Erstellt: 02.07.05, 09:45 Betreff: Irrsinn der "Reformen" - Buchtip aus der Initiative Anders Arbeiten, Berlin, Mehringhofdruckenweiterempfehlen
Liebe Leute,
bevor alle verzweifeln über den Neoliberalismus, überraschend Erfrischendes aus der Schweiz: Im Kernland des Kapitalismus und des Bankgeheimnis denken mehrere (keynesianische) ÖkonomInnen schon laut über das "Geschwätz vom Wachstum" und den "Irrsinn der Reformen" nach (Philipp Löpfe und Werner Vontobel: "Der Irrsinn der Reformen - Warum mehr Wettbewerb und weniger Staat nicht zu mehr Wohlstand führen" (Orell Füssli Verlag, Zürich 2005).
Denkfehler der neoliberalen Wirtschaftspolitik
Seit 1870 hat sich in Europa die Zahl der jährlichen Arbeitsstunden pro Kopf halbiert. Im gleichen Zeitraum produzieren wir 18-mal mehr pro Stunde als vor 130 Jahren. Wieso müssen wir denn alle den Gürtel enger schnallen?
Die Politik hat keine Antwort darauf gefunden, dass der technologische Fortschritt immer mehr Arbeitslosigkeit verursacht und die Löhne unter Druck setzt. Stattdessen unterwirft man sich den vermeintlichen Sachzwängen unter dem Motto "länger - härter - schneller".
Die Autoren sind den Schlagworten unserer schönen neuen Wirtschaftswelt nachgegangen (Flexibilisierung, Standortwettbwerb, 1-Euro-Job, Lohnsubventionen, Haushaltssanierung usw.). Ihr erschreckendes Resümee: Ein Großteil der Reformen beruht auf elementaren ökonomischen Denkfehlern.
Erstellt: 25.06.05, 23:28 Betreff: Re: Nächste Bedrohung für den Arbeitsmarkt: Bolkesteinrichtliniedruckenweiterempfehlen
Es ist sehr still geworden um die Bolkestein-Richtlinie (auch Dienstleistungsrichtlinie, oder Lissabon-Agenda genannt - damit die Verwirrung grenzenlos ist!) in den letzten Wochen. Auch hier war wohl das franz. Volk mehr sensibilisiert als anderswo in der EU, jedenfalls haben die zu hunderttausenden demonstriert gegen diesen soziopolitischen Wahnsinn, - die Niederländer hatten sich angeschlossen und auch in Deutschland hatte sich dann ein Protestlüftlein geregt.
Ich erinnere mich noch genau daran, daß ich unsere PDS/ver.di Aschermittwochsveranstaltung zum Anlaß nahm, die Bolkestein-Richtlinie in unserer Provinz-Offentlichkeit "vorzustellen". Keiner hatte bis dahin etwas davon mitbekommen und alle konnten kaum glauben, was da über sie hereinbrechen sollte, - aber der Textvorschlagder EU lag auf dem Tisch und ich zitierte fleißig daraus.
PDS, Gewerkschaften und Kommunisten haben sich angestrengt, den drohenden Ausverkauf der Dienstleistungen in unserem Lande "unters Volk" zu bringen. Münteferin beeilte sich nach dem Scheitern der EU-Verfassung, den verlorenen Wahlen in NRW und wegen des drohenden Crash´s der gesamten Währungsunion zu beschwichtigen und dieses Konstrukt als nicht realisierbar zu bezeichnen.
Es war viel los in den letzten Wochen im Lande Deutschland, sodaß keiner im Traume daran dachte, daß dieser Parvenue von einem Kanzler weiter an der Verwirklichung dieses Entmündigungs- und Enteignungsplanes stricken würde. Wie wir sehen, gingen die Intrigen und Händel aber munter weiter, - und das zu einer Zeit, in der dieser Kerl mit Sicherheit seine Tage als Kanzler zu zählen hat.
Was bekommt der also von wem, wenn er 70% der Wirtschaftsleistung in unserem Lande (das ist das gesamte Dienstleistungsvolumen) ausverkauft?
