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Die Unruhen in Griechenland haben soziale und politische Ursachen

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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 19.12.08, 11:48  Betreff: Europaweite Griechenland-Soli-Demo gestern auch in Berlin  drucken  weiterempfehlen

Impressionen zur Griechenland-Soli-Demo gestern in Berlin


Für gestern, Donnerstag, den 18.12., wurde in vielen Städten Europas zu Solidaritätskundgebungen mit den sich im erbitterten Widerstandskampf gegen eine korrupte, verbrecherische, nicht vor Mord an politischen Gegnern zurückschreckende, reaktionäre Herrschaftselite befindlichen griechischen GenossInnen aufgerufen. Ausführliche Informationen sind   hier nachzulesen.

So rief auch unter anderem in indymedia und Stressfaktor - leider viel zu kurzfristig - in Berlin eine „Solidaritätsinitiative Berlin für die Bewegung in Griechenland“ zu einer Soli-Demo um 14:30 Uhr am Marx-Engels-Forum auf. Hier die Presseerklärung dieser Soli-Initiative.

Als ich so gegen 14:50 Uhr am Demostart Karl-Liebknecht-Straße Ecke Spandauer Damm im Marx-Engels-Forum eintraf, hatten sich bereits etwa 100 MitstreiterInnen versammelt. Auch einige Bullenwannen hielten sich im Hintergrund bereit. Einen Demo-Lauti vermißte ich, dafür standen ein paar Farbtöpfe herum und wer wollte, konnte Demoparolen auf Pappendeckel pinseln. Für dieses, gemessen an der eigentlichen Bedeutung der Soli-Demo, doch recht bescheidene Demo-Häuflein waren erstaunlich viele Pressefotografen zugange. Ob die wohl martialische "gewaltbereite Chaoten", wie Lohnschreiber der sensationsgeilen Journaille uns gerne nennen, erwartet hatten oder ob sie eher die, wegen ihres spektakulären Mitgliedsaufnahmeantrags ausgerechnet bei "Die Linke", für Wirbel sorgende Lucy Redler hier in Aktion sehen wollten, sei mal dahingestellt. Lucy (Foto Nr. 8) verteilte Flugis ihrer auch innerhalb der linken Szene ziemlich umstrittenen SAV.

Als die Demo-TeilnehmerInnenzahl auf ca. 200 Personen angewachsen war, startete der Zug in Richtung Brandenburger Tor. Statt eines Lautis mußte ein Megaphon herhalten. Die Außenwirkung insgesamt war u. a. deshalb leider nicht optimal, obwohl sich der Sprecher mit dem Megaphon die größte Mühe gab und die DemonstrantInnen immer wieder lautstark Demoparolen skandierten wie "Alexexandros - das war Mord! Widerstand an jedem Ort!" und "Hoch die internationale (vereinzelt auch antinationale) Solidarität!" oder "Feuer und Flamme der Repression ..." und viele andere.

Kurzzeitig verließ ich die Demo und stieß erst gegen 16 Uhr in Höhe des Cafè Einstein wieder dazu. Wie ich von dort sehen konnte, wurde an der Kreuzung Unter den Linden Ecke Friedrichstraße eine etwa zehnminütige Zwischenkundgebung abgehalten. Vielleicht können ja einige LeserInnen (und TeilnehmerInnen) die Redebeiträge noch nachliefern? Die Abschlußkundgebung fand wie geplant auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor statt.

Fazit: auch wenn die Feststellung im Nachhinein müßig ist aber aus dieser Demo hätte mensch mehr machen müssen! Die Mobilisierung hätte innerhalb der vielen linken aktiven Organisationen in Berlin viel energischer, nachhaltiger und vor allem rechtzeitiger stattfinden müssen, zudem war der ohnehin zu kurzfristige Termin unter der Woche für viele schon von der Uhr-Zeit her sicher äußerst ungünstig. Eine wirklich kraftvolle Soli-Demo ist anders organisiert!

Bernd Kudanek alias bjk


Siehe auch: http://www.carookee.com/forum/WISP/5/23347628#23347628



Foto-Impressionen



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Lucy Redler und Mitstreiter

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Der Demozug startet zum Brandenburger Tor

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Unter den Linden

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volmi


New PostErstellt: 10.12.08, 11:04  Betreff: Lernt griechisch!  drucken  weiterempfehlen

In Griechenland geht die Regierung seit Jahren gegen die Menschen mit Raub von sozialen Rechten, Lohnabbau und Bevorzugung der Reichen vor. Viel Unmut hat sich da angestaut. Die Griechen sind einfach sauer.

