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Freiheit für die Gefangenen aus der RAF !

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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 01.03.07, 10:42  Betreff:  Re: Freiheit für die Gefangenen aus der RAF !  drucken  weiterempfehlen




ab und zu finden sich auch in der taz

treffende Schlagzeilen und gute Interviews!





kopiert aus:
http://www.taz.de/pt/2007/03/01/a0080.1/text

Das Schweinesystem schlägt zurück

Keine Hafterleichterung für Christian Klar

Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) verweigert jede Hafterleichterung für den RAF-Gefangenen Christian Klar. Grund: seine kapitalismuskritische Grußbotschaft vom Januar. Intendant Claus Peymann, der Klar eine Arbeit geben will: "Das, was Klar sagt, ist doch eigentlich die Meinung von fünf Milliarden Menschen auf der Welt. Er spricht das aus, was der weitaus größte Teil der Weltbevölkerung außerhalb von Westeuropa und Amerika denkt."



kopiert aus:
http://www.taz.de/pt/2007/03/01/a0094.1/text

"Das System ist faul"

INTERVIEW PHILIPP GESSLER



taz:
Herr Peymann, wegen kapitalismuskritischer Aussagen wird das inhaftierte frühere RAF-Mitglied Christian Klar nun keine Hafterleichterungen bekommen. Stehen Sie weiterhin zu Ihrem Angebot, dass Klar bei Ihnen im Berliner Ensemble ein Praktikum machen kann?

Claus Peymann: Selbstverständlich. Ich bin ja kein Politiker, der, wenn die Zeitungen einmal losschreien, sofort in seiner Meinung umfällt. Wir haben uns das gut überlegt und mit dem Betriebsrat beschlossen, dass Christian Klar hier eine Chance bekommen könnte. Dabei bleibt es, und das ist auch gut so.


taz: Man könnte meinen, dass man den Kapitalismus nicht mehr kritisieren darf.

Claus Peymann: Ja, es zeigt deutlich, wie dünn der Boden ist, auf dem die im Grunde noch junge deutsche Demokratie steht. Das, was Klar sagt, ist doch eigentlich die Meinung von fünf Milliarden Menschen auf der Welt. Er spricht das aus, was der weitaus größte Teil der Weltbevölkerung außerhalb von Westeuropa und Amerika denkt.


taz: Sind Klars Ansichten auch Ihre Ansichten?

Claus Peymann: Na sicher sind das auch meine Ansichten. Es kann ja nicht sein, dass dieses kapitalistische System von Korruption und Verantwortungslosigkeit der Weisheit letzter Schluss ist. Wer einen halbwegs klaren Kopf hat, weiß doch, dass es nur eine Chance für die Zukunft gibt, wenn wir das System ändern. Das, was er sagt, ist die Wahrheit. Das amerikanisch-westeuropäische System unter Führung von George W. Bush kann nicht das Rezept für die Zukunft sein. Die westeuropäischen Demokratien haben zunehmend Probleme mit Korruption, Militarisierung und Gewaltbereitschaft - das kann doch nicht gut gehen. Das System ist bis ins Mark faul. Das weiß jeder Klarsichtige - apropos Klar.


taz: Es scheint auch nicht mehr um Klar zu gehen. Es ist eine Hysterie geworden, oder?

Claus Peymann: Ja, den Eindruck habe ich absolut. Ich hatte gehofft, dass die jetzt entstehende Diskussion um Mohnhaupt, Klar und andere vielleicht dazu führt, dass dieses verdrängte Thema der terroristischen Zeit in den Jahren vor allem zwischen 1970 und 1977 tatsächlich einmal aufgearbeitet wird. Es gehört ja zu den deutschen Untugenden, Geschichte immerfort zu verdrängen oder zu verharmlosen. So wie wir die DDR verdrängt haben und den Faschismus, haben wir auch diese tragische terroristische Zeit verdrängt. Es war die Zeit meiner Generation, die auf Veränderung gehofft hat und von der dann ein Teil in der Kriminalität geendet ist. Dass dieses Thema endlich einmal verarbeitet wird, dafür hätte die derzeitige Diskussion eine Chance gegeben. Aber jetzt habe ich das Gefühl, es kippt und wieder wird nur ein Stellvertretergefecht geführt.


taz: Wie meinen Sie das?