Nachfolgend eine mail von Attac:
Attac Deutschland >Pressemitteilung >Frankfurt, 22. Juni 2005 > >* Treffen von Schröder und Barroso: > SPD will rasche Verabschiedung der Dienstleistungsrichtlinie > >* Attac protestiert gegen "eklatante Wählertäuschung" >
>Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat scharfe Kritik >am sozialdemokratischen Rettungsplan für die EU geübt, der >unter anderem die "gemeinsame Verabschiedung" der neoliberalen >EU-Dienstleistungsrichtlinie vorsieht. Dieser Plan soll beim >heutigen Treffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder und >Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Aachen besprochen >werden. >Während SPD-Chef Franz Müntefering noch am vergangenen >Montag von einer "Zurückweisung" dieses umstrittenen >Richtlinienvorschlags sprach und die rot-grünen >Regierungsfraktionen sich nach Angaben des Grünen-Politikers >Werner Schulz auf einen Antrag zu seiner Rücknahme einigten, >gehört er nun zum Fünf-Punkte-Plan der sozialdemokratischen >Fraktion im Europaparlament. > >"Links blinken in Deutschland und rechts abbiegen in Europa:
>Diese Methode ist eine eklatante Wählertäuschung", sagte >Thomas Fritz, EU-Experte von Attac. >Mit der beabsichtigten Verabschiedung der Dienstleistungsrichtlinie stelle >die SPD unter Beweis, dass sie nichts aus der Ablehnung des >Europäischen Verfassungsvertrags in Frankreich und den >Niederlanden sowie generell in weiten Teilen der Bevölkerung >gelernt hat. >"Die Menschen haben genug vom neoliberalen Kurs in >Europa. Die Dienstleistungsrichtlinie steht jedoch für dessen >ungebrochene Fortsetzung." > >Der im Januar vergangenen Jahres vom damaligen Binnenmarkt- >Kommissar Frits Bolkestein vorgestellte Gesetzentwurf zielt >auf die weitere Privatisierung öffentlicher Dienste und auf >verschärftes Sozialdumping ab. Mit der Einführung des so >genannten Herkunftslandprinzips soll Unternehmen die >reibungslose Ausnutzung der innereuropäischen Unterschiede bei >Löhnen und Standards ermöglicht und damit ein schonungsloser >Standortwettbewerb entfesselt werden. > >Diese Kritik, die von vielen Sachverständigen bestätigt wird, >ignoriert der gestern vorgestellte Fünf-Punkte-Plan >vollständig; stattdessen wird dort behauptet, die >Dienstleistungsrichtlinie – sowie die ebenfalls umstrittene >Arbeitszeitrichtlinie – sei "wie keine andere geeignet zu >zeigen, dass Markterfordernisse und soziale Stabilität >zusammengehören".
>Dazu Thomas Fritz: "Nur Beratungsresistenz >und Realitätsverlust können dazu verleiten, die >Bolkestein-Richtlinie als Beitrag zur sozialen Stabilität zu >stilisieren." >Attac Deutschland und Attac Europa werden >weiterhin darauf dringen, dass dieser Entwurf zurückgezogen >wird. Unter anderem läuft derzeit eine Postkarten- und >E-Mail-Aktion an EU-Abgeordnete. > >Für Rückfragen: >* Thomas Fritz: 0160-93231548 > >Weitere Informationen: >* Hintergründe: http://www.attac.de/bolkestein >* E-Mail-Aktion: http://www.attac.de/bolkestein/mailomat
mit der ver.di-Basis ist's wie mit weiten Teilen der PDS-Basis, Ihr habt ehrenwerte Motive und vorbildliches Engagement - - - aber die jeweiligen Führungsspitzen ... ... ...
KURSWECHSEL BEI GEWERKSCHAFTEN Eigentlich müßte doch jetzt bei der Gewerkschafts-Basis ein Sturm der Empörung einsetzen und den Gesinnungsstrolch Sommer mitsamt seinen Hofschranzen hinwegfegen! Die Raubtierkapitalisten schütteln sich vor Hohnlachen!
bjk
<hr>
Wird schon kommen, der Sturm! Da bin ich mir gaaaaaaaaanz sicher! Meinst Du nicht auch, eine "konzertierte Aktion" auch von uns ist mal wieder fällig? Dienstag oder Mittwoch habe ich dazu etwas mehr "Luft", aber bis dahin werde ich diese Info auch "unters Volk" bringen und in unserer ver.di Geschäftsstelle Deckung für Protest holen!
mit der ver.di-Basis ist's wie mit weiten Teilen der PDS-Basis, Ihr habt ehrenwerte Motive und vorbildliches Engagement - - - aber die jeweiligen Führungsspitzen ... ... ...
Nach den erfolglosen Protesten gegen die Reformen der Bundesregierung setzt DGB-Chef Michael Sommer neue Prioritäten. Die Sozialsysteme sollten auf eine Grundversorgung reduziert werden. Die Sozialabgaben müssten sinken und zum Ausgleich die Steuern steigen.
