Sie sind nicht eingeloggt.
LoginLogin Kostenlos anmeldenKostenlos anmelden
BeiträgeBeiträge SucheSuche HilfeHilfe StatStatistik
VotesUmfragen FilesDateien CalendarKalender
Freies Politikforum für Demokraten und Anarchisten

PLATTFORM FÜR LINKE GEGENÖFFENTLICHKEITEN

Beiträge können nicht (mehr) eingestellt oder kommentiert werden!

 
Vor 70 Jahren: Überfall auf die Sowjetunion

Anfang   zurück   weiter   Ende
Autor Beitrag
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 22.06.11, 15:24  Betreff: Re: Vor 70 Jahren: Überfall auf die Sowjetunion  drucken  weiterempfehlen

gelesen in: http://www.n-tv.de/politik/Die-Plaudereien-der-Wehrmachtssoldaten-article3624951.html


"Eingeladen zum Judenschießen"


Die Plaudereien der Wehrmachtssoldaten


von Gudula Hörr


Eigentlich war es doch ein großes Abenteuer. Da konnten die Männer schießen, jagen, plündern, vergewaltigen - ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Der ganze Zweite Weltkrieg, so erscheint es zumindest in nun veröffentlichten Abhörprotokollen von Wehrmachtssoldaten, war ein "Mordsspaß".

( ... ) erinnert sich Hauptmann Reimbold im März 1945 an Tischgespräche in einem Offizierslager: "Ach, da haben wir eine Spionin geschnappt, die in der Gegend herumgelaufen ist. Und da haben wir ihr zuerst mit einem Stecken auf die Äppelchen gehauen, dann haben wir ihr den Hintern verhauen mit dem blanken Seitengewehr. Dann haben wir sie gefickt, dann haben wir sie rausgeschmissen, dann haben wir ihr nachgeschossen, da lag sie auf dem Rücken, da haben wir (mit) Granaten gezielt. Und jedes Mal, wenn wir in die Nähe trafen, hat sie aufgeschrien. Zum Schluss ist sie dann verreckt und wir haben die Leiche weggeschmissen." ( ... )

In den Ostgebieten gab es einen regelrechten "Erschießungstourismus": "Die SS hat eingeladen zum Judenschießen", berichtet etwa Oberstleutnant von Müller-Rienzburg von der Luftwaffe. "Die ganze Truppe sind mit Gewehren hingegangen und (...) zusammengeknallt. Hat jeder sich aussuchen können, was für einen er wollte." ( ... )

"Man darf ja das nicht laut sagen, aber wir waren ja viel zu weich", klagt am 6. Mai 1945 Generalleutnant Maximilian Siry. "Wir sind da jetzt in der Flasche mit den ganzen Grausamkeiten. Hätten wir aber die Grausamkeiten hundertprozentig durchgeführt - die Leute restlos verschwinden lassen, dann würde kein Mensch was sagen. Nur diese halben Maßnahmen, das ist immer das Falsche." ( ... )

Die Gründe des Krieges waren letztlich gleichgültig und die Wehrmachtssoldaten machten - mal mehr, mal weniger willig - das, was ihre Arbeit war: Gehorchen und Töten.


den vollständigen Artikel lesen in: http://www.n-tv.de/politik/Die-Plaudereien-der-Wehrmachtssoldaten-article3624951.html




... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden Website dieses Mitglieds aufrufen
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 22.06.11, 15:13  Betreff: Re: Vor 70 Jahren: Überfall auf die Sowjetunion  drucken  weiterempfehlen

gelesen in: http://www.jungewelt.de/2011/06-22/046.php



Merkel und der 22. Juni

Überfall auf die Sowjetunion 1941



Von Arnold Schölzel


Am 10. Mai hielt die Bundeskanzlerin im Deutschen Historischen Museum (DHM) in Berlin vor 750 Gästen eine Rede. Sie eröffnete eine Ausstellung mit Bildern der beiden westdeutschen Fotografen Thomas Hoepker und Daniel Biskup, die unter dem Titel »Über Leben« laut Angaben des DHM »das Zeitgeschehen zwischen Mauerbau und dem Ende des Kommunismus in Osteuropa« dokumentiert. Bild veröffentlichte die Ansprache Angela Merkels und dekretierte: »Diese Ausstellung muß jeder sehen, der die Freiheit liebt.«

