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palestina libera

Beiträge: 1665

New PostErstellt: 03.02.17, 19:59     Betreff: Die letzte Boombranche

Unter heftigem Protest griechischer Gewerkschafter bereitet sich die deutsche Fraport AG auf die betriebliche Übernahme von 14 griechischen Flughäfen vor. Die Konzessionen, für die Fraport schon Ende 2015 den Zuschlag bekommen hat, übertragen dem deutschen Konzern den operativen Betrieb und das Management der profitabelsten griechischen Regionalflughäfen für die nächsten 40 Jahre. Von Jahresgewinnen in einer Höhe von anfangs 90 Millionen Euro ist die Rede. Beim griechischen Staat verbleiben 23 Regionalflughäfen, darunter mehrere, die stark defizitär sind, aber kostspielig weiterhin unterhalten werden müssen, weil sie entlegene Inseln an das griechische Festland anbinden. An den Fraport-Profiten beteiligt ist einer der mächtigsten griechischen Oligarchen, mit dem Fraport nicht nur bei der aktuellen Übernahme, sondern schon seit Jahren auch beim Betrieb des Flughafens Pulkovo in St. Petersburg kooperiert. Fraport zählt zu den wenigen deutschen Konzernen, die noch in Griechenland investieren; viele andere ziehen sich aus dem Land zurück: Weil die Krise den Konsum im Land massiv einbrechen lassen hat, sind attraktive Profite kaum noch zu erzielen. Wichtigste Ausnahme ist der Tourismus, aus dem die Fraport-Flughäfen mit der Abwicklung von Urlaubsflügen Gewinn ziehen.