Im vergangenen Jahr schimpfte DGB-Chef Sommer noch über den Reformkurs von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Mittlerweile schlägt er andere Töne an: "Die Gewerkschaften verkennen nicht, dass die Politik in vielen Bereichen die Entscheidung getroffen hat, die Sozialsysteme auf eine Grundversorgung zu reduzieren", sagte Sommer in einem Gespräch mit dem SPIEGEL. "Das können wir kritisieren, ändern werden wir es nicht mehr." Der Weg zu einem Sozialstaat, der nicht mehr den Lebensstandard absichere, sei "unumkehrbar eingeschlagen".
Stattdessen forderte Sommer die Gewerkschaften auf, nun die "Schlussfolgerungen aus der Entwicklung zu ziehen". Die Grundlagen des Sozialstaates hätten sich "durch die demografische Entwicklung, die anhaltende Massenarbeitslosigkeit und die Globalisierung stark verändert", sagte Sommer weiter. "Deshalb müssen wir darüber diskutieren, welche Aufgaben der Sozialstaat künftig noch übernehmen kann und wie seine Strukturen umgebaut werden müssen."
Insbesondere schlug der DGB-Chef vor, die Sozialversicherungen künftig anders zu finanzieren. "Wir können und müssen Sozialabgaben senken", sagte er. "Und wir brauchen einen höheren Steueranteil, mit dem das finanziert wird." Zugleich räumte Sommer ein, dass die Gewerkschaften ihre Positionen im vergangenen Jahr nicht verständlich genug vermittelt hätten. "Der Fehler war, dass wir es nicht immer verstanden haben, unsere Position und unsere eigene Reformagenda differenziert darzustellen", sagte der DGB-Chef.
Eigentlich müßte doch jetzt bei der Gewerkschafts-Basis ein Sturm der Empörung einsetzen und den Gesinnungsstrolch Sommer mitsamt seinen Hofschranzen hinwegfegen! Die Raubtierkapitalisten schütteln sich vor Hohnlachen!
Erstellt: 11.02.05, 23:21 Betreff: Re: Nächste Bedrohung für den Arbeitsmarkt: Bolkesteinrichtliniedruckenweiterempfehlen
– Aschermittwochsveranstaltung des Erwerbslosenausschusses ver.di Weiden -
Redebeitrag: Baba Yaga
Die „Bolkesteinrichtlinie“, auch „Dienstleistungsrichtlinie“ genannt, ist ein weiterer Baustein, um unser gesamtes Sozial-, Bildungs-, Versorgungs- und Arbeitsrechtssystem auszuhebeln.
Dienstleistungen gegen Entgelt sollen dabei weitgehend und schrankenlos den floatenden Kräften eines liberalisierten EU-Marktes überlassen werden.
Das bedeutet gravierende, negative Veränderungen im Preis-Leistungsgefüge und folglich für Arbeitnehmerrechte. Es ist ein weiterer Demontageschritt unserer sozialen Marktwirtschaft.
Der Entschluß dieses „Wirtschaftsreformprogramm“ zu schaffen, wurde im März 2000 vom „Europäischen Rat“ in Lissabon getroffen. Der „Europäische Rat“ ist keine gottgewollte Einrichtung, sondern rekrutiert sich aus den jeweiligen Ministern und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union. An den Beschlüssen des Rates waren demzufolge auch Schröder, Müller, Eichel, Fischer und andere unserer Regierungscrew beteiligt.
In mehreren Schritten wurden damals die einzelnen Schwerpunkte der nun, zum Beschluss vorliegenden Dienstleistungsrichtlinie in unterschiedlichen EU-Gremien, Kommission, EU-Rat und EU-Parlament beschlossen, - natürlich lautlos, ohne große Aufmerksamkeit durch Medien und Presse, aber unter aktiver Mitwirkung deutscher Entscheidungsträger!
Lautlos und unbemerkt von der Öffentlichkeit soll auch weiterhin verfahren werden, denn nach EURO, Rührup, HartzI-IV und Agenda 2010, eingebettet in eine durchschnittliche 10%ige Arbeitslosigkeit, will die Politik weiteren Bürgerfrust und weitere Parteienverdrossenheit vermeiden.
Während in Dänemark und in den Niederlanden die Menschen zu tausenden auf die Barrikaden gehen, gegen diese neue, vom Kapital gesteuerte Zumutung,
während die Massenproteste in Frankreich zu einer Regierungsentscheidung gegen die Dienstleistungsrichtlinie führten,
basteln hier die Strategen des Wirtschaftslagers weiterhin an der Umsetzung dieses neuen EU-Gesetzes.
