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zystein


New PostErstellt: 07.10.06, 13:01     Betreff: Re: Wie sicher ist sicher? Ekkehard Schulz ist sicher...

Und noch ein sehr guter und kritischer Artikel zum Thema "mangelhaftes Sicherheitskonzept" von Planern vs. "menschliches Versagen" von (ausführenden, weisungsgebundenen!!) "Mit"arbeitern!!
Prima Winfried Wolf, "Junge Welt"!
http://www.jungewelt.de/2006/10-04/001.php

Menschliches Versagen?
Zehn Tage nach dem Transrapidunglück heißt die Devise aller Verantwortlichen »Weiter so!«

Von Winfried Wolf

Nach dem Unglück am 22. September: Teile des Werktstattwagens am Boden, der Transrapid in fünf Meter Höhe

Knapp zwei Wochen nach dem schweren Unglück mit dem Transrapid auf der Versuchsstrecke im Emsland versuchen die Verantwortlichen, zur Tagesordnung überzugehen. Bereits drei Tage nach der Katastrophe, die 23 Menschenleben forderte, teilte das Herstellerkonsortium, bestehend aus ThyssenKrupp und Siemens, mit, im April 2007 werde das neue Modell der Magnetschwebebahn, der »Transrapid 09«, ausgeliefert und auf der Versuchsstrecke im Emsland getestet werden. Der Kommentar eines Firmensprechers »Wir sind voll im Zeitplan« mag bereits Anlaß für Irritationen gewesen sein. Geradezu zynisch wirkt die ergänzende Aussage, wonach »alle Sicherheitsstandards peinlichst genau eingehalten und zumeist noch übertroffen werden.« (Neue Osnabrücker Zeitung vom 26. September).
Durchhalteparolen
Prominente Personen wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) betonen, daß im Emsland »nicht die Technik versagt« habe, daß man »jetzt nicht vorschnelle Entscheidungen treffen« dürfe. Solche Durchhalteparolen waren von diesen Personen zu erwarten. Doch Vergleichbares findet sich auch an unerwarteter Stelle. In einem Kommentar der Financial Times Deutschland vom 25. September heißt es: »Trotzdem ist es richtig, dem Transrapid eine letzte Chance zu gewähren. In München ... hat die deutsche Schwebetechnologie sich und der Welt endlich zu beweisen, daß sie mehr ist als eine geniale Idee eines Ingenieurs, nämlich, daß deutsche Industriepolitik auch marktfähige Produkte hervorbringen kann. Die Zeit ist reif.« Dieser Beitrag erschien ausdrücklich »unsigniert, womit er »die Meinung der Zeitung wiedergibt«. Hier wird schlicht auf die Vergeßlichkeit der Leserschaft spekuliert. Am 2.Januar 2003 hieß es an der gleichen Stelle im gleichen Blatt und ebenfalls unsigniert, also als »Meinung der Zeitung«: »Die Jungfernfahrt im Fernen Osten (Schanghai; W.W.) ist kein Grund, den Transrapid jetzt doch in Deutschland zu bauen. Der Trend geht zu Technologien, deren Fahrweg wenig kosten. Beim Transrapid dagegen steckt der Motor in der Schiene. Das macht lange Strecken extrem teuer. Die Magnetbahn ist nicht wettbewerbsfähig.«

Tatsächlich erweist sich gerade der Transrapid in Schanghai – immerhin die erste und einzige kommerziell genutzte Magnetschwebebahnverbindung in der Welt – als »nicht wettbewerbsfähig«. Seit zwei Jahren werden keine Zahlen mehr zur Auslastung des China-Transrapids veröffentlicht. Im April 2004 allerdings nannte die Tageszeitung Shanghai Daily solche exakten Zahlen. Gezählt worden seien durchschnittlich »73 Personen je Trip« in der 440sitzigen Magnetschwebebahn. (wiedergegeben in: Die Welt vom 14. April 2004). Das entsprach einem Auslastungsgrad von 16,6 Prozent. Selbst wenn sich die Auslastung verdoppelt haben sollte (was nicht der Fall sein kann, weil das berichtet worden wäre), läge sie zu niedrig, um einen kostendeckenden Betrieb zu gewährleisten.

Inzwischen dringen Details zur Magnetbahn-Katastrophe an die Öffentlichkeit, die das Drängen auf ein »Weiter so!« noch unglaubwürdiger machen. Focus berichtete über die Aussagen eines Überlebenden. Danach hätten zwei Mitarbeiter des Werkstattwagens trotz eigener Verletzungen drei Fahrgäste aus dem zerstörten Transrapid befreit. Dies könnte ein Indiz dafür sein, daß es direkt nach dem Unglück deutlich mehr Überlebende gab, daß jedoch die Trassenführung – fünf Meter über dem Boden und ohne parallel laufende Rettungswege auf gleicher Höhe – verantwortlich dafür ist, daß die Rettungskräfte erst zwölf (!) Stunden nach dem Unglück alle Wagen untersucht und einen umfassenden Überblick über die Zahl der Getöteten und der Verletzten hatten. Schwerverletzte haben oft nur eine Überlebenszeit von wenigen Minuten; sicher selten eine solche von zwölf Stunden.
Verantwortungslosigkeit
Daß der Werkstattwagen auf der Versuchsanlage, gegen den die Magnetbahn geprallt war, nicht in das elektronische Kontrollsystem integriert war und daß dessen Bewegungen vorsintflutlich – mittels Eintragungen in einer Kladde und mittels Funkverkehr und mündlicher Fahrtfreigabe – verfolgt wurden, ist zweifelsfrei eine wesentliche Ursache für das Unglück. Entsprechend ist es verantwortungslos, als wichtigste Ursache für das Unglück »menschliches Versagen« zu nennen. Das Sicherheitskonzept erwies sich als unzureichend. Inzwischen berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung, daß selbiger Werkstattwagen über »keinen gültigen Sicherheitsnachweis« verfügte. Das Dementi der niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr liest sich wie eine Bestätigung dieses Vorwurfs. Danach sei »der Werkstattwagen als Sonderfahrzeug von den Betriebsvorschriften erfaßt«, sein »Betrieb somit erlaubt« gewesen. Doch das hatte ja niemand bestritten; die Antwort auf die Behauptung »fehlender Sicherheitsnachweis« wurde so galant umgangen.

Übrigens: Wie kann ein Werkstattwagen, der täglich auf der Transrapidstrecke eingesetzt werden muß und der eine Voraussetzung für den eigentlichen Betrieb des Transrapids darstellt, ein »Sonderfahrzeug« sein?
___
Kommentar
Das meine ich: Denn selbst wenn der Transrapid wirtschaftlich wäre, was er nicht ist, ist diese Frage berechtigt. Denn die Verbuchung eines systemerhaltenden Fahrzeuges unter Kostenstelle "Sonderausgaben" zeigt
doch wohl in eindrucksvoller Weise, welche Philosophie hier zugrunde liegt.
Kerngeschäft und Profiterwartung fokussieren euphemistisch auf die "Kerntechnik", alles andere ist subsidiäres, sonderbares Beiwerk.
Welch ein verengter, reduktionistischer Begriff von System! Aber so sind se, "unsere" (extra-? export-?) profitorientierten Technik-Positivisten!!


[editiert: 07.10.06, 13:31 von zystein]
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