Claus Peymann: Die Leute, die genug Geld haben, die können sich ihre Gefängnisstrafen abkaufen, die Kindermörder und Sexualstraftäter entlässt man voreilig und fahrlässig in die Freiheit. Aber bei Klar wird jetzt Strenge demonstriert, Rechtsfundamentalismus. Das ist schauerlich.

taz vom 1.3.2007, S. 2, 104 Z. (Interview), PHILIPP GESSLER





[editiert: 09.08.11, 14:01 von bjk]
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bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 15.02.07, 19:20  Betreff: Re: Freiheit für die Gefangenen aus der RAF !  drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.political-prisoners.net/home.php?country=Germany〈=de&action=countryprisoners



BRD-Gefangene mit politischem Hintergrund


A.Düzgün Yüksel JVA Mannheim Herzogenriedstr. 111 68169 Mannheim
Germany

Birgit Hogefeld Obere Kreuzäckerstr. 4
60435 Frankfurt
Germany

Brigitte Mohnhaupt Münchenerstr. 33
86551 Aichach
Germany

Christian Klar Schönbornstr. 32
76646 Bruchsal
Germany

Devrim Güler JVA Schwäbisch Hall Kolpingstr.1 74528 Schwäbisch Hall
Germany

Eva Haule Neuwedeller Str. 4,
12053 Berlin
Germany

Gabriel Pombo da Silva Krefelder Str. 251 52070 Aachen
Germany

Hasan Subaşı JVA Moabit
Alt-Moabit 12 a
10559 Berlin
Germany

Ilhan Yelkuvan JVA Fuhlsbüttel
Haus 2
Suhrenkamp 92
22335 Hamburg
Germany

Jose Fernandenz Delgado Aachener Str. 47 53359 Rheinbach
Germany

Mustafa Atalay JVA Hannover
Schulenburger Landstraße 145
30165 Hannover
Germany

Rainer Dittrich Marliring 41
23566 Lübeck
Germany

Thomas Meyer-Falk JVA, Z. 3117
Schönbornstraße 32
76646 Bruchsal
Germany

Werner Braeuner Schnedbruch 8 31319 Sehnde
Germany


hier lassen sich u. a. die Haftgründe der Gefangenen nachzulesen:
http://www.political-prisoners.net/home.php?id=4&lang=de&action=campaign


[editiert: 15.02.07, 19:25 von bjk]
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bjk

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Ort: Berlin


New PostErstellt: 15.02.07, 19:05  Betreff:  Freiheit für die Gefangenen aus der RAF !  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

kopiert aus: http://www.political-prisoners.net/home.php?id=229〈=de&action=news





Freiheit für die Gefangenen aus der RAF !


Schon oft sind an dieser Stelle Artikel zur Situation der Gefangenen aus der RAF erschienen, deswegen drängt sich die Frage auf, warum jetzt schon wieder?

Eine Antwort ist, es sind immer noch vier ehemalige Mitglieder der RAF inhaftiert, die sofort raus müssen!

Brigitte Mohnhaupt: Festgenommen 1982 und war in den siebziger Jahren über 4 Jahre inhaftiert. Weggeschlossen ist sie also seit insgesamt über 28 Jahren.

Christian Klar: Weggeschlossen seit über 24 Jahren.
Birgit Hogefeld: Weggeschlossen seit über 13 Jahren.
Eva Haule, sie wurde festgenommen 1986 und ist jetzt im halboffen Vollzug, was heißen soll, dass sie tagsüber eine Ausbildung macht und abends wieder in den Knast zurück muss.

Die Rolle der Medien

Anfang Januar erschienen mehrere Artikel in der bürgerlichen Presse, die vor allem über Christians und Brigittes mögliche Freiheitsperspektive berichteten.