Was bedeutet diese Richtlinie und welche Auswirkungen sind damit verbunden?
Von der geplanten Richtlinie wären alle Branchen betroffen, für die es noch keine eigenen EU-Vorschriften gibt. Das betrifft 70% der gesamten EU-Wirtschaftsleistung.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Leistungen wie bisher von Kommunen und Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer Pflichtaufgaben zu erfüllt sind, oder ob kirchliche Organisationen über´s deutsche Konkordat Anbieter- und Träger-Vorrechte beanspruchen können, sie werden sich alle mit der Konkurrenz aus anderen Mitgliedstaaten, vornehmlich jenen mit niedrigen Sozial- und Ökologiestandards, mit niedrigen Steuer- und Abgabenlasten, sowie ohne Tarif- und Schutzgesetzen, konfrontiert sehen.
Die Richtlinie verändert das gesamte Wirtschaftsgefüge im Bereich der sogen. Dienstleistungen, denn nicht nur Verwaltungs-, Rechts- und Ordnungs-Vorschriften sollen nivelliert werden, für europäische Dienstleistungserbringer soll nicht mehr das Leistungslands-, sondern das Herkunftslandprinzip Geltung haben.
Das bedeutet, dass im Unterschied zur bisherigen Regelung, für die Dienstleistungsunternehmen und deren Arbeitskräfte nun die Gesetze und Vorschriften des Hauptbetriessitzlandes gelten, auch wenn diese in anderen Mitgliedsstaaten ihre Dienstleistungen anbieten.
Die Folgen sind absehbar,
wenn z.B. Firmen aus den neuen Beitrittsländern des Ostens mit Preisunterbietung den hiesigen Dienstleistungssektor ruinieren,
wenn Niedriglöhne ohne vergleichbare Sozialleistungen zu Dumpinglöhnen und für noch höher Arbeitslosigkeit sorgen,
wenn weiter Firmen abwandern, um hier dann die gleichen Leistungen anzubieten wie vorher, nur eben zu den Konditionen des neuen Betriebssitzes!
Jede Briefkastenfirma in Broumov z.B., 10 km hinter der tschechischen Grenze, kann bei Inkrafttreten dieser Richtlinie dann uns hier ihre Dienstleistungen zu tschechischen Löhnen und Preisen anbieten. Da nationale Kontrollen der Staaten, in welchen Dienstleistungen angeboten und erbracht werden, als „Handelshemmnisse“ verboten sein sollen, kann sich jeder vorstellen, was dies für Wirtschaft und Gesellschaft bedeutet, - insbesondere in einer Grenzregion zum Osten -!
Diese Richtlinie liegt nun zur endgültigen Beschlussfassung dem Europäischen Parlament vor, sie soll in einem Monat abgestimmt werden.
Während also in unseren westlichen Nachbarstaaten die Menschen sich gegen dies
Vorhaben vehement zur Wehr setzen,
während sonst von Grenzlandhilfen schwadroniert und darüber gestritten wird, wer für den Zulauf der NPD haftbar zu machen sei,
hüllen sich unsere Mandatsträger in Bund, Land und Kommunen in eisernes Schweigen. Die Folgen und Auswirkungen dieser Bolkestein-Richtlinie wird für die Wirtschaft, Sozialsysteme und Gesellschaft, aber vor allem für die Oberpfalz, noch tiefgreifendere negative Auswirkungen haben, als die Einführung des EUROs und der Beitritt der östlichen Staaten zur EU.
Es reicht, wir müssen uns endlich wehren!
____________________________________
Presse und Regionalfernsehen hatten berichtet und ich werde versuchen, dieses Thema weiter in der Öffentlichkeit bewußt zu machen. Am 23.02.05 haben wir eine große Mitgliederkonferenz, bei dieser Gelegenheit wird sich mein Referat auch wieder um die Bedrohung durch die Dienstleistungsrichtlinie handeln!
Das bedeutet Privatisierung wirklich: Sich das gemeinschaftliche Erbe der Natur anzueignen und es in den Privatbesitz von jemanden zu verwandeln, der Kapital daraus schlägt
Die Tsunami-Flut, die kürzlich die Küsten Asiens heimgesucht und verwüstet hat, hat uns einen Einblick in die erstaunliche und wahrhaft erschreckende Gewalt gewährt, die Wasser entfesseln kann. Es gibt indes noch einen andere Wasserkatastrophe, die zur Zeit Formen des Krieges annimmt, der das Leben vieler Millionen Menschen nachhaltig beeinflussen kann. Aber dieser Krieg zieht in keiner Weise die Aufmerksamkeit der internationalen Medien auf sich. Vor allem die elektronischen Medien, zu deren »Geschäft« Katastrophen und Konflikte gehören, sind ständig auf der Suche nach Bildern und Berichten, die ihre Formate bedienen.