Der Redetext befaßt sich mit dem »Gedenkjahr 2011, in dem sich der Mauerbau zum 50. Mal jährt« und der Zeit vor 20 Jahren, als die »Ära der Sowjetunion« endete. Die CDU-Vorsitzende erinnerte sich: »Ich weiß noch genau, daß, als ich Kind war, meine Eltern an einem Sonntag – mein Vater hatte einen Gottesdienst gehalten – in Tränen ausbrachen, insbesondere meine Mutter, weil an diesem Tag etwas aus der östlichen genauso wie aus der westlichen Perspektive Unfaßbares geschehen war.«

Der 22. Juni 1941, 20 Jahre vor dem 13. August 1961, kam in dieser Rede nicht vor. Das hat bundesdeutsche Tradition. Es läßt sich leichter, vor allem oberflächlicher und verlogener von 1961 und von 1991 reden, wird jenes Datum beschwiegen. Der ursächliche Zusammenhang zwischen den drei Jahren ist etwas Faßbares, wird er weggelassen, läßt sich schön über »Unfaßbares« historische Esoterik verbreiten. Die wiederum steht ganz in den Traditionen jenes Irrationalismus, der eine ideologische Hauptquelle des Vernichtungskrieges war, den Hitler und seine Generäle praktisch seit der Machtübergabe an die Faschisten vorbereiteten. Er war der zentrale Punkt des Bündnisses von imperialistischer Bourgeoisie und Nazibewegung, das lange, sehr lange noch nach dem 22. Juni 1941 hielt – Genozid an Slawen und Juden, Strategie der »Verbrannten Erde«, Kommissarbefehl und Freistellung aller deutschen Uniformträger bei Verbrechen an der Zivilbevölkerung in den besetzten Ländern eingeschlossen. Moskau, Stalingrad, Kursk hießen die Städte und die dort geschlagenen Schlachten, die der Bestie das Genick brachen.

Von all dem schwieg die Kanzlern, sie erinnerte an die neuesten Angriffskriege, erfolgreiche in ihren Augen: »Auch auf dem Balkan haben wir noch nicht alles, aber vieles erreicht. Der Krieg auf dem Balkan gehört der Vergangenheit ein.« Dort existieren seit 1999 nämlich NATO-Protektorate. Und die Kanzlerin wandte sich auch »Weißrußland« zu, der Republik Belarus, und dachte »an das schwere Schicksal, das viele Oppositionelle zu erleiden haben. Unser Kanzleramtsminister hat sich gerade mit weißrussischen Oppositionellen getroffen.« So ist das im »Gedenkjahr 2011«: Wo Deutsche vor wenigen Jahrzehnten die mörderischste aller Besatzungen errichteten, tritt heute ein deutscher Minister wie zu Hause auf. Faßbar, weil erklärbar, ist das wie damals.




... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden Website dieses Mitglieds aufrufen
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 22.06.11, 15:07  Betreff: Re: Vor 70 Jahren: Überfall auf die Sowjetunion  drucken  weiterempfehlen

gelesen in: http://www.neues-deutschland.de/artikel/200052.gebuehrt-allen-soldaten-eine-ehrung.html


Von Eckart Spoo

Gebührt allen Soldaten eine Ehrung?


Im Juni wird es 70 Jahre her sein, dass hochgerüstete deutsche Truppen die Sowjetunion überfielen. Mein Vater war dabei. Ich kannte ihn kaum. Er war schon Anfang 1939 zur Wehrmacht gegangen.