Anfangs erschien am 28.12. erschien ein halbseitiger Artikel in der Stuttgarter Zeitung über eine mögliche Hafterleichterung von Christian, darauf reagierte Waltraud Schleyer, die Witwe von Hanns-Martin Schleyer in der Bild am 30.12.: „Lasst den Mörder meines Mannes nicht frei!“ In diesem Artikel sprach sie sich gegen die Freilassung Christians aus. Dieser war ebenso wie Brigitte damals in der RAF organisiert. 1977 nahm ein Kommando der RAF den ehemaligen SS-Wirtschaftsführer in der besetzten Tschechoslowakei und höchsten Kapitalistenfunktionär der BRD Schleyer gefangenen, um elf Gefangene aus ihrer Organisation zu befreien.
Brigitte und Christian wurden zu lebenslänglich verurteilt. In einem Kronzeugenprozess kam für Christian ein weiteres Lebenslänglich dazu, und es wurde auch die „Schwere der Schuld“ festgestellt, d.h. eine Entlassung ist nicht vor 20 Jahren möglich. Willkürlich wurde die Mindesthaftdauer auf 26 Jahre festgelegt. Damit soll er frühestens Anfang 2009 freigelassen werden. Derzeit prüft das zuständige baden-württembergische Justizministerium Hafterleichterungen für ihn, wie z.B. Freigänge oder Urlaub. 2003 hat er ein Gnadengesuch beim damaligen Bundespräsidenten Rau gestellt.

In dem besagten Artikel ist auch ein angebliches Foto von Christian veröffentlicht, das aber nicht ihn, sondern Willy Peter Stoll zeigt. Dieses RAF-Mitglied wurde 1978 von der Polizei erschossen. Insgesamt kamen 26 Militante ums Leben, davon 9 im Knast.

Brigitte hat vor über 2 Jahren einen Antrag auf Haftentlassung gestellt, einen anderen, angeblich negativ entschiedenen gibt es nicht. Statt unverzüglich darüber zu entscheiden, wurde im Sommer 2006 erst einmal die „Schwere der Schuld“ festgestellt und zusätzlich die Mindesthaftdauer willkürlich auf 24 Jahre festgelegt. Dazu kommen noch ein paar Monate verbüßter Beugehaft, obwohl die Beschwerde dagegen bis heute nicht rechtskräftig beschieden ist.

Die Süddeutsche Zeitung(SZ) vom 11.1. bezeichnet Brigitte als „Chefin der RAF, als Unbeugsame, die sich nicht distanziert hat“. Damals wie heute, immer bezeichnen die Herrschenden die Strukturen der Guerilla als autoritär, obwohl sich die ehemaligen Mitglieder aus der RAF immer gegenteilig geäußert haben. Die Berliner Zeitung vom selben Tag konstatiert bei ihr „Ungebrochenheit“ und vermisst „fehlende Reue“ und rechtfertigt so die lange Haft. Der Kommentar der SZ befürwortet den Antrag, weil es keine Sicherheitsbedenken mehr gibt: „Mit Sicherheit nicht. Sie wird eine Fremde sein in der Welt, in die sie entlassen wird, ein Fossil aus vergangener Zeit, unschädlich wie alle Fossilien. (...) 24 Jahre sind eine sehr lange Zeit, wenn man in einer Zelle sitzt.“

Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die Isolationshaftbedingungen der Gefangenen aus der RAF: sechs bis acht Jahre Isolation, danach modifizierte Sonderbehandlung, das heißt Isolation in Kleinstgruppen, verbunden mit strenger Zensur und Kontrolle bis zum Tag ihrer Entlassung.

Ich bin noch einmal so genau auf die SZ eingegangen, weil zum einen eine bestimmte politische Linie in diesem Konflikt aufgezeigt wird, zum anderen einige Linke wegen der Befürwortung der Freilassung von Brigitte den Artikel okay fanden. Andere Zeitungen wiesen auf das Alter der beiden hin, sinngemäß, sie befinden sich im Spätherbst ihres Lebens, deshalb sind sie ungefährlich wie ein Fossil und dürfen raus.

Auch Christian wird mit Attributen versehen wie „Chef, Symbolfigur oder Hardliner“. So die Berliner Zeitung oder Frankfurter Rundschau (FR) vom 12.1.

