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PLATTFORM FÜR LINKE GEGENÖFFENTLICHKEITEN

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Der Wahlkampf ist eröffnet: Eine Stellungnahme v.Gesine Lötsch PDS

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Baba Yaga


New PostErstellt: 03.07.05, 17:47  Betreff: Der Wahlkampf ist eröffnet: Eine Stellungnahme v.Gesine Lötsch PDS  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

01.07.2005
Noch in diesem Jahr wird eine starke linke Opposition in den Bundestag einziehen
Gesine Lötzsch, in der Debatte des Deutschen Bundestages zur Vertrauensfrage des Bundeskanzlers

Für Bundeskanzler Schröder war es immer wichtig, dass er Zuspruch von den Reichen und Mächtigen bekommt. Er war der Autokanzler, er war der Kanzler der Arbeitgeber. Er wurde von Rogowski, Hundt und den vielen anderen Arbeitgebervertretern und der Bildzeitung für seine Politik gelobt und angefeuert. Mich würde es nicht wundern, wenn Bild-Chef Dieckmann morgen mit der Schlagzeile kommt: "Bild ist Kanzler". Ich hatte nämlich oft den Eindruck, dass die Tagesordnung des Kabinetts erst nach der Lektüre der Bildzeitung festgelegt wurde. Erinnern wir uns nur an "Florida-Rolf". Am 16. August 2003 berichtete die Bildzeitung von dem Sozialhilfeempfänger Rolf John, der in Florida lebte und angeblich seine "fette" Sozialhilfe unter Palmen verprasse. Schon exakt zwei Monate später wurde das entsprechende Gesetz geändert. "Florida-Rolf" ist wieder in Deutschland und bekommt mehr Sozialhilfe als in Florida. So schnell konnte die Bundesregierung arbeiten, wenn ihr Probleme wirklich wichtig erschienen. Jetzt, nach dem die Bundesregierung sieben Jahre verstreichen ließ, fällt ihr plötzlich ein, was sie alles nicht geschafft hat. Nachdem die Regierung den Höchststeuersatz auf ein historisches Tief abgesenkt hat, fordert sie jetzt die Reichen-Steuer. Das ist Wählertäuschung. Übrigens hatte die SPD schon im Wahlkampf 1998 die Vermögenssteuer versprochen. Es gibt sie immer noch nicht. So viel zur Glaubwürdigkeit der SPD.

Frau Merkel ist allerdings keine soziale Alternative zu der jetzigen Regierung. Im Gegenteil, wir dürfen nicht vergessen, dass die Praxisgebühr und die Hartz-Gesetze auch von der CDU/CSU getragen wurden. Frau Merkel wird nicht alles anders machen. Sie wird die gescheiterte neoliberale Politik der Schröder Regierung mit noch größerem Eifer fortsetzen und damit genauso scheitern, wie die jetzige Regierung gescheitert ist. Denn den Wirtschaftsweisen, wie Herrn Rürup, ist es egal, wer unter ihnen Kanzler ist. Die Schröder-Regierung hat die Medizin der Wirtschaftsweisen nicht vertragen. Herr Rürup wird der neuen Patientin, der Merkel-Regierung, wieder die gleiche falsche Medizin verschreiben.

Wir brauchen nicht nur einen Regierungswechsel, wir brauchen vor allem einen Politikwechsel. Der Grundansatz der Politik war falsch. Die Lohnkosten sollten auf chinesisches Niveau gedrückt werden. Die Regierung hat ihre ganze Kreativität in den Fragebogen für Arbeitslosengeld-II-Empfänger gesteckt, anstatt Wissenschaft und Forschung, Innovationen und Ausbildung zu fördern.

Die Regierung hat Arbeitslose unwürdig behandelt. Sie hat, obwohl sie weiß, dass es zu wenige Arbeitsplätze in unserem Land gibt - immer wieder suggeriert, man müsse Arbeitslose nur drangsalieren, dann fände sich schon eine Arbeit. Das ist bösartig und unwürdig. Ich frage mich manchmal, zu welchen Methoden die Regierung noch gegriffen hätte, wenn wir nicht Exportweltmeister und nicht eines der reichsten Länder der Erde wären?

Es ist grundsätzlich falsch zu glauben, dass Reformen wehtun müssen. Reformen, wie sie die PDS vorschlägt, tun nicht weh. Sie sind völlig schmerzfrei. Die Einführung der Vermögenssteuer, ein Höchststeuersatz von 50%, eine höhere Erbschaftssteuer, die Tobin-Steuer, all diese Reformen werden den Betroffenen nicht wehtun. Die Betroffenen werden sich auch nach diesen Reformen nicht einmal einschränken müssen.

Es kommt heute keine wirkliche Trauer auf. Im Gegenteil, es besteht die Hoffnung, dass noch in diesem Jahr eine starke linke Opposition in den Bundestag einzieht und eine schwarz-gelbe Regierung nicht schalten und walten kann, wie sie es gern möchte.