Der von den Generälen erwartete »Blitzsieg« wie in Polen und Frankreich blieb in Russland aus. Die Deutschen stürmten in Richtung Moskau, aber dann stießen sie auf starken Widerstand, und der Winter kam. Im Frühjahr 1942 besuchte mein Vater uns kurz auf der Durchreise zu einer Kur. Er litt so sehr an seinen Erfrierungen, dass ich mich ihm kaum nähern durfte.

Im Sommer war aus seinen Briefen an der Front nicht mehr viel Siegeszuversicht herauszulesen. Anfang des Herbstes kam die Todesnachricht: Heldentod durch Bauchschuss südwestlich des Ilmensees. Von der Kompanie hatte kaum jemand überlebt.

Vor einigen Jahren erzählte mir ein Funktionär des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, welche schönen großen Ehrenfriedhöfe jetzt in Russland entständen. Da fänden die sorgsam ausgegrabenen Überreste der deutschen Soldaten für immer einen würdigen Platz, an dem die Angehörigen oder Nachkommen ihrer gedenken könnten.

Bei dem Wort Ehre stutze ich immer. Ehrenwort, Ehrensache, Feld der Ehre, Ehrenfriedhof, Treue ist das Mark der Ehre – was ist damit gemeint?

Ehrenfriedhöfe sollen ewig bestehen bleiben. Auf einem normalen deutschen Friedhof dagegen kauft man ein Grab gewöhnlich für 20 oder 25 Jahre, dann endet das »Ruherecht«. Gebührt Soldaten – und zwar allen – mehr Ehrung als den Zivilisten? Unendlich viel mehr?

Der Funktionär des »Volksbunds« erzählte mir auch begeistert von der Milliardensumme, die schon für Ehrenfriedhöfe ausgegeben worden sei, und von den braven Bundeswehrsoldaten und den braven Schulkindern, die alljährlich in den Wochen um den »Volkstrauertag« für den »Volksbund« sammeln. Er ließ erst von mir ab, als ich ihm sagte, ich fände den angeblichen Heldentod in einem Angriffskrieg und erst recht in diesem verbrecherischsten massenmörderischsten aller Angriffskriege weder süß noch ehrenvoll, und es widerstrebe mir, dass die überfallenen Völker nun auch noch etliche Quadratkilometer ihrer Erde auf ewig den Aggressoren überlassen müssten. In meinem Namen handele der »Volksbund« jedenfalls nicht, wenn er meinem Vater in Russland ein »Ehrengrab« bereite.

Quelle: Ossietzky Nr. 10/2011




... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden Website dieses Mitglieds aufrufen
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 22.06.11, 15:05  Betreff: Re: Vor 70 Jahren: Überfall auf die Sowjetunion  drucken  weiterempfehlen

gelesen in: http://www.neues-deutschland.de/artikel/200063.zig-millionen-menschen.html


Von Wigbert Benz

... zig Millionen Menschen

Hunger als Massenmordstrategie der deutschen Kriegsführung


Ziel des NS-Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion war die Errichtung eines autarken, blockadefesten »Großraums Kontinentaleuropa« unter deutscher Herrschaft, für den die eroberten Ostgebiete das unerschöpfliche Reservoir an Rohstoffen und Lebensmitteln darstellen sollten.

Zu diesem Zweck erließ Görings Vierjahresplanbehörde vor dem Überfall Richtlinien, die den Hungertod von 30 Millionen Menschen beabsichtigten. Die großen Städte der UdSSR, an erster Stelle Moskau und Leningrad, sollten von den Lebensmittelzufuhren aus den sogenannten Überschussgebieten, vor allem der Ukraine, abgeriegelt werden. Verzehrt werden sollten die so »frei werdenden« Nahrungsmittel von Wehrmacht und deutscher Bevölkerung. So wurde in einer Besprechung des Wehrwirtschaftsgenerals Georg Thomas, der die operative Federführung in der Vierjahrsplanbehörde innehatte, mit den Staatssekretären der zuständigen Ressorts am 2. Mai 1941 festgehalten: »Der Krieg ist nur weiterzuführen, wenn die gesamte Wehrmacht im dritten Kriegsjahr aus Rußland ernährt wird. Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn von uns das für uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird.« Der US-amerikanische Anklagevertreter Sidney Alderman erklärte bei den Nürnberger Prozessen am 26. November 1945 dazu: »Noch niemals ist wohl ein unheilvollerer Satz niedergeschrieben worden, als der Satz in dieser Urkunde.«

