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Zahlen zum tschechischen und polnischen Völkermord nach Gunnar Heinsohn im "Lexikon der Völkermorde" (rororo-TB)
I.) Zum tschechischen Völkermord:
Im Lexikon der Völkermorde (Gunnar Heinsohn: Lexikon der Völkermorde, ro-ro-ro aktuell, Rowohlt-Verlag, Reinbek bei Hamburg, Hamburg 1998ff, ISBN 3 499 22338 4) werden auch die tschechischen Vertreibungsmorde klar beziffert und benannt. Wissenschaftlich werden die Darlegungen unter anderem zurückgeführt auf:
A) die seinerzeitigen Angaben der Bundesregierung, veröffentlicht in der Arbeit von: T. Schieder et al., Hg. (1957), Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Band I: Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei, Bonn: Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte und
B) auf das Statistische Bundesamt (1958), Die deutschen Vertreibungsverluste: Bevölkerungsbilanzen für die deutschen Vertreibungsgebiete 1939/50, Stuttgart: Kohlhammer und
C) auf R. Luza (1964), The Transfer of the Sudeten Germans: A Study of Czech-German Relations, 1933-1962, New York: New York University Press und
D) auf Emil Franzel (1979), Die Vertreibung Sudetenland 1945 - 1946 nach Dokumenten des Bundesministeriums für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte sowie Dokumenten aus dem Bundesarchiv in Koblenz nach Fragebogenberichten des Bundesarchivs und Erlebnis- und Kreisberichten (1967), Landshut: Aufstieg-Verlag.
Der Text im „Lexikon der Völkermorde“ (Seite 116/117) lautet sodann:
- Deutsche (O) / Sudetendeutsche nach 1945 Siehe auch - Deutsche (O) / Ostdeutsche nach 1945; - Vertriebene Deutsche (O)
Im Mai 1945 leben 3.274.000 Sudetendeutsche und 144.000 Karpatendeutsche in der Tschechoslowakei. IM MAI 1945 BEGINNT EIN WEITGEHENDER ETHNOZID DER TSCHECHOSLOWAKEN AN DER ACHTHUNDERJÄHRIGEN DEUTSCHEN KULTUR IN IHREM MACHTBEREICH.
Im Jahre 1950 sind 2.921.000 Sudetendeutsche und Karpatendeutsche vertrieben. Etwa 250.000 verbleiben in der Heimat. 237.900 WERDEN AN ORT UND STELLE ODER AUF DER FLUCHT DEMOZIDAL (siehe Erklärung unten) UMGEBRACHT - DAVON 224.900 SUDETENDEUTSCHE UND 13.000 KARPATENDEUTSCHE.
(Demozid bzw. demozidal umfaßt neben genozidalen Megatötungen auch Politizide, vor allem jedoch solche wie Vernichtung durch Arbeit, Deportation, Entzug medizinischer Versorgung, usw.)
An anderer Stelle des Lexikons, bei einer Zusammenfassung, heißt es (Seite 347): "Direkt bei der Vertreibung kommen 2.110.000 Deutsche zu Tode (bei der Vertreibung aus Ostdeutschland, Osteuropa und dem Sudetenland; Anm. d. Verf.). DAVON WERDEN DURCH AUSTREIBUNG AUS DER TSCHECHOSLOWAKEI 200.000 BIS 250.000 MENSCHEN GETÖTET."
II.) Zum polnischen Völkermord:
Was sagt das Lexikon zu den Ostdeutschen?
Seite 116 heißt es diesbezüglich:
- Deutsche (O) / Ostdeutsche nach 1945 Siehe auch - Vertriebene Deutsche (O)
In den Ostgebieten des Deutschen Reiches Ostpreußen, Ostpommern, Ostbrandenburg, Schlesien und Danzig leben 1939 knapp 10 Millionen Menschen. BEI DER VERTREIBUNG VON 7,4 MILLIONEN AB 1945 KOMMEN 1,225 MILLIONEN (1.225.000) DEUTSCHE UM. Von etwa 16,6 Millionen Deutschen, die 1945 in Osteuropa leben, werden bis Mitte der 60er Jahre etwa 14,2 Millionen ihrer Habe beraubt und vertrieben. BEI DIESEM GRÖßTEN VERTREIBUNGSVERBRECHEN DER GESCHICHTE WERDEN INSGESAMT 2.110.000 DEUTSCHE ZU TODE GEBRACHT. ( Die Deutschen Vertreibungsverluste 1954; Statistisches Bundesamt 1958; Stiftung Ostdeutscher Kulturrat 1992; Reichling 1986; Schulze 1987; Steibel 1994; Böddeker 1997)
III.) In der Zusammenfassung heißt es im Lexikon der Völkermorde Seite 346/347:
- Vertriebene Deutsche (O)
- Im Jahre 1939 leben 17.658.000 Deutsche in den 1945 verlorenen deutschen Ostgebieten sowie in den Ländern Ost- und Südosteuropas. Von diesen verlieren schon während des Krieges 1,1 Millionen ihr Leben (etwa durch Angriffe von Partisanen, als Angehörige der Wehrmacht etc.). Von den verbliebenen 16,6 Millionen werden zwischen 1945 und 1949 gewaltsam 11,7 Millionen vertrieben. (... ) DIE VERTREIBUNG ERFÜLLT DIE KRIEGSVERBRECHENSDEFINITION DER HAAGER LANDKRIEGSORDNUNG (etwa Artikel 46). BIS 1966 KOMMEN WEITERE 2,5 MILLIONEN DEUTSCHE AUS DEM OSTEN IN DIE BUNDESREPUBLIK, DIE DDR UND NACH ÖSTERREICH: (...)