In der FR vom 19.1. wendet sich Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) gegen eine rasche Begnadigung Christians. Er meint, dass Christian frühestens am 3. Januar 2009 entlassen werden kann. Gegen seine rasche Begnadigung aus Golls Sicht u.a. spricht, dass Christan dann „in Sondersendungen oder als Autor“ am 30. Jahrestag des „heißen Herbstes“ auftreten könnte.

Dieses Jahr wird anlässlich der Aktionen der RAF gegen den Generalbundesanwalt Buback, den Bankier Ponto und Schleyer sowie anlässlich der toten Gefangenen in Stammheim aus dem Jahre 1977 eine regelrechte mediale Offensive der Herrschenden zelebriert werden. Filme und Bücher von Stefan Aust, Bernd Eichinger, Andreas Veiel, Gerd Koenen und Wolfgang Kraushaar gibt es bzw. wird es geben, die das offizielle Bild der angeblichen Selbstmorde der Gefangenen in Stammheim und der autoritären RAF weiter festschreiben. Nach einer Freilassung könnten Christian und Brigitte ebenso wie auch ehemalige Gefangene dieser Legendenbildung entgegenzutreten.

Christian hat sich in dem Interview mit Günter Gaus vom 12.12.2001 dafür ausgesprochen, „dass eine Gruppe wie die RAF, die dann irgendwann Geschichte geworden ist, aber durch Fehler und Anstöße Inspiration wird für neue Aufbrüche – ich fühl mich verantwortlich, da nichts zuschütten oder zu denunzieren“. Nicht nur für die Bild (29.1.)., sondern für den gesamten Medienverbund gehören diese „Ansichten auf den Müllhaufen der Geschichte“.

Das Hamburger Abendblatt vom 2.2. fragt besorgt: „Oder gibt es in unseren Land noch immer Menschen, die ihr ,klammheimliches‘ Verständnis für die Taten der RAF-Generation weiter kultivieren?“ Und zieht einen Bogen zur Gegenwart: „Von Anschlägen auf Häuser und Autos prominenter Wirtschaftsführer, wie wir in dieser Tage erleben, bis zum Mord ist es nur ein kleiner Schritt.“ Sachbeschädigung gegen den G8-Gipfel im Juni werden zu Anschlägen aufgebauscht, um diese Gruppen mit 129a-Ermittlungsverfahren durch die Generalbundesanwaltschaft zu kriminalisieren und abzuschrecken. Es wird aber auch die Angst der Herrschenden ersichtlich, die mit all ihrer Macht verhindern wollen, dass es zu einem authentischen Austausch über die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten von damals und heute kommen könnte. Das ist ein weiterer Grund, warum diese Gefangenen weiter weggesperrt werden! Die TAZ vom 22.1. verlangt deshalb von den Gefangenen aus der RAF: „Entschuldigt Euch!“ In seinem Kommentar führt Rath zynisch aus, dass „ehemalige RAFler ein Musterbeispiel für gelungene Reintegration von Straftätern“ sind.

Rath konstatiert bei Christian zwar härtere Haftbedingungen, als Isolationsfolter will er das aber nicht bezeichnen. Er führt zwar weiter aus, „ wäre er als normaler Straftäter im Ausland so behandelt worden, hätte man die entsprechenden Jahre doppelt oder dreifach angerechnet“.
„Anderseits ist er weder besonders krank …“. Dazu meint eine Leserbriefschreiberin am 29.1.: „Die ... in Anführungszeichen gesetzte Isolationsfolter wird auch weiße Folter genannt, weil sie keine sichtbaren physischen Spuren am Körper hinterlässt. Sie dient der sensorischen Deprivation und sozialen Isolation, die auf das Aushungern der Seh-, Hör-, Riech-, Geschmacks- und Tastorgane zielt; was zu lebensgefährlichen Zuständen führen kann. Selbst die UNO hat die Isolationshaft als Folter geächtet Folgen sind z.B. Kopfschmerzen, Schwindelanfälle, Konzentrationsschwierigkeiten, Müdigkeit, Schlafstörungen, chronischer Schnupfen, Gedächtnisverlust ... Diese Sonderhaftbedingungen gehen an keinen der Gefangenen spurlos vorbei. Dazu kommen Langzeitfolgen ... Und da behauptet ihr, dass Christian Kar nicht besonders krank ist?“ Weiter meint Rath: „… Noch habe er sich expliziert von seinen RAF-Morden distanziert.“ Haben sich PolizistInnen von ihren Erschießungen distanziert? Haben die Führungsetagen der Dresdner Bank oder von Daimler sich von ihrer Mitarbeit für den Nationalsozialismus entschuldigt? Oder von ihren Verstrickungen mit dem damaligen Apartheidsregime in Südafrika? Oder Schleyer von seiner Teilhabe an der NS-Arisierungspolitik in der besetzten CSR oder später von den Aussperrungen streikender Arbeiter? Buback war für die Sondergerichte und die verschärften Isolationshaftbedingungen gegen die Gefangenen aus der RAF verantwortlich, die 9 Inhaftierte nicht überlebten. Hat seine Behörde das jeweils bedauert? Oder sind die Eliten und ihre Büttel für all ihre Taten angemessen verurteilt worden? Die Bild verlangte laut Tagesspiegel vom 1.2., dass Christian in ihrem Blatt einen Brief an die Schleyer-Witwe schreiben soll.