Der Mord an der sowjetischen Zivilbevölkerung wurde durch verbrecherische Befehle wie dem »Erlaß über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet Barbarossa« vom 13. Mai 1941 flankiert, der verfügte, dass die Straftaten von Angehörigen der Wehrmacht gegen die Zivilbevölkerung »nicht unter Verfolgungszwang« (!) gestellt werden durften. Damit erklärte die Wehrmachtsführung die sowjetischen Zivilisten faktisch für vogelfrei. Hitlers »Ostprogramm«, von dem sich die Privatwirtschaft Riesengewinne versprach, so dass vor dem Scheitern des Blitzkriegs vor Moskau im Dezember 1941 das Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, Karl Rasche, den Charakter des Krieges als »größten Amortisationsplan der bisherigen Wirtschaftsgeschichte« definierte, war ein Amalgam von strategischen, ökonomischen und rassenideologischen Elementen. Dessen rassenideologische Basis hatte auch eine praktische, für den beabsichtigten Eroberungskrieg funktional günstige Seite.

Der Kampf um »Lebensraum im Osten« rechtfertigte den Krieg als Recht des Stärkeren zur Durchsetzung machtpolitischer und wirtschaftlicher Interessen in einer nach der vermeintlichen rassischen Wertigkeit ihrer Völker eingeteilten Welt. Für die geplante Unterwerfung der Sowjetunion war es von Vorteil, die slawischen Völker als »Untermenschen« anzusehen. Deren entmenschlichter Status ermöglichte den Abbau moralischer Barrieren für die notwendige Entgrenzung von Gewalt im »totalen Krieg«, der zwecks Optimierung seiner Erfolgsaussichten mit inhumansten Mitteln geführt werden sollte.

Auf dieser Legitimationsgrundlage gerieten dann im konkreten Kriegsgeschehen Menschen ins Visier der Schützen und Flammenwerfer, die nach den Standards der herkömmlichen abendländischen Moral von der Anwendung gesteigerter Gewalt auszunehmen waren: Unbewaffnete, Kranke, alte Menschen, Frauen und Kinder, die in den verbrecherischen Befehlen zu Plünderern, Kriminellen, Spionen oder Partisanen umdefiniert und zur Erschießung freigegeben wurden. Von den 27 Millionen Toten der Sowjetunion waren die Hälfte Zivilisten. Dazu kamen drei Millionen Kriegsgefangene, von denen die meisten elend verhungerten. Dass »nur« mehrere Millionen Menschen statt der geplanten zig Millionen verhungerten, lag am gescheiterten Blitzkrieg im Winter 1941/42 vor Moskau.

Die Strategie, sowjetische Großstädte nicht auf klassischem militärischen Wege zu erobern und zu besetzen, sondern mit minimalen eigenen Verlusten und ohne die dortige Zivilbevölkerung ernähren zu müssen, einzuschließen und auszuhungern, kostete alleine während der Blockade Leningrads vom Herbst 1941 bis Anfang 1944 einer Million Menschen das Leben. Dass die politische Führung die Menschen in russischen Großstädten »liquidieren« wollte, zeigt Hitlers schon im Juli 1941 gegenüber Generalstabschef Halder geäußerte Absicht, Moskau und Leningrad dem »Erdboden gleich machen« zu wollen, »um zu verhindern, dass Menschen darin bleiben, die wir dann im Winter ernähren müssten«.