Das war der Mord an dem 15-jährigeen Alexis Grigoropoulos durch einen Polizisten die Fackel, die ins Pulverfass geworfen wurde. Angeblich hätten Jugendliche – so sagt die Polizei und so entschuldigen es die Täter in Polizeiuniform – das Polizeifahrzeug mit Steinen beworfen. Der Schütze hätte also aus Notwehr gehandelt.

Wir kennen dieses Argument auch aus Deutschland zur Genüge. So am 11. Mai 1952 schoss Polizei in Essen auf eine friedliche Demonstration gegen die Remilitarisierung. Der damals 21 Jahre alte FDJler Philipp Müller wurde tödlich getroffen. Das Gericht nannte das Notwehr.

Dagegen wurden Duzente Demonstranten festgenommen, elf zu Gefängnisstrafen bis zu zwei Jahre verurteil.

Ähnlich auch der Mord an Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 in Berlin. Ein Polizeibeamter erschießt auf einem Hinterhof den Studenten Benno Ohnesorg hinterrücks. Der damalige Polizeiobermeister Kurras bekam „Putativnotwehr“ bescheinigt. Kurras ging als Oberkommissar in Pension und ist heute 81 Jahre alt, muss nicht an Alterarmut leiden, denn er bezieht eine gute Pension. Zu seiner Tat sagte er vor einem Jahr: „Fehler? Ich hätte hinhalten sollen, dass die Fetzen geflogen wären, nicht nur ein Mal; fünf, sechs Mal hätte ich hinhalten sollen. Wer mich angreift, wird vernichtet. Aus. Feierabend. So iss das zu sehen."

In Griechenland bildet sich eine breite Front gegen diesen Polizeimord. Morgen wird es einen landesweiten Generalstreik geben. Der ist seit längerem geplant und richtet sich gegen Renten- und Lohnkürzungen. Aber die griechischen Gewerkschaften beziehen in ihren Protest diesen Mord mit ein.

Das griechische Volk geht auf die Barrikaden und das ist gut und richtig. Nur der entschiedne Widerstand des Volkes wird von den Herrschenden verstanden, davor fürchten sie sich.

Die deutschen Gewerkschaftsführer dagegen paktieren mit dem Kapital und dessen Regierung, ja sie betätigen sich als Steigbügelhalter der Sozialräuber. Damit machen sie die Arbeiterklasse wehrlos gegenüber dem Kapital, denn die stärkste und einzige wirksame Waffe des Proletariats ist seine Organisiertheit. Die DGB-Gewerkschaften aber sind von Agenten des Kapitals unterwandert, sie verhindern so wirksamen Widerstand. Es ist ja kein Zufall, dass der Namengeber der „Reformen“ zum Sozialabbau, Peter Hartz, nicht nur ein Busenfreund des damaligen Kanzlers Schröder ist, sondern auch der IG-Metall entstammt.

Lernern wir als griechisch, wobei ich nicht die Sprache meine, sondern das Handeln der griechischen Arbeiterklasse, die den Angriffen des Kapitals und dessen Kettenhunden, der Polizei, entschiedne Gegenwehr leisten

http://www.kommunisten-online.de/innen/griechenland.htm



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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 10.12.08, 03:34  Betreff: Re: Die Unruhen in Griechenland haben soziale und politische Ursachen  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.linkezeitung.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=5790&Itemid=1


Griechenland: Aufstand gegen die Krise

von Martin Suchanek, www.arbeitermacht.de


Athen, 6.Dezember. In den frühen Nachtstunden wird ein 15jähriger Schüler von Streifenpolizisten erschossen. Ein Bericht auf Indymedia schildert den Tathergang, der mittlerweile auch von der Polizei bestätigt wurde, so:

„Ohne die Spezialkräfte zu informieren kehren die Streifenpolizisten zu Fuß zu den Jugendlichen zurück und provozieren diese. Einer der Polizisten gibt bei der späteren Vernehmung an, er wollte die 30 Jugendlichen zusammen mit seinem Kollegen wegen der Beleidigungen verhaften. Die Jugendlichen gehen auf die Polizisten zu. Daraufhin wirft einer der Polizisten eine Leuchthandgranate in die Menge. Der andere, der Fahrer des Streifenwagens, gibt drei Schüsse ab. Ein15jähriger - aus "gutem Hause", wie es später heißt - sackt getroffen zusammen. Ein Freund ruft um Hilfe, kann keinen Puls mehr spüren. Der Junge ist tot. Die Polizisten reagieren nicht. Sie gehen ihres Wegs, als ob nichtsgeschehen wäre. Hilfe leisten sie nicht." (W. Aswestopoulos, Athen, indymedia vom 8. Dezember)

Selbst der rechte Regierungschef der konservativen Neo Democracia sieht sich bemüßigt, eine Untersuchung gegen die Polizisten einzuleiten, die von „Notwehr" sprechen.Um welche Typen es sich dabei handeln dürfte, ist wohl schon daraus ersichtlich, dass ein Anwalt des Todesschützen sein Mandat niederlegte, weil er die Verteidigung eines „solchen Mandaten" mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könne. (Tagesschau-Homepage, 8.12.)

