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Peer Steinbrück - nur einer von vielen!

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Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 10.10.12, 14:30  Betreff: Peer Steinbrück - nur einer von vielen!  drucken  weiterempfehlen

Von Hans Fricke



Peer Steinbrück - nur einer von vielen!


Noch sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) wegen  des Verdachts der Vorteilsannahme als niedersächsischer Ministerpräsident nicht abgeschlossen, da kommt der Ex-Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat, Peer Steinbrück, wegen seiner Nebenverdienste als Bundestagsabgeordneter ins Gerede.

Seine Reden, Bücher und Aufsichtsratsmandate machen ihn zum Rekordhalter in Sachen Dazuverdiener unter den Parlamentariern der BRD.

698.945 Euro hat der frisch gekürte Hoffnungsträger der SPD für das Amt des künftigen deutschen Regierungschefs in der laufenden Legislaturperiode neben seinen Abgeordnetendiäten allein mit seinen Nebeneinkünften verdient - mindestens. Wahrscheinlich ist jedoch, dass es doppelt oder dreifach so viel ist. Für einen Vortrag verdiente er bis zu 20.000 Euro. Seit 2009 könnter er bis zu 1,5 Millionen Euro verdient haben, berechnet Martin Reyer von abgeordnetenwatsch.de.

Alles streng im Rahmen des geltenen Rechts, tönt es aus Bundesvorstand und Bundestagsfraktion der SPD. Natürlich weist Herr Steinbrück seine Einkünfte pflichtgemäß aus. Auf der Seite des Bundestages kann man das nachlesen.
Die Sache hat jedoch einen Haken: Nebeneinküfte werden nur in drei Kategorien angegeben. Unter die höchste Einstufung  -  Kategorie 3 - fallen alle Einkünfte über 7.000 Euro. Genauer muss niemand die Beträge angeben - auch nicht Peer Steinbrück - egal ob er nun 7.000 oder 70.000 Euro bekommen hat.

Das hat die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten, von denen sehr viele einträgliche Nebenverdienste haben, so beschlossen, weil jeder von ihnen daran interessiert ist, dass die tatsächliche Höhe ihrer Nebenverdienste nicht bekannt wird. Das heißt, die zu Kontrollierenden bestimmen selbst darüber, bis zu welcher Höhe ihr Dazuverdienst angegeben werden muss und ab welcher Höhe es niemand mehr etwas angeht.

Ein zweites Problem, auf das Maik Freund im Handelsblatt vom 07.Oktober 2012 hinweist:  "Es sind vor allem Reden, mit denen Steinbrück zusätzlich Geld verdient hat. Redner werden allerdings häufig über Agenturen vermittelt, der eigentliche Auftraggeber wird nicht bekannt. Bei wem der SPD-Kanzlerkandidat hinter dem Rednerpult stand, ist also nicht transparent. Hinzu kommt: Normalerweise werben diese Agenturen mit ihren prominenten Rednern. Bei einer der Agenturen, die Steinbrück vertritt, sei das jedoch nicht der Fall, sagt Reyer. Was dem Ganzen etwas Undurchsichtiges verleihe.

Hinzu kommen Vorwürfe, Steinbrück habe auch für ein Interview Geld verlangt und bekommen; seine Abgeordnetentätigkeit habe unter seinen Redeengagements gelitten; und dann die anfängliche Weigerung des Kandidaten, sein Einkommen komplett offenzulegen.

So einig sich die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten ist, wenn es darum geht, ihre Diäten zu erhöhen, sonstige persönliche Vorteile in Anspruch zu nehmen, die tatsächliche Höhe ihrer Nebenverdienste zu verschleiern und das wahre Ausmaß der Spenden für ihre Partei nicht öffentlich werden zu lassen, so erbärmlich zeigen sich die "unabhängigen" und angeblich nur ihrem Amt und ihrem "Gewissen" verpflichteten "demokratischen Staatsdiener", wenn sie sich in ihrer Rage gegenseitig öffentlich ihrer Abhängikeit vom Kapital bezichtigen.

Den Vorwurf der Käuflichkeit seiner Partei durch den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel konterte der aufgebrachte FDP-Generalsekretär Lindner mit dem Hinweis, die SPD habe schließlich selbst Geld von der Auto-Industrie angenommen und sich danach für die Abwrackprämie stark gemacht.

Und am 07.12.2012 nahm die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles Steinbrück wegen seiner Nebenverdienste gegen Vorwürfe aus der FDP in Schutz, warf Union und FDP Scheinheiligkeit vor und forderte namentlich FDP-Generalsekretär Patrik Döring auf, der durch seine diversen Vorstands- bzw. Aufsichtsratsposten erhebliche Nebeneinkünfte hat, seine Nebentätigkeiten ebenfalls offenzulegen. Dörings Kritik an Steinbrück bezeichnete sie als "verlogen".