Moskau wurde nicht eingeschlossen, konnte nicht wie Leningrad ausgehungert werden, doch die Hälfte der Menschen in der UdSSR während der deutschen Besatzung hungerte und mindestens vier Millionen verhungerten. Allein in Charkow starben 30 000 Menschen den Hungertod.

Noch beim Rückzug aus den besetzten Gebieten im Frühjahr 1944 wollte die Wehrmacht zwar eine Minderheit nützlicher einheimischer Arbeitskräfte für ihre Zwecke gebrauchen. Deren Angehörige aber versuchte sie als nutzlose Esser physisch loszuwerden – mittels Hungermord. So ordnete der Oberbefehlshaber der 9. Armee General Josef Harpe im März 1944 an, arbeitsfähige Zivilisten zwangsweise zu rekrutieren und parallel dazu deren arbeitsunfähige Angehörige, die sich nicht mehr selbst versorgen konnten, in Todeslagern bei der weißrussischen Ortschaft Osaritschi, südlich der Stadt Bobruisk, zu konzentrieren. Da die Zivilisten in den kurzfristig als eingezäunte gebäudelose Areale organisierten Lagern keine Nahrungsmittel erhielten, waren bis zum Eintreffen der Roten Armee am 19. März bereits 9000 Menschen umgekommen.

Bis zuletzt nutzte die deutsche Kriegführung den Hunger als Massenmordstrategie.




... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden Website dieses Mitglieds aufrufen
bjk

Beiträge: 7353
Ort: Berlin


New PostErstellt: 22.06.11, 15:02  Betreff:  Vor 70 Jahren: Überfall auf die Sowjetunion  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

gelesen in: http://www.neues-deutschland.de/artikel/200064.fuehrer-befiehl-wir-folgen.html


Von Kurt Pätzold

Führer befiehl, wir folgen ...

Das Unternehmen »Barbarossa« und die deutsche Hybris


Der Faschismusforscher Prof. Dr. Kurt Pätzold, 1930 in Breslau geboren, Mitglied der Leibniz-Sozietät, hat zusammen mit Prof. Dr. Manfred Weißbecker die erste ostdeutsche Hitlerbiografie sowie eine Geschichte der NSDAP veröffentlicht, die mehrere Auflagen erlebte; weitere Bücher u. a.: »Ihr wart die besten Soldaten. Ursprung und Geschichte einer Legende«, »Stalingrad und kein Zurück. Wahn und Wirklichkeit« sowie »Der Führer ging, die Kopflanger blieben«.

Dass Hitler an der Macht Krieg bedeute, davor warnten nicht nur Kommunisten. Der Autor von »Mein Kampf« hatte selbst beschrieben, in welcher Reihenfolge er die Kriege zu führen gedachte, an deren Ende das deutsche imperiale Großreich stehen solle: Zuerst müsste Deutschlands »Todfeind« Frankreich ausgeschaltet werden. Dann besäße man freie Hand gegen Osten, die Sowjetunion.

Im März 1935, wenige Tage bevor in Deutschland die allgemeinen Wehrpflicht verkündet wurde, schrieb Kurt Tucholsky: »Ich fürchte den Augenblick, wo auf Geheiß der Deterdinge aller Länder dort einmarschiert und etwas zerschlagen wird, das ich nicht für ›richtig‹, aber doch stellenweise für heroisch halte.« Die »Deterdinge« meinte – in Anspielung an den niederländischen Industriellen und Gründer des Shell-Konzerns Henri Deterding – das internationale Großkapital, dessen Feindschaft gegen das revolutionsgeborene Land im Osten für den deutschen Emigranten in Schweden Zweifeln nicht unterlag. Nur die Reihenfolge der Eroberungszüge sah Tucholsky anders. Er glaubte, das Nazireich werde sich zuerst gegen die Sowjetunion wenden. Wenn diese dann, womit er rechnete, dem Ansturm nicht standhielte und die gewonnene deutsche Übermacht westwärts angreife, »können sich die Franzosen gratulieren«. Auch die Unersättlichkeit Hitlerdeutschlands stand für ihn außer Zweifel. Denn: »Die deutsche Hybris kennt keine Grenzen.«