Das spiegelt zweifellos die traditionelle Durchsetzung der griechischen Polizei mit Faschisten und Rechtsradikalen wider.
Die Todesschüsse waren der berühmte Funke, der das Pulverfass entzündet hat. Am 7. und 8. Dezember kommt es zu Gewalt und Protestdemonstrationen in allen großen Städten, zu Zusammenstößen mit der Staatsgewalt, die massiv Tränengas einsetzt und gegen die Jugendlichen vorgeht.

Die meisten Organisationen der griechischen radikalen Linken, das griechische Sozialforum und auch die im Parlament vertretene reformistische Koalition SYRIZA riefen zur Mobilisierung gegen die Repression und zur Solidarisierung mit den Jugendliche auf.

Aus Protest blieben am Montag alle Schulen geschlossen. "Viele Schüler haben die Gebäude besetzt. Wir Lehrer streiken für drei Tage", sagte der Präsident der Lehrergewerkschaft, Dimitris Bratis. Wut und Solidarität der Jugendlichen äußern sich selbst auf den entlegendsten Inseln Griechenlands.

Für Mittwoch, den 11. Dezember, ist ein Generalstreik angekündigt. Die Regierung versucht „natürlich", die Jugend zu diffamieren. Diese sei „nur auf Krawall und Zerstörung" aus, versucht sie die Repression zu rechtfertigen. Aus Athen werden Bilder geliefert, die beweisen sollen, dass „die Autonomen" die Stadt kontrollieren und ganz und gar hilflosen, fast schon unbewaffneten Repressionsorganen gegenüberstehen - und das in einem Land, dessen Bullen eine lange Tradition blutiger und gezielter Unterdrückung haben. In Wirklichkeit soll dies nur dazu dienen, die Ausrufung eines Ausnahmezustandes vorzubereiten.

Zum anderen bemüht sie sich, die Situation zu befrieden und die Bevölkerung von Straße zu bringen, indem sie für den 10.12. einen „Tag der Trauer" ausruft. Ob ihr das gelingt, ist zweifelhaft.

In jedem Fall hofft die angeschlagene Regierung wenige Tage nach dem Ausbruch der Mobilisierung durch solche Taktiken, die parlamentarische Opposition, allen voran die PASOK, und die Gewerkschaftsführungen an den Tisch zu bekommen, um gemeinsam die Kastanien aus dem Feuer zu holen, sprich Regierung und „Ordnung" zu retten.

Pulverfass

Die Erschießung eines 15jährigen hat ein Pulverfass zum Explodieren gebracht. Kaum ein anderes Land ist von der aktuellen Wirtschaftskrise so betroffen wie Griechenland. Seit Monaten steigen die Lebensmittelpreise dramatisch. Aufgrund der Finanzkrise wurden die Banken mit 28 Milliarden gestützt, während die Zinsen für Privatkunden steigen. Um den Staatshaushalt einigermaßen im Lot zu halten, wurden die Steuern erhöht. Für die Jugend - und das heißt auch für viele Studierende, also Kinder aus der Arbeiteraristokratie oder den Mittelschichten - gibt es keine Perspektive, warten Arbeitslosigkeit oder präkere Beschäftiungsverhältnisse nach dem Studieren. Ein Ende der Verarmung und Verelendung ist nicht in Sicht.

Die Regierung hat auch schon in den vergangenen Jahren ihren Unwillen oder ihre Unfähigkeit bewiesen, irgendein wichtiges Problem zu lösen. Die bei den großen Waldbränden 2007 Geschädigten wie auch die Angehörigen der Todesopfer warten bis heute auf staatliche Hilfe.

Die neo-konservative Regierung ist außerdem in eine schier endlose Zahl von Korruptionsskandalen verwickelt, bei denen sich Günstlinge und Angehörige von Regierungsvertretern massiv bereicherten.

