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Tschetschenien - ND-Interview mit einer mutigen Frau

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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 13.05.04, 08:22  Betreff:  Tschetschenien - ND-Interview mit einer mutigen Frau  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=53045&IDC=2



Scheitern in Tschetschenien war vorhersehbar

ND befragte russische Menschenrechtlerin Swetlana Gannuschkina

Swetlana Gannuschkina (62) gehört der Menschenrechtskommission beim Präsidenten Russlands an und ist Vorstandsmitglied des Menschenrechtszentrums »Memorial«, das in diesem Jahr mit dem Nansen-Preis des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR ausgezeichnet wird. Mit der Moskauerin sprach nach dem Attentat auf den tschetschenischen Präsidenten Kadyrow ND-Mitarbeiter Detlef D. Pries.


ND: Wie beurteilen Sie den Anschlag vom 9. Mai in Grosny?

Gannuschkina: Wie jeder normale Mensch: Das war schrecklich! Der Tod von Menschen, erst recht von unschuldigen, lässt sich durch nichts rechtfertigen. Niemand hat das Recht, die Hand gegen das Leben eines Menschen zu erheben. Wer schuldig ist, der gehört vor ein Gericht. Und als Gegnerin der Todesstrafe meine ich, dass auch das Gericht kein Recht hat, das Leben eines Menschen zu beenden.


ND: Sie kennen Tschetschenien, haben im Januar auch mit Achmat Kadyrow gesprochen. War das Geschehene vorhersehbar?

Gannuschkina: Ich hatte das Gefühl: In Tschetschenien wissen alle, dass Kadyrow keines natürlichen Todes sterben wird – selbst Leute aus seiner Umgebung sagten das. Hinter dieser Aussage verbarg sich keine Drohung, sondern vielmehr eine gewisse Überzeugung, dass ein Mensch, der so vorgeht, in dieser Gesellschaft nicht überleben kann. Kadyrow hat zu viele Menschen verletzt, beleidigt, gedemütigt… Um Feldkommandeure zur Kapitulation zu zwingen, ließ er beispielsweise deren Angehörige verhaften, auch Frauen, Schwestern und andere, die längst nichts mehr mit den Gesuchten zu tun hatten. Solche Methoden sind einfach nicht zulässig, sie lassen sich durch nichts rechtfertigen. Deshalb bin ich auch absolut nicht davon überzeugt, dass der Anschlag von den »Bojewiki« (Kämpfern) verübt wurde. Kadyrow hatte sich sehr viel mehr Feinde gemacht.


ND: Wie, glauben Sie, wird Moskau auf den Anschlag reagieren?

Gannuschkina: Ich fürchte sehr, dass das Geschehene neue Repressionen nach sich zieht. Andererseits hoffe ich, wenn schon nicht auf die Weisheit, dann doch auf die Einsicht unserer Regierenden, dass die bisher in Tschetschenien angewandten Methoden ungeeignet sind.


ND: Demnach wäre der Anschlag in Grosny ein Zeichen für das Scheitern der bisherigen russischen Tschetschenien-Politik…

Gannuschkina: Ja, das denke ich. Und dieses Scheitern war vorhersehbar. Wenn Moskau das nicht versteht, ist nichts Gutes zu erwarten. Ich wünschte mir außerdem, unsere Regierenden würden erkennen, dass es kein Verbrechen ist, nach Trennung von Russland zu streben. Wenn es Leute gibt, die davon überzeugt sind, dass eine solche Trennung nötig ist, muss man ihnen die Möglichkeit geben, dieses Ziel mit gesetzlichen Mitteln anzustreben – sonst greifen sie zu ungesetzlichen. Sie müssen sich zur Wahl stellen können, wie etwa die Separatisten im kanadischen Quebec. Was dagegen in Tschetschenien seit rund zehn Jahren geschieht, das ist Staatsterrorismus. Und die Antwort auf Terrorismus ist Terror.


ND: Immerhin hieß es letztens, dass in Tschetschenien schon mehr gebaut als geschossen wird.

Gannuschkina: Die Tschetschenen sind bewundernswert. Ich habe dort Menschen kennen gelernt, die ihr Haus schon zum dritten Mal wieder aufgebaut haben. Aber was den staatlichen Wiederaufbau betrifft: äußerst langsam. Nicht einmal die Ruinen, unter denen man noch Leichen vermuten muss, werden abgetragen.


ND: Was könnte bewirken, dass sich Russlands »tschetschenische Wunde« schließt?

Gannuschkina: Am wichtigsten wäre es, den Leuten zu zeigen, dass man ihnen wirklich helfen will. Und man muss es dann auch tun, indem man ihnen die Möglichkeit einräumt, sich ein neues Leben ohne Zwang und Gewalt einzurichten.
Und man muss das Militär austauschen. Man kann mir nicht erzählen, dass es nicht eine ausreichende Zahl »normaler«, nicht korrupter und brutaler, sondern aufrechter und ehrlicher Militärs gäbe. Das habe ich auch Putin gesagt, als wir uns zum ersten Mal trafen.

(ND 13.05.04)

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[editiert: 08.08.11, 11:27 von bjk]
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