Die Frage, mit welchem Eroberungszug der deutsche Imperialismus den Krieg begann, der zum Zweiten Weltkrieg wurde, entschied sich definitiv erst 1939. Im Mai bezeichnete Hitler vor Befehlshabern und hohen Offizieren der Wehrmacht den unmittelbaren Nachbarstaat im Osten als das erste Ziel der Eroberungen. Er gab seinen Entschluss bekannt, »bei erster passender Gelegenheit Polen anzugreifen«. Von da sollte der Zugriff auf die baltischen Staaten folgen. An den Nichtangriffsvertrag mit der UdSSR am 23. August 1939 knüpfte sich sodann die Erwartung, dieser werde das Risiko verringern, sogleich auch in einen Krieg mit Polens Verbündeten Frankreich und Großbritannien zu geraten. Das Kalkül schlug fehl. Die Westmächte antworteten auf den deutschen Überfall auf Polen mit Kriegserklärungen.

Das Vordringen auf das Baltikum und der Sturm zum Ural waren somit vertagt. Dies konnte die sowjetische Führung – nachdem ihre Anstrengungen für eine Politik der kollektiven Sicherheit gescheitert waren – als zeitbedingten und zeitlich begrenzten Erfolg ansehen. Doch knüpften sich daran im Kreml Illusionen. Denn als Frankreich geschlagen, Großbritannien aber nicht besiegt und für eine deutsche Invasion unerreichbar war, begann die deutsche Führung ihren Krieg gegen die UdSSR vorzubereiten. Dem lag die Idee der Eroberung eines kolonialen »Hinterlandes« zugrunde. Auf ein solches gestützt, so die Annahme, ließe sich jeder Krieg beliebig lange und siegreich bestehen. Zudem glaubte man in Berlin, Großbritannien müsse spätestens dann aufgeben, wenn nach der Niederwerfung der Sowjetunion sich deutsche Armeen auf den Weg nach Indien, das Kronjuwel im Empire, machten. Tatsächlich wurde dieser Feldzug durch den Nahen und Mittleren Osten im deutschen Generalstab schon vorgedacht.

Es gab indes ein paar Leute in der Führungsclique um Hitler, die bezweifelten, dass diese Rechnungen aufgehen würden. Doch niemand exponierte sich als Gegner oder auch nur als Bedenkenträger. Einträchtig wurde der Plan mit dem Tarnnamen »Barbarossa« ausgearbeitet und dessen Verwirklichung vorbereitet. Am 22. Juni 1941 begann ein Feldzug, in dem, so glaubten die deutschen Marschälle wie alsbald auch die braunen Stammtischstrategen, der Sieg binnen Monaten zu erringen sei. Winterbekleidung brauchten die Truppen folglich nicht. Wieder ein Irrtum. Wer von den mangelhaft eingekleideten deutschen Soldaten dann dennoch das Frühjahr 1942 erlebte, erhielt »in Würdigung des heldenhaften Einsatzes gegen den bolschewistischen Feind« die Ostmedaille, Die Soldaten nannten sie »Gefrierfleischorden«.