Immer mehr Anzeichen deuten darauf hin, dass "Geld gegen Gesetz" Bestandteil der Politik geworden ist. Die großzügigen Fink-Spenden an FDP und CDU zum Beispiel, zusammen fast zwei Millionen, und die daraufhin beschlossene Senkung der Mehrwertsteuer für Hoteliers hatten nach Meinung der unabhängigen Organisation LobbyCotrol , die gegen Korruption in der Politik kämpft nicht bloß "ein Geschmäckle", sondern Es stinkt!"

Die von der inzwischen häufig als "Mövenpick-Koalition" bezeichneten Bundesregierung beschlossenen Gesetze nutzen nicht nur der Hotelbranche. Zusammengerechnet zahlen Unternehmen zukünftig 2,4 Milliarden Euro weniger Steuern. Auch reiche Firmenerben profitieren davon. Etliche von ihnen müssen künftig  überhaupt keine Erbschaftssteuer mehr bezahlen.

Zu dem Skandal gehört, dass für einen Teil der Steuergeschenke Länder und Gemeinden blechen müssen. Ihnen fehlen künftig bis zu vier Milliarden Euro im Jahr. Die ohnehin schon stark gebeutelte Bevölkerung spürt das im tagtäglichen Leben. In den Kommunen steigen die Gebühren für Müll, Abwasser, Straßenreinigung, Parks und Friedhöfe. Wichtige Dienstleistungen für die Bürger entfallen vollends mangels Geld. Dabei sind die Steuersubventionen für das Hotelgewerbe nur die Spitze des Eisberges. Der Koalitionsvertrag ist voller Zugeständnisse an Lobbygruppen. So fiel süddeutsche.de bei einer kritischen Durchsicht dieses Vertrages von Union und FDP auf, dass das Werk voll sei mit Forderungen, die inhaltlich von Lobbygruppen vorgedacht wurden. Das bisschen Steuersubventionen für das Hotelgewerbe falle dabei kaum ins Gewicht.

Ist die Regierung käuflich, wie es der SPD-Vorsitzende seit 2010 öffentlich behauptet? Wird unser Volks von Lobbys und "Amigos" regiert? Was hat das alles noch mit "Volksvertretern" und Demokratie zu tun?

Es ist das Personal (so wurde z.B. der Spitzenmanager und Lobbyist des Verbandes der Privaten Krankenversicherung, Christian Weber, als Abteilungsleiter für Grundsatzfragen ins Gesundheitsministerium übernommen, und der EON-Generalbevollmächtigte für Wirtschaftspolitik und Lobbyist der Atom-Industrie, Gerald Hennenhöfer, wechselte ins Umweltministerium); es sind die großzüigen Parteispenden, die man getrost als Bestechungsgelder werten kann, und es ist der Koalitionsvertrag  -  überall ist die besorgniserregende Rolle der immer einflussreicher werdenden Wirtschaftslobbyisten im System der BRD spürbar.

Zu Recht stellte Paul Schreyer deshalb fest: "Im Sumpf aus bekannten Spenden, verdeckten Spenden, Parallelkampagnen und frei wucherndem Lobbyismus verblassen die Ergebnisse einer Bundestagswahl." und der Parlamentarsiche Geschäftsführer der Linkspartei im Bundestag ;Ulrich Maurer; kritisierte:
"Deutschland wird mehr und mehr zur gekauften Demokratie".

Der Kabarettist Georg Schramm beschrieb das politische System der Bundesrepublik in einer seiner Fernsehauftritte mit folgenden Worten: "Die Politik wird woanders gemacht. Unternehmerverbände machen die Politik und an denen hängen Hampelmänner, die dann auf der Berliner Puppenbühne Demokratie vorspielen dürfen."

Solange die Bundesrepublik Deutschland existiert, solange bemühen sich die Herrschenden assistiert von den Konzernmedien, den Bundesbürgern die Illusion zu vermitteln, sie würden in einem Rechtsstaat leben, dem die demokratische Willensbildung des Volkes, des "Souveräns", wesenseigen sei.

Dabei bedarf es nur eines Minimums an kritischer Sicht und Erinnerungsvermögen, um die Haltlosigkeit dieser Bemühungen zu erkennen.