Christian selber sagte dazu in einem Gespräch mit Gaus am 12.12.2001, das damals im Fernsehen ausgestrahlt wurde: „Im politischen Raum, vor dem Hintergrund unseres Kampfes sind das keine Begriffe. ... Ich überlasse der anderen Seite ihre Gefühle und respektiere die Gefühle, aber ich mache es mir nicht zu eigenen. Das sitzt zu tief drin, dass gerade hier in den reichen Ländern zu viele Menschenleben nichts zählen. Vor der Trauer müsste sich vieles ändern. Belgrad wird bombardiert – das bedeutet nichts. In vielen Ländern werden Verhältnisse hergestellt, wo ein Menschenleben nicht mal einen Namen hat.“

Rath fordert „eine Entschuldigung“ im Einklang mit fast der gesamten BRD-Journaille und mit PolitikerInnen fast aller Parteien. Wenn nicht, soll er noch weitere „zwei Jahre“ im Knast brummen. Fast alle schließen sich der Argumentation des Generalsstaatsanwalts Klaus Pflieger an, der sich in der FR vom 22.1. so äußerte. Rath schreibt auch in anderen Zeitungen wie in der Hannoverischen Allgemeinen Zeitung.

Der Schauspieler und Gewerkschafter Rolf Becker wurde wegen seines Engagements für Christians Freilassung im Focus vom 5.2. angegriffen. Insgesamt werden in den Medien die Sonderhaftbedingungen der Inhaftierten und ihre psychischen und physischen Auswirkungen tabuisiert, und es herrschen weiter Rache, Vergeltung und Siegerjustiz vor.

Reaktion der Staatsgewalt

Kurz erwähnt werden sollte auch, dass es immer wieder Verfahren gegen Gefangene und ehemalige Gefangene aus der RAF gibt, bis hin zu Androhung von Beugehaft. (Gefangenen Info 309) Weiterhin droht Knut Folkerts nach einer langen Haft von 18 Jahren eine Auslieferung nach den Niederlanden. Auch werden noch „mindestens sieben mutmaßliche RAF-Mitglieder gesucht“. (Welt an Sonntag 4.2.) In den Medien schlägt sich die Meinung der herrschenden Klasse nieder, so dass es sich eigentlich erübrigt, das noch groß zu ergänzen. Der Stuttgarter Generalsstaatsanwalt Klaus Pflieger fordert: „Wir müssen die Täter auf das reduzieren, was sie sind, nämlich Verbrecher.“ Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei meint dazu: „Der Staatsanwalt stellt sich in unselige Tradition des ,Feindstrafrechts‘ … Damals wurden die Rechte der Verteidigung massiv beschnitten, die Gefangenen wurden in folterähnlicher Isolationshaft gehalten, es wurden Sondergesetze wie der Paragraf 129a verabschiedet.“ Sie führt weiter aus: „Dieses ,Feindstrafrecht‘ wird heute weiter fortgeführt: Die Bundesregierung sieht gezielt weg, wenn die CIA-Gefangene kreuz und quer durch Europa in Geheimnisgefängnisse verschleppt, BND und BKA reisen nach Guantanamo ... um von der Arbeit der dortigen ,Verhörspezialisten‘ zu profitieren.“ Die Widerstandsbekämpfung im Innern wird also immer weiter ausgebaut und verschärft, um die deutschen Kriegseinsätze, es sind rund 9000 Bundeswehrsoldaten derzeit auf dem Balkan, in Afrika, im Nahen Osten und in Zentralasien im Einsatz, abzusichern. Der zukünftige bayerische Ministerpräsident Beckstein meinte in der Welt vom 24.1.: Die RAF habe „Deutschland an den Rand des Ausnahmezustandes gebracht“. Auch Bundesjustizministerin Zypries äußert sich im Spiegel 6/2007 ähnlich: „... dass die Zeit der RAF eine einschneidende Phase für die Geschichte der Bundesrepublik war, unter der man keinen Schlussstrich … ziehen sollte.“ Damit gestehen beide unfreiwillig ein, wie verunsichert die herrschende Elite durch die Aktionen der Guerilla war, und rechtfertigt somit die weitere Härte gegen diese Gefangenen.