Dabei schien anfangs alles wie geplant zu verlaufen. Es ging vorwärts. Wie bei den Feldzügen zuvor bekamen die Muschkoten ein Lied mit auf ihren »Sturm« bis zur Grenze Asiens. Eben noch hatten sie ahnungslos in Schulen und in der Hitlerjugend die Lieder »Nach Ostland geht unser Ritt« und »In den Ostwind hebt die Fahnen« gelernt. Nun begleitete sie auf ihren Märschen ohne Ende das aus Rundfunkgeräten gehörte »Von Finnland bis zum Schwarzen Meer – vorwärts«. Das Lied endete mit den Worten: »Freiheit das Ziel! Sieg das Panier! Führer befiehl, wir folgen Dir.« Die Gefolgschaftslosung war nicht neu. Sie stammte noch aus Zeiten der Friedensheuchelei. Nun schickte der »Führer«, der sich im September 1939 noch damit gerühmt hatte, einen Zweifrontenkrieg verhindert zu haben, die Wehrmacht in einen solchen. Viele Deutsche befiel darob Unwohlsein. Das verflog jedoch rasch mit den Erfolgsmeldungen des Oberkommandos der Wehrmacht. Ein weiterer »Blitzkrieg« schien begonnen zu haben.

Über die Sowjetunion brach in jenem Sommer 1941 eine Katastrophe herein. Binnen Wochen gerieten weiteste Gebiete des Landes und deren Bewohner in die Gewalt der Eroberer. Diese benutzten ihre Übermacht skrupellos, alle internationalen Abmachungen über Regeln und Grenzen der Kriegführung vorsätzlich missachtend. Wer in deutsche Gefangenschaft fiel, war ein Todeskandidat, denn die Wächter sorgten sich weder um Behausung und Ernährung noch um notdürftigste medizinische Versorgung. Gnadenlos begann die Ausplünderung des Landes für die Zwecke der eigenen Truppen, dann auch zur Verpflegung der »Heimatfront«, der die Kriegslaune erhalten bleiben sollte.

Von Deutschlands mörderischem Besatzungsregime gelangten keine Bilder in deutsche Zeitungen und die wöchentlichen Filmberichte. Gezeigt wurden hingegen Bilder, mit denen der den »Volksgenossen« schon in Vorkriegsjahren gepredigte Antibolschewismus genährt wurde: Erschöpfte, ausgehungerte Kriegsgefangene wurden der angeblich auserlesenen arischen Rasse als »Untermenschen« vorgeführt, Dörfer, die als Folge Jahrhunderte alter Rückständigkeit zu zaristischen Zeiten noch von Armut gezeichnet waren, als Ergebnis bolschewistischer Herrschaft und Misswirtschaft ausgegeben. So erfolgte die Einstimmung der vermeintlichen Sieger auf ihre Rolle als »Ordnungsmacht«. Der europäische Osten sollte in den Fantasien der Aspiranten auf das großgermanische Kolonialreich zum Bewährungsfeld für Generationen der deutschen Jugend werden, wie Indien dereinst das der britischen gewesen sei.

Indessen machten die Fronttruppen des deutschen Ostheeres mit den »Untermenschen« eine gänzlich andere Bekanntschaft. Dieser Gegner wich, aber er wankte nicht. Dennoch hielt sich der Glaube, dass dessen Kräfte und Reserven eines Tages erschöpft sein würden und der weitere Weg zum Ural ein leichter Durchmarsch

wäre. Dieses Trugbild pflegten nicht nur Soldaten, sondern auch die Führer. In einer Ansprache Anfang Oktober 1941 erweckte Hitler den Eindruck, dass der Sieg faktisch errungen wäre. Der Gegner sei geschlagen und werde sich nie wieder erheben, sagte er.

Zwei Monate später begann in der Schlacht um Moskau der Gegenangriff der sowjetischen Verbände. Deutsche Divisionen der Heeresgruppe, welche die Hauptstadt erobern sollten, lernten nicht nur die Vokabeln »Flucht« und »Rückzug«. Die Schlacht vor Moskau leitete die Wende des Krieges ein. Millionen Europäer, die bis dahin kein Ende der deutschen Besatzungsherrschaft gesehen hatten, fassten Mut, Tausende den Entschluss zum Widerstand gegen die Okkupanten. Das weltgeschichtliche Verdienst – so oft es auch denen, die es errangen, in den Jahren danach abgesprochen wurde – ließ sich nicht verdunkeln. Weltweit wurden damals antibolschewistische Klischeebilder über den Staat zwischen Ostsee, Schwarzem Meer und Pazifik aufgegeben.