Diese Medien zementieren durch ihre Berichterstattung die Privilegien der Reichen gegenüber den Armen und Machtlosen. Aber überall auf der Welt – in Afrika, Asien und Lateinamerika – leben Menschen unter der sehr realen Bedrohung einer Politik, die das Wasser und die Trinkwasser- bzw. Bewässerungssysteme in eine Ressource verwandelt, mit der Profite gemacht werden können. Das Wasser dieser Welt, das seit der Morgendämmerung der Zivilisation der freien Nutzung der menschlichen Gemeinschaften diente, wird mit hohem Tempo in eine bloße Ware verwandelt – etwas, das man verkaufen kann. Wenn man es sich leisten kann – prima. Wenn nicht – Pech gehabt. Michael Stark, ein führender Manager der Firma US-Filter, eine Tochtergesellschaft des multinationalen Konzerns Vivendi, erklärte das Phänomen auf seine Weise: »Wasser ist ein entscheidend wichtiger und notwendiger Grundstoff des alltäglichen Lebens eines jeden Menschen, und es ist gleichzeitig ein nicht weniger bedeutender Grundstoff mächtiger Industriekonzerne.«
Veronica Lake, eine in Michigan beheimatete Umweltschutzaktivistin, hat in ihrem Aufsatz »Corporations Corner Market on Life, Offer Buy-Back: The New World War: Water« in der Zeitschrift Against The Current No. 108, Jan-Feb 2004, darauf hingewiesen, daß die Industrie sich die Wasservorkommen der Erde mittels dreier hauptsächlicher Methoden aneignet: a) durch »Wasser-Bergbau« in Gebieten mit großen Grundwasservorkommen oder durch intensive Ausbeutung der Flüsse und Ströme dieser Welt; b) durch das Leasen von staatlichen Wassersystemen und Abwasseraufbereitungsanlagen; c) durch das »Managen« städtischer Wassersysteme. Mit anderen Worten: im Wasser steckt Geld, und wo sich Profite machen lassen, da sind die Konzerne sofort zur Stelle.
Das ist die dunkle und hinterhältige Seite der »Globalisierungsbewegung« unter den westlichen Regierungen und kapitalistischen Unternehmen. Das zeigt auch, was Privatisierung wirklich bedeutet: sich das gemeinschaftliche Erbe der Natur anzueignen und es in den Privatbesitz von jemand zu verwandeln, der Kapital daraus schlägt.
In Südafrika hat diese Entwicklung zu größerem Elend unter den Armen geführt. Dort ist jetzt sogar die Rate der Choleraerkrankungen gegenüber der Zeit der Apartheid gestiegen. Oftmals ist dies das Resultat der harten Sparmaßnahmen, die verschuldeten Ländern von der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds aufgezwungen werden. Die jeweiligen Regierungen müssen dann zentrale staatliche Dienstleistungen privatisieren, und dann wird es Teil der Lebenshaltungskosten, das »Recht« zu haben, sich Wasser zu kaufen, das man zum Leben braucht.
Aber das ist nicht nur eine Entwicklung in der weit entfernten Dritten Welt. Im Südwesten von Detroit im Bundesstaat Michigan sind mehr als 40 000 Menschen von der öffentlichen Wasserversorgung ausgeschlossen, weil sie ihre Wasserrechnungen nicht mehr bezahlen können. In vielen Altbauten kommt Wasser nicht nur als Trinkwasser aus den Leitungen, sondern es dient auch dazu, die mit Wasser oder Wasserdampf betriebenen Heizsysteme am Laufen zu halten. Kein Wasser zu haben, bedeutet also auch, keine Heizung zu haben. In Detroit, USA.
Wissenschaftler sagen heute schon voraus, daß künftige Kriege nicht um Öl, sondern um Wasser geführt werden. Denn es ist letzten Endes viel kostbarer.
(Übersetzung: Jürgen Heiser)
Dieser Artikel war nicht umsonst. Unterstützen Sie dieses Angebot mit einem Online-Abo.