Selbst heute bemängeln HörerInnen bei öffentlichen Debatten zu dieser Thematik im NDR Info vom 24.1., dass die politische und selbstlose Motivation der RAF unter den Tisch fällt, und sie ziehen dabei negative Vergleiche zu den egoistischen Managern aus den Vorstandsetagen. Oder deren Kollege Schleyer wird nicht als Opfer gesehen, sondern als ehemaliger Nazi. Walter Herzinger beunruhigt das in der Welt am Sonntag vom 28.1., „dass der Mythos der RAF als eine Vereinigung zwar irregeleiteter, aber eigentlich wohlmeinender Idealisten bis in die liberale Mitte der Gesellschaft hineinstrahlt“. Geschichtsbewältigung
Um diese Entwicklung zurückzudrängen und den Aufbruch von 1968 in die herrschende Realität zu integrieren, gibt ein „68-Bashing“, wie die Verlegerin Hanna Mittelstädt in der Jungen Welt zum Jahresende richtig feststellte. Das hat natürlich auch negative Auswirkungen auf die Gefangenen aus der RAF, denn diese kamen aus den weltweiten Aufbrüchen der 60er Jahre und agierten für eine klassenlose und befreite Gesellschaft. Politisch und militärisch bekämpften sie damals unter anderem die starke US-und NATO-Militärpräsenz hier in der BRD und griffen führende Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft des wieder erstarkten Deutschlands an.

Federführend bei dieser Kampagne ist das Institut für Sozialforschung aus Hamburg mit seinem Leiter Jan-Philipp Reemtsma und Wolfgang Kraushaar, beides ehemalige Linke, und der heutige Spiegelchefredakteur Stefan Aust. „Gnade für die Gnadenlosen?“ titelte diese Blatt in seiner Ausgabe vom 5.2. Für seine Denunziationen ist Aust vom Staat mit Auszeichnungen belohnt worden. Als geläuterter Alt-68er will besonders Krausshaar heute den Interpreten der Bewegung spielen. Dass konnte teilweise auch gelingen, weil Teile der Akten der linken Bewegung an das Reemtsma-Institut gegangen sind, und Kraushaar „Hilfspolizeiforschung“, so der Verleger Lutz Schulenburg, betreibt. Seine „Recherchen“ bestehen im Wesentlichen aus Akten des Staatsschutzes und er setzt dessen Vorgaben um.

Die (radikale) Linke.

Die Linke hält sich in dieser Debatte bisher zurück. Das hat bestimmt viel damit zu tun, dass sie sich in einer Defensive befindet und, statt eigene politische Vorstellungen zu entwickeln, sich teilweise immer mehr den herrschenden Werten anpasst.