Die PDS will etwas ganz Einfaches erreichen:
Die Menschen sollen gesund und in Würde und Frieden arbeiten können. Dafür haben wir gute Konzepte, die am 18. September gewählt werden können.
PDS im Bundestag

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bjk

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New PostErstellt: 03.07.05, 20:27  Betreff:  Re: Der Wahlkampf ist eröffnet: Eine Stellungnahme v.Gesine Lötsch PDS  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Baba Yaga
    Die PDS will etwas ganz Einfaches erreichen:
    Die Menschen sollen gesund und in Würde und Frieden arbeiten können. Dafür haben wir gute Konzepte, die am 18. September gewählt werden können.
    PDS im Bundestag
na, dann sorgen wir man dafür, daß die Noch-PDS auch später unbeirrt beim Einfachen bleibt!
Und die GenossInnen hier in Berlin auch dazu gebracht werden



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New PostErstellt: 13.07.05, 19:09  Betreff: Re: Der Wahlkampf ist eröffnet:  drucken  weiterempfehlen




Kommentar


Weniger wird mehr sein


Die Linkspartei kann gewinnen,

wenn sie sich nicht zu wichtig nimmt / Von Ulrich Brand



Die Linkspartei aus PDS und WASG wird von den linken sozialen Bewegungen kaum wahr genommen. Das wäre zur Rekonstruktion einer relevanten, pluralen Linken aber wichtig. Der Autor rät deshalb zur Auseinandersetzung beider Seiten. Die Linkspartei müsste Kritik akzeptieren und sich programmatisch für die Bewegungen öffnen.


In den linken sozialen Bewegungen hierzulande dominiert gegenwärtig die Einstellung, sich nicht oder nur am Rande mit dem Projekt der Linkspartei zu befassen. Zu irritierend sind einige Äußerungen von Oskar Lafontaine, zu sehr dominieren ältere Herren, zu sehr wird die inhaltliche Ausrichtung - insbesondere der WASG - auf "Anti-Hartz IV" enggeführt. Man wisse ja, wo die Partei in einem Jahr stehe, wird abwinkend festgestellt: Die Abgeordneten und Parteibürokratie werden den Laden dominieren, schon aufgrund der zeitlichen und materiellen Möglichkeiten wie auch wegen der mit den Mandaten verbundenen finanziellen Interessen.

Die Erfahrungen zeigen auch, dass emanzipative Politik von Parteien ein Stück weit gegen die staatlichen Strukturen durchgesetzt werden muss. Das ist angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse kaum sichtbar. Ein demokratisches Projekt steht jedenfalls nicht sehr weit oben auf der Tagesordnung. Es dominieren defensive Kämpfe (die deswegen nicht falsch sind). Die Regeln von Parlamentarismus und Öffentlichkeit wirken oft stärker auf Parteien, zumal auf kleine, als umgekehrt.

Drei Gründe und eine strategische Möglichkeit könnten dafür sprechen, sich dennoch genauer damit auseinander zu setzen. Die nur in der Zukunft zu beantwortende Frage ist dabei, wie eine relevante Linke in diesem Land wieder entstehen kann. Zum einen können einer linken Partei durchaus Reflexionsfähigkeit und Lernprozesse zugestanden werden. Die jüngsten Erfahrungen von Bündnisgrün und PDS liegen ja auf der Hand. Dies ist aber nur möglich, wenn die Partei nicht autistisch bleibt und sich für eine wirkliche Repräsentanz linker Politik hält. Grundlage solchen Lernens ist die systematische und notwendig spannungsgeladene Öffnung zu linken Bewegungen wie auch zu kritischen Intellektuellen.

Sowohl PDS wie auch WASG sind für beide Spektren bislang nicht attraktiv. Ein nicht-instrumentelles Verhältnis von einer Partei zu Bewegungen und Intellektuellen kann nicht postuliert werden, sondern setzt Vertrauen voraus. Das wiederum entsteht dadurch, dass Kritik zugelassen und produktiv verarbeitet wird. Dass Streitkultur und Pluralität als notwendig erachtet wird. Die Grünen sind ein Beispiel, wie das ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr funktionierte. Dennoch sollte man mögliche Lernprozesse nicht von vornherein ausschließen. In der PDS habe ich den Eindruck, dass in den vergangenen Jahren interessante Entwicklungen stattgefunden haben.

Zweitens: Die Partei selbst, oder zumindest relevante Teile, könnte merken, dass eine Öffnung hin zu sozialen Bewegungen sinnvoll ist. In der Parteienkonkurrenz werden sich SPD und Bündnisgrün programmatisch wieder nach links bewegen, freilich ohne den Glaubwürdigkeitsverlust ernsthaft aufhalten zu können Die Linkspartei könnte in der Parteienkonkurrenz punkten. Voraussetzung ist, wie gesagt, ein glaubwürdiger, d.h. nicht-instrumenteller Umgang mit Bewegungen. Nichts wäre tumber, als wenn die Partei ab Ende September sich zum "parlamentarischen Arm" sozialer Bewegungen deklariert.

Wenn das deutlich wird (je früher, desto besser), dann bestehen auch Chancen, dass sich die Partei programmatisch öffnet hin zu antirassistischen und feministischen, friedenspolitischen und sozialökologischen Fragen, hin zu internationalistischen und weltwirtschaftlichen Widersprüchen der derzeit keynesianischen Ausrichtung. Das ist nun keine naive Wunschliste, sondern eine Aufforderung an jene Kräfte in der Partei und um sie herum, die an einer starken und pluralen Linken in diesem Land interessiert sind, sich den Themen zu stellen, Austausch zu suchen, die Partei nicht zu wichtig zu nehmen. Für die Bewegungen hieße das, inhaltliche und organisatorische Möglichkeiten sorgfältig auszuloten.

Den dritten Grund, sich aus der Perspektive von sozialen Bewegungen und parteifernen Intellektuellen doch intensiver mit dem Projekt zu befassen, geben die Verhältnisse selbst. Die aktuelle politische Situation kann man so umreißen, dass wir zumindest eine Legitimationskrise des Neoliberalismus erleben, die ein solches Projekt überhaupt möglich macht. Gleichzeitig deutet viel darauf hin, dass wir es mehr und mehr mit einer autoritären Variante des Neoliberalismus zu tun bekommen. Die Partei lebt ja nicht von einem attraktiven Gegenentwurf, sondern von einer defensiven Haltung in Bezug auf diese Entwicklungen mit ihrem vorläufigen Höhepunkt von Hartz IV. Die Linkspartei repräsentiert - wie bisher die PDS in Ostdeutschland - Erfahrungen von Marginalisierung und Elend sowie Abstiegsangst. Das muss parteipolitisch wirklich nicht von Rechtsaußen bedient werden. Im Gegensatz zu den Bündnisgrünen geht die Linkspartei zwar noch nicht einmal aus sozialen Bewegungen in West- und Ostdeutschland hervor. Das ist aber kein Grund, dass sie noch schneller unattraktiv werden muss für linke Bewegungen als die Bündnisgrünen.

Deutlicher als noch vor fünfzehn oder dreißig Jahren ist auch, dass Parlamente immer stärker zu Akklamationsmaschinen und öffentlichen Bühnen pseudo-kontroverser Auseinandersetzungen geworden sind. Das bedeutet nicht, dass "man" nichts machen kann, denn natürlich ist es in bestimmten Fragen wichtig, dass es linke Opposition und alternative Vorschläge in Parlamenten gibt. Die Zähmung der immer arroganter werdenden politisch und ökonomisch herrschenden Klasse an der einen oder andren Stelle ist sinnvoll. Aber die Wiederherstellung demokratischer Strukturen und Prozesse, zu denen auch Parlamente gehören, in einer globalisierten Welt ist ein komplexerer Prozess und ohne breite soziale Kämpfe und weitreichende Vorschläge gar nicht denkbar. Das beträfe übrigens auch die mögliche Beteiligung der Linkspartei an Landesregierungen. Handlungsspielraum dort muss ja erst wieder grundsätzlich gegen mächtige und international organisierte Kräfte gewonnen werden.


Damit öffnen sich strategische Möglichkeiten. Wenn die Partei sich zurücknimmt, könnte sich eine Perspektive öffnen, die auch in den Bewegungen dringend diskutiert werden muss: Nämlich die inhaltlich-strategische und organisatorische Rekonstruktion einer pluralen Linken hierzulande. Dieser Aspekt scheint mir zentral. Insofern müsste die aktuelle Diskussion ein Stück weit wieder von der Linkspartei weggeführt und in einen größeren Kontext gestellt werden. Was wird eigentlich - jenseits der dann anlaufenden parlamentarischen Arbeit - nach der Wahl? Öffnet sich ein "Möglichkeitsfenster" für die Rekonstruktion einer relevanten Linken hierzulande?

Anerkannt werden muss in der Partei und in ihrem Umfeld, jenseits von öffentlicher Aufmerksamkeit und Wahlarithmetik: Wirkliche Alternativen entstehen nicht durch eine Partei und ein Programm, um der neoliberalen SPD und Bündnisgrünen Wahlstimmen abzunehmen, sondern durch eine Veränderung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse, dominanter Orientierungen und ein sich nach und nach entwickelndes gegen-hegemoniales Projekt. Dann können aus der gegenwärtigen Angst von vielen Menschen wieder befreiende Lebens- und Handlungsentwürfe entstehen. Dann kann intensiviert werden, was an den Rändern der Gesellschaft längst und kontrovers diskutiert wird: Was nämlich angemessene Formen solidarischen, demokratischen und auch Wohlstand schaffendes Zusammenlebens sind. Das geschieht an vielen Orten - etwa in Betrieben, Schulen, Hochschulen, Medien, alltäglichen Beziehungen. Wichtig wäre dabei etwa, dass die Gewerkschaften bzw. relevante Teile in ihnen wirklich mit der Sozialdemokratie brechen.

Eine wirkliche Linkspartei, die ja zweifellos stärker in der Öffentlichkeit vertreten ist, könnte das Stimmungsklima leicht verschieben und damit Denk- und Handlungsräume öffnen, die in der vermeintlichen Alternativlosigkeit des Neoliberalismus dringend notwendig sind. Sie könnte in Auseinandersetzungen mit Bewegungen und Intellektuellen die Grenzen ihrer aktuellen traditionell-sozialdemokratischen Positionen verschieben. Etwa die Widersprüche anerkennen, die sich im Land des "Export-Weltmeisters" ergeben für die Entwicklung einer solidarischen und ökologischen Weltordnung, was nämlich den radikalen Umbau von Produktions- und Konsummustern beinhaltet. Sie müsste feministische und antirassistische Positionen systematisch berücksichtigen, sich einlassen auf die zentrale und in den Bewegungen längst diskutierte Frage der Entkopplung von Einkommen und Lohnarbeit.