Mit dem im Januar 2004 veröffentlichten Entwurf für eine Dienstleistungsrichtlinie unternimmt die Europäische Kommission den bisher radikalsten und umfassendsten Angriff auf die Sozialsysteme der EU-Staaten. 1 Der Vorschlag stammt aus dem Haus des Binnenmarkt-Kommissars Frits Bolkestein und gilt grundsätzlich für sämtliche Dienstleistungen. Ausgenommen sind nur jene Leistungen, die der „Staat direkt und unentgeltlich aufgrund seiner sozialen, kulturellen, bildungspolitischen oder rechtlichen Verpflichtungen“ erbringt.2 Da jedoch für zahlreiche öffentliche Aufgaben Gebühren oder Entgelte erhoben werden, betrifft die Richtlinie nicht nur alle kommerziellen Dienste, sondern auch weite Bereiche der Daseinsvorsorge. Ihren Deregulierungszweck verfolgt die Richtlinie mit einem Mix aus schrittweiser Beseitigung staatlicher Auflagen sowie dem systematischen Unterlaufen nationalen Rechts durch das sogenannte „Herkunftslandprinzip“. Danach unterliegen Dienstleistungsunternehmen in der EU nur noch den Anforderungen ihres Herkunftslands. Auflagen und Kontrollen des Tätigkeitslands würden gänzlich untersagt. Selbst die obligatorische Registrierung einer Geschäftsaufnahme will die Kommission verbieten. Damit setzt das Herkunftslandprinzip eine effektive Wirtschaftsaufsicht in der Europäischen Union faktisch außer Kraft. Künftig könnte sich jedes Unternehmen durch Sitzverlagerung oder die simple Gründung einer Briefkasten-Firma im EU-Ausland lästiger inländischer Auflagen entledigen. Örtliche Tarifverträge, Qualifikationsanforderungen, Standards beim Arbeits-, Umwelt- oder Verbraucherschutz könnten auf einfache und billige Weise unterlaufen werden.
Als Krönung ihres Richtlinienentwurfs stellt die EU-Kommission die Mitgliedstaaten unter Zwangsverwaltung. Diese müssen nicht nur zahlreiche Anforderungen beseitigen, sondern dürfen neue Vorschriften nur noch mit Zustimmung der Eurokraten erlassen. Schon im Entwurfsstadium sind geplante Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Brüssel vorzulegen: „Binnen drei Monaten nach der Mitteilung prüft die Kommission die Vereinbarkeit dieser neuen Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht und entscheidet gegebenenfalls, den betroffenen Mitgliedstaat aufzufordern, diese nicht zu erlassen oder zu beseitigen“ (Europäische Kommission 2004: 60). Die in der Richtlinie vorgesehenen Verbote erstrecken sich auf sämtliche Verwaltungsebenen und verstoßen damit gegen das im EG-Vertrag verankerte Subsidiaritätsprinzip. Bolkestein vollendet insofern nicht nur den Binnenmarkt, sondern auch den Demokratieabbau. Allerdings richtet auch die Kommission nichts ohne den Segen der Hauptstädte aus. Treibende Kräfte hinter der Bolkestein- und anderen Richtlinien sind die Regierungen in Berlin, London oder Paris. Sie stützen einen EU-Apparat, der ihre neoliberale Politik in europäisches Recht zu gießen hat. Sie etablieren den nationalen Sozialkahlschlag als EUweite Norm. Sie verwandeln ihre Privatisierungspolitik in Brüsseler Direktiven. In der nun zur Ratifizierung anstehenden EU-Verfassung sorgten sie gar für die konstitutionelle Verankerung ihres neoliberalen Kurses. Die Verfassung offenbart, wohin die bei der Daseinsvorsorge abgeknappsten Steuergelder künftig fließen: in die verpflichtende militärische Aufrüstung, überwacht durch eine europäische Rüstungsagentur. Noch aber ist die Bolkestein-Richtlinie nicht durch. Belgische Gewerkschaften sind Vorreiter des Protests. Sie veröffentlichten kritische Stellungnahmen und gingen auf die Straße. Auch in anderen Ländern wächst die Entrüstung über dieses gigantische Deregulierungsprojekt.
Selbst manche RegierungsvertreterInnen bekommen kalte Füße, möchten einzelne Sektoren ausklammern. Jedoch die Richtlinie als solche stellen sie nicht in Frage. Stattdessen beten auch sie die Losung des Lissaboner EU-Gipfels nach: Bis zum Jahr 2010 müsse die Europäische Union „der wettbewerbsfähigste und dynamischste wissensbasierte Wirtschaftsraum der Welt“ werden. Über den Preis aber redet niemand – die totale Deregulierung. Die Bolkestein-Richtlinie muss weg. Und das ist möglich. Die folgenden Seiten bieten eine Übersicht zentraler Elemente und möglicher Folgen dieses zutiefst antidemokratischen Projekts.