Deutlich wurde das an den Reaktionen an der Kritik des Jelinek-Stücks „Ulrike Maria Stuart“, das im Gefangenen Info 319 und auf den deutschsprachigen Seiten von Indymedia veröffentlicht wurde. In dieser Aufführung „arbeiten sowohl der Regisseur Stemann als auch Jelinek intensiv an der Dekonstruktion der Legende RAF“. (TAZ-Nord, 27.10.2006). Einige LeserInnen von Indymedia entgegnen der Kritik an diesem Machwerk, indem sie auf Kraushaar verweisen. Dieses unsolidarische Verhalten ist keine Ausnahme, denn in der neusten Ausgabe der Radikal findet sich so was auch gegenüber der RAF wieder. Dort wird das Trennende herausgestellt, anstatt bei aller Unterschiedlichkeit und Kritik das Gemeinsame zu betonen, dass z.B. die restlichen Gefangenen immer noch eingeknastet sind und endlich raus kommen müssen!

Zurück zu Indymedia. Dort schreibt eine Leserin: „Bezieht sich die Kritik nicht auf das Stück, sondern auf die Darstellung der RAF“. Diese Trennung finde ich falsch, denn Form und Inhalt gehören zusammen und diese Bühne wird staatlich subventioniert und kontrolliert. Es gab vor allem vor über 30 Jahren oft staatliche und publizistische Interventionen gegen progressive Stücke, die bis hin zur Zensur und Absetzung reichten. Erinnert werden soll hier an Ulrike Meinhofs Film Bambule, der über 20 Jahre nicht im Fernsehen gezeigt werden durfte.

Aber es gab auch zustimmende Kritik bei Indy: „Das Stück war eine Katastrophe! Hier offenbaren sich die tiefen Abgründe bürgerlicher Kunst!“ und „dass sich überhaupt jemand aus diesem historischen Zusammenhang der alten RAF wieder zu Wort meldet hat“.

Was tun?

Es gibt von verschiedenen Seiten endlich das Bedürfnis, sich zu der Freilassung der restlichen Gefangenen aus der RAF zu verhalten und der ganzen bürgerlichen Propaganda zum dreißigsten Jahrestag des 18. Oktober, dem Tag, als die 3 Gefangenen aus der RAF, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe starben, etwas entgegenzusetzen. Die Ereignisse um den 18. Oktober 1977 sind bis heute nicht aufgeklärt. Für den Staat war es Selbstmord, wer aber das Gegenteil vertritt, hat mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Um dem zu entgegnen, sollte vom Staat gefordert werden, dass er seine Geheimschränke mit seinen Abhörprotokollen öffnet, um endlich Transparenz über die Stammheimer Todesnacht zu erhalten.

„Wie viel sind hinter Gittern, die wir draußen brauchen“, sangen damals Ton Steine Scherben. Was damals galt, hat heute auch noch seine Berechtigung. Aus welchen Gründen die Freiheit der letzten 4 Gefangenen aus der RAF gefordert wird, ist da sekundär: ob nun humanistisch oder politisch.

Weiterhin könnten im Rahmen des 18. März, dem Tag für die Freiheit der politischen Gefangenen, die ersten Diskussionen und Aktionen beginnen, um etwa durch eine Demonstration zum 18. Oktober nach Stuttgart, dem Knast dort oder dem zuständigen Justizministerium, zu initiieren, um dem offiziellen Medienspektakel zum Deutschen Herbst was entgegenzusetzen.
Hier ist die Folter weiter erforscht worden, wie am Universitätskrankenhaus Eppendorf in Hamburg Anfang der siebziger Jahre, exekutiert und in viele Ländern exportiert worden. Die restlichen Gefangenen aus der Guerilla müssen ohne Wenn und Aber jetzt raus!
„Es muss immer wieder betont werden: Schließlich ist die Welt geschichtlich reif dafür, dass die zukünftigen Neugeborenen in ein Leben treten können, das die volle Förderung aller ihrer menschlichen Potentiale bereithalten kann und die Gespenster der Entfremdung von des Menschen gesellschaftlicher Bestimmung vertrieben sind.“
(Christian Klar)


Literaturhinweise:
Pieter Bakker Schut: Stammheim. Neuer Malik Verlag
Irmgard Möller: „RAF - das war für mich Befreiung!“
Gudrun Ensslin: „Zieht den Trennungsstrich jede Minute“
Beides erschienen im Konkret Literatur Verlag
Wolfgang, Redakteur beim Gefangenen Info



Wikipedia-Link:
http://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Armee_Fraktion#Hintergr.C3.BCnde





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