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"Fundsache"

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Seite: 1, 2
Autor Beitrag
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 23.06.03, 10:21  Betreff: Re: "Fundsache"  drucken  weiterempfehlen

Hallo Baba,

auch in der ARD kam neulich bei Monitor glaube ich eine Sendung über diesen mysteriösen Bürgerkonvent und auch dort wurde Miegel befragt, woher denn die Gelder, mindestens 8 Millionen Euro, für die Anzeigenkampagnen in verschiedenen Tageszeitungen und für die Fernsehspots stammten.

Statt seines sonst übliches Pokerface schmunzelte er nur maliziös und erwiderte geheimnisvoll, es seien engagierte Bürger mit ihren Spenden, also keine Geheimlogen, Wirtschaftsverbände, Parteien oder sonstige Organisationen. Na toll, solche spendablen Bürger mit einer fürwahr edlen Gesinnung - - - oder etwa doch nicht?

Eher doch nicht, bin ich überzeugt! Mich erinnert das vertrackt an den einstigen elitären CDU-Wirtschaftsverband der 50er und 60er Jahre, der eher im Verborgenen massive Strippenzieherei betrieben hat. Lions-Clubmitglieder waren dort besonders engagiert.

Nicht, daß ich falsch verstanden werde, ich habe nichts gegen politische Lobbyarbeit! Denn letztlich ist jedes politische Engagement legale Lobbyarbeit aber die Hintergründe wie Finanzierung von Kampagnen etc. müssen unbedingt der Öffentlichkeit bekanntgegeben werden. Der unbefangene Bürger muß umfassende Hintergrundinformationen erhalten um nicht Rattenfängern auf den Leim zu gehen.

Professor Miegel steht für mich nicht unbedingt als Muster an Vertrauens- und Glaubwürdigkeit.

bjk

Reife ist
schärfer zu trennen
und inniger zu verbinden
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Baba Yaga
New PostErstellt: 23.06.03, 07:10  Betreff: Bis heute keine Antwort  drucken  weiterempfehlen

Ich habe bereits vor einem Monat an Prof.Miegel gesschrieben und um Beantwortung versschiedener Fragen gebeten, u.a. wer die Anzeigen-Kampagne bisher finanziert habe,
....aber bis heute Fehlanzeige, keine Antwort.
Im Forum dieses Vereins kann man kritische Hinterfragungen auch nicht posten, sie werden erst gar nicht zugelassen und mir erscheint es so, als ob die sich selbst das Forum mit Beiträgen vollkleistern.

Ich denke, auch der propagierte "Andrang" der Bürger, um Mitglieder bei diesem ominösen Verein (Neo-Cons und Neo-Liberalisten) ist eine Luftblase!
Wer sich ein bißchen über die genannten Vorstandsmitglieder informiert, wird sehen, es geht um den "alten Dreck" in neuer Verpackung!

Da kann ich nur sagen:
Die dümmsten Kälber, wählen ihre Schlächter selber!

Baba Yaga
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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 21.06.03, 14:06  Betreff: "Fundsache"  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Das soll ich sein!
Ein Politiker antwortet dem Bürgerkonvent /Von Norbert Blüm


„Es ist soweit. Der Bürgerkonvent ist gegründet." Na endlich!

Die Geringschätzung der Politik hat in Deutschland eine angesehene Tradition. Zugegebenerweise auch unterschiedliches Niveau. Kaiser Wilhelm II. kannte keine Parteien mehr, und Hitler nannte das Parlament eine „Quatschbude". Der eine vertrat die bornierte, der andere die brutale Variante der Verachtung der Politik. Dazwischen datterte Hindenburg herum, und darüber, in den Höhen der Kultur, war das Naserümpfen über die politischen Niederungen auch immer wieder mal „en vogue". „Ich will nicht Politik, ich will Sachlichkeit, Ordnung und Anstand." Man sieht geradezu das blasierte Gesicht des Bürgersohnes Thomas Mann, als er, von der Trivialität des politischen Kampfes angewidert, seine „Betrachtungen eines Unpolitischen" zu Papier brachte. Der Gassenhauer „Ein garstig Lied! Pfui! Ein politisch Lied!" stammt aus dem Nationaldrama des Dichterfürsten Goethe. Und luzide-elitär hat auch der Philosophen-Präsident Richard von Weizsäcker einst die „Machtvergessenheit und Machtversessenheit der Politik" gegeißelt.