Steuerbefreit
Die Kontrolle über die 14 griechischen Regionalflughäfen, die die deutsche Fraport AG in Kürze übernehmen wird, hat sich das deutsche Unternehmen bereits in den Jahren 2014 und 2015 sichern können. Am 25. November 2014 erhielt es grundsätzlich den Zuschlag für das Geschäft; am 14. Dezember 2015 konnte es die letzten Widerstände der seit Anfang 2015 amtierenden Regierung Tsípras überwinden und die Konzessionsverträge in aller Form unterzeichnen. Gegen die Zahlung von 1,234 Milliarden Euro und eine jährliche Abgabe, die sich zunächst auf 22,9 Millionen Euro belaufen wird, übernimmt Fraport in einigen Wochen den operativen Betrieb und das Management der Flughäfen.[1] Dabei hat der Frankfurter Konzern sich sehr günstige vertragliche Bedingungen gesichert. Er darf, wie der Journalist Niels Kadritzke schreibt, "allen alten Vertragspartnern und Mietern kündigen und neue Lizenzen vergeben", muss dabei aber "die hinausgeworfenen Firmen, Geschäfte oder Restaurants nicht entschädigen": "Die Vertragsstrafen hat der griechische Staat zu zahlen."[2] Das gilt auch für die Abfindung von Angestellten, die Fraport nach der Übernahme entlassen wird, und für Entschädigungen für etwaige Opfer von Arbeitsunfällen. Athen hat zudem zu zahlen, wenn sich Ausbauarbeiten "wegen archäologischer Funde verzögern", berichtet Kadritzke; es hat Fraport darüber hinaus "von allen Immobilien- und Gemeindesteuern befreit".
Profite
Hinzu kommt, dass Fraport nur die lukrativsten unter den insgesamt 37 griechischen Regionalflughäfen übernimmt. Griechenland unterhält eine Reihe von Flughäfen, die regelmäßig Defizite verzeichnen, die aber nicht geschlossen werden können, weil sie die Anbindung entlegener Inseln an das Festland gewährleisten. Ursprünglich war geplant, die 37 Airports auf zwei Gruppen zu verteilen, und zwar so, dass die Verluste der defizitären Anlagen jeweils durch die Gewinne der profitablen hätten ausgeglichen werden können. Das hat die unter starkem deutschem Einfluss stehende Troika verhindert. Die griechische Privatisierungsbehörde TAIPED, die sich in der Angelegenheit von Lufthansa Consulting beraten ließ - die Deutsche Lufthansa hält 8,45 Prozent an der Fraport AG -, hat schließlich 14 profitable Flughäfen gebündelt und sie an Fraport veräußert. Die Anlagen erzielten zuletzt Gewinne in Höhe von rund 150 Millionen Euro pro Jahr. Fraport hatte schon Ende 2014 mitgeteilt, man rechne mit jährlichen Rückflüssen in Höhe von 180 Millionen Euro und mit einem Gewinn von zumindest 90 Millionen Euro pro Jahr. Die verbliebenen 23 Flughäfen, darunter auch chronisch defizitäre, verbleiben beim griechischen Staat, der die Kosten für ihren Unterhalt zu tragen hat.
Oligarchen
Ganz leer ausgehen wird Griechenland allerdings nicht: Die Fraport AG, die ihrerseits mehrheitlich staatlichen deutschen Stellen gehört [3], hat den Auftrag für den Betrieb und das Management der 14 Regionalflughäfen gemeinsam mit der Copelouzos Group erhalten, einem der größten griechischen Firmenkonglomerate. Dessen Besitzer Dimítris Copeloúzos, einer der mächtigsten Oligarchen des Landes, hat im Jahr 1991 gemeinsam mit Gazprom die Prometheus Gas S.A. gegründet, um Erdgas aus Russland nach Griechenland zu transportieren. Die US-Botschaft in Athen urteilte vor Jahren in einem von WikiLeaks publizierten Schreiben, Copeloúzos habe - im Unterschied zu anderen griechischen Oligarchen, die ihren Reichtum vor allem in Geschäften mit westlichen Ländern erwirtschaften - "ausgedehnte und wachsende Bindungen an Russland und russische Belange".[4] Fraport kooperiert mit ihm schon seit Jahren am Flughafen Pulkovo in St. Petersburg, an dem die Frankfurter Firma 35,5, die Copelouzos Group sieben Prozent der Anteile hält. Mit dem Ausbau der Zusammenarbeit trägt Fraport dazu bei, den Einfluss der weithin scharf kritisierten griechischen Oligarchen zu stabilisieren.
Eroberer
Gegen die Übertragung der 14 Regionalflughäfen unter deutsche Kontrolle regt sich schon seit geraumer Zeit heftiger Protest. So rief etwa die griechische Zivilluftfahrtgewerkschaft OSYPA im Januar und im Juni 2016 zu Streiks gegen den Fraport-Einstieg auf. Zudem hat sie bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt. Fraport erhalte mit der Kontrolle über die 14 Regionalflughäfen eine Art Monopolstellung - "eine privilegierte Position im Inlandsmarkt, die es erlaubt, Preise und Geschäftsstrategie völlig unabhängig von den Nutzern der Regionalflughäfen festzulegen", erklärt die Gewerkschaft zur Begründung. Zudem dürfe die EU-Kommission Konzessionen nur für die Zeit vergeben, die benötigt werde, um angemessene Profite zu erzielen; dies werde Fraport vermutlich schon nach 20 Jahren gelingen, also nach lediglich der Hälfte der Gesamtlaufzeit von 40 Jahren. Der OSYPA-Vorsitzende Vasílis Alevizópoulos kündigt an, man werde den Kampf gegen den Einstieg von Fraport fortsetzen. Er erklärt: "Sie sind Eroberer, keine Investoren."[5]
Krisenzerstört
Der Fraport-Deal ist aktuell die größte deutsche Investition in Griechenland. Insgesamt gehen die deutschen Geschäftsaktivitäten in dem Land jedoch deutlich zurück: Die Zahl der deutschen Unternehmen, die dort investiert haben, ist von 195 im Jahr 2010 auf 119 Ende 2013 geschrumpft. Die Krise hat den Konsum in Griechenland dramatisch einbrechen lassen und damit den Nutzen des Landes für gewinnorientierte deutsche Firmen deutlich reduziert. Dies spiegelt sich auch in den griechischen Importen aus der Bundesrepublik wider, die von gut 8,3 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf rund 4,7 Milliarden Euro 2015 respektive von Platz 24 auf Platz 39 der deutschen Exportrangliste zurückgingen. Lediglich die Tourismusbranche boomt. Dies liegt auch daran, dass Touristen Länder wie Tunesien, Ägypten und die Türkei, die zuletzt häufiger von Terroranschlägen getroffen wurden, zunehmend meiden; dies kommt Griechenland zugute. Der deutsche Touristikkonzern TUI etwa, der seine Profite aus Urlaubsreisen zieht, vermeldete für das Land zuletzt ein Buchungsplus von 41 Prozent. Über die 14 Regionalflughäfen, die Fraport in Kürze gewinnbringend betreiben wird, reisen rund zwei Drittel aller Touristen nach Griechenland ein. Die Tourismusbranche ist eine der letzten, aus denen die deutsche Wirtschaft im krisenzerstörten Griechenland noch Gewinne ziehen kann: Sie erhält ihre Profite weniger von Griechen als vielmehr von zahlungskräftigen Urlaubern aus wohlhabenderen Staaten.
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59523


Sind griechische Schulden untragbar?

Gezielt in die Debatte, mit der Schäuble den IWF wieder an Bord holen will, sickert ein Bericht über die "explosive" Schuldenentwicklung durch
https://www.heise.de/tp/news/Sind-griechische-Schulden-untragbar-3613420.html

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