Die Bewegung in Griechenland verdient unsere Solidarität wie sie in Besetzungen von Botschaften und Konsulaten und Solidaritätsdemonstrationen zum Ausdruck kommen. Die Reaktion der Jugend, der Linken, ja großer Teile der Arbeiterbewegung in Griechenland ist uns allen Vorbild und Ermutigung. Sie zeigt, dass entschiedene Gegenwehr, dass Solidarität gegen Polizeigewalt und Repression möglich sind.

Der Kampf ist aber noch nicht entschieden. Die griechische Jugend und die Arbeiterbewegung können gewinnen, wenn die Verteidigung gegen die  Staatsgewalt verbunden wird mit einem Generalstreik, dem Kampf für ein Sofortprogramm gegen die Krise und gegen die reaktionäre Regierung! Sie können gewinnen, wenn es gelingt, aus den Demonstrationen eine organisierte Massenbewegung und revolutionären Führung zu formen, die sich auf demokratische Kampforgane der ArbeiterInnen und Jugend stützt und eine Streikbewegung sowie die Selbstverteidigung gegen den Staatsapparat organisiert.

..............................................................................................................


Ausführliche, ständig aktualisierte Berichte unter: http://de.indymedia.org/2008/12/234980.shtml



Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!


[editiert: 10.12.08, 03:41 von bjk]
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bjk

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New PostErstellt: 10.12.08, 03:26  Betreff: Ankündigung: Die Unruhen in Griechenland haben soziale und politische Ursachen  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29310/1.html


Verletzte Demokratie

Harald Neuber 09.12.2008


Die Unruhen in Griechenland haben soziale und politische Ursachen. Deswegen sind sie ein Warnsignal für andere EU-Staaten

Ungläubig verfolgt Europa in diesen Tagen das Geschehen in Griechenland: Nach dem gewaltsamen Tod eines 15-jährigen Schülers versinkt der Mittelmeerstaat in der Gewalt. Die dritte Nacht in Folge lieferten sich tausende Jugendliche von Montag auf Dienstag in der Hauptstadt Athen Straßenschlachten mit der Polizei. Unzählige Geschäfte und öffentliche Gebäude gingen in Flammen auf. Handelsvereinigungen sprechen schon jetzt von einem Schaden in Höhe von 100 Millionen Euro. Die Regierung des Konservativen Kostas Karamanlis versucht sich im Krisenmanagement und versagt.


Auslöser der schwersten Unruhen in der jüngeren Geschichte Griechenlands war der gewaltsame Tod des 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos. Der Schüler war am Samstag von einem Polizisten erschossen worden. Nach bislang unbestätigten Meldungen soll Grigoropoulos mit einer Gruppe Jugendlicher den Streifenwagen, aus dem die Schüsse abgegeben wurden, mit Steinen beworfen haben. Der Todesschütze, ein 37-jähriger Beamter, gibt an, in Notwehr Warnschüsse abgegeben zu haben. Auch das ist bislang unbestätigt. Augenzeugen sagten indes aus, der Polizist Epaminondas Korkoneas habe gezielt auf den Jungen geschossen. Wie inzwischen bekannt wurde, legte ein Pflichtverteidiger des Polizisten aus Gewissensgründen sein Mandat nieder. Zuvor war bekannt geworden, dass Korkoneas wegen seiner Brutalität berüchtigt war. Unter Kollegen trug er den Spitznamen "Rambo".

Seit Tagen halten die Proteste wegen der Todesschüsse an. Hunderttausende Menschen demonstrierten in griechischen Großstädten gegen die Regierung Karamanlis, der sie Versagen vorwerfen. In London und Berlin besetzten jugendliche Aktivisten die diplomatischen Vertretungen des Mittelmeerstaates. Doch die Wut über den Tod eines 15-jährigen ist nur Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Die Gründe für den Unmut in der griechischen Bevölkerung liegen tiefer.

Sozialforum: "Diese Regierung muss gestürzt werden"

So geht es bei den großen Demonstrationen inzwischen nicht mehr ausschließlich um die für ihre Gewaltexzesse berüchtigte griechische Polizei. In Athen und Thessaloniki, den beiden größten Städten des Landes, haben sich neben linken Parteien und Gruppierungen inzwischen Schüler, Studenten und Lehrer in die Demonstrationen eingereiht. Sie fordern dringend ausstehende Sozialreformen ein, um die prekäre Lage der Jugend zu verbessern. Überraschend kommt das nicht. Die katastrophale Situation an Schulen und Universitäten hatte in den vergangenen Jahren wiederholt zu Protesten - auch zu Zusammenstößen mit der Polizei - geführt. Die Todesschüsse auf den 15-jährigen Andreas-Alexandros Grigoropoulos werden von Aktivisten im Kontext dieser sozialen Auseinandersetzung gesehen.