DIREKT BEI DER VERTREIBUNG KOMMEN 2.110.000 DEUTSCHE ZU TODE. DAVON WERDEN DURCH AUSTREIBUNG AUS DER TSCHCHOSLOWAKEI 200.000 bis 250.000 MENSCHEN GETÖTET. IM DEUTSCH BESETZTEN POLEN UND UNTER DEN DEUTSCHEN IN POLEN WERDEN ETWA 1,5 MILLIONEN MENSCHEN GETÖTET. 400.000 bis 450.000 DEUTSCHE WERDEN DURCH DIE VERTREIBUNG AUS DEN ÜBRIGEN LÄNDERN UMGEBRACHT.
(Statistisches Bundesamt 1958; Grube/Richter 1980; Schieder 1956, 1957a, 1957b; 1960; 1961; 1984; Nawratil 1987; Spieler 1989; Steibel 1994; Zayas 1996; Böddeker 1997; Hirsch 1998)
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Zu Gunnar Heinsohn:
Im „Lexikon der Völkermorde“ findet sich zu Gunnar Heinsohn die folgende biographische Notiz:
"Gunnar Heinsohn (geb. 1943 in Gdynia bei Danzig [Gdansk]/Polen) studierte an der Freien Universität Berlin von 1964 bis 1970 Soziologie, Psychologie, Geschichte, Publizistik, Ökonomie und Religionswissenschaft. 1971 erwarb er das soziologische Diplom. Promotionen erfolgten zum Dr. phil. im Jahre 1974 und zum Dr. rer. pol. im Jahre 1982. Seit 1984 lehrt er als Professor an der Universität Bremen und hat dort seit 1993 das Sprecheramt das Raphael-Lemkin-Instituts für Xenophobie- und Genozidforschung inne. Sein Schriftenverzeichnis umfaßt mehr als 440 Titel. (...)".
Gunnar Heinsohn stellt seinem Lexikon folgende >Widmung< voran:
"Zum 50. Geburtstag der
UNO-Konvention gegen Völkermord
vom 9. Dezember 1948
und
zum 5. Geburtstag
des Internationalen Strafgerichtshofs
der Vereinten Nationen, der -
im Mai 1993 auf den Weg gebracht -
am 8. November 1993
seine erste Anklage erhoben hat
sowie in Erinnerung an
Leon Poliakov (1910-1997),
den ersten Chronisten des Holocaust und
Meisterhistoriker des Antisemitismus"
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Und der Rowohlt-Verlag (rororo aktuell) eröffnet das "Lexikon der Völkermorde" wie folgt:
"Zu diesem Buch
Wenn in Kürze die Bilanz des 20. Jahrhunderts gezogen wird, dann wird nicht zu übersehen sein, daß in diesem Jahrhundert die größten Völkermorde der bekannten Menschheitsgeschichte stattgefunden haben. Der Begriff selbst ist eine Schöpfung dieses Jahrhunderts, er wurde unter dem Eindruck von Auschwitz vor genau 50 Jahren von den Vereinten Nationen am 9. Dezember 1948 in der >>Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes<< definitorisch gefaßt. Seitdem gelten Handlungen als Völkermord, die in der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten. Gunnar Heinsohn nimmt diesen Begriff als Richtschnur und bezieht ihn auf die bekannte Menschheitsgeschichte. Die Stichwörter dieses Lexikons reichen von der Antike bis in die Gegenwart. Sie informieren über Täter und Opfer, Institutionen und Gesetzestexte, Fachbegriffe aus der Genozidforschung und über Literatur.
Dieses Lexikon, die erste Unternehmung dieser Art, fußt auf einer Forschungsrichtung, die hierzulande lange nicht wahrgenommen wurde: der vergleichenden Völkermordforschung. Erst in jüngster Zeit gewinnt sie an Aufmerksamkeit und Bedeutung.
Die Übersichten, Zahlen, Fakten und Begriffsbestimmungen dieses Lexikons werden für viele Leser Überraschungen bereithalten. Zum Beispiel den Hinweis, daß die wohl größte Opfergruppe dieses Jahrhunderts als solche bisher fast nicht wahrgenommen wurde: die der Eigentümer. Zukunftsweisend sind die Lehren, die Gunnar Heinsohns Arbeit nahelegt. Zwei davon lauten: >>Die Völker unterscheiden sich wahrscheinlich viel weniger in der Fähigkeit zur Grausamkeit als in der Art und Weise, wie und seit wann sie ihr vorzubeugen trachten.<< Und: Noch nie hat eine moderne Demokratie gegen eine andere Krieg geführt oder auf dem eigenen Gebiet einen Völkermord begangen."