WICHTIG! Schreibt Europaabgeordneten! Fünf Ausschüsse des Europaparlaments (EP) debattieren zur Zeit über die Bolkestein-Richtlinie. Bis Ende des Jahres will das EP eine Stellungnahme verfassen. Es ist wichtig, jetzt Druck zu machen!
Hier gibt es eine Liste (rtf) mit Adressen, Emails und Fax-Nummern der deutschen Mitglieder der fünf relevanten EP-Ausschüsse.
Hier gibt es einen Musterbrief (rtf), der individuell variiert werden kann.
Daneben können auch Bundes-, Landes- und KommunalpolitikerInnen angesprochen werden. Adressen Eurer Bundestagsabgeordneten findet Ihr hier.
Mailingliste Wer gegen die Bolkestein-Richtlinie aktiv werden möchte, kann sich hier in eine Mailing-Liste von Europa-von-unten eintragen.
Ich bin gegen GATS!
Beim globalisierungskritischen Kongress "Mc.Planet.com - Die Umwelt in der Globalisierungsfalle" Ende Juli 2003 in Berlin haben wir die KongressteilnehmerInnen gebeten, ein persönliches Zeichen zu setzen gegen das GATS, gegen den Ausverkauf öffentlicher Dienstleistungen und demokratischer Gestaltungsspielräume bei Bildung, Gesundheit, Wasser u.a.
Erstellt: 03.02.05, 17:13 Betreff: Erläuterungen des europäischen Gewerkschaftsbundes zur Bolkesteinrichtliniedruckenweiterempfehlen
Worum geht es und weshalb widersetzen wir uns diesem Richtlinienentwurf?
Der frühere EU-Kommissar Bolkestein hat am 13. Januar 2004 einen Richtlinienvorschlag für Dienstleistungen im Binnenmarkt vorgelegt, dessen Titel in Wirklichkeit den Versuch einer groß angelegten Deregulierung und Liberalisierung aller Dienstleistungsaktivitäten in Europa verschleiert.
Um welche Dienstleistungen geht es?
Der Richtlinienentwurf betrifft alle für Unternehmen und Verbraucher erbrachten Dienstleistungen, angefangen bei der Werbung, der Personaleinstellung (einschließlich Zeitarbeitsfirmen) bis hin zum Handel, den Reinigungs- und Bauleistungen. Ausgenommen sind bestimmte Transportbereiche (über 3,5 Tonnen), Telekommunikations- und Finanzdienstleistungen sowie solche, die direkt und kostenlos von öffentlichen Einrichtungen erbracht werden.
Im Klartext: Der öffentliche Dienst ist ebenfalls im Visier der Richtlinie. Das heißt, dass der Gesundheits-, Bildungs-, und Kulturbereich, die audiovisuellen Medien, Dienstleistungen von Gebietskörperschaften, vor allem der Kommunen, und vieles mehr als reine Waren angesehen werden und damit in vollem Umfange den Marktgesetzen unterliegen, ohne dass ihr besonderer Charakter oder ihr gesellschaftlicher Zweck berücksichtigt würde. Es darf nicht hingenommen werden, dass derart unterschiedliche Dienstleistungen in einen Topf geworfen werden.
Ist das europäische Sozialmodell bedroht?
EU-Kommissar Bolkestein plant den Abbau von Hindernissen beim Angebot von Dienstleistungen und die Vollendung des Binnenmarkts. Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass diese so genannten Hindernisse in den meisten Fällen staatliche Regelungen sind, die im Interesse einer besseren Dienstleistung für alle liegen: zum Schutze der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, zur Sicherstellung des freien Zugangs zu den Dienstleistungen und zur Gewährleistung einer hohen Dienstleistungsqualität. Diese Regelungen wurden geschaffen, um zu vermeiden, dass die freie Ausübung von Dienstleistungen zu einem Dschungel verkommt, in dem nur ein Gesetz gilt, nämlich das der Suche nach sofortigem Profit.
Das Herkunftslandprinzip
Das Herkunftslandprinzip bedeutet, dass ein Dienstleister ausschließlich den Gesetzen des Landes unterliegt, in dem er sich niederlässt, und nicht etwa des Landes, in dem er seine Dienstleistung erbringt. Hier liegt ein rechtlicher Anreiz zur Verlagerung des Firmensitzes in ein Land vor, in dem die steuerlichen, sozialen und ökologischen Vorschriften weniger streng sind, und zur Schaffung von "Briefkastenfirmen", die von ihrem Firmensitz aus in der gesamten EU zu Dumpingbedingungen tätig werden könnten. Die Folge ist ein enormer Druck auf die Länder, deren soziale, steuerliche und ökologische Standards einen höheren Schutz des Allgemeininteresses garantieren. In unserer Region sind wir bereits heute mit Problemen in Sachen Delokalisierungen, Sozialdumping und Zeitarbeit konfrontiert, die durch diese Richtlinie noch verschlimmert werden.
