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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 27.01.05, 15:09     Betreff: Re: Auschwitz-Gedenktag - - - und kaum jemand weiß

entnommen aus dem heutigen "Neues Deutschland"


Das Wissen und das Gewissen

Kannte die Welt während des Krieges die Wahrheit über die Konzentrationslager?

Von Julian Bartosz, Wroclaw


Die heute in Oswiecim versammelten Staatsoberhäupter und Regierungsver­treter aus aller Welt werden die Ver­dammnis jener »von Menschen er­dachten und organisierten Hölle« wiederholen und beim Kaddisch wie beim christlichen Gebet der Millionen Opfer des verbrecherischen Nazire­gimes gedenken. Die Frage drängt sich auf, ob das genügt und wie das »Nie wieder!« zu verstehen ist.

In der Einführung des Buches von Henryk Swiebodzki »Berichte der Flüchtlinge aus dem KL Auschwitz« (einer von insgesamt 420 Publika­tionen des Auschwitz-Museums) wird die Frage gestellt, ob »die Welt während des Krieges die Wahrheit über die Konzentrationslager ge­kannt hat«. Diese Frage ist eindeu­tig zu bejahen. Unter anderen war es Jan Karski, der Emissär des »polnischen Untergrundstaates« (so auch der Titel seines Buches aus dem Jahre 1944), der diese Wahr­heit 1942 und 1943 der Regierung Seiner Majestät in London und dem US-amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt auf Grund seiner Beobachtungen im Vernich­tungslager Belzec bei Lublin per­sönlich darlegte. Von Vertretern des jüdischen Untergrunds im War­schauer Ghetto beauftragt, trug er den höchsten Machthabern der westlichen Alliierten die Forderung vor, jenen Menschen, die zur »Aus­rottung« verurteilt waren, sofortige effektive Hilfe zu leisten. Im einzel­nen hieß dies u.a. die Zerstörung der Knotenpunkte jener Eisenbahn­linien, die zu den Lagern führten, und der aus der Luft erkennbaren (mehrmals fotografierten) Krema­torien in Auschwitz-Birkenau, wie sie der Jüdische Weltkongress for­derte. Wieslaw Kielar (Auschwitz-­Nummer 290), Autor des in viele Sprachen übersetzten Buches »Anus mundi«, schilderte vor Jah­ren in Wroclaw, welche Wut die Häftlinge packte, als sie zusahen, wie anglo-amerikanische Maschi­nen die in Lagernähe liegenden Rüstungsbetriebe bombardierten, die Todesfabrik in Birkenau aber weiter laufen ließen. Dieses Thema wird in der Literatur - wie aus der von Anna Malcowna zusammenge­stellten Auschwitz- und Holocaust­Bibliographie (mit über 2000 Posi­tionen) hervorgeht - nur wenig be­handelt. Es gibt selbstverständlich Veröffentlichungen wie »Auschwitz und die Alliierten« von Martin Gilbert oder David Wymans Buch »Die Preisgabe der Juden. Amerika und der Holocaust 1941-1945«. Insge­samt scheint jedoch die Nichterfül­lung der Forderungen jüdischer Vertreter (Szmul Zygielbojm beging daraufhin Selbstmord) fast ein Tabu zu sein.

Wahr ist, dass sowohl der US­amerikanische Präsident wie auch der britische Premier ihre Ober­kommandierenden angewiesen hatten, das »Mögliche« zutun, doch unwiderlegbar ist auch, dass die höchsten Militärs aller Alliierten - wie der polnische Publizist Eugeniusz Guz in »Przeglad« auf der Grundlage von Dokumentationen resümierte - mit operativen Argu­menten der Kriegsführung davon Abstand nahmen. »Das Schicksal der KL-Häftlinge scheint für die Al­liierten eine belanglose Marginalie gewesen zu sein«, schreibt er, »Es bleibt eine historische Tatsache, dass ungeachtet ungezählter Appel­le, Bittgesuche und Beschwörungen auf den militärischen Ausführungs­ebenen niemals und nirgends ein Rettungsversuch unternommen wurde. Immer nur darüber debat­tierend, ging man von vornherein von deren Unausführbarkeit aus. Für diese Teilnahmslosigkeit findet man keine rationale Begründung.«

Mit »Nie wieder!« lässt sich das un­reine Gewissen der Zeitgenossen zwar mühsam beruhigen, aber bei allen Klageliedern und Gebeten sind angesichts der vielen Tragö­dien und Verbrechen fern von »unserer Zivilisation« die in der heutigen Welt Regierenden von die­ser Teilnahmslosigkeit noch nicht gänzlich befreit.





[editiert: 27.01.05, 15:30 von bjk]
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