"Die kaltblütige Ermordung eine 15-jährigen Schuljungen war der extreme Ausdruck der Polizeibrutalität, die in den vergangenen Jahren gegen Mobilisierungen jeder Art gerichtet hat", heißt es in einer von Studenten, Arbeitern, Migranten, Bürgern, Frauen, Antifaschisten und ökologischen Gruppen unterzeichneten. Erklärung des Sozialforums Griechenland vom Montag.

Angesichts eines für Mittwoch geplanten Generalstreiks riefen die Aktivisten des Sozialforums die Gewerkschaften auf, sich an der laufenden Protestbewegung zu beteiligen: "Die Regierung muss durch diese massive Protestbewegung gestürzt werden."

Gerade die gewaltsamen Ausschreitungen der vergangenen Tage dürften dies aber verhindern. Nach einer Krisensitzung kündigte Regierungschef Karamanlis am Dienstagvormittag ein "hartes Durchgreifen" gegen die Demonstranten an. Zeitgleich tauchten Aufrufe von "Autonomen" auf, in denen linke Oppositionsparteien angegriffen wurden. Eine Gruppe mit dem Namen "Anti-Imperialistische Komponente" kritisierte die in Griechenland etablierte Kommunistische Partei scharf. Sie stelle eine "beschämende Ausnahme" dar, weil sie "nur eine Stellungnahme veröffentlicht" habe, hieß es in einer im Internet verbreiteten Erklärung. Tatsächlich hatte die KP die Proteste unterstützt, sich aber gegen eine Zerstörung von Ladengeschäften   ausgesprochen.

Perspektivlosigkeit treibt Jugend auf die Barrikaden

Nur durch weitere Gewalt und durch eine Spaltung der Protestbewegung könnte es der Regierung Karamanlis gelingen, die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen. Politisch ist sie 14 Monate nach Amtsantritt am Ende. Als Griechenland kurz nach dem Regierungswechsel von schweren Waldbränden heimgesucht wurde, hatte die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia im Krisenmanagement schon einmal versagt. Die aktuellen Proteste belegen ihre Verfehlungen in der Sozial- und Bildungspolitik. Diese Erkenntnis setzt sich zumindest in Teilen der Staatsführung durch. Griechenlands Demokratie sei "tief verletzt", wird der sozialdemokratische Präsident Karolus Papoulis von der Deutschen Nachrichten-Agentur zitiert.

Doch solche Eingeständnisse verhallen im Lärm der Straßenschlachten. Die Menschen in Griechenland fordern jetzt strukturelle Reformen. Dass vor allem Schüler, Studenten und Lehrer an der Spitze dieser Bewegung stehen, ist kein Wunder. Griechenland ist eines der EU-Länder mit der höchsten Akademikerquote. Doch viele Absolventen stehen auf der Straße, weil der Arbeitsmarkt sie nicht aufnehmen kann. Wer in Griechenland etwa ein Medizinstudium abschließt, muss sich bis zur Facharztausbildung auf eine Wartezeit von sieben Jahren einstellen. Nicht wenige fertige Medizinstudenten schließen in dieser Zeit ein zweites Hochschulstudium ab. Zum Zeitvertreib freilich, nicht zur Verbesserung der Berufschancen. Ganze Jahrgänge medizinischer Fakultäten wandern inzwischen in andere EU-Staaten oder nach Übersee aus. Wer in Griechenland bleibt, endet mitunter in einem Fast-Food-Restaurant statt im Krankenhaus. In Griechenland spricht man von der "700-Euro-Generation". Ein Massenphänomen.

Bedingt wird diese soziale Misere durch politische Agonie. Seit dem Ende der Militärdiktatur 1974 besteht in Griechenland ein Zwei-Parteien-System, das keine wirklichen demokratischen Optionen bietet. Die konservative Nea Dimokratia (ND) und die sozialdemokratische PASOK bilden eine Staatsverwaltung, in der Korruption und Vetternwirtschaft blühen. Dabei wird heute oft verdrängt, dass diese Herrschaft von ND und PASOK während des Kalten Krieges unter Mitwirkung der ehemaligen Regionalmacht Großbritannien etabliert wurde, um linke, der UdSSR nahe stehende Kräfte auszugrenzen. Die Bildung einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie wurde damit von vornherein verhindert.

Es ist diese soziale und politische Ausweglosigkeit, die Griechenland nicht zur Ruhe kommen lässt. Die Krawall-Berichterstattung der vergangenen Tage blendet diese Hintergründe aber meist aus. 



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