Spätere Siege der Roten Armee und der Triumph des 8. Mai 1945 haben die Fragen an dieses Jahr 1941 im Lande der Sieger lange verblassen lassen. Das gereichte ihm nicht zum Vorteil. Über das Erleben der toten und der überlebenden Kriegsgefangenen wurde ebenso weithin geschwiegen wie über das Elend und das Sterben in den besetzten Gebieten. Stalin selbst erklärte die anfänglichen folgenschweren Niederlagen seiner Armeen: Er schrieb dem verheerenden Kriegsbeginn Unvermeidlichkeit zu. Demnach gab es im eigenen Lande weder Verantwortliche noch Schuldige an dem Desaster, ausgenommen diejenigen, die er nach Kriegsbeginn hatte erschießen lassen und über die nun auch geschwiegen wurde. Der zum genialen Feldherrn stilisierte Herrscher im Kreml hätte sonst über seine und seiner Mitführer Irrtümer und Fehlentscheidungen im Vorkrieg und bei Kriegsbeginn sprechen müssen.

In den Falten der Toga des Siegers verschwanden Fragen an die Geschichte auf lange Zeit. Wären sie gestellt worden, hätten sie in einer Systemkritik münden müssen. Denn am 22. Juni 1941 ist deutlich geworden, welche Folgen eintreten können, wenn das Geschick eines Landes an das Denken und die Entschlüsse eines Mannes und ihm höriger Berater geschmiedet ist.

Dass die Fehlrechnungen korrigierbar waren, erwies sich als Glück für die Mehrheit der europäischen Völker. Dass sie nicht in einer Kriegsniederlage mündeten, war das Verdienst von Millionen Soldaten und deren Führung und wurde mit dem Einsatz und dem Verlust des Lebens eines Großteils der sowjetischen Jugend errungen, die das Vaterland verteidigte. Es war durch die Opfer von Millionen im Hinterland erreicht, die unter letztlich unvorstellbaren Entbehrungen das Kämpfen und Siegen an den Fronten ermöglichten.

Den Toten gilt unser Gedenken. Und denen, die überlebten und deren Kräfte bis in unsere Tage – da uns nun sieben Jahrzehnte von den Geschehnissen trennen – ausreichten, unser Gruß und Dank. Wer mag, kann an diesem 22. Juni 2011 ein paar Minuten auf den Gedanken verwenden, wie die Welt ausgesehen haben würde, wenn aus Berlin Germania, die Welthauptstadt, geworden wäre.



Leningrad 1945

Ich lachte.

Denn der Soldat
aus Astrachan,
der mich bewachte,
roch an meiner Zahnpasta,
als wäre sie Marzipan.
Ich lachte und lachte.
Ohne Zähne, nach innen.
Ich lachte ohne Besinnen.
Ich lachte. Da brachte
der Soldat bei Durchsicht
meiner Habseligkeiten
ein Bändchen ans Licht,
rief freudig: »Oh, Goethe!»
Und ohne die Seiten des Buches aufzuschlagen,
begann er das Lied vom
Schatzgräber
deutsch fließend aufzusagen…
»Trinke Mut des reinen Lebens,
dann verstehst du ..«
Und stockte.
Sah mich bittend an.
Ich, Welteroberer,
Besitzer eines blitzenden
Wasserklosetts
mit Inschrift: Man bittet zu spülen!,
konnte nicht helfen.

Jo Schulz (1920-2007)






... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden Website dieses Mitglieds aufrufen
Sortierung ndern:  
Anfang   zurück   weiter   Ende
Seite 1 von 1
Gehe zu:   
Search

powered by carookee.com - eigenes profi-forum kostenlos

Layout © subBlue design
. . . zum Politikmagazin auf diesen Button klicken >> bjk's Politikmagazin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .