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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 01.09.05, 01:20     Betreff:  Re: Der Wahlkampf ist eröffnet, "Die Linkspartei."




Nachdenkliches vom diesmal sogar ohne die sonst übliche Hetze



Wahlkampf mit Wollschwein

Wie Petra Pau und Gesine Lötzsch, die Mini-PDS im Parlament, sich auf die Konkurrenz aus den eigenen Reihen vorbereiten

Von Matthias Meisner



Nun steht Petra Pau also da vorne im Licht, und es sind nicht einmal mehr ihre Sommersprossen zu sehen. Der in der Berliner Parteizentrale aufgestellte Projektor taucht ihr Gesicht in ein Gleißen, die rothaarige Frau sieht noch etwas blasser aus als sonst. Petra Pau, Bundestagsabgeordnete aus dem Bezirk Marzahn-Hellersdorf, präsentiert ihr Internet-Tagebuch. Dies ist ein Wahlkampftermin. Zusammen mit ihrer Kollegin Gesine Lötzsch ist Petra Pau im Bundestag „die PDS“. Zu zweit allein – Gruppe dürfen sich die beiden nicht nennen. Wenn am 18. September gewählt worden ist, werden Pau und Lötzsch, die drei Jahre lang allein das rote Fähnchen hochgehalten haben, wohl wieder einziehen. Doch danach werden sie vermutlich von Frontfrauen zu Hinterbänklerinnen degradiert.

Es hat etwas Tragisches auf sich mit dieser PDS im Bundestag. 2002 hatte die Partei die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt. Damals hatten die beiden Damen, die als Einzige glücklich über Direktmandate in den Bundestag geraten waren, noch nicht geahnt, dass die Mini-PDS im Bundestag auch von den Spitzenleuten der eigenen Partei nicht ernst genommen werden würde. Gysi etwa, der frühere Fraktionsvorsitzende, konnte nicht verbergen, dass ihm ein Bundestag ganz ohne PDS sogar irgendwie lieber gewesen wäre – auf dass der Mangel schneller auffalle. Den Fleiß der beiden Politikerinnen, die in drei Jahren deutlich über 500 Anfragen stellten und etwa halb so oft im Plenum sprachen, honorierte der Vormann der Sozialisten nicht. Der kompromisslose Satiriker Wiglaf Droste hat es mal schön böse gesagt: „Das Gespenst des Kommunismus heißt heute Petra Pau und sieht aus wie Pumuckl.“

Pau, 42, und Lötzsch, 44, können sich über den Aufschwung der eigenen Truppe nicht so richtig freuen. Sollen sie Lafontaine über den Weg trauen? Pau hat schon ein langes kritisches Thesenpapier zu dessen „Fremdarbeiter“-Äußerung verfasst, hat sie als „Nazi-Vokabular“ gebrandmarkt. Und Gesine Lötzsch war sauer, dass der frühere SPD-Vorsitzende am Wahlprogramm der Linkspartei herumgemäkelt und auf mehr Realitätssinn gepocht hat.

Vielleicht erklärt sich ihr Missvergnügen aber auch daraus, dass die Wahlkampfwochen den beiden PDS-Frauen schon einmal einen Vorgeschmack auf ihre Zeit im Schatten der Frontmänner geben: Lafontaine natürlich, aber auch Gregor Gysi, Wahlkampfchef Bodo Ramelow, der Parteivorsitzender werden will, Klaus Ernst, wortgewaltiger Bayer und Chef der Schwesterpartei WASG, deren Spitzenpersonal auf den offenen PDS-Listen Huckepack in den Bundestag kommen soll. Pau und Lötzsch eilen schon, während Lafontaine noch Urlaub macht, von Termin zu Termin. Einen „regelrechten Marathon“ vom Infostand zu den Kleingärtnern und wieder zurück beschreibt Pau in ihrem Internettagebuch. „Zwischendurch wollten mich noch zwei Jungvermählte unbedingt auf ihrem Hochzeitsfoto haben.“ Macht sie doch gern, „wenn es Glück bringt“.

Der Termin zur Vorstellung des Tagebuches ist aber einer der nicht so glücklichen. Nur drei Journalisten sind gekommen, während sich andernorts alle um Lafontaine und Gysi drängeln, und dann kann es nicht einmal pünktlich losgehen, weil die Lokalreporterin des „Neuen Deutschland“ noch fehlt.

Auf den Seiten von Petra Pau im weltweiten Netz stehen merkwürdige Dinge. Es geht zum Beispiel um ihre Patenschaft für das Wollschwein Erna, das in einem Tierpark bei Neuruppin daheim ist. Die Einflugschneise des „Bombodroms“, des Bundeswehrübungsplatzes, liegt nicht weit weg. Ihr Einsatz für Erna und ihre sechs Ferkel habe also, wie Pau doziert, eine friedenspolitische Komponente.

An anderer Stelle im Tagebuch macht sie sich über Wolfgang Thierse lustig, dem die sozialdemokratischen Wahlhelfer immer einen „dicken Draht“ durch die Stirn ziehen, wenn sie die Reklame an den Laternenmasten befestigen. „Oh jeh, wer solche Freunde hat“, schreibt Pau. Dabei ist Bundestagspräsident Thierse, dem sie 1998 auch noch das Direktmandat im Wahlkreis Mitte, Prenzlauer Berg abgejagt hatte, eigentlich der „beste Öffentlichkeitsarbeiter der PDS“, das gibt sie selber zu.

Wie sich die beiden PDSlerinnen mit dem Bundestagspräsidenten gezankt haben, das hat schon fast Legendencharakter. Mal wollte er ihnen die Tischchen im Plenarsaal versagen – nach 15 Monaten gab es dann zwei Beistellmöbel –, mal ging es um Telefone, dann wieder darum, ob sie beim Tag der offenen Tür im Reichstag einen eigenen Infostand haben dürften. Meist durften sie nicht.

Wenn die Vorhersagen stimmen und demnächst 60 Linksparteiler in den Bundestag einziehen, wird die Linksfraktion mehr west- als ostdeutsche Abgeordnete haben. Lötzsch will dann „deutlich machen, dass die Ost-Probleme weiter bearbeitet werden müssen“. Und Petra Pau, bisher zwangsläufig Generalistin für so gut wie alle Themen, wehrt sich vorsorglich schon jetzt dagegen, auf die „Schmalspur“ gesetzt zu werden. Ganz überrascht waren die beiden kürzlich, dass Gysi sie in seinem Wahlkampfflyer überhaupt erwähnte. „Es ist ja nicht so, dass der Genosse Gysi ein Ignorant ist“, lobt Lötzsch nicht frei von Ironie. Den gleichen feinen Spott findet sie mit Blick auf die neue Fraktion: „Es wird schon lustig werden.“


weiterführende Links:
http://www.pds-berlin.de/wahlen/bt2005/bt16_86.html
http://www.pds-berlin.de/wahlen/bt2005/bt16_87.html


[editiert: 01.09.05, 01:29 von bjk]
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