Man sieht, die Einschätzung, daß Politik ein „schmutziges Geschäft" sei, hat nicht nur an den Stammtischen ihren Platz im Leben, sondern ebenso bequem auf dem Dichterthron, im Staatssessel und auf dem universitären Lehrstuhl. Daß dabei manche unter den Verächtern selbst ihr Brot mit Politik verdienten, gehört zu den paradoxen Pointen dieser Art von Urteilsfindung. Goethe bezog seinen Lebensunterhalt schließlich auch von einem Weimarer Ministerposten. Und auch Richard von Weizsäcker fiel nicht vom Himmel ins Präsidentenamt.


Das Personal alter Märchen

In das Defilee der hohen Rösser, von denen herab sich so bequem über Politik reden läßt, hat sich jetzt der neue „Bürgerkonvent" eingereiht, wobei man noch nicht weiß, ob der Bezug auf „Konvent" aus Verehrung der klösterlichen Gemeinschaft herrührt oder gar eine Berufung auf den Geist des „Französischen Revolutionskonvents" ist. Der nächstliegende Bezugspunkt wären allerdings die Versammlungsgewohnheiten chargierter studentischer Verbindungen. Wie dem auch sei, die „Männer und Frauen des Bürgerkonvents" sind schon etwas Besonderes, was man ihrer Selbsteinschätzung entnehmen kann. Sie sind „selbstlos tätig". Sie setzen sich „mit ihrem guten Namen, ihrer Arbeitskraft, ihrer Zeit, ihren Verbindungen und ihrem Geld" für die Bürger ein. Und was noch wichtiger ist: „weder beziehen sie ihren Lebensunterhalt aus politischen Aktivitäten noch streben sie politische Ämter an." Den kleinen Schönheitsfehler, daß ihr Sprecher Miegel sich sein Geld mit Politikberatung verdient und der Vorsitzende Langguth nie ein politisches Amt, von denen er viele innehatte, abgelehnt hat, muß man freilich übersehen.

Den Kontrast bilden „Besitzstandswahrer, die ihre Positionen zäh verteidigen". Das ist eine schon etwas abgenutzte Berufsbezeichnung für Politiker. Deshalb kommt es noch dicker. Die Politik ist „hochgradig abnorm", denn sie befindet sich in einer „heillosen Vermengung von Staat, Parteien, Gewerkschaften und Verbänden". Politiker, so entnimmt man den Erläuterungen der „Männer und Frauen des Bürgerkonvents", sind nicht gerade Lügner (noch nicht), aber mit der Wahrheit stehen sie offensichtlich auf Kriegsfuß. „wer die Wahrheit verbiegt, spekuliert nicht ohne Grund auf Vorteile im politischen Wettbewerb." In einer Gesellschaft, die unter „Wahrheitsstau" steht, ist das eine naheliegende Versuchung, und Politiker sind gewitzte Leute. „Sie haben ihre Lektionen gelernt" und sind aus Erfahrung klüger geworden. „Nur wenige Politiker erhielten die Gunst der Wähler, wenn sie die Wahrheit sagten. Weit länger ist die Liste derjenigen, die hierfür mit Verlust des Mandats bestraft wurden." Da haben wir's endlich. Die Abgewählten sind allesamt Wahrheitsopfer. Das macht vielen die Niederlage erträglicher.

Doch Gott und dem Bürgerkonvent sei Dank. „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch", wußte schon Hölderlin. Endlich betritt der neue Bürgerkonvent die Bühne der Weltgeschichte. Es sind „Männer und Frauen" von „außerhalb der Parteien", die dazu beitragen, „Deutschland wieder aus der Sackgasse herauszuführen". Und diese Männer und Frauen haben Mut. Denn sie sagen uns, „daß die Verfolgung dieses Zieles nicht einfach ist und den orchestrierten Aufschrei der Profiteure der bestehenden Verhältnisse herausfordern wird". Es wird Heulen und Zähneknirschen sein, wenn Deutschland aus der Hölle der „Sackgassen", der „Zukunftsblindheit", dem „Reform- und Wahrheitsstau" herausgeholt und befreit wird von dem „nicht selten höchst egoistischen Einzelin-teressen", die sich „hinter dem Schild sozial verpflichtenden Handelns" verstecken.

Man fragt sich, wie in diesem Stau-Land, das die Männer und Frauen vom Bürgerkonvent so anschaulich beschreiben, überhaupt noch jemand überlebt hat. Die Beschreibung Deutschlands durch den Bürgerkonvent ähnelt überraschenderweise vielfach der Personalaufteilung alter Märchen, wo auf der einen Seite die gute Fee und ihr Gefolge und auf der anderen Seite die böse Hexe und ihre Sippschaft kämpfen. Augustinus hatte den Streit zwischen „civitas Dei" und „civitas terrena" wenigstens noch auf der Vertikalen zwischen Himmel und Erde angeordnet. Miegel und die Seinen versuchen die Entscheidungsschlacht zwischen Gott und dem Teufel auf die Erde herunterzuholen und auf der Horizontalen der Geschichte auszutragen. Was bei Augustinus noch spektakulär-philosophisch war, wird beim Bürgerkonvent praktisch. Karl Marx hätte seine helle Freude daran.

„Wir müssen beim Einkommen und sonstigen Arbeitsbedingungen Einbußen hinnehmen oder wieder deutlich besser werden als die anderen", ist eine von „sieben bitteren Wahrheiten", die der Bürgerkonvent enthüllt. Interessant wäre, was die Erstadresse dieser Empfehlung ist. Die Manager mit gestiegenen oder die Arbeiter mit stagnierenden Einkünften? Nur Mut: Roß und Reiter nennen!

Richtig beschreiben die Initiatoren des Bürgerkonvents, daß in der Demokratie „die Mehrheit unter Wahrung der legitimen Interessen der Minderheiten" entscheidet. Doch in Deutschland ist es nicht so. „In Deutschland wird dieser Grundsatz verletzt. Faktisch setzen straff organisierte Interessen der nichtorganisierten Minderheiten ihre Interessen - legitim oder nicht - gegen die objektiven Interessen der nichtorganisierten Mehrheiten durch." Wenn das so ist und die Parteien also die Mehrheitsverdreher sind, die als Minderheit sich die Rechte der Mehrheit unter den Nagel reißen, wie soll dann überhaupt entschieden werden? Auf dem Marktplatz von Athen kam man noch ohne Parteien aus. Die Vorbildlichkeit der direkten Athener Demokratie verliert allerdings viel von ihrem Glanz, wenn man bedenkt, daß die Mehrheit, gebildet aus Sklaven, Zugezogenen et cetera, auf Grund ihres Geburtsstandes von der Entscheidung „aller" ausgeschlossen war. Heute kommt eine funktionsfähige Demokratie offenbar nicht ohne Repräsentation durch Parteien aus. Es sei denn, der Bürgerkonvent greift auf die Vorschläge der Achtundsechziger zurück und fordert ein imperatives Mandat.

Diffus bleibt das Staatsverständnis des Bürgerkonvents. „Als die Menschen noch arm und ungebildet waren, mischte sich der Staat weit weniger in das Leben ein als jetzt." Abgesehen davon, daß in diesen goldenen Zeiten der Armut und der Bildungslosigkeit sich der Staat durchaus und sogar oft despotisch, grausam, ohne Rücksicht auf Recht und Ordnung, in das Leben seiner Untertanen einmischte, lädt diese idyllische Vergangenheitsbeschreibung zu der Schlußfolgerung ein, die meine Oma aus dem Sprichwort „Not lehrt Beten" zog, nämlich daß Not wieder herrschen müsse, wenn mehr gebetet werden soll.

„Wirtschaft und Arbeitsmarkt müssen wiederbelebt werden", ist eine der vielen fulminanteri Erkenntnisse, die der Bürgerkonvent verkündet, auf die offenbar noch niemand vor ihm gekommen ist. Sie empfehlen die Umsetzung „ungetaner Arbeit" in „Arbeitsplätze". Hurra! „Das ist in Deutschland schwierig. Für die meisten zu schwierig. Sie ziehen es vor, Arbeitsplätze zu suchen, statt zu schaffen." Mit Verlaub - das ist die Kombination einer Platitüde mit einem Zynismus. Ich empfehle dem Bürgerkonvent, diese Sätze einem fünfzigjährigen arbeitslosen Ingenieur zu schreiben, der hundert erfolglose Bewerbungsschreiben hinter sich hat.

Die Wahrheit, die angeblich im Stau steht, ist kein Kalauer. Die „Ich-AG", der „Job-Floater", die „Personal-Service-Agentur" und andere Rezepte aus dem Hartzschen Zauberkoffer haben keine Massen von Arbeitssuchenden in Arbeit gebracht. Die staatsfreie private Arbeitsvermittlung hat in der Zeit 20 000 Arbeitslose in Arbeit vermittelt, in der die vom Bürgerkonvent a1s „unstrittig wenig effektiv" bezeichnete Bundesanstalt für Arbeit zwei Millionen in Arbeit gebracht hat.


Ein Lichtlein im Dunkeln

„Pro Kopf der Bevölkerung erwirtschaften wir heute fünfmal soviel wie die Menschen vor 50 Jahren", stellt der Bürgerkonvent fest. Ein schwacher Trost für alle, die an diesem großen Erfolg nur wenig partizipieren. Zehn Prozent der Haushalte verfügen über rund 50 Prozent der Privatvermögen. 50 Prozent dagegen nur über rund vier Prozent. Wie wär's, wenn der Bürgerkonvent seiner eindrucksvollen Stau-Liste noch den „Gerechtigkeitsstau" hinzufügte? Herr Flick ist jedenfalls nicht zu seinem Vermögen gekommen, weil er sparsam war und abends ein Fläschchen Bier weniger getrunken hatte als mein Vater.

„Substantielles Sparen ist wichtiger denn je. Es wird erleichtert durch Verringerung der staatlichen Abgabenlasten." Wenn es so einfach wäre, könnte man nicht erklären, wieso vierzig Millionen Amerikaner, die keine Krankenversicherung abgeschlossen haben, also von dieser Abgabenlast befreit sind, so wenig sparen. Und obwohl die Vereinigten Staaten keine gesetzliche Alterssicherung besitzen, die auf einem Umlagesystem basiert, das angeblich die Sparfähigkeit ruiniert, ist die private Sparquote in Amerika niedriger als die in Deutschland.

Zwischen der Beschreibung von „Reformstau", „Wahrheitsstau" und „Sackgassen", zwischen den schreckenerregenden Hiobsbotschaften, Untergangsszenarien und Katastrophenmeldungen hat der Bürgerkonvent ein Lichtlein versteckt. „Wir Deutschen haben in der Vergangenheit große Herausforderungen eindrucksvoll bewältigt - den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, die Wiedervereinigung unseres Landes, Naturkatastrophen bei uns und wo auch immer auf der Welt." Also doch: Deutschland ist noch nicht verloren.

Vielleicht, ja vielleicht waren unter Umständen auch die so heruntergekommenen Politiker an der Bewältigung dieser „großen Herausforderungen" beteiligt. So lange liegt die Zeit dieser großen Leistungen auch nicht zurück, als daß die Politiker, die es damals gab, heute schon alle mumifiziert wären. Vielleicht, ja sogar wahrscheinlich sind dann doch nicht „viele kostbare Jahre mit endlosem Gerede und nutzlosen Streitereien vertan worden", wie der Bürgerkonvent befürchtet.

Männer und Frauen vom Bürgerkonvent: Laßt die Tassen im Schrank. Es gibt viel zu verändern, aber ganz so schlecht, wie ihr Deutschland macht, ist es auch wieder nicht. „Allzu spitz sticht nicht", ist eine alte Volksweisheit, die auch der Bürgerkonvent beherzigen sollte. Ich kenne übrigens sogar ein paar Länder, die uns um unsere Gewerkschaften und ihre Verantwortung beneiden.
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Hat Nobby nicht klasse gekontert? - Jaaaaaaaaaaaaaa

meint bjk



Reife ist
schärfer zu trennen
und inniger zu verbinden


[editiert: 21.06.03, 14:22 von bjk]
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