestanden hatte, und somit selbst ihren Chef der Lüge überführt, fällt dann auch nicht mehr ins Gewicht.  [ ... ]

den vollständigen Artikel lesen in: http://www.hintergrund.de/201110211768/globales/kriege/zum-tod-muammar-al-gaddafis-libyen-ist-alles-andere-als-ein-befreites-land.html




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von Yossi Wolfson
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