Zur Erinnerung einige Fakten:

Aus dem Gründungsaufruf der CDU von Juni 1945: "(...) Dabei ist es unerlässlich, schon um für alle Zeiten die Staatsgewalt vor illegitimen Einflüssen wirtschaftlicher Machtzusammenballung zu sichern, dass die Bodenschätze in Staatsbesitz übergehen. Der Bergbau und andere monopolartige Schlüsselunternehmen unseres Wirtshaftslebens müssen klar der Staatsgewalt unterworfen werden." (Unterzeichnet von Jacob Kaiser und Ernst Lemmer)

Die SPD forderte im Aufruf vom Juni 1945: "(...) Verstaatlichung der Banken und Versicherungsunternehmen und der Bodenschätze, Verstaatlichung der Bergwerke und Energiewirtschaft(...) Scharfe Begrenzung der Verzinsung aus mobilem Kapital."

Und schließlich noch das Ahlener Programm der CDU vom 3.Februar 1947, das mit folgenden Worten begann:

"Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist dem staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden (...)
Inhalt und Ziel (einer) sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur noch das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde der Menschen entspricht, dem geisitigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und dem inneren und äußeren Frieden sichert."

Obwohl nach der Zerschlagung des Faschismus die Notwendigkeit der Beseitigung der Existenz und Macht der großkapitalistischen Monopole einer auch in der westdeutschen Bevölkerung weit verbreiteten Überzeugung entsprach, welche den Faschismus und seine Eroberungskriege in enge Verbindung mit der Macht der Monople brachte, und von den meisten Parteien, nicht nur von den sozialistischen, die Überführung der Schlüsselindustrie in Gemeineigentum gefordert wurde, ließen die westlichen Besatzungsmächte im engen Zusammenspiel mit dem deutschen Kapital, an seiner Spitze Adenauer-Intimus Bankier Pferdmenges, und den nach 1945 in seinem Auftrag und Interesse Regierenden, an ihrer Spitze Konrad Adenauer (CDU), den erklärten Willen des Volkes, des Souveräns, ins Leere laufen.

Wer den Inhalt der o.g. historischen Dokumnte, die den erklärten Willen der Bevölkerung der BRD nach dem zweiten Weltkrieg widerspiegelten, mit der 40jährigen Geschichte der BRD und dem heutigen Zustand des staatlich vereinigten Deutschlands vergleicht, der braucht kein Historiker zu sein, um zu begreifen, welche Kräfte und welche Parteien die antifaschistisch-demokatischen Bestrebungen der Menschen verraten haben und auch heute so tun, als hätte es diese eindeutigen Willensbekundungen nie gegeben.

Es sind dieselben Kräfte und Parteien, die den Menschen einzureden bemüht sind, in der heutigen BRD würden die Ideale, Ziele und politischen Erklärungen der Gründergeneration  der BRD fortgesetzt.

Kommen wir zurück zu Peer Steinbrück, der als Kanzlerkandidat den Eindruck zu erwecken versucht, er wolle und werde das Finanzkapital an die Leine nehmen.
Schon im Superwahljahr 2009, als es für die SPD darauf ankam, unbedingt an der Macht zu bleiben, hatte er es meisterhaft verstanden, die Rolle des Unschuldslamms zu spielen. So kritisierte er bei seinen Auftritten als Finanzminister die ungerechte Vermögensverteilung und plädierte für eine Reichensteuer.

"Vergessen" hatte er damals schon, dass seine Partei seit mehr als zehn Jahren den Bundesfinanzminister stellt und dass die rot-grüne Steuerreform 2001 Unternehmen massiv entlastete. Verdrängt hatte er, dass von einem Zuwachs des Volkseinkommens von 42 Milliarden Euro pro jahr 40 Milliarden bei den Vermögenden landeten  und dass nur 15 Prozent der Steuererklärungen von Millionären geprüft wurden. Und schließlich verschwieg dieser sozialdemokratische Vorkämpfer  für mehr soziale Gerechtigkeit, dass unter Rot-grün die Zahl der Millionäre auf 800 000 anschwoll, dass 100 Milliarden Euro an Unternehmensgewinnen pro Jahr nicht versteuert wurden (Deutscher Bundestag. Drucksache 16/8013) und dass die Gewinnsteuern von 35 Prozent auf unter 20 Prozent gesunken waren).

Ein Ex-Bundesfinanzminister, der Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen als Nebenverdienst ohne jedes Unrechtsbewusstsein einstreicht, seit Jahren eine drastische Umverteilung zugunsten der Reichen mit zu verantworten hat, und nun als Kanzlerkandidat ein völlig anderes Lied anstimmt, darf nicht erwarten, damit ernst genommen zu werden.



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Hans Fricke ist Autor des 2010 im GNN-Verlag erschienenen Buches "Eine feine Gesellschaft" -Jubiläumjahre und ihre Tücken, 1949 - 2010, 250 Seiten, Preis 15.00 Euro,
ISBN 978-3-89819-341-2

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