Beispiel : Entsenderichtlinie
Die Entsenderichtlinie bietet Dienstleistungsunternehmen die Möglichkeit, ihre Arbeitnehmer in ein Land der Union zwecks vorübergehender Beschäftigung entsenden zu können. Diese Praxis wird also bereits heute per Richtlinie geregelt und dient dem Schutz des Arbeitsmarkts und der jeweils herrschenden Arbeitsbedingungen. So kann von einem Unternehmen, das Arbeitnehmer/innen in ein anderes Land der EU entsendet, eine Erklärung verlangt werden, dass für sie die Arbeitsbedingungen des Landes gelten, in dem sie ihre Tätigkeiten ausüben - zum Beispiel in Bezug auf Stundenlöhne, Arbeitnehmerschutz, Arbeitszeit und Sozialpapiere.
Der Bolkestein-Richtlinienvorschlag ist auf den ersten Blick beruhigend, denn er behält dieses System bei. Insofern ist es eine Ausnahme zum Herkunftslandprinzip. Allerdings ist es auch Ziel des Richtlinienvorschlags, den Papierkrieg abzuschaffen, der die Freizügigkeit der Dienstleistungen behindert. Dadurch werden dem Gastland Kontrollen erschwert oder gar unmöglich gemacht. Mit anderen Worten: Der Bolkenstein-Vorschlag führt die Entsenderichtlinie ad absurdum!
Der Bereich Zeitarbeit
Das gleiche gilt für die Zeitarbeit. Derzeit müssen Zeitarbeitsfirmen zugelassen sein, wenn sie ihre Dienstleistungen erbringen wollen. Dies stellt sicher, dass nur die Unternehmen, die eine ausreichende Qualitätsgarantie nachweisen können, in einem Land der Großregion tätig werden dürfen. Die geplante Richtlinie gefährdet dieses Zulassungsverfahren. Damit wird der Weg frei gemacht für weniger seriöse Firmen, die mit unlauteren Methoden die gesamte Branche destabilieren könnten. Darüber hinaus werden die Zeitarbeitsfirmen indirekt dazu ermuntert, sich in den Ländern niederzulassen, in denen sie die niedrigsten Steuern bezahlen müssen und die Sozialabgaben am geringsten sind. Sie werden dann Zeitarbeitnehmer zu lächerlich niedrigen Kosten nach ganz Europa schicken können, wo dann Zeitarbeitsfirmen etwa mit Sitz in der Großregion nicht konkurrieren können. Dann werden diese keine andere Wahl haben, als ihren Sitz ins Ausland zu verlagern, um überhaupt überlebensfähig zu sein, oder sie werden Druck auf die Gewerkschaften und die Politik ausüben, um die Lohnkosten zu drücken.
Verheerende Folgen für den Gesundheitssektor
Es sollen tatsächlich eine ganze Reihe von Genehmigungsverfahren und Anforderungen abgeschafft werden, die nicht weniger als die Grundfesten der meisten nationalen Gesundheitssysteme darstellen, um Qualität, freien Zugang und finanzielles Gleichgewicht des Systems sicherzustellen.
Wenn man nun den Grundsätzen der Bolkestein-Richtlinie folgt, dann laufen die Staaten Gefahr, einen Großteil ihrer Selbstständigkeit bei der Festlegung grundsätzlicher Entscheidungen im Bereich der Organisation des Gesundheitssektors aus der Hand zu geben. Mit anderen Worten, es wäre das Ende jeder öffentlichen Gesundheitspolitik, die ihren Namen noch verdient.
Ich denke, mit obiger Erläuterung der Europäischen Gewerkschaften wird noch etwas klarer, wie bedrohlich diese Richtlinie für alle Arbeitnehmer im privaten und öffentlichen Dienstleistungsbereich im westlichen Kerneuropa ist! Die Einführung bedeutet Versklavung und brutalste Herrschaft des Kapitals.
Letzte Meldung: Habe heute vormittags erfahren, daß Frankreichs Regierung die Richlinie abgelehnt hat!
Aber, es ist so "still" in deutschen Politikkreisen!