Ich bleibe, zugegebenermaßen, skeptisch. Natürlich wird es Verschiebungen geben. Insbesondere die entwicklungs- und umweltpolitischen "Szenen" werden weit weniger auf staatliche Ressourcen zurückgreifen können wie bisher; die "zivilgesellschaftlichen Verteilungskämpfe" werden stärker werden. Die Form einer Partei hat im parlamentarischen System immer etwas Ausschließendes. Es wird einen Anpassungsprozess an parlamentarisch-repräsentative Abläufe geben und in der breiten Öffentlichkeit müssen die Argumente "vernünftig", d.h. technokratisch und umsetzbar sein. Lafontaine und Gysi werden durch die Talk-Shows gereicht werden und versuchen, auf einer Verteidigung des Sozialstaats zu bestehen. Linke Sozialstaatskritik und öffnende Perspektiven sind nicht sichtbar. Das ist wahrscheinlich. Aber es könnte sich auch anders entwickeln. Vor fünf Jahren hat hierzulande auch niemand gedacht, dass aus der Initiative einiger NGOs mit Attac ein politisch wichtiger, sich produktiv streitender politischer Akteur werden würde.

Deshalb plädiere ich dafür, dass sich die linken Bewegungen etwas systematischer mit den Möglichkeiten und Grenzen, Chancen und Gefahren der Linkspartei auseinander setzen Im klärenden Streit und sich nicht dem Rhythmus des Wahlkampfes anpassend. Das bedeutet auch nicht, nun Forderungen zu stellen, die im Wahlprogramm auftauchen sollen (das ist ja umgekehrt ein Instrumentalisierungsversuch der Partei durch Teile der Bewegungen). Aber ein genaues Ausloten gegenseitigen Umgangs miteinander, was angesichts der aktuellen Programmatik sicherlich nicht heißt Wahlaufruf oder formelle Allianzen.

Für die Linkspartei heißt das: Wenn sie ihre politische Bedeutung stärken will, muss sie sich zurücknehmen. Sie muss anerkennen, dass die Neugründung einer relevanten Linken ein breiter Prozess ist und schon einiges in den Bewegungen geschehen ist. Die Linkspartei hätte ohne die Kritik vielfältiger Bewegungen in den vergangenen Jahren ja gar nicht ihr Potenzial. Eine Partei kann nur ein Teil gesellschaftlicher Veränderungen sein und das Engagement von Millionen von Menschen für eine bessere Gesellschaft in unterschiedlichen Zusammenhängen nicht ersetzen. Sie kann dieses Engagement auch nicht einfach herstellen, sondern allenfalls in umsichtigem Handeln für bestimmte Fragen bündeln. Ansonsten werden wir ein kurzes Strohfeuer erleben, das zum x-ten Male und unterstützt von den herrschenden Kräften die Illusion des Parlamentarismus nährt.


Der Autor
Dr. Ulrich Brand arbeitet an der Universität Kassel am Fachgebiet "Globalisierung & Politik" und ist politisch aktiv in der Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) und im wissenschaftlichen Beirat von Attac. Studienaufenthalte führten ihn nach Argentinien, Mexico und in die USA.

Für seine Doktorarbeit "Nicht-Regierungs-Organisationen, der Staat und die ökologische Krise" erhielt er im Jahr 2000 den Umweltpreis der Universität Frankfurt . Im April erschien sein Buch "Gegen-Hegemonie. Perspektiven globalisierungskritischer Strategien" (Hamburg, VSA-Verlag, 224 S., 13,80 Euro). Der hier wiedergegebene Beitrag erschien erstmals in der Internet-Zeitung www.links-netz.de ; die offenen Redaktionstreffen finden jeden dritten Mittwoch im Club Voltaire in Frankfurt a.M. statt. aud



Dossier: Deutschland vor Neuwahlen



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New PostErstellt: 14.07.05, 00:08  Betreff: Re: Der Wahlkampf ist eröffnet: Eine Stellungnahme v.Gesine Lötsch PDS  drucken  weiterempfehlen

kopiertaus: http://www.jungewelt.de/2005/07-14/020.php



Interview
Interview: Peter Wolter


»Wir brauchen einen neuen Spartakusbund«


Gründung der Linkspartei wäre ein Schritt aus der Depression heraus. Alle heutigen Parteien sind nur Wahlvereine. Ein Gespräch mit Theodor Bergmann*


* Prof. Dr. Theodor Bergmann wurde 1916 geboren. Er war u.a. Landarbeiter und gehörte in der Weimarer Republik und im Exil der Kommunistischen Partei-Opposition an, aus seiner Feder stammen viele Werke zur Geschichte der Arbeiterbewegung. Bis 1981 war er Professor für international vergleichende Agrarpolitik an der Universität Hohenheim.

F: Sie haben fast 100 Jahre deutscher Geschichte miterlebt, vor allem die der Arbeiterbewegung. Wie ordnet sich die angestrebte Gründung der Linkspartei in Ihre Erfahrungen ein?

Es hat viele neue Organisationen, Parteigründungen und Spaltungen gegeben. Das ist ein Teil unserer Geschichte. Ich glaube nicht, daß wir immer in einer Partei sein sollten, es muß ab und zu Spaltungen geben. Es können nicht Rosa Luxemburgs Freunde mit Gustav Noske in einer Partei sein.

Die deutsche Arbeiterklasse steckt in einer Depression: Der Reformismus ist ebenso zusammengebrochen wie das stalinistische Kommunismusmodell. Abgesehen davon wäre es aber gut, daß wir wieder eine Vertretung im Bundestag haben, der bisher ja keineswegs den Willen des Volkes widerspiegelte.

Die Linkspartei ist nicht das Gelbe vom Ei, sie ist nur ein kleiner Schritt, um aus der Depression herauszukommen. Sie kann unsere Forderungen aber nur dann zu Gehör bringen, wenn wir von unten Druck machen.

F: Wie läßt sich Druck auf Parteifunktionäre der PDS und Gewerkschaftsbürokraten der WASG ausüben?

Darunter sind auch ehrliche Linke, die wissen, wo die arbeitenden Menschen der Schuh drückt. Die meisten sind keine Marxisten, sondern Leute, die meinen, »mitgestalten« zu müssen. Es geht aber nicht darum, im Bundestag etwas zu gestalten, sondern zu protestieren. Wir brauchen so etwas wie einen neuen Spartakusbund, aus dem eine sozialistische Partei entstehen könnte. Ziel muß der Sozialismus sein – was viele nach dem Niedergang des realen osteuropäischen Sozialismus aufgegeben haben. ATTAC sagt, eine andere Welt sei möglich – ich sage, diese andere Welt kann nur eine sozialistische sein.

F: Jetzt geht es aber doch erst einmal um die Bundestagswahl ...

Im Grund sind alle heutigen Parteien nicht mehr als Wahlvereine. Früher wurde diskutiert, es gab Streit um Richtungen, man kämpfte um eine neue Gesellschaft. Deswegen ist so etwas wie ein Spartakusbund nötig, der zeigt, daß wir erstens den Sozialismus brauchen und daß wir ihn zweitens auch erreichen können.

F: Welche Rolle messen Sie Gregor Gysi und Oskar Lafontaine zu? Sind das ernsthafte Politiker oder nur die Medienkasper der Linken?

Sie sind Wahlkampflokomotiven, aber keine Marxisten. In unserer Mediengesellschaft gibt es kaum noch linke Medien – junge Welt und Neues Deutschland sind schon fast die einzigen Ausnahmen. Wir haben in Deutschland ein Monopol der Kapitalisten, denen 99,6 Prozent der Medien gehören. So etwas nennt sich hierzulande Pressefreiheit. Und deswegen brauchen wir Leute wie Gysi und Lafontaine, die in dieser Medienlandschaft telegen auftreten können.

Das Wesentliche ist doch, daß wir auf der Straße und in den Betrieben wieder zu einer Kraft werden. Und dazu kann ein kleiner Wahlerfolg sicherlich ermutigen.

F: Die wirtschaftliche Lage in Deutschland wird häufig mit der zu Beginn der 30er Jahre verglichen. Es heißt, Schröders sogenannte Reformpolitik erinnere an die Brüningschen Notverordnungen. Ist es schlüssig, solche Parallelen zu ziehen?

Es gibt Analogien, aber nichts wiederholt sich. Damals hatten wir wenigstens noch linke Parteien. Die sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiter warteten in ihren Lokalen auf den Aufruf, gegen die Nazis zu kämpfen – der kam aber nicht.

Heute haben wir wieder sechs Millionen Arbeitslose. Die stehen aber nicht vor dem Arbeitsamt Schlange, sondern sitzen zu Hause, nachdem man ihnen suggeriert hat, sie seien selbst an ihrer Lage schuld.

Die Arbeiterklasse gibt es nach wie vor, aber das Klassenbewußtsein ist durch die Politik der Reformisten und auch der KPD/DKP schwächer geworden. Wir sind immer noch heute eine Klasse »an sich«, aber leider noch nicht wieder eine Klasse »für sich«.



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New PostErstellt: 14.07.05, 00:14  Betreff: Re: Der Wahlkampf ist eröffnet: Eine Stellungnahme v.Gesine Lötsch PDS  drucken  weiterempfehlen

als Nachtrag zu Prof. Dr. Theodor Bergmann noch eine URL http://www.rlf-bw.de/content/Gremien/Politische_Beichte_Bergmann.pdf



Wenn ein Kommunist arm ist, sagen die Leute, er sei neidisch.
Gehört er dem mittleren Bürgertum an, dann sagen die Leute, er sei ein Idiot, denn er handele gegen seine eigenen Interessen.
Ist er aber reich, dann sagen sie, seine Lebensführung stehe nicht mit seinen Prinzipien im Einklang.
Worauf dann zu fragen wäre:
Wann darf man eigentlich Kommunist sein?


Kurt Tucholsky 1931


[editiert: 14.07.05, 00:16 von bjk]
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New PostErstellt: 14.07.05, 05:50  Betreff: Re: Der Wahlkampf ist eröffnet: Eine Stellungnahme v.Gesine Lötsch PDS  drucken  weiterempfehlen

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Eine gegen alle

PDS attackiert im Wahlprogramm „Kartell der sozialen Kälte“

– und verzichtet auf Begriff „Sozialismus“


Von Matthias Meisner

Berlin
- Die PDS, die sich an diesem Wochenende in Linkspartei umbenennen will, geht in scharfer Abgrenzung zur Reformpolitik von Rot-Grün in den Wahlkampf. „Die Agenda 2010 steht für Wahlbetrug und Entsolidarisierung, mit ihr hat sich die SPD von ihren sozialdemokratischen Grundsätzen verabschiedet“, heißt es im Entwurf des Wahlprogramms, der dem Tagesspiegel vorliegt. In dem 17-seitigen Papier wird auch die bürgerliche Opposition scharf attackiert: Ein „großes Kartell der sozialen Kälte“ aus SPD und CDU/CSU, Grünen sowie FDP habe gemeinsam durchgebracht, „was den Menschen als ,Reformen‘ zugemutet worden ist“, stets unter Beteiligung von Gerhard Schröder und Angela Merkel. Die Linkspartei sieht sich als „unverzichtbare Stimme der Ostdeutschen“.

Das mit der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit besprochene Programm unter dem Titel „Für eine neue soziale Idee“ soll am Samstag vom PDS-Parteivorstand beschlossen und am Sonntag offiziell veröffentlicht werden. Mit dem Entwurf positioniert sich die PDS als Oppositionspartei, vermeidet aber den Begriff. „Wir werden dort sein, wo in unserem Land Protest und Widerstand notwendig sind“, heißt es. Mittelfristig soll viel möglich sein: Man sei offen für ein „breites Bündnis mit allen, die auf demokratische Weise einen anderen Entwicklungsweg der Gesellschaft einschlagen wollen“. Der Begriff Sozialismus kommt im Programmentwurf nicht vor. Das Bündnis mit Oskar Lafontaine und Gregor Gysi an der Spitze hatte schon zuvor eine Zusammenarbeit mit einer nach links gerückten SPD nicht ausgeschlossen. Die SPD hatte diese Offerte brüsk zurückgewiesen.

Im Entwurf setzt die PDS auf den Grundsatz verstärkter Nachfrage, ohne den kein Wachstum und keine neuen Arbeitsplätze möglich seien. Würde Deutschland einen solchen Anteil des Sozialprodukts für öffentliche Investitionen aufwenden wie die USA, wären das 30 Milliarden Euro mehr im Jahr als gegenwärtig, heißt es in dem Papier. Zudem fordert die Linkspartei die Abkehr von Niedriglohnstrategien, die Abschaffung von Hartz IV und eine Grundrente von monatlich 800 Euro. Die PDS will eine solidarische Bürgerversicherung, die alle Berufsgruppen und Einkommensarten in die gesetzliche Krankenversicherung und Pflegeversicherung einbezieht.

„Nach sieben Jahren Rot-Grün bleiben elementare Herausforderungen auf der Tagesordnung“, heißt es im Kapitel zur Umweltpolitik – genannt werden die Energiewende, die Verkehrswende, die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und die Umweltbelastung durch Schadstoffe und Abfälle“. Vollmundig verspricht die Linkspartei, bis 2050 erreichen zu wollen, dass alle Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird.

Zu Bürgerrechten heißt es, die PDS nehme die Furcht vieler Menschen vor Kriminalität und Terrorismus ernst. Sie wehre sich aber gegen eine Politik, die die Sorgen und Ängste der Menschen anheize, um Grund- und Freiheitsrechte einzuschränken. Die PDS hatte zuvor dagegen protestiert, dass Lafontaine im Fall von Wolfgang Daschner, ehemals Vizepolizeipräsident in Frankfurt am Main, die Androhung von Folter gerechtfertigt hatte. Als „geprägt von Abwehr und Ausgrenzung“ kritisiert die Partei das „rot-grün-gelb- schwarze Einwanderungsgesetz“. Im Kapitel zur Friedenspolitik fordert sie die Abschaffung der Wehrpflicht. Im Kampf gegen Terrorismus solle sich Deutschland der „Vereinnahmung durch die USA“ entziehen: „Unsere Freiheit wird nicht am Hindukusch verteidigt.“



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[editiert: 14.07.05, 05:57 von bjk]
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New PostErstellt: 14.07.05, 22:36  Betreff: Re: Der Wahlkampf ist eröffnet: Eine Stellungnahme v.Gesine Lötsch PDS  drucken  weiterempfehlen




kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2005/07-15/016.php


Wera Richter

Forderungen an Linksbündnis

Antirassistische und Friedensgruppen formulieren Ansprüche an PDS und WASG. Deren Programm soll am Wochenende vorgestellt werden



»Für eine neue soziale Idee« ist der Titel des Programms, mit dem das Linksbündnis aus PDS und der Partei »Arbeit und soziale Gerechtigkeit – die Wahlalternative« (WASG) in den Bundestagswahlkampf ziehen will. Am Samstag will der Parteivorstand der PDS das Papier, das laut Tagesspiegel (Donnerstagausgabe) mit der WASG abgesprochen wurde, beschließen. Es ist vorgesehen, es am Sonntag im Anschluß an den Parteitag der PDS, der deren Umbenennung absegnen soll, zu veröffentlichen.

Wie der Tagesspiegel berichtet kommt der Programmentwurf ohne das Wort »Sozialismus« aus. Dafür enthalte es eine Reihe realpolitischer Forderungen: zum Beispiel 1 400 Euro Mindestlohn, 800 Euro Grundrente, 1 900 Euro soziale Grundsicherung für Familien mit zwei Kindern und eine gesetzliche Begrenzung der Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche. Das Linksbündnis wolle außerdem da sein, »wo Protest und Widerstand notwendig sind«. Viele von denen, die genau dort seit Jahren und Jahrzehnten aktiv sind, trauen den Ankündigungen nicht.

Über 150 Gruppen und Einzelpersonen aus dem antirassistischen Spektrum haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem das Bündnis aufgefordert wird, im Wahlkampf grundsätzlich für die Rechte von Flüchtlingen einzutreten und Abschiebungen konsequent abzulehnen (jW dokumentierte den Brief am 2. Juli). Die Antifaschistische Linke Berlin und die Gruppe FelS (Für eine linke Strömung) wollen dem Linksbündnis die Forderungen am Sonntag übergeben.

Am heutigen Freitag wollen Tobias Pflüger, Mitglied des Europaparlaments auf der Liste der PDS, und Judith Demba, ver.di-Mitglied aus Berlin, ein »Friedenspolitisches Manifest«, das in den vergangenen Tagen von über 200 Personen unterzeichnet wurde, veröffentlichen. In 18 Punkten wird darin das Minimalprogramm für ein »klares friedenspolitisches Profil« formuliert. Nach Kenntnis vieler PDS-Papiere und des bereits vor zwei Wochen verabschiedeten Wahlmanifestes der WASG hätten viele dieser Punkte wohl auch ohne Aufforderung Eingang in das Wahlprogramm gefunden. Eine klare Haltung zum Irak-Krieg, zum Beispiel die Forderung nach sofortiger Beendigung des Krieges und dem Stopp jeglicher deutscher Unterstützung für die US-Truppen, läßt sich allerdings weder im Entwurf des Wahlprogrammes noch im »Friedenspolitischen Manifest« von Pflüger und Demba finden.


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New PostErstellt: 14.08.05, 14:26  Betreff:  Re: Der Wahlkampf ist eröffnet  drucken  weiterempfehlen



kopiert aus: http://www.neuesdeutschland.de/artikel.asp?AID=76470&IDC=2


»Wir werben um Zustimmung, nicht um Übertritte«

Die Linkspartei stellt sich gegen den Zeitgeist:
kulturell, intellektuell, sozial und ökonomisch.
ND-Gespräch mit den Spitzenkandidaten Gregor Gysi und Oskar Lafontaine



ND-Foto: Burkhard Lange

Fragen nach dem berühmten Blatt Papier zwischen ihnen oder nach ihren persönlichen Ambitionen können Gregor Gysi und Oskar Lafontaine nicht mehr hören. Seit die beiden ihre Kandidatur bei der voraussichtlich am 18.September stattfindenden Bundestagswahl ankündigten, haben sie diese – mal moderater mal aggressiver gestellt – schon Dutzende Male beantworten müssen. Die beiden Politiker haben aber weit mehr zu sagen. Über rot-grüne Sündenfälle, schwarz-gelbe Planungen und linke Alternativen sprachen in der Piccolo WeinBotschaft im Berliner Regierungsviertel ND-Redakteure Gabriele Oertel und Jürgen Reents mit den Spitzenkandidaten der Linkspartei.PDS. Dass der frühere Bundespräsident Gustav Heinemann (SPD) – auf dem historischen Foto im Gespräch mit Günter Gaus und Rudolf Augstein – ein wachsames Auge auf Gysi und Lafontaine warf, hat die Diskutanten nicht gestört, im Gegenteil.


...
Was sagen Sie zu dem Vorwurf, Sie repräsentierten eine rückwärts gewandte Politik, wollten zurück in die 70er Jahre?

Lafontaine:
Das soll ein Vorwurf sein? In den 70er Jahren hatten wir eine sehr geringe Arbeitslosigkeit, wir hatten eine ordentliche Wachstumsrate und wir hatten eine steigende Beteiligung der unteren Einkommen am gemeinsamen Wohlstand. Ja, eine solche Politik wollen wir wieder, denn die Politik der 80er und 90er Jahre ist gescheitert. Unser »Zurück« ist ein Vorwärts und viel besser als das Zurück anderer in eine Wirtschaft ohne Arbeitnehmerrechte.
Gysi: Wir machen Steuervorschläge, die es schon mal gab, und andere, die es noch nicht gab. Aber entscheidend sind die strukturellen Reformen. Unsere Vorschläge zur Rentenreform zielen auf eine solidarische Rentenversicherung, das ist eine große Veränderung nach vorn, nicht zurück. Mit unserem Vorschlag, die Lohnnebenkosten zugunsten einer Wertschöpfungsabgabe abzuschaffen, sind wir für arbeitsplatzintensive Unternehmen interessant. Auch das hat mit früherer Zeit nichts zu tun. Es gab noch nie eine Bürgerinnen- und Bürgerversicherung im Gesundheitswesen. Uns vorzuhalten, wir wollten die Zukunft nicht gestalten, ist absurd. Wir glauben nur nicht, wie andere, dass das Ende des Staatssozialismus dazu berechtigt, den Kapitalismus auf sein Manchester-Niveau zurückzuführen.

...
Sind Sie froh, dass Linke wie Ottmar Schreiner oder Karl Nolle in der SPD geblieben sind und Sie so Bündnispartner finden könnten?

Lafontaine:
Wir würden uns freuen, wenn die SPD wieder zu ihren Grundsätzen zurückkehrt. Denn wir sind nicht um unser selbst willen da, es geht um die Politik, die für die Menschen gemacht wird. Wenn die Politik, die wir für richtig halten, bei Sozialdemokraten Unterstützung erfährt, können wir das nur begrüßen.

Sie möchten nicht, dass sie Ihrem Schritt zur Linkspartei folgen?

Lafontaine:
Wir werben um politische Zustimmung, nicht um Parteiübertritte. Es ist für viele doch auch ein Loyalitätskonflikt. Ich habe ihn für mich dadurch aufgelöst, dass ich mir die Frage gestellt habe, wem meine Loyalität gehört. Sie gehört den Menschen, die ich vertreten möchte, also den Arbeitslosen, den Sozialhilfeempfängern, den Kranken, den Rentnern, den Arbeitnehmern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Diese Loyalität ist wichtiger als die zu einer Organisation. Diesem Konflikt muss sich jeder individuell stellen.
Gysi: Wir gehen nicht taktisch an diese Frage heran. Natürlich freuen wir uns über jeden, der zu uns stößt. Aber wir freuen uns auch über jeden, der an einem anderen politischen Platz bereit ist, zusammen mit uns für soziale Gerechtigkeit zu streiten.

...
Welche Bezeichnung trifft heute auf Oskar Lafontaine zu – Sozialdemokrat, Sozialist?

Lafontaine:
Ich bin Sozialdemokrat und demokratischer Sozialist. Nicht ich habe mich von einem sozialdemokratischen Programm verabschiedet, die SPD-Führung ist aus dem Programm ausgetreten.

Vor rund 20 Jahren haben Sie sich in Ihrem Buch »Der andere Fortschritt« als Ökosozialist vorgestellt.

Lafontaine:
Die Bezeichnung würde ich auch heute noch akzeptieren. Leider ist die ökologische Frage jetzt durch den massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit und den sich verschärfenden Verteilungskonflikt in den Hintergrund gedrängt worden.

Stört es Sie, Gregor Gysi, wenn jemand Sie Sozialdemokrat nennt?

Gysi:
Wenn er dabei an August Bebel denkt, habe ich nichts dagegen. Wenn er dabei an Rudolf Scharping denkt, hätte ich ernsthafte Probleme.

...

Den vollständigen Text des Interviews finden Sie in unserer Printausgabe vom 13. August 2005




Jammerschade, daß sich die ND-Reda nur zu einigen Auszügen dieses hochinteressanten und informativen Interviews in der ND-Onlineversion durchringen konnte. Denn die recht willkürlich in der Online-Ausgabe veröffentlichten Auszüge verschweigen m. E. weitere wichtige informative und argumentative Antworten der beiden linken Spitzenpolitiker. Ich werde mich aber beimachen, das komplette Interview hier ins Forum zu stellen, denn das haben sich mit ihren zumeist ausgezeichneten Antworten sowohl Gysi als auch Lafontaine verdient!

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[editiert: 14.08.05, 14:29 von bjk]
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bjk

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New PostErstellt: 14.08.05, 19:37  Betreff:  Re: Der Wahlkampf ist eröffnet  drucken  weiterempfehlen



Warum „Die Linkspartei.“

ein erster Entwurf
Verbesserungsvorschläge werden erbeten
vervielfältigen, verteilen oder sonstige Nutzung zu Wahlkampfzwecken wird gefordert

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[editiert: 14.08.05, 20:20 von bjk]



Dateianlagen:

Warum DIE LINKSPARTEI.pdf (35 kByte)
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Datei wurde schon 83-mal heruntergeladen.

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bjk

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New PostErstellt: 14.08.05, 20:50  Betreff:  Re: Der Wahlkampf ist eröffnet:  drucken  weiterempfehlen



Nachtrag zu: "Wer will, daß Bundesbürger aus den Neuen Ländern als dumme Kälber, Kindermörder + Wahlbetrüger beschimpft werden, muß CDU-Schönbohm und CSU-Stoiber wählen."





[editiert: 08.08.11, 09